Liebe Schlafquala,
jaa, ich habe diesen Namen auch gewählt, weil er sehr gut zu meinem Verhalten passt - leider. Das war leider schon immer so, dass ich sehr zu Extremen neige! Aber ich versuche zur Zeit stark daran zu arbeiten und einige Sichtweisen zu überdenken.
Ich finde es schön, dass du längere Zeit mit deinem Freund verbracht hast und auch eine kleine Aktivität für abends organisiert hast. Gerade abends bist du ja sonst eher auf eigenen Wunsch alleine, wenn ich das bisher richtig verstanden habe? Ich denke, dass es sehr wichtig ist, seine gewohnten Muster zu durchbrechen und etwas anderes zu versuchen. Aber das ist echt richtig hart.. Denn die Gewohnheit ist ja irgendwo auch schön, sie gibt einem Sicherheit, Geborgenheit, und gerade wir mit unseren FA erleben dort endlich den Kontrollverlust, das Loslassen, Sich-Gehenlassen, irgendwo Glücksgefühle erleben oder was auch immer für positive Dinge da beim Essen hochkommen (also zumindest bei mir, zwar nicht die ganze Zeit, aber eine Zeit lang "genieße" ich es eben richtig). Irgendwie müssen wir also andere Methoden finden, um uns diese Gefühle zu beschaffen bzw. um gar nicht erst dieses riesige Verlangen danach zu entwickeln! Indem wir z.B. tagsüber und in unserem Alltag genug auf uns achten und uns das geben, was wir brauchen. Schade, dass das so verdammt schwer ist..
Wie liefen denn deine letzten Tage so essenstechnisch und in Bezug auf die Gedanken, ob dein Freund wirklich der Richtige für dich ist?
Ich muss sagen, ich will durchhalten und an mir herumdoktern, also eher gesagt, mich dem ganzen anpassen und das sieht dann folgendermaßen aus:
ich halte mich zurück, ihn zu fragen, was in ihm vorgeht, wenn ich das Gefühl habe, es ist was oder wenn ich das Bedürfnis danach habe, dass er mal was tiefsinnigeres anspricht oder wenn ich das Bedürfnis nach lieben Worten habe, die zeigen, er schätzt mich
Hast du geschafft, das so zu machen? Ich stelle es mir sehr schwer vor, entgegen seiner eigenen Intuition und seiner eigenen Bedürfnisse NICHT bestimmte Dinge anzusprechen oder zu äußern, was einem gerade fehlt. Ich glaube auch eigentlich nicht, dass das der richtige Weg ist. Du solltest dich doch bei deinem Partner genau so verhalten dürfen und können, wie du eben bist. Denn auf Dauer geht das sich-verstellen nicht gut, und er will doch sicherlich auch die "richtige" Schlafquala kennenlernen und als Freundin haben anstatt einer Freundin, die sich versucht für ihn zu verbiegen, oder?
Sieht er nicht, dass es mir schlecht geht? Doch, aber denkt wahrscheinlich, dass ich Kopfschmerzen, Unterleibsschmerzen habe, weil ich ihm das zumindest gesagt habe, anderes psychisches gibt es nicht, soll es für ihn nicht geben...
Ich kann verstehen, dass du nicht alle 2 Minuten mit irgendeinem "Problemchen" oder sonstigen tieferen Einblicken zu ihm ankommen magst, aber wenn du ihm sagst, dass du z.B. Kopfschmerzen hast, wie soll er dich dann verstehen? Mhh.
Ich halte mich also zurück, denn letzte Woche tat ich dies nicht und es löste sich auch nichts. Das ist mit Sicherheit aber auch der Grund, dass ich mich ihm so gar nicht nah fühle, mich nicht geborgen fühle und eben auch die Zweifel an ihm, mir und allem bleiben.
