Re: "Verdiene" ich meine ES?

#18
ja,ne,is klar hat geschrieben:wie und warum hast du das erstemal gekotzt?
Das erste mal gek* habe ich vor etwa einem Jahr. War eine Mischung aus "Ich bin fett", "Mein Thera ist nicht da" und Wiedererleben von Mobbinggefühlen aus der Schule, als ich mit einem Astauschprogramm in Ägypten war. Oder es war einfach nur meine Blödheit. Wahrscheinlich eher letzteres. :roll: Die ES im Allgemeinen habe ich schon länger, etwa 6 oder 7 Jahre. Damit habe ich begonnen, weil ich gemeinsam mit meiner Schwester etwas abnehmen wollten. Wir sind beide in die ES gerutscht, sie ist mittlerweile aber seit 4Jahren clean...
ja,ne,is klar hat geschrieben:würdest du ohne B noh therapie brauchen?
Ich würde mich fürchten, die Therapie zu verlieren, wenn ich keine B mehr hätte. Manchmal denke ich, dass auch das mich davon abhält die B fallen zu lassen, auch wenn er mir immer wieder versichert, dass ich weiter kommen kann, wenn ich gesund bin. Aber dann habe ich nix mehr, was mich dazu berechtigt in Therapie zu gehen, wenn's mir eigentlich eh gut geht. Verdammt blöde, verquere Logik, ich weiß. Aber ich habe auch schon versucht mir das aus dem Kopf zu schlagen, funktioniert nicht... :?

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#21
Ich weiß es nicht. Er ist jmd, bei dem ich total schwach sein darf, der sich um mich kümmert. Und das obwohl ich es bei mir selbst verachte, wenn ich schwach bin und mich dagegen wehre. Und jemand, der sich um mich Sorgen macht. Auch das ist ein Teil in mir, den ich nicht mag, aber leider fühlt es sich gut für mich an, wenn sich jemand Sorgen um mich macht (solange es nicht meine Eltern sind...)

Ach shit, das sind nicht unbedingt die Seiten von mir, die ich gerne mag... :oops:

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#24
Hörnchen hat geschrieben:
ja,ne,is klar hat geschrieben:eine dumme Angewohnheit meinst Du?
kann das sein?
So wie Rauchen?
Ja, so in etwa... Nur nicht so gesellschaftlich akzeptiert...

Hm - darf ich mich auch miteinbringen?

dieses 'gesellschaftlich nicht akzeptiert' hat mich an ein Gespräch erinnert mit einem Ex, der genau das sagte:
Bulimie ist doch wie Alk oder Qualmen - nur nicht gesellschaftlich akzeptiert, wieso eigentlich?
Und fragte ernsthaft mich als Bulimikerin (wussts), warum 'meine' Sucht, meine Kompensationsmethode, mein freies Recht mit mir veranstalten zu können, was und wie ich will - warum das denn nicht so akzeptiert wäre?
Und, dass das doch eigentlich nichts weiter aufmersamkeitserregendes wäre( bzw sein sollte); es rauchen schließlich auch Leute in der Öffentlichkeit, ohne gleich eine Therapie nahegelegt zu bekommen...

Ich hab mich in dem Moment echt wie eine aufgeblasene, egozentrische Kuh gefühlt - wie jemand, der sich krankhaft wichtig machen will; denn wenn man es mal genau betrachtet... das ist doch alles nur Getue, Rederei und Dramatisierung einer simplen Art von Verdrängung.
Es ist schon schei'ße, wenn man dann an den Kopf geknallt kriegt: "Ich will nicht wissen, wie meine Leber aussieht - du nicht, wie deine Speiseröhre ausschaut. Where's the difference?"

Ja, wo ist der Unterschied - und genau dann fragt man sich auch wieder, womit man sich mit seinem 'perfekten' Leben so etwas verdient hat ??
Oft dachte ich: eigentlich, EIGENTLICH ist grade alles toll. Wenn nur DAS nicht wäre...

