Ich will weder das eine noch das andere...

#1
Guten Morgen ihr Lieben!

Ich habe mich längere Zeit nicht mehr gemeldet, weil ich so einigen Klausurstress hatte, aber jetzt hab ich Ferien und habe ganz viel Zeit! :wink:

Ich habe in meiner Zeit hier in der therapeutisch betreuten WG schon ziemlich viel gelernt, ich kann schon an sich viel besser mit Lebensmitteln umgehen, habe vieles über mich und meine Bedürfnisse erfahren und in vielen heiklen Situationen konnte ich auch schon auf einen FA verzichten, obwohl ich in den Momenten den ganzen Kühlschrank hätte leerplündern können.

Nun ist aber auch immer klarer geworden, dass ich mit einer Situation überhaupt nicht umgehen kann, egal wie sehr ich es möchte und so endet sie immer damit, dass ich mich vor Schmerzen in meinem Bett krümme und gar kaum noch Luft bekomme vor lauter Essen.

Ich kann einfach nicht damit umgehen, wenn jemand das Haus verlässt und mich alleine lässt. :(
Wenn ich morgens aufwache und ich bin allein, dann ist das kein Problem für mich, nur wenn ich mitbekomme, dass jemand geht.
Ich kriege dann auch gar keine Gefühle mit, sondern mein Gehirn schaltet sofort auf „Was kann ich jetzt essen?“.
Das Problem ist jetzt, dass ich Ferien habe und ich seit kurzem nur noch mit einer Mitbewohnerin zusammenwohne, sodass es wirklich nicht selten ist, dass ich mitbekomme, wie sie geht und ich allein bin.
Und dementsprechend sieht mein Essverhalten jetzt auch aus.

Letzte Woche habe ich es einmal geschafft, die Gefühle einfach auszuhalten und das war echt schlimm für mich gewesen. Ich fühlte mich total hilflos, aufgewühlt, verzweifelt und traurig und das war echt zu viel für mich.
Jetzt verstehe ich auch, warum ich immer den Drang nach FAs habe, denn die Schmerzen danach sind viel leichter zu ertragen als das ganze Gefühlschaos beim Alleinsein.

Ich weiß grad einfach nicht, wie ich mit solchen Situationen umgehen soll…ich weiß weder, wie ich dem FA-Druck standhalten, noch wie ich mit den aufkommenden Gefühlen klarkommen kann. :?
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Ich will weder das eine noch das andere...

#2
Hallo Kätzchen,

schön das sich Dein Essverhalten generell schon so zum Positiven gewendet hat, das ist doch schon ein gewaltiger Schritt! :D
Klingt ja nach furchtbaren Verlassensängsten, die Du da aushalten mußt.
Hast Du irgendeine Ahnung, in welche Situationen es Dich hineinversetzt wenn jemand Dich "verläßt"? Die konkrete Situation kann es ja nicht sein, da Du das Alleinsein an sich ja offenbar gut aushalten kannst. Scheint also irgendetwas zu triggern was Dich irgendwann einmal sehr verletzt hat, wenn ich jetzt einmal Laienpsychologe spielen darf...? Was sagt denn die Thera dazu?
Liebe Grüße,
Bela
Aufstehen - Staub abklopfen - weitermachen.

Re: Ich will weder das eine noch das andere...

#3
Meine Thera meinte, dass das ganz gut mit meiner Biografie zusammenpassen würde, weil ich halt häufig wertvolle Menschen verlassen musste, die ich danach nicht mehr wiedergesehen habe. Und meine Mutter hat mich auch häufig allein zu Hause gelassen, aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass sich in meinem Kopf ja wirklich eine konkrete Situation abspielen muss, weil sonst wäre die Triggersituation ja nicht so konkret.
Aber mir fällt da einfach nichts zu ein. Meine Mutter hat häufig die Tür geschlossen und ist übers Wochenende zu ihrem Freund gefahren und irgendwann fing es dann an, dass ich genau dann anfing, FAs zu entwickeln. Aber so traumatisch war das ganze doch gar nicht?? :|
Ansonsten meinte meine Thera, dass ich halt anfangen soll, die Zeitspanne zwischen „Tür fällt ins Schloss“ und FA zu vergrößern. Sodass ich dann irgendwann an dem Punkt bin, wo ich dann vielleicht auf ihn verzichten kann.
Und als ich dann gefragt habe, ob die Gefühle eigentlich geringer werden, je öfter ich mich sie ausgehalten habe, meinte sie leider, dass das nicht der Fall sein muss… :?
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Ich will weder das eine noch das andere...