Ja, so würde ich dann wahrscheinlich auch empfinden. Dadurch, dass du auf Dauer das unterdrückst, was dich beschäftigt, kann ja irgendwie auch gar keine echte Nähe entstehen, also mentale Nähe. Und die brauchst du doch so unbedingt, oder?
Kann ich sehr gut verstehen. Bist du denn jemand, der dann auch mal nachfragt, warum er jetzt so gehandelt hat, um ihn zu verstehen oder beobachtest du nur und schweigst? Wie reagiert er denn, wenn du fragst? Fragst du mal, was er gerade fühlt und kann er dann differenziert, bzw. für dich ausreichend antworten? Sagt er dir auch mal liebe Dinge, warum er dich liebt, was er an dir schätzt oder was auch immer?
Es kommt immer ein bisschen auf die Situation an. Wenn ich merke, dass er gerade unterwegs ist oder nicht gut sprechen kann, dann sprech ich es meistens erst mal nicht an. Ich hab einfach gemerkt, dass mein Freund anders spricht, wenn seine Kumpels bei ihm sind. Vielleicht ist das auch normal

anfangs habe ich mir halt tausend Gedanken gemacht, warum er jetzt nicht so liebevoll spricht wie er es sonst tut, aber naja. Solange das nur so ist, wenn er gerade nicht allein ist und daher nicht gut sprechen kann, komme ich damit klar. Ich frage ihn schon, wie es ihm gerade geht und was er gerade denkt etc. und er kann dann auch sagen "Ich bin gestresst wegen Uni" oder "Ich bin etwas gereizt, weil ich so und so lange nicht geraucht habe" oder "Du hast meine Gefühle ein bisschen verletzt, als du das und das getan/gesagt" hast, also im Prinzip kann er sich schon klar äußern. Nur meistens geht es ihm eigentlich einfach nur gut und alles ist in Ordnung. Ist ja auch schön, dass ihm nicht ständig zig Millionen Gedanken durch den Kopf gehen wie mir

Und dass er mich liebt sagt er recht oft, wir haben uns auch schon 2,3 Mal darüber unterhalten, was wir alles am anderen lieben und warum, das war sehr schön. Wobei ich das auch nicht andauernd hören brauche, für mich ist es wichtiger, dass ich es fühle, weil er es mir durch seine Verhaltensweisen zeigt. Einmal hat er gesagt, dass er mich nicht nur äußerlich schön findet, sondern dass ich auch innen drin schön bin. Das war für mich ein viel größeres Kompliment als alle Komplimente über mein Aussehen zusammen. Verstehe nur nicht, warum ich das nicht 100%ig verinnerlichen und mir immer wieder vergegenwärtigen kann
Woher kommen deine Ängste? Vielleicht kann ich dir helfen? I
Das wäre sehr schön!

Aber ich weiß nicht, ob es da überhaupt eine Lösung für gibt. Ich glaube, dass meine Verlustängste stark mit meiner Kindheit zu tun haben. Zum einen, weil mein Vater starb, als ich fast 3 Jahre alt war. Dadurch hatte ich schon mal grundsätzlich größere Angst (und habe sie teilweise immer noch), dass ich auch noch meine Mom verliere. Gerade als Kind ist das besonders schlimm, weil man so ausgeliefert und abhängig ist. Und dann ist meine Mom alkoholabhängig geworden, als ich noch in der Grundschule war. Das war mehrere Jahre ganz furchtbar. Ich erinnere mich (Gott sei Dank) nicht mehr an alles und wie lange es genau ging, aber ich hatte dadurch lange, lange Zeit noch größere Ängste, sie zu verlieren. Weil sie besoffen mit ihrem Freund gestritten hat. Weil sie sich ins Auto setzen wollte (und es auch einmal getan hat, zum Glück sind meine Schwester und ich mitten in der Nacht, keine Ahnung wieso, aufgewacht und haben nur das Auto gehört und sind runter gerannt und haben geschrien und geheult, dass sie nicht losfahren soll. Sie stand damals im Innenhof und ist dann wieder zurück in die Garage. Ich glaub, sie weiß das gar nicht mehr). Seitdem war es dann noch mal schlimmer, dass ich immer sehr lange wach geblieben bin, um zu horchen, ob meine Mom auch wirklich nichts Furchtbares mehr anstellt und ich ruhigen Gewissens schlafen kann. Immer wieder habe ich mich aus dem Zimmer geschlichen und mich auf die oberste Treppenstufe gelegt und runter gehorcht, ob alles ruhig ist, ob sie wieder streiten usw.
