mimi hat geschrieben:super gut ich weiß viel über dieses ganze....und ich mach es trotzdem und kanns anscheinend nicht lassen....
Gefühle sind stärker als Verstand. Und es ist ja nicht so, dass Du morgens aufstehst, Dich nicht mehr hasst und Dich entsprechend anders verhälst und sofort in guten Beziehungen bist und die Menschen nur noch nett zu Dir sind. Wie gesagt: viele andere Menschen tun einem weh, weil sie sich selbst besser fühlen wollen, weil das ihre Art ist, sich nicht schlecht zu fühlen. Und solche Menschen riechen einen, wenn man Minderwertigketisgefühle hat. Du wirst immer Menschen begegnen, die Dich harsch kritisieren und Du wirst dann damit umgehen müssen, Ungerechtigkeiten zurückweisen müssen etc. Das ist schwierig, weil die Situationen, in denen das passiert ja jedes Mal anders sind. Und wenn Du Dich ohnehin schon schlecht fühlst, wirst Du vielleicht zu spät merken, dass jemand Dich gerade ausnutzt/fertig macht/ Dich noch weiter in Deinen Selbsthass reintreibt.
Bei mir hat der richtige Weg raus jetzt gute fünf Jahre gedauert. Weil die gewohnte erste Reaktion auf alles nunmal die essgestörte ist, die selbsthassende. Das organisiert immerhin bis jetzt Dein ganzes Leben. Mit dem Selbsthass macht alles einen Sinn.
Du wirst erst rational umlernen müssen, im Nachhinein, nach den Situationen - mit einem engagierten Partner oder einem guten Therapeuten. Wie kann man noch über Dein Verhalten oder das der anderen denken?
Dann wirst Du lernen müssen, die Situationen sofort zu erkennen, in denen Du "bulimisch" reagierst. Gibt es Dinge, in denen ich grundsätzlich mir die Schuld gebe? In denen ich besonders angreifbar bin? Wo ich mich selbst zerstöre?
Dann wirst Du lernen müssen, in den Situationen anders zu handeln. Lautstark mitlachen, einmal quer durch den Raum rufen, jemandem die Meinung sagen - und einer neuen Wahrnehmung der entgegenkommenden Reaktionen Platz lassen. Wenn Du meinst, dass wegen Deines Lachens eh schon alle peinlich berührt sind, dann wirst Du auch garantiert jemanden finden, dessen Gesichtsausdruck genau das aussagen könnte...und aus dem wird dann im essgestörten Kopf eine ganze Gruppe, die einen nie wieder sehen will.
Das alles erfordert parallel, dass Du Deine Einstellung zu Dir selbst grundlegend änderst. Und zu guter letzt musst Du lernen, Dich dabei gut zu fühlen. Das dauert, dafür musst Du andere, hoffentlich positive Erfahrungen sammeln.
Bei jedem Scheitern oder auch nur bei der Angst vorm Scheitern, wird der Selbsthass raus dreimal so laut schreien wie sonst, Du wirst Dich immer mehr fertig machen. Jede neue Situation wird heraufordern, dass Du umlernst. Und Du wirst oft denken, Du seist der letzte Dreck. Aber jedes Mal musst Du Dir sagen, dass sich da nur Dein Selbsthass, Deine Angst aufbäumt. Und dass das nicht heißt, dass Du wirklich schlecht bist.
Aber irgendwann wirst Du auch merken, dass es etwas besseres als Deine Selbstkontrolle und Deinen Selbsthass gibt, das gut verläuft und gut bleibt und dann wird sich das langsam ausbreiten. Rückfälle gehören dazu, damit man merkt, dass es anders besser war.
Du kannst es nicht einfach nur begreifen. Die Forderung an Dich selbst, dass Du dann sofort perfekt handelst, ist doch schon wieder so ein Stück Hass. Es ist ein Lernprozess, wirf Dir den nicht vor.
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.