Liebe Kemba Shayor
Als ich in deinem Alter war, hab ich mir immer vorgestellt, wie es sein würde, wenn ich tod bin.
Wer würde um mich trauern. Wem würde ich am meisten fehlen. Vielleicht genau die Menschen, die mir zu Lebzeiten das Leben am schwersten machten?
Dann erwischte ich mich sogar bei den Gedanken „das würd ich euch gönnen“
Krank. Ja ich weiß.
Aber ich denke, diese Todesgedanken kommen nur dann, wenn man sich nicht richtig geliebt fühlt oder verstanden oder gar unnötig vorkommt.
Kurz gesagt, wenn man zu wenig Selbstvertrauen übermittelt bekommt.
Dass man für sein Selbstvertrauen auch ein bissl arbeiten muss, das lernt man erst später.
In den ganz jungen Jahren wäre es schon wichtig, wenn man ein Wertgefühl vermittelt bekommt. Aber in der heutigen gestressten Welt, scheint das immer mehr vergessen zu werden. Werte fangen leider immer erst bei Leistungen an. Hmmm.
Ich habe in meinem Leben viele Auf- und Ab’s gehabt. Und es gab auch Zeiten, wo ich vergaß mir Ziele zu stecken. Da fängt das Leben dann meist an, sinnlos zu werden.
Es kamen die Geburten meiner Kinder. Und glaub mir, das ist das größte Glück für eine Frau.
Mit 15 hätte ich mir ja nicht einmal vorstellen könne, dass ich einmal Mutter werde.
10 Jahre später kam dann meine Tochter zur Welt. 8 Jahre später mein Sohn.
Warum erzähle ich dir das? Damit du siehst, wie weit da eigentlich diese absoluten Höhephasen auseinander sind.
Tja und 12 Jahre nachdem mein Sohn geboren war, starb meine Tochter. TOD!!!
Und plötzlich wusste ich, wie sich diese Menschen fühlen, denen ich mit 15 Jahren meinen Tod vergönnt hätte. Die schrecklichste Zeit in meinem Leben begann.
Auch mit Suizidgedanken. Nicht nur ein Mal. Die Schmerzen in meiner Seele waren so groß, dass mir als einzigen schmerzloseren Weg, der Tod vorkam.
Und gleichzeitig, wissen wir natürlich, dass es feige ist, sich ganz einfach davon zu schleichen. Es ist feige und unverantwortlich. Mein Mann hat mir damals schon die nötigen Leviten gelesen. Und vollkommen Recht hat er gehabt.
Wo würde denn mein Sohn heute stehen mit seinen 21 Jahren. Ohne Mutter. 8 Jahre Trauer hätte er hinter sich, in einer Zeit, wo die wohl wichtigste Entwicklung eines Menschen passiert.
Ups ich hab mich jetzt ganz schön verquatscht. Jaja. Hedi und der Tod……
Aber nun müsste ich ja noch deine Frage beantworten.
Gut für die letzten 52 Jahre habe ich dir genug Antworten in meinem Bericht gegeben.
Und warum will ich jetzt weiter leben? Ich alte Kuh. Hätte ja wohl schon genug gelebt. Was kann mir denn mein Leben noch bringen?
Da gibt es noch sooooo viel, das ich erleben will.
Großmutter will ich werden.
Mein Häuschen auf dem Grundlsee will ich noch genießen.
Ins Pensionsalter will ich kommen, damit ich endlich die Zeit habe für meine Hobbys, die mich jetzt während meiner Berufstätigkeit in Stress kommen lassen.
Theater spielen, Wandern gehen, Städte sehen, Freundschaften pflegen und Oma sein, kommt hoffentlich dann auch noch dazu.
Bitte wann soll ich Zeit haben zu sterben?????
Damit verliert der Tod eigentlich für mich seinen Sinn
Dickes Bussi
Hedi