hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#1
Hallo ihr Lieben!

Ich weiß gar nicht wie alt "man" hier so im Schnitt ist, aber ich befürchte fast, daß ich mit meinen 30 jahren schon eher zu den Älteren hier gehöre. Die ES begleitet mich nun seit meinem 14. Lebensjahr, was mittlerweile mehr als die Hälfte meines Lebens ist.

Von Januar 09 bis September 10 habe ich ne Therapie gemacht, die ich leider wegen Job- und Ortswechsel zum (verfrühten) Ende bringen musste. Ich habe in der Zeit WAHNSINNIG viel gelernt, über mich, die Strukturen in meiner Familie, über mein Umfeld (vergangenes und gegenwärtiges) und war sogar anderthalb Jahre symptom- (d.h. kotz-)frei!!! Man stelle sich vor.

Kurz bevor ich umgezogen bin hatte mein Vater einen sehr, sehr, sehr schlimmen Unfall. Eigentlich wäre ich mit dabeigesessen, aber ich war an dem Tag zu faul. Einfach zu faul!! Seit dem ging's bergab. Die Situation war unerträglich für mich. Ich habe noch nie zuvor so deutlich gemerkt, wie einem das Kotzen den inneren Druck nimmt, all die schlechten Gefühle, die Schuldvorwürfe, all das Schlimme kam mit einem Schwall aus mir raus. Hier muss ich sicher nicht noch bemerken, daß diese Befreiung nur von kurzer Dauer ist und das Loch danach umso tiefer. Keine drei Wochen später musst ich schon umziehen. Die Arbeit ist nicht ganz so toll, wie erhofft. Vertraute Menschen habe ich dort keine und meinen Freund, mit dem ich mir so eine tolle (bulimiefreie!) Zukunft ausgemalt hatte, wohnt jetzt 500km von mir weg. Eine Art Emailsprechstunde hat mir empfohlen eine Therapie wegen einer posttraumatischer Belastungsstörung zu machen. Andauernd holen mich die Bilder des Unfalls ein. In der Straßenbahn, im Büro, im Aufzug, beim Einkaufen, egal wo. Das Problem ist: ich habe keine Zeit. Ich habe eine 50+ Woche, eine Fernbeziehung und einfach keine Zeit. Ich will auch soviel arbeiten, weil es meine Chancen massiv erhöht, ab dem Sommer wieder bei meinem Freund zu sein!

Gestern war die Beerdigung meiner Oma, d.h. ich bin schon ein paar Tage vor den Feiertagen nach hause gefahren. Und ich könnte ständig kotzen. Mir gehen alle auf den Senke hier!!! Manohman!l! jetzt stehen auch noch 3 Tage Schlemmerei und Völlerei vor der Tür. Was soll ich'n bloß machen?!?!

Ich will wieder davon weg! Ich wünsche mir so sehr die letzten anderthalb Jahre zurück. Die waren so unbeschwert!! Nach jedem Essen war ich unendlich erleichtert und sogar glücklich, nicht mehr aufs Klo verschwinden zu müssen. Ich war so glücklich, mir mit meinem Freund was aus'm Kochbuch auszusuchen, ohne Kalorien zählen zu müssen. Ich war so glücklich mit ihm und mir!

Aber irgendwie fehlt mir momentan der Anstoss dazu. Ich schaffe es nicht mir selbst zu sagen und auch zu verinnerlichen "Laß es doch einfach". Ich trau mich nicht, die Bulimie momentan herzugeben. Was soll ich denn tun?!?! :( Ich wünsch mir, hier ein bißchen Hoffnung und Mut zu finden,


Liebe Grüße

Hanne

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#2
Liebe Hanne!

Erstmal eine herzliches, weihnachtliches Willkommen in unserem Forum!

Du bist sicher nicht die einzige, die eine gewaltige Panik vor dem Weihnachts-Essen-Terror hat.
Ich habe sie auch und ich hoffe nur, es einigermaßen zu überstehen. Von daher, ich verstehe dich!

Deine Geschichte macht mich sehr traurig, du musstest ja einiges mitmachen!!!