Ist es wirklich dasselbe, wie Rauchen? Auch daran scheitern beim aufhören viele viele Leute, weil sie es nicht anders aushalten. Zwanghafte Gewohnheiten sind nun einmal.... zwanghaft?

Vielleicht ist Bulimie in zwei Jahren ja ein allgemein bekannter Trend und auf jeder öffentlichen Toilette ist es völlig normal, dass sich mindestens einer wieder von seinem Mittagessen befreit? Weil er dünn sein will oder Stress hat oder genervt ist oder wütend oder was verdrängt oder allgemein mit etwas... oder dem Leben... nicht klar kommt.
Eine seltsame Vorstellung.

Da frage ich mich manchmal wirklich, wer denn nun jetzt die abgehobene, völlig verdrehte Ansicht hat: Der, der es als eine schwere psychische Erkrankung deklariert - oder der, der meint, es wäre 'nur' eine Sucht wie jede andere, eine legale Droge wie Alkohol, den Leuten fehlts an der Disziplin und wer nicht genug Drama im Leben hat, der macht sich halt welches. ..... ?


Darf ich hier eigentlich einen fremden Text herkopieren?
Ich fand ihn sehr schön und zutreffend:
Die Betroffenen verhungern an der empfundenen Sinnlosigkeit ihres Lebens.
Die selbstgewollte Essstörung ist nicht die Folge eines materiellen Hungers der Gesellschaft, sondern einer ideologischen Not. Sie ist an den Willen eines Menschen gebunden, der verzweifelt sucht, was immer magerer wird: ein sinnvolles Leben. Diese Form der Essstörung taucht erst dort auf, wo die Menschen sich als Waren auf einem anonymen Markt anpassen und verkaufen müssen, den sie nicht mehr unmittelbar durchschauen können. Sie wissen nicht mehr, ob ihre Lebensleistung überhaupt einen menschlichen Sinn macht.
Die gängigen Psychotherapien bleiben an dieser Vereinzelung der Betroffenen kleben, weil sie den Blick auf den "perfekten Fahrplan" der Gesellschaft, an dem die Einzelnen zerbrechen, scheuen. Die Essstörungen, die bislang ausschließlich als Krankheiten behandelt werden, sind ideologische Täuschungen - Reaktionen auf eine von menschlicher Unmittelbarkeit immer entferntere Gesellschaft.
Die bürgerliche Ideologie vom isolierten Glücksstreben allerdings wird auch von den Betroffenen nicht verlassen. Sie suchen den Sinn ihres Lebens in einer Askese, die zwischen Demut und Hochmut schwankt.
Magersucht oder Adoniskomplex sind keine isoliert zu bewertenden ästhetischen Probleme mit dem "Schönheitsideal", sondern Folge eines starken Willens, der verzweifelt aus dem Jammertal der Familie, der Schule, der Arbeit, der Gesellschaft zu flüchten versucht. Die Betroffenen spüren die Dumpfheit der banalen Konsumwelt und bleiben dennoch an deren Wurzeln kleben. Sie bilden die Kehrseite derselben Medaille, die sich individueller Wettbewerb nennt und bei dem nur die "Stärksten", die "Besten", die "Härtesten", die "Schönsten" oder "Intelligentesten" zu Siegern gekürt werden.
http://www.taz.de/


Ich kann keine Antwort auf diese Gedankenwirrungen liefern. Ich kann dir nur sagen, dass du mit deinen Gedanken nicht alleine bist. Auch ich hab mich immer gefragt, warum ich Bulimie haben darf, das wäre doch Humbug.
Und das schlechte Gewissen deswegen, erdrückend erdrückend erdrückend und niederschmetternd, führte nur dazu, dass ich noch mehr gefressen habe.
Lustig oder? Man frisst, um zu verdrängen, dass man frisst.

Traurige Grüße,
Wispy
Zuletzt geändert von Wispy am Do Sep 23, 2010 21:40, insgesamt 1-mal geändert.
Kraft kommt nicht aus körperlichen Fähigkeiten, sie entspringt einem unbeugsamen Willen.