#4
hallo Kätzchen

diese Gefuehle kenne ich sehr gut. Dieses Verlassen-Werden ist fuer mich immer wie ein Stich ins Herz und den kann ich irgendwie nur heilen, wenn ich esse und k*.
Wenn ich weiss, dass meine Mutter arbeiten geht, dann geh ich schon 10 Minuten frueher in mein Zimmer und fange an e-mails an Leute zu schreiben die mir viel Wert sind (von denen es leider nicht all zu viele gibt^^) oder ich chatt mit jemandem. Das klappt natuerlich nicht immer, weil oft halt niemand on ist, bzw. ich nicht eine e-mail verschicken kann, wenn ich noch keine Antwort bekommen hab^^. Aber es ist zumindest besser als gar nichts :)

Liebe Gruesse :)
Wieso sollte mich auch jemand lieben,
wenn ich es selbst nicht mach...

Re: Ich will weder das eine noch das andere...

#5
Kätzchen hat geschrieben:Letzte Woche habe ich es einmal geschafft, die Gefühle einfach auszuhalten und das war echt schlimm für mich gewesen. Ich fühlte mich total hilflos, aufgewühlt, verzweifelt und traurig und das war echt zu viel für mich.
Jetzt verstehe ich auch, warum ich immer den Drang nach FAs habe, denn die Schmerzen danach sind viel leichter zu ertragen als das ganze Gefühlschaos beim Alleinsein.
das kann ich so gut verstehen, kaetzchen!! so fuehl ich mich auch.
die vorstellung, dass man an etwas denken kann (vergangenheit) und es so hinnehmen kann, ohne sich total schlecht zu fuehlen ist grossartig. ich denke ich kann mir vorstellen wie sich das verfahren (emdr) auswirkt...
Enemies
They stick to my head
They run with my feet
I'm doomed to be bad

Re: Ich will weder das eine noch das andere...

#6
Dankeschön für die Antworten!
@vogue So was Ähnliches mache ich auch manchmal: Damals bin ich immer Spazieren gegangen, wenn ich wusste, dass jemand weggeht, um zu dem Zeitpunkt nicht zu Hause zu sein. Jedoch hat es nicht immer geholfen, da ich zusätzlich Schwierigkeiten habe, einen Übergang für mich zu finden, wenn ich von draußen komme. Dann sitze ich immer ziemlich planlos da und so eine Planlosigkeit kann nochmal zu einem FA führen. Da kommt also dann noch so ein doofer Punkt hinzu. Vielleicht sollte ich mir ein Ritual ausdenken, welches ich immer anwende, wenn ich ins Haus komme…
Chatten oder E-Mails schreiben hilft bei mir leider gar nicht, da ich schon von mir kenne, dass ich nebenbei trotzdem aufstehe und zum Kühlschrank flitze. Aber wenn es dir manchmal hilft, dann kannst du echt schon mal froh sein!! :D

@Berta& Mary Jane

Klingt ja echt total interessant mit EMDR! Kann man da auch eine Einzelstunde besuchen oder sind nur mehrere möglich? Denn wenn es wirklich so schnell geht, das Mikrotrauma zu beheben, wenn man es erst einmal kennt, dann wäre das ja wirklich viel versprechend! Anstatt hier monatelang immer wieder auszuprobieren, die Zeit zwischen Türknall und FA zu vergrößern. Letzten Endes werde ich den FA ja dennoch noch haben… :roll:
Kennst du denn zufällig einen guten Traumatherapeuten in Berlin?
Das wäre echt ein schönes Gefühl, wenn ich mich nicht mehr davor fürchten müsste, wenn jemand das Haus verlassen muss. Ich wäre sogar schon fast soweit zu sagen, dass ich die FAs dann fast vollständig im Griff hätte und somit meine gesamte ES, denn ich habe ja schon geschrieben, dass ich mit allen anderen (mir bekannten!) Triggersituationen mittlerweile schon halbwegs gut umgehen kann. Ich schließe gar nicht aus, dass es nicht noch andere Situationen gibt, die wären dann vollkommenes Neuland, aber vielleicht wäre es dann auch tatsächlich vorbei? Ach, es wäre ein Traum… :D
Wie kann ich mir so eine Sitzung denn vorstellen? Also wie läuft sie denn ab?
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Ich will weder das eine noch das andere...

#7
Dankeschön!! :D :D Ich werd mich mal durchklicken...aber da steht ja nicht drin, ob ich auch nur ein Vorgespräch und eine Therasitzung nehmen kann. Denn ich möchte ja nicht eine ganz neue Therapie anfangen, ich habe ja meine. Ich will eben nur dieses eine Problem beheben.
Weißt du, ob das möglich ist?
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."