Du bist hier übrigens nicht zu alt, viele sind so in unserem Alter (bin 28), viele jünger und ein paar Älter. Hier darf jeder rein, der Hilfe sucht!!!

Das du momentan wieder so tief drinsteckst ist bei so vielen negativen Faktoren, die dein Leben beeinflussen, glaube ich, nur eine "normale" Reaktion deiner Seele auf die verstörende Umwelt.

Bemüh' dich weiterhin um weitere Therapien, bleib' am Ball und versuch' dich lieb zu haben.

Frohe Weihnachten, Maus!
Kitty
"Es ist nie vorbei, es geht nie zu Ende, es hört niemals auf, jede gute Tat, jede Heuchelei, es nie vorbei, es geht immer weiter, also gib nie auf [...]!"

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#3
hallo Hanne !
Ich kenne das mir geht es zur Weihnachtszeit genau so ...die Panik davor soviel zu essen zuzunehmen und natürlich das irgenntjemand merken könnte...versuch für dich einen Kompromiss zu finden dass mach ich auch so und mir hilft es zb mit mir selbst habe ich es so ausgehandelt dass ich den Hauptgang und Nachtisch esse (bei uns giebt es 4 Gänge)und davon jeweils die hälfte dafür versuche ich das essen zu genießen und nicht ko*** zu gehen..
Das mit dem Unfall tut mir sehr leid ...aber Kopf hoch du bist nicht schuld!!!!!!!!
Ich wünsche dir ein wunderschönes Weihnachtsfest versuch es zu genießen .....auch wens schwer fällt

lg und alles gute Nina
Man muss das Leben nehmen wie es kommt und das Beste draus machen

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#4
Auch ein ganz liebes Hallo von mir..und um dich zu beruhigen ich werde nächstes Jahr auch 30..und was mit deinem Papa passiert ist tut mir leid und ich weiß wie du dich fühlst ,weil ich dasselbe auch durchgemacht habe nur mit meinem besten Freund..Leider habe ich bis heute die Schuldvorwürfe nie aufarbeiten können...Mittlerweile gehöre ich zwar auch zu den Ehemaligen aber leider bin ich durch die Es schwer und unheilbar krank geworden..siehe Beitrag..Jeanys Bäuchlein..du musst unbedingt zusehen das du dir in irgendeiner Weise Hilfe suchst...denn wenn es so weitergeht dann hast du bald gar keine Chancen mehr im Job weil dein Körper nicht mitmacht...

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#5
Hallihallo!

Vielen, vielen Dank für die netten Antworten!!!! Ich muss sagen, allein, daß ich mich getraut habe, hier zu schreiben und daß die Antworten alle so lieb waren, lässt einen gleich schon ein bißchen positiver sein :)

Von gestern auf heute war ich bei meinem Freund und wir haben ganz normal zu Abend gegessen. Sogar mit Nachtisch und Wein zum Essen, uijuijui ;). ich bin ihm ja so dankbar! Das habe ich im sogar heut Morgen gesagt und er hat sich gefreut und dann habe ich mich gefreut, weil er sich gefreut hat. (Er weiß von dem Essproblem, aber nicht, wie schlimm es momentan wieder ist.)

Was ich leider immer noch nicht verstehe: warum diese Fixierung auf das Gewicht?!?! Ich kann millterweile langsam nachvollziehen, warum ich vor vielen, vielen Jahren diesen nicht bezwingbaren Drang zu essen entwickelt habe. Ich verstehe, daß da eine Leere in mir war, ein Loch, daß ich mit irgendwas füllen musste. Aber warum will man unbedingt dünn sein?!?! Habt ihr da schon antworten für euch gefunden?

Ja, ihr habt sicher recht, daß ich am Ball bleiben sollte wegen der Therapie. Aber ich frage mich echt, wie ich das zeitlich schaffen soll? Ich stehe um halb sieben auf und komme abends zwischen sieben und acht von der Arbeit wieder. Wie macht ihr das denn? Ich arbeite immer ein wenig länger, damit ich freitags früher ins Wochenende komme (Fernbeziehung eben). Wobei ich jetzt schon mit meinem Freund besprochen habe, daß ich da kürzer treten muss. Zum Glück versteht er das und interpretiert das nicht hinein, daß ich ihn weniger sehen möchte.