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#25
Hallo Wispy!

Natürlich darfst du dich einbringen, ich freue mich darüber und Danke dir für deine Gedanken.
Wispy hat geschrieben:Oft dachte ich: eigentlich, EIGENTLICH ist grade alles toll. Wenn nur DAS nicht wäre...
Genau das habe ich auch schon oft gedacht und auch ausgesprochen. Eigentlich... :?
Wispy hat geschrieben:Man frisst, um zu verdrängen, dass man frisst
Das Wiederum erinnert mich an einen Text, der mir beim Lesen vom "kleinen Prinzen" vor etlichen Jahren in Gedächtnis geblieben ist...
Antoine de Saint-Exupery in 'der kleine Prinz' hat geschrieben: "Den nächsten Planeten bewohnte ein Säufer. Dieser Besuch war sehr kurz, aber er tauchte den kleinen Prinzen in tiefe Schwermut. – 'Was machst du da?' fragte er den Säufer, den er stumm vor einer Reihe voller Flaschen sitzen sah. – 'Ich trinke', antwortete er mit düsterer Miene. – 'Warum trinkst du?' fragte ihn der kleine Prinz. – 'Um zu vergessen', antwortete der Säufer. 'Um was zu vergessen?' erkundigte sich der kleine Prinz, der ihn schon bedauerte. – 'Um zu vergessen, daß ich mich schäme', gestand der Säufer und senkte den Kopf. – 'Weshalb schämst du dich?' fragte der kleine Prinz, der den Wunsch hatte, ihm zu helfen. – 'Weil ich saufe', endete der Säufer und verschloß sich endgültig in sein Schweigen."
Nun ist nur die Frage: Für was spricht das? Dafür, dass sowohl der schwere Alkoholismus als auch die Bulimie schlimme Krankheiten sind? Oder dafür, dass es eh beides nichtig ist? Oder ist das eh eine belanglose Textstelle?

Hmmmm.... :?:

Danke nochmal, Wispy, für deinen Beitrag,
Hörnchen
Zuletzt geändert von kleines Ich-bin-ich am Do Sep 23, 2010 21:54, insgesamt 1-mal geändert.

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#26
ich glaube,wenn man anfängt zu kotzen,weil mann sich schämt zu kotzen,ist man am Ende aller Weisheit.
deswegen ist der kleine Prinz auch so schnell wieder gegangen.......
Ich meine,wenn man sich nur noch damit beschäftigt,was man grad tut um Dinge zu ertragen,zu bekommen,zu vergessen usw. dann ist man für andere Dinge blind und taub.
Für mich die schlimmste aller Vorstellungen........
ich bin kein Opfer!!!

wer soll die Antwort wissen,wenn nicht Du?
von "Jan Eisklar"

Die wirkliche Macht haben Jene,die nichts mehr zu verlieren haben

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#27
ja,ne,is klar hat geschrieben:ich glaube,wenn man anfängt zu kotzen,weil mann sich schämt zu kotzen,ist man am Ende aller Weisheit.
deswegen ist der kleine Prinz auch so schnell wieder gegangen.......
Ich meine,wenn man sich nur noch damit beschäftigt,was man grad tut um Dinge zu ertragen,zu bekommen,zu vergessen usw. dann ist man für andere Dinge blind und taub.
Für mich die schlimmste aller Vorstellungen........

hmm... ich denke, ich verstehe, was du damit sagen möchtest.
Aber es ist ja nicht das Einzige, dass ich dabei fühle. Es ist ein Teil davon - ein Teil, der mich vor Ironie sarkastisch werden lässt, weil es wirklich das Ende aller Weisheit ist...
...und trotzdem weiß ich es doch - dass es bescheuert ist. Dass es keinen Sinn macht. Und trotzdem setze ich mich fortwährend damit auseinander.
Nur eben meine Gefühle vermitteln mir das und ich versuche sie in Wort zu fassen und überlege, wie ich damit umgehen kann (auch, wenn ich darin wahrlich schlecht bin).


