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von Baluga
Liebe Tiny,
als kleines Kind schon war ich essgestört. Sobald ich laufen konnte, angelte ich nach ellem was ich kriegen konnte und war somit immer pummelig. Mit 18 hatte ich dann mein Höchstgewicht, es war weit im dreistelligen Bereich (Gewichtsangaben sind ja aus gutem Grund nicht erlaubt, daher umschreibe ich es) Irgendwann hatte ich selber die Nase voll vom ewigen Dicksein und begann abzunehmen. Ganz vernünftig und lediglich mit FDH. Als ich nach etwa einem dreiviertel Jahr mein Normalgewicht erreichte, konnte ich nicht mehr aufhören mit der Diät und es wurde dann irgendwann zu einem richtigen Hungern. Da es mir nicht mehr schnell genug ging, wurde ich immer drastischer, aß nur noch das Allernötigste, um meine umgebung zufriedenzustellen, log, sorgte für Aufregung und Panik in der Familie und befand mich mitten in der Magersucht. Es ist absolut außer Kontrolle geraten, ich sah mich hundert Mal dicker als ich war, hatte die typischen Wahrnehmungsstörungen und man drohte mir mit Zwangsernährung, wenn ich nicht wenigstens eine ambulante Psychotherapie beginnen würde. Da ich ANgst hatte vorm Krankenhaus und vorm "Gezwungen werden zum Zunehmen", bgeann ich die Gesprächstherapie. Der erste Satz an Gesprächen brachte mir gesundheitlich nicht allzu viel, da ich noch absolut nicht bereit war, etwas zu verändern. Das Übliche halt. ABer Psychisch tat es mir so so gut. Die Therapeutin zeigte mir in jeder Stunde, das ich mich nicht zu schämen brauche. Im Laufe der Zeit geriet ich in die Bulimie. EInerseits weil ich essen musste, um meinen Leuten das Gefühl zu geben, das alles wieder in Ordnung kommt...und andererseits, weil ich das Hungern selber leid war. Ich entdeckte, wie himmlisch es ist zu fressen und anschließend alles wieder loszuwerden und war mir erst gar nicht im Klaren über dieses Desaster. Empfand es als puren Luxus. Nach einiger Zeit jedoch wurd auch mir klar, wie sehr ich den Körper an seine Grenzen führte. Begann zudem noch mit Abführmitteln und Entwässerungstabletten, um wieder abzunehmen. Bei Bulimie, die sich eingespielt hat, ist es schwierig sein Gewicht zu halten. der Körper giert nach allen Kalorien die er auffangen kann und schnell nimmt man zu. Das konnte ich kaum ertragen, obwohl ich noch unteres Normalgewicht hatte. Durch all diese Eskapaden habe ich extreme Schulden gemacht, an denen ich heute noch abbezahle. All die Medikamente und Unmengen an Lebensmittel können einen ganz schön in den Ruin treiben.Und auch die körperlichen Beschwerden lassen sich nicht leugnen wie Haarausfall, brüchige Fingernägel, Ausbleiben der Periode, Wasseransammlungen im Gewebe, Hamsterbacken,...
Heute habe ich Normalgewicht, kann aber noch immer nicht normal essen. Mein Stoffwechsel ist total ruiniert und von jedem "Zu Viel" nehme ich zu. Das habe ich den ständigen Hungerkuren und bulimischen Phasen zu verdanken, die ich immer wieder betrieben habe und leider noch betreibe. Meine FAs kann man im Monat an einer Hand abzählen, aber ich denke jeden Tag daran und sehne mich danach. Ich esse ganz viel Rohkost, um nicht zuzunehmen. Das ist nicht das was man sich wünscht...aber ich schaffe es einfach nicht, ein weiteres Zunehmen zuzulassen, auch wenn ich weiß, dass sich das wieder legen würde, der Körper bloß eine gewisse Zeit braucht, sich umzuorientieren. Dennoch: Ich bin esssüchtig und halte mein Gewicht künstlich im Normalbereich, aber Essen ist das erste was mir morgens einfällt und das letzte an das ich abends denke. Es beherrscht mich einfach!!
Zudem gehe ich zwanghaft joggen. 6 Tage in der Woche zwinge ich mich dazu, um Kalorien zu verbrennen. Und es widerstrebt mir, es ist nur eine Pflicht, nicht wie für viele andere ein schönes Hobby.
Ich habe mehrere Gesprächstherapien gemacht und gerade was die FAs angeht, hat sie mir sehr geholfen. Noch vor 3 Jahren habe ich mich mehrmals am Tag übergeben, dies konnte ich nun einstellen.
Aber das gestörte Verhältnis zum Essen bleibt!
In meiner Familie gab es auch viele Konflikte. Mein Vater hat meine Mutter betrogen, diese trennte sich jedoch nicht trotz der Gewissheit, hintergangen zu werden und dementsprechend war bei uns jahrelang die Stimmung. Aber da ich als Kleinkind schon ein Gierschlund war, glaube ich nicht, dass das etwas mit meinem Essverhalten zu tun hat. Wahrscheinlich kam es bloß erschwerend hinzu.
Zum Glück habe ich eine liebe Familie und tolle Freunde, die mich nie aufgaben und die noch immer zu mir stehen.
Vielleicht solltest Du Deiner Mama anvertrauen, das Du brechen gehst...es kann Dir nur hilfreich sein, glaube ich. Sie wird sich natürlich sehr erschrecken, aber gemeinsam mit ihr wirst Du es vielleicht eher schaffen, nicht zu einer Langzeitsüchtigen zu werden, wie ich es zum Beispiel bin. Mein Papa hat ganz toll reagiert damals. Er hat mich nie versucht, vom FA abzuhalten, aber reagierte immer sehr einfühlsam und verständnisvoll wenn er es mitbekommenb musste und machte mir anschließend immer Mut, das es irgendwann besser werde. Meine Mama begleitete mich ab und zu zur Gesprächstherapie . Sie ist im gegensatz zu meinem Vater ein eher nüchterner Mesnch und sehr kritisch, aber tat und tut ihr Allermöglichstes, um mich aufzufangen.
Hast Du Angst vor der Reaktion deiner Mama oder ANgst davor, das sie Dir einen Riegel vorschiebt? Das war nämlich meine Angst...das man mir die Tour vermasselt und man mir die FAs unmöglich machen will. Die Sucht war und ist so mächtig...
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Baluga am Mi Mär 27, 2013 21:44, insgesamt 1-mal geändert.