So, ab heute Abend geht's los mit dem Essens-Horror! Ich habe mir erst gar nicht vorgenommen gar nicht zu kotzen, weil ich weiß, daß ich das womöglich nicht schaffen werde. Ich habe mir vorgenommen, weniger als erwartet überm Klo zu hängen. Da weiß ich, daß es möglich sein wird. Meint ihr, das ist klug so?!

Nun, ich drück uns ALLEN hier die Daumen für die nächsten Tage!!!!

LG

Hanne

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#6
Liebe Hanne,
oh ja, wie ich das kenne - diese Fixierung auf das Gewicht. Die Waage ist mein liebster Begleiter. Egal, welches Gewicht ich hab', ich denke jedes Mal nach dem Draufsteigen "*kg weniger, ach wär das schön", egal wieviel ist wiege. Das ist schon echt krank.
Und die Weihnachtszeit mit ihren Verführungen ist auch krass. Bei mir kommt noch eine Zöliakie, Laktoseunverträglichkeit und Diabetes Melitus Typ 2 dazu.

Ich bin auch ganz neu hier, hab' mich heute auf dieser Seite registrieren lassen. Schön zu wissen, dass ich nicht allein leide.

Meta
Zuletzt geändert von blueberry am Mi Dez 29, 2010 19:35, insgesamt 1-mal geändert.

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#7
Hallo Uroma Meta ;)

ich habe schon lange keine waage mehr. aber als ich über die feiertage bei meinen eltern war, konnte ich nicht widerstehen. verdammt. nach bald einem jahr ungewissheit, weiß ich nun wieder, was ich wiege. und schon schleicht sich der gedanke "ein bißchen weniger könnte auch nicht schaden!" ein.

ich verstehe es nicht! ich verstehe es einfach nicht! ich weiß nicht, warum das gewicht so wichtig ist! als hätte ich alles, was ich bisher erreicht habe, wegen meines gewichts erreicht. als würde irgendjemand in meiner umgebung an mein gewicht denken. wirklich. ich verstehe es nicht - so sehr ich auch drüber nachdenke! warum, verdammt, das gewicht?! warum leidet man so sehr darunter, zu denken, nicht dünn genug zu sein? ich habe längere zeit eine therapie gemacht, ich habe mich mit vielen sachen auseinandergesetzt, ich habe viel gelernt und verstanden, ich bin mittlerweile in der lage mich auszudrücken, meine gefühle in worte zu fassen, ich kann strukturen durchschauen und somit durchbrechen, aber eins ist geblieben "ein bißchen dünner, das wäre schön!"

das ist ja echt mal doof mit deinen lebensmittelunverträglichkeiten und der diabetes! da muss man ja eh schon höllisch aufpassen, was man isst und sich ständig mit essen und nicht-essen beschäftigen. was war denn zuerst da?! die ES oder die unverträglichkeiten?

liebe grüße

hanne

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#8
Liebe Hanne,
entschuldige, dass ich mich erst jetzt melde. Ich hatte gestern Hochzeitstag und war mit meinem Mann bis spätabends unterwegs. Es war ein schöner, abstinenter Tag mit viel Nähe. Dafür bin ich sehr dankbar.

