#122
von Senai
Ich finde das eine interessante Frage, ob Magersucht oder Bulimie schlimmer sei. Dies habe ich mich nämlich auch schon oft früher gefragt.
Hatte nämlich auch zuerst Magersucht, und zwar recht heftig und später dann Bulimie auch recht heftig. Als ich Bulimie hatte, hab ich ganz ganz schlimm seelisch gelitten, aber die Leute haben mich in Ruhe gelassen, im Gegenteil, sie waren froh, dass ich zugenommen habe. Aber warum ich so stark zugenommen habe, darüber haben sie sich keine Gedanken gemacht. Das hat mich oft total aufgeregt.
Wenn man magersüchtig ist, ist man stark - denkt das zumindest. Man hat das Gefühl, dass man sich beherrschen kann, unter Kontrolle hat, und es kostet ja auch keine große Anstrenung. Insofern kann man stolz auf sich sein. Doch von außen machen sich die Menschen so viele Sorgen, und das konnte ich nicht leiden. Irgendwann litt ich dann auch unter dem Untergewicht, ständig frieren, nicht schön aussehen etc.
Mit Bulimie sieht man auf jeden Fall gesünder aus, und das ist einiges Wert. Es war bei mir dann so, dass ich aber ziemliche Depressionen bekam, weil diese Sucht so stark war und ich mich null kontrollieren konnte. Ständig wollte ich was ändern, aber ging halt nicht (ist ja immer noch so). Zumindest habe ich dann einen Fehler gemacht. Ich habe mir damals ganz fest gewünscht, wieder magersüchtig zu sein, zumindest solange, bis ich wieder mein Wunschgewicht hätte, weil für einen magersüchtigen das Abnehmen ganz leicht geht. Und das war der Fehler. Denn genauso kam es dann, nur dass ich kurz vor knapp noch die Kurve geschafft habe. Und da habe ich mir ganz fest gesagt: Die Magersucht war ganz arg furchtbar, und es ist ganz arg schlimm, magersüchtig zu sein, denn da hat man sich genauso wenig unter Kontroll, weil man nicht aufhören kann, sich Essen zu verbieten und abzunehmen. Ich hatte damals ganz schön Angst, weil ich merkte, dass ich wieder wie in der Magersucht dachte. Und wisst ihr, was ich mir dann gewünscht habe? Ich habe mir gewünscht, für ein paar Tage wieder Bulimie zu haben, denn da ist das Zunehmen ganz leicht. Und es schwenkte wieder um und von da an hatte ich wieder Bulimie. Aber seitdem habe ich mir nie wieder gewünscht, magersüchtig zu sein.
Und heute kann ich sagen, dass beides schlimm ist. Und ich glaube, dass man mit Magersucht schlechter leben kann. Ich glaube, das zerstört den Körper noch mehr. Auch wenn Bulimie seelisch schwer zu ertragen ist und auch ganz schön ins Geld geht. Trotzdem hat der Körper immer noch genug Nährstoffe, man wird von außen her in Ruhe gelassen. Wahrscheinlich lebe ich deshalb schon 10 Jahre damit. Mit Magersucht hätte ich mein Leben sicherlich nicht so meistern können ohne Konflikte.
Fazit: Beides ist blöd, jedes auf seine Art. Wir sollten uns wünschen, normal zu werden, normal zu essen. Aber das ist schwer, ich weiß, sonst wäre ich nicht hier.