Und bis ins Abi war es mir einfach super peinlich und ich habe mich geschämt, wenn ich Freunde mit nach Hause gebracht habe. Die könnten ja dann schließlich meine Mom sehen, wie sie im Wohnzimmer vor dem Fernseher eingeschlafen ist mit Bier und Wein vor sich. Ich erinnere mich noch, wie ich einmal im Auto saß (da war ich vielleicht 10 oder 12) und meine Mom war ganz wütend (sie ist generell immer sehr schnell aggressiv und ich war die "gute" Tochter, die sie immer zu beruhigen wusste, habe jahrelang diese Rolle gespielt, genau das Richtige zu tun/sagen, um sie aufzuheitern, zu beruhigen, zum Lachen zu bringen oder was auch immer. Zumindest empfinde ich das so, vielleicht tue ich ihr auch unrecht) und dann hab ich sie gefragt "Mama, betrinkst du dich heute Abend wieder" und sie meinte nur "ja!". und dann hab ich geweint, mehr weiß ich nicht mehr.
Die Tatsache, dass ich das weiß und vermute, dass dort der Ursprung meiner Verlustängste liegt, ist auf jeden Fall gut und hilfreich. Leider aber nicht so hilfreich, als dass ich in der jeweiligen Situation Abstand von meinen völlig übertriebenen und der Situation unangemessenen Gefühlsausbrüchen nehmen könnte, geschweige denn davon loskäme. Hättest du eine Idee, wie ich damit umgehen könnte?
Meine Schuldgefühle hängen ja auch unmittelbar mit Verlustängsten zusammen. ich bin nicht so, wie ich sein sollte und daher werde ich alle wichtigen Menshcen in mir verlieren und steh am Ende alleine da.
Hast du mal einen Menschen verloren (es muss nicht gleich der Tod sein), worauf du diese Schlussfolgerung zurückführen könntest, dass du jemanden verlierst, weil du etwas falsch gemacht hast? Oder weißt du, warum du so denkst?
Schädlich dieses immer wieder nachfragen und reden...das bringt zumindest bei ihm nichts und schadet mehr als dass es hilft. Muss ich schauen, bis zu welchem Punkt ich es kann und ob es etwas bringt. Verstehst du glaub ich ganz gut,oder? Ich denke, es steckt was ganz ähnliches bei dir dahinter.
Sorry, da konnte ich nicht ganz folgen

kannst du das noch mal erklären?
Vielen Dank für deine lieben Worte! Es tut doch sehr gut zu hören, dass andere Menschen einen verstehen können und teilweise auch mit den gleichen Problemen kämpfen. Es ist so schade, dass viele Menschen, die unter Bulimie leiden, mit all ihrer Kraft und Intelligenz so viel in der Welt ausrichten könnten, sich aber stattdessen für den falschen Weg entscheiden. Obwohl auch ein Teil von mir ein wenig froh ist, dass ich diese Krankheit bekommen habe. Denn sie hat mir bereits jetzt schon so vieles klar gemacht und vor Augen geführt, was ich ohne sie vielleicht nie erlebt hätte. Und irgendwo macht die Krankheit ja dann auch ihren Sinn, auch wenn es traurig ist und ich sie trotzdem so schnell wie möglich los sein möchte, um bessere und konstruktivere Mittel zu nutzen!
Viele, viele Grüße zurück und danke für den schönen Austausch