ok, warum immer wieder die Fixierung auf das Gewicht? Es ist für mich eine Möglichkeit, meine Gedanken auf den Körper zu richten, wenn ich meine Gefühle nicht zulasse.
Inzwischen bin ich geübt darin, dass ich diesen Mechanismus bemerke. Über das Meditieren kann ich oft meine Gedanken auf die positive Schiene lenken. Da kommen dann liebevolle Sätze von mir an mich wie: Hey, was ist denn los? - oder Es ist alles gut. - Schau hin, wer hat Dich verletzt oder wen hast Du verletzt und bist einfach locker drüber hinweggegangen mit den Gedanken,"ach es war doch nichts. Stell Dich nicht so an, was Du immer hast."
Ich vergesse oft, was ich da immer wieder mit mir mache. Die Menschen in OA zeigen mir, dass ich gut so bin, wie ich bin. Wie das hier auch schon in den Diskussionsbeiträgen von bulimie.at geschieht. Die liebevolle Zuwendung hilft mir. Denn ich habe in meiner Kindheit zu Hause - vor allem durch meinen Vater - viel körperliche und seelische Gewalt erfahren, die ich dann als Erwachsene gegen mich selbst gerichtet hab. Und ich hab' mir immer wieder Menschen gesucht, die gewalttätig gegen mich waren.
Und mir wurde früher immer signalisiert: So wie Du bist, bist Du nicht ok. Du musst Dich ändern. So hab ich das dann auch später immer zu mir selbst gesagt. Aber wie ich mich ändern sollte, konnte ich als Vorbild von meinen Eltern nicht finden. Sie hatten selbst keinen eigenen Weg. So konnte auch ich den meinen nicht finden. - Und jetzt bin ich auf meinem, ganz individuellen Weg! Das fühlt sich gut an.

Bei mir ist vor zwei Jahren durch Zufall die Zöliakie festgestellt worden. Von Kindheit an hab' ich viel Bauchweh gehabt und immer wieder Durchfälle. Von den Ärzten kam dann dauernd der Hinweis, dass das wohl psychisch sei. Ich schob mir die Schuld daran zu, weil ich Abführmittel m*ssb**ch* hatte. Eine OA-Freundin sprach mich vor 2 Jahren an, dass sie an Zöliakie leide. Und wenn sie so mein Gesicht betrachte mit den vielen roten Flecken, dann habe sie den Verdacht, dass ich auch das Problem habe. Bingo, die Antikörper gegen Gluten im Blut waren phänomenal hoch. Die Komibnation mit Laktoseunverträglichkeit ist häufig. So auch bei mir. Seitdem ich mich an diese besondere Ernährung halte, geht es mir körperlich so gut, wie lange nicht. Wenn ich allerdings wieder Gluten erwische, geht es mir sauschlecht. Die Übelkeit ist unerträglich. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als mich strikt an diese Ernährung zu halten. Ich bekomme Hilfe in der Zöliakie-Arbeitsgemeinschaft Graz. Da gibt es viele Infos, wo ich welche geeigneten Lebensmittel bekommen kann und welche Restaurants glutenfreie Angebote haben. Ansonsten muss ich immer sofort den Kontakt zum Koch suchen und mein Problem schildern. Inzwischen bin ich geübt darin. Aber es ist schon lästig und manches Mal frustriert mich das Ganze auch.

LG Meta (Uroma - mein ältester Enkel ist 14, das wird wohl noch etwas dauern :P )

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#9
liebe meta,

die antwort von dir fand ich jetzt wirklich unglaublich! die hat mir richtig mut gemacht und vielleicht sogar ein bißchen die augen geöffnet. daß die sache mit der ES nur ein symptom für andere dinge in unserem leben sind, die nicht so gerade laufen, wie es vielleicht wünschenswert wäre, ist ja nichts neues. aber daß die beschäftigung mit dem gewicht uns davon ablenkt, wenn wir uns nicht mit unseren gefühlen auseinandersetzen wollen, habe ich so noch gar nie betrachtet. aber es passt! ich habe im oktober einen job angefangen, nach dem sich viele andere die finger lecken würden (jedenfalls in unserem fach). unter all den vielen bewerbern wurde ich ausgesucht und dazu hab ich danach wirklich gute chancen. ABER: er gefällt mir nicht wirklich. ich hatte ihn mir anders, besser vorgestellt. seit dem denke ich auch wieder vermehrt an mein gewicht. was mir im sommer noch egal war, ist mir jetzt wieder wichtig..mein gewicht. manchmal denke ich mir auch: wenn du jetzt ein wenig dünner wirst, dann sehen andere vielleicht endlich mal, daß es dir nicht gut geht!

