Re: die essstörung greifbar machen

#16
Maria82 hat geschrieben:ich wollte zeigen, das die bulimie nicht zum eigentlichen "Ich" gehört- wir geben ihr nur die macht, sich so tief in unser leben zu integrieren, das sie irgendwann zu uns gehört.
Ich hab das Gefühl mich nur mit Bulimie zu kennen. Ohne Bulimie oder den damit zusammenhängenden Inhalten käme ich mir fremd vor. Ich würde mich von mir entfremden.
Ich trenne die Bulimie eigentlich nicht von "mir" ab oder so. Sie ist sozusagen eine Verhaltensweise. Ich würde auch nicht SIE, sondern eher ES sagen. Die Verhaltensweise (es), nicht die Krankheit (sie)...


versteht das jemand?

Re: die essstörung greifbar machen

#17
Ich verstehe das sehr gut. Geht mir genausso, dafür hab ich diese Verhaltensweisen schon viel zu lange...
Para hat geschrieben:Ohne Bulimie oder den damit zusammenhängenden Inhalten käme ich mir fremd vor. Ich würde mich von mir entfremden.
Ja eben deshalb denke ich auch dass es manchmal schwieriger ist loszulassen, mir zumindest hat es zu Beginn gar nicht behagt den Sprung ins kalte Wasser/ein anderes Leben, das ich gar nicht kenne anzufangen.
Wer bin ich denn dann überhaupt -was macht mich aus ohne B.?

Re: die essstörung greifbar machen

#18
wenn du das aber selbst alles ganz und gar bist, wie findet dann eine heilung statt?
gilt es dann, sich erst von der B. (abzu)trennen?
sich bz zu überlegen, was übrigbleibt oder neues dazukommt, wenn die B. weg ist?
oder ist die idee der therapie, sich selbst GANZ zu ändern? oder am end nur das vehalten zu ändern :? ??
wie siehst du deinen körper? auch so als eines?

ich bin total auf diesem ich-zerfall-trip,
deswegen danke für eine erklärung, wie das anders von statten gehen kann.
glaubst du also gar nicht, dass du eigentlich in wirklichkeit so-und-so (also eben DU) bist,
nur durch deine geschichte zerstört und krank?
oder dass du ganz viel gesundes auch in dir hast, was nur verdeckt ist? (ganz was anderes, aber: das ist ja sogar bei einer schizophrenie so, dass die gesunden anteile noch da sind, aber eben verdeckt!)

ich bin da vielleicht zu einseitig eingestellt. ich empfand es als unglaublich befreiend,
als ich mir eingestehen konnte, dass ich "Krank" bin: also schwach und nicht 100prozent einsatzfähig.
und dass es deswegen in mir mich und die B. (und alles andere belastende, störende, kranke..) gibt.
das war vielleicht auch der punkt der ab- trennung.
vorher wars eher mit mir verwachsen, auch teil meiner identität, und auch komplett heimlich!!
also das heimlich-halten geht zeitlich total einher mit dem ich-verschmolzenen gefühl.
wirr aber war
so.

???

ps: komplett absurd, worüber ich mich hier wundere. sich als autonome, einheitliche person begreifen zu können
ist sehr sehr wünschenswert.
bzw bildet das den gesund-zustand eines menschen.
ich versuche schon seit 20 jahren genau das: zu sein.
das soll man mal verstehen!!!
Zuletzt geändert von greta am So Jan 11, 2009 18:17, insgesamt 2-mal geändert.

Re: die essstörung greifbar machen

#19
das problem ist doch eigentlich, das genau das passiert, was para und bumble-bee beschrieben haben: das man irgendwann die bulimie als teil von sich selbst sieht. Ist das denn nicht genau der fehler? Bei jedem kommen viele verschiedene gründe für den ausbruch der Krankheit in frage, niemand wird mit bulimie geboren- und ist es denn nicht genau die angst vor dem (wieder)entdecken der eigenen persönlichkeit, die uns so an der ES festhalten lässt?
Wir haben vielleicht gelernt zu verdrängen, zu verschleiern und uns selbst zu belügen, aber wir müssen lernen uns unserer eigenen persönlichkeit zu stellen- und weil wir uns selber fremd sind, weil wir uns eben ein leben ohne bulimie nicht vorstellen können, denken wir die krankheit wäre ein teil von uns- für mich ist das nur ein ausdruck meiner angst mich mit mir selbst zu beschäftigen- denn mit dieser denkweise verstecke ich mich noch immer hinter der bulimie!
Und die abgrenzung kann doch nur dann statt finden, wenn man eben beginnt, die Es als einen fremdkörper und nicht als bestandteil der persönlichkeit zu sehen.
Ich meine die Es hat doch wirklich realistisch gesehen keine Vorteile!- im gegenteil: damit schaden wir uns nur selbst (man sollte sich immer vor augen halten, das jegliche art der ES tödlich sein kann!) Und da gehen bei mir die alarmglocken an- wenn etwas schlecht für mich ist, muss ich es los werden.