@ Hörnchen,
den kleinen Prinzen hab ich nie gelesen, aber schon viel davon gehört.
Ja, die Textstelle beschreibt genau, was ich meine. :(

Was für was spricht und vor allem: was denn nun 'richtig' ist oder ob es überhaupt ein Richtig gibt - ich weiß es nicht; irgendwie hab ich mit der Zeit immer öfter das Gefühl, dass alles Nachdenken und Auseinandersetzen mit den verschiedensten Blickwinkeln dazu, nur dazu führt, dass ich noch weniger 'weiß'. also noch weniger mit Überzeugung sagen kann, weil ich einfach an nichts mehr glaube, an keine 'Version' des Ganzen.

Und dann bleibt nur noch die Lebensweisheit bestehen, die besagt:
Sicher ist, dass nichts sicher ist. Nichtmal das.

Ist es wirklich alles nur der Blickwinkel? Die Art der Betrachtung? WIE man etwas ansieht?
Ich weiß es nicht.
Kraft kommt nicht aus körperlichen Fähigkeiten, sie entspringt einem unbeugsamen Willen.

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#28
Hörnchen hat geschrieben: Mein Thera meint, dass ich durch die ES negative Gefühle verdränge, nur welche bitte sollten das sein??? Ich habe echt keine Ahnung, wegen was ich mich so schlecht fühlen sollte, dass mein Kopf eine Verdrängung durch eine ES für notwendig hält. :?

Das findest Du heraus, wenn du versuchst, nicht zu kotzen. Dann kommen garantiert jede Menge Ängste, Verzweiflung, Trauer oder sonstiges hoch. Es muss nicht mal wegen was weltbewegendem sein. Da reicht ein scheinbar "banaler" Anlass aus Deinem Tag....

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#29
Hallo Aire!

Erstmal auch dir Danke für deine Antwort.

Wie geht's dir denn? man hat dich ja recht lange Zeit nicht im Forum gelesen, alles ok mit dir? Bin erfreut dich in den letzten Tagen wieder hier zu sehen, ich hoffe das ist ein gutes Zeichen?

Hm, das was du da sagst, hat mein Thera in einem Nebensatz letztens auch gemeint. Er meinte irgendwie so "Vielleicht sollten Sie einmal 2 Wochen versuchen nicht zu erbrechen und zu schauen, welche Gefühle da hoch kommen." Und ich habe mir nur gedacht "Naja, die FAs habe ich ja trotzdem, da will ich das Essen nachher schon wieder los werden, sonst nehm ich ja zu! :shock: " Bin eh schon knapp ÜG und soooo viel k* tue ich eigentlich auch gar nicht. Noch nicht einmal jeden Tag... Naja, aber ich weiß, dass das kranke Gedanken sind und dass ich es eigentlich besser wissen sollte, beschäftige mich ja schon lange genug mit dieser Krankheit... :roll:

Re: "Verdiene" ich meine ES?

#30
Wispy hat geschrieben:@ Hörnchen,
den kleinen Prinzen hab ich nie gelesen, aber schon viel davon gehört.
Das hast Du was verpasst, liebe Wispy. Solltest Du unbedingt nachholen.... :)

Übrigens weiß ich auch nicht, warum Rauchen und Alkohol (mehr oder weniger) akzeptiert sind. Und kotzen nicht. Vielleicht weil son ein Glas in der Hand oder eine Zigarette immer noch als "äasthetisch" empunden werden können. Während rote, verquollene Augen, Würgegeräusche und Sauerei es nie sein werden.... Aber ich finde Rauchen genauso krank. Aber wenn die Betroffenen es nicht als Problem sehen, ist es ihre Sache. Krankheit oder Sucht ist doch sowieso, was man als solches empfindet. Da gehört immer auch ein Leidensdruck dazu. Oder?

lg

aire