beim übergeben weiß ich, daß es mir oft hilft druck abzubauen. wie das ventil eines dampkessels zum luft ablassen. das schaff ich mittlerweile durch sport zu kompensieren (was hab ich schon wut abgebaut durch joggen. ich hab mir richtig vorgestellt, ich hätte bilder meiner "feinde" unter den sohlen. ich bin gelaufen, wie ein gut geöltes maschinchen ;)). dumm nur, daß sport auch wieder hilft gewicht zu reduzieren und das dann oft ein gern gesehener nebeneffekt ist. ich schaffe es so, dem fressdruck zu entkommen, geh aber damit dem gewicht-druck entgegen. ich hab nur noch keinen anderen weg gefunden den druck abzubauen. besser viel sport als fressen und kotzen...denke ich...ich wünsche mir auch, endlich das dünn=besser abschalten zu können. ich werde versuchen in zukunft ab und an, wenn es mich wieder überkommt, in mich zu gehen und zu forschen, was WIRKLICH gerade schief läuft.
Und mir wurde früher immer signalisiert: So wie Du bist, bist Du nicht ok. Du musst Dich ändern. So hab ich das dann auch später immer zu mir selbst gesagt
GENAU SO erging es mir auch immer zu hause. genau das habe ich auch mitgenommen aus meiner kindheit und es mir selbst zu eigen gemacht. änder dich! wer bist du eigentlich, forderungen zu stellen, beachtet werden zu wollen. mit was sollst du das verdient haben? änder dich erst mal!

du bist schon oma? cool! auch das macht mut! zu meiner angst vor der zukunft (job, geld, doktorarbeit etc.) gehört nämlich auch, daß ich angst habe nie eine eigene familie zu haben. und eigentlich wünsche ich es mir doch so sehr...wie alt bist du denn, wenn ich fragen darf? und wie lange schleppst du deine ES schon mit dir rum?

liebe grüße und einen guten rutsch!

hanne

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#10
Liebe Hanne,
ich hab' drei Kinder und fünf Enkelkinder. Meine Enkelkinder lieben mich. Das ist superschön. Bei meinen Kindern hab' ich viele Fehler in der Erziehung gemacht, die mir erst aufgefallen sind, als ich mich mit mir selbst auseinndergesetzt hab'. Ich hab' unbewußt weitergegeben, wie ich selbst erzogen wurde. Meine jüngste Tochter hat noch was von meiner Veränderung abbekommen und deshalb einen besseren Start ins Leben gehabt, als meine beiden Großen.
Erst nach drei gescheiterten Ehen mit Alkoholikern wurde ich wach und hab' mich gefragt: "Es kann doch nicht sein, dass ich nur Pech hatte und an die falschen Männer geraten bin. Ich hab' sie mir ausgesucht. Aber warum?" Mit diesen Fragen kam ich zur Therapie und zu Alanon (den Angehörigen der Anonymen Alkoholiker). Immer noch mit dem Wunsch, den Alkoholiker "trockenzulegen". Ich war überzeugt, wenn er nicht mehr trinkt, ist alles gut. Ich glaubte, keine Probleme zu haben. Erst in Alanon wurde mir klar, dass ich ein Essproblem hab'. Und - was ich auch immer tue, der Alkoholiker trinkt wann er will und muss. Dann fand ich zu OA. Das war ein Segen.
Inzwischen bin ich wieder verheiratet. Er ist kein Alkoholiker, hat aber auch so seine Probleme mit sich selbst.
Mein Alter verrat ich Dir mal ganz persönlich in einer Mail. Es spielt aber überhaupt keine Rolle, denn ich sehe jung aus und fühle mich auch so. Wie alt ich tatsächlich bin, glaubt mir eh keiner.
Jemand hat mal gesagt, dass die in OA alle so jung aussehen. Da könnte was dran sein. Sie strahlen von innen. :wink:

Bis demnächst.

LG Meta

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#11
liebe meta,

is ja auch egal, wie alt man ist. ich könnte mir gut vorstellen, daß du so alt bist, wie meine mutter. vielleicht gefällt mir der gedanke auch einfach nur gut...
Ich hab' unbewußt weitergegeben, wie ich selbst erzogen wurde.
verrückt, ähnliches hat meine mutter auch gemacht. nur wurde sie erst durch mich darauf gebracht...ich hoffe, daß ich mich davon frei machen kann, wenn es dann mal soweit ist.
Meine jüngste Tochter hat noch was von meiner Veränderung abbekommen und deshalb einen besseren Start ins Leben gehabt, als meine beiden Großen
ich bin auch eine jüngste tochter. ich kann das bestätigen (allerdings in bezug auf meinen vater). ich glaube, meinen geschwistern war er kein guter vater, mir aber doch. ich bin ihm sehr, sehr verbunden....nehmen dir denn deine großen das übel? ich nehme es meiner familie übel, daß ich mich immer schlecht gefühlt habe, meinen vater so zu lieben...war doch die gängige meinung, daß er der "böse" gewesen sei...es war sozusagen nicht erlaubt ihn zu lieben...

ich habe mir immer die unterschiedlichsten männer "angelacht". meistens solche, die NICHT in das eher konservative weltbild meiner eltern passten: musiker, schulabbrecher, ohne studienabschluss, tättowierte...nur einmal bin ich auch an einen alkoholiker geraten (verrückterweise hat der meinen eltern am besten gefallen). glücklicherweise habe ich das mit dem alkoholproblem rechtzeitig mitgekriegt, da war ich wahrscheinlich schon sensibilisert genug wegen meiner eigenen probleme. nach einer konfrontation und einer SEHR unangenehmen szene in der küche (wo ich immer noch nach drei jahren heilfroh bin, daß er nur gegenstände zu bruch gegangen sind), habe ich das weite gesucht.

aber einen knacks hatten meine typen auch so oft. ich habe mir immer solche ausgesucht, die ihre probleme auf mich abwälzen wollten. die immer betonten wie irre und krank ich doch sei, um von ihren eigenen problemen abzulenken...ist auch ne methode, aber nicht die meine...

mein jetztiger freund ist zum glück nur mittelbar vorbelastet. er hat eine psychisch kranke mutter. d.h. er kann viele sachen sehr gut verstehen, sagt aber auch, daß er sowas nicht von sich kennt. das ist beruhigend!

liebe grüße

hanne

ps: ich will auch von innen strahlen!

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#12
Liebe Hanne,
"... ich will auch von innen strahlen... "
Na dann, probiers mit OA. Es gibt in Österreich 7 Gruppen, auf der ganzen Welt 6500 derzeit. Aber die Kontakte finden nicht nur an den meist wöchentlichen Treffen statt. Es ergeben sich viele enge Freundschaften, allein schon aus der gemeinsamen Problematik heraus. Es wird nach den 12 Schritten der Anbonymen Alkoholiker gearbeitet. Es wird in der Literatur viel von "Gott" geschrieben. Manche können für sich den Gott der Kirche anerkennen, das geht für mich und die meisten anderen nicht. Ich habe meine Höhere Macht oder mein Höheres Selbst, das mir bei Entscheidungsfindungen hilft. OA ist kostenlos und besteht ausschließlich aus Betroffenen. Erfahrene OA's sponsern Neue. Die einzige Voraussetzung der Zugehörigkeit ist der Wunsch, mit dem zwanghaften Essverhalten aufzuhören. Alles, was Du zu verlieren hast, ist das zwanghafte Essverhalten.

Ja, mag gut sein, dass ich so alt bin wie Deine Mutter. Viele junge Menschen in OA fühlen sich durch mich an ihre Mutter erinnert. Das ist nicht immer ganz leicht für mich, denn ich bin nicht nur Mutter. Ich bin auch eine ganz normale Betroffene von der Bulimie.
Meine Theratpeutin hat mich mal sehr unterstützt, als eine schlimme pubertäre Phase meiner jüngsten Tochter mich aus der Fassung brachte. Viele Betroffene, die ich inzwischen kennengelernt habe, konnten ihre Pubertät mit ihrer Mutter nicht leben. Sie ist jedoch ganz wichtig, sowohl für die Tochter als auch für die Mutter. Tut aber total weh. Meine Mutter hatte mir immer ein unsichtbares Stopschild hingehalten: "Bitte nimm Rücksicht" oder "Mein Herz, mein Herz - Du bringst mich noch ins Grab." Ich habe meine Pubertät ohne meine Mutter nachgeholt und bin erwachsen geworden.

Heute war ein schräger Tag. Ich hatte zu wenig geschlafen. Zwischen meinem Mann und mir lief es nicht so gut. Ihm gings auch nicht so gut. Ich mußte sehr aufpassen, mich nicht provozieren zu lassen. Und dann hat es mich doch erwischt: Ich war ungerecht, rechthaberisch und besserwisserisch. Und obwohl ich schon erkannte, dass ich im Unrecht war, machte ich weiter. Oh Himmel, wie schrecklich. Ich habe mich bei ihm entschuldigt und dabei meinen Chrakterfehler benannt, für den ich mich entschuldigte. Dann war alles wieder gut zwischen uns und ich fühle mich besser.
Ich bin sehr sensibel. Manchmal nehme ich Gefühle auf, die gar nicht meine sind. Dann versuch ich zu sortieren und frage beim anderen nach, was gerade los ist. Ob er/sie gerade das Gefühl hat, wie ich es fühle. Dann wird es meistens klar.

Trotz des schrägen Tages mußte ich nicht fressen und kotzen. Dank an mein Höheres Selbst.

LG Meta

Re: hilfe! neu! und das kurz vor weihnachten...

#13
Guten Abend liebe Meta,

ich habe tatsächlich die letzten Tage darüber nachgedacht und auch schon im Internet geschaut. Es gibt sogar eine Gruppe hier in meiner Stadt. Was mich noch ein wenig stört, ist diese Sache mit Gott. Auch wenn wirklich viele bei den OA nichts mit Gott am Hut haben, muss ich diese Idee noch ein wenig reifen lassen. Ich habe eine sehr ambivalente Einstellung zu Kirche, Gott, Religion und Glauben. Ich wurde als Kind sehr streng religiös erzogen und fand immer schrecklich. Es hat Jahre gedauert, bis ich mich daraus befreien konnte. Manchmal, wenn in schlechten Tagen mein inneres Kind mal wieder die Oberhand gewinnt, kann es auch vorkommen, daß es mir einflüstert "Was, wenn doch was dran ist?! Dann kommst Du in die HÖLLE". Das klingt jetzt sicher total schräg, aber es ist nun mal so...wobei es schon lang nicht mehr vorkam und ich glaube, ich habe meinen Frieden damit gemacht.

Zu sagen, Du würdest mich an meine Mutter erinnern, wäre vielleicht zu weit gegriffen. Ich denke als Ältere ist man immer eine Art "Vertrauensperson" für andere. Das ist mir auf meiner alten Arbeit aufgefallen: dort waren einige Anfang 20jährige, eine hatte sogar grad erst die Schule abgeschlossen. Ich, als ältere, war immer die, an die man sich gewandt hat, die ermuntert und ermutigt hat, gut zugeredet und getröstet hat. Automatisch mit dem Älterwerden steig die Lebenserfahrung, manchmal auch die Weisheit und vielleicht die Gelassenheit. Wenn man selbst mal ähnliches benötigte, war dann niemand da, da half nur noch Patzigkeit. Oh man!
Das das sicher nicht immer einfach für Dich ist, kann ich mir gut vorstellen. Laß uns einfach zwei Frauen sein, die Höhen und Tiefen haben, eine Gemeinsamkeit, das Problem mit dem Essen und die sich gegenseitig helfen.

Über das mit der Pubertät muss ich nochmal nachdenken. Denn auf den ersten Blick würde ich sagen, daß ich auch keine normal gelebte Pubertät hatte. Allerdings hatte ich damals schon eine Essstörung, war stark untergewichtig und habe meine Pubertät anders verbracht, als "normale" Jugendliche. Manchmal holt mich das ein und ich werde sehr traurig.

Das ist etwas, was ich in dem letzten Jahr gelernt habe: ich schaffe es, erst mir selbst einzugestehen, wenn ich mal im Unrecht oder unfair war und habe dann tatsächlich den Mut mich bei meinem Freund zu entschuldigen. Ich bin dann immer ganz stolz auf mich. Ich hoffe, Du auch auf Dich!

Hm, da hab ich viel zum nachdenken für die nächste Zeit,

ganz liebe Grüße

Hanne
cron