Re: die essstörung greifbar machen

#20
greta,

ich bin davon überzeugt, das noch "das gesunde" in mir steckt, nur eben tief vergraben. Und es ist eben schwer sich durch diese schichten zu graben- aber genau das ist doch der therapieverlauf- sich zurückentsinnen auf ursachen, zusammenhänge und gründe- man muss seine geschichte reflektieren, um da anzusetzen, wo man der bulimie so viel macht gegeben hat.

die krankheit hat mich zwar verändert, aber es gab auch eine zeit davor- auch wenn mir die erinnerung daran schwer fällt, so gibt es doch noch irgendwo in mir den punkt, wo meine lebensfreude und meine lebenswillen liegen.
ich habe der Es große opfer gebracht und irgendwann habe ich nichts mehr zu geben- ich bin ausgebrannt und leer- und an diesem punkt habe ich nur zwei möglichkeiten: entweder ich gebe auf und lebe mein leben weiter wie bisher (dessen ende ich mir nur sehr ungern vorstelle) oder ich versuche den weg zurück zu gehen, den ich gekommen bin- zweitere möglichkeit, ist die einzige, denn wenn ich mir etwas erhalten habe, dann die erkenntnis, das ich noch immer hier bin und das auch mein leben es wert ist gelebt zu werden- auch wenn ich mir diese worte immerwieder wiederholen muss, weil ich noch immer zu tief im "kranken Verhalten" (bitte nicht falsch verstehen) stecke!

Re: die essstörung greifbar machen

#21
Wie gesagt, ich kenne mich nur mit Bulimie. Mein "gesundes Ich" bin halt ich, so wie ich jetzt bin, nur mit anderen Werten und Prioritäten ---> eben weniger Gedanken ans Essen und andere Hobbies. Ansonsten bin ich wie ich bin.


Ich kann mich an keinen Moment in meinem Leben erinnern an dem ich mich jemals viel anders gefühlt hab als jetzt auch. Als ich die Bulimie entwickelt hab, war das für mich auch nix schlimmes oder verwerfliches oder gar besonderes. Ich hab mich immer ganz normal gefühlt.
Als ich erfuhr, dass Ess-Brech-Sucht eine Krankheit ist, war ich überrascht und leicht ungläubig, dass das unnormal oder gar "krank" sein soll was ich schon so lange als Selbstverständlichkeit tue. Da war nie ein Gedanke wie: "ja stimmt! seit dem ich das mache hat sich mein Leben ja sooo verändernt (gar zum schlechten). seit dem ich diese "bulimie" hab hab ICH mich so verändert, wo sind nur meine alten, guten, gesunden Persönlichkeitsanteile geblieben???!" Sowas dachte ich nie... Ich müsste das "gesunde" Ich erstmal erfinden. Ich glaub ich war noch nie wirklich gesund.


Aber wenn ich nicht mehr fressen und kotzen würde, dann würde sich aber wahrscheinlich auch nicht viel an meinem Ich verändern, denn ich hab auch nicht das Gefühl, dass sich mein Ich verändert hat als ich die Essstörung bekam.

Re: die essstörung greifbar machen

#22
hey, hallo para,
wahrscheinlich ist das ein wesentlich realistischerer blick.
ich meine, ich erinnere mich auch, dass ich mit 1,3,7,9, jahren.... schon genauso war, wie jetzt, auch ohne ES und so.
aber ich fühle trotzdem dass da auch schon was komisch war mit mir.
ich kann vielleicht nicht so gut akzeptieren, dass ich als mensch nicht funktioniere. dass ichs nicht schaffe, mich zu beherrschen.
das ist nämlich eins der hauptdinger, nach aussen hin intakt wirken zu wollen, zu funktionieren, zu simulieren, man sei man selbst.
und da greife ich eben auf die greta zurück, hinter der ich ganz stehe, die ich be-ja-he....um auch auf jeden fall authentisch zu sein.
panik vor jeglichem missverstanden werden, davor, weniger zu schaffen, als ich eigentlich könnte.
deswegen fragte ich dich auch nach deinen ansätzen, weil du mir so ehrlich mit dir selbst vorkommst.
das beste was mir mal passieren könnte, wäre, das wort EIGENTLICH aus meinem wortschatz zu streichen.........
ich glaube du würdest dich schon ändern ohne fressen und kotzen, sei es nur, weil du plötzlich so viel mehr zeit hättest für DICH.. zb.
lg greta............................

Re: die essstörung greifbar machen

#23
Para,
wie findest du denn dein leben mit der Es?- meiner meinung nach ist das, was uns nicht gut tut krank- und es geht auch nicht darum, das ich nach einer genauen diagnose bescheid wusste, was die bulimie mit mir macht oder was mit mir passiert, vielmehr ist die Es der ausdruck dafür das es mir nicht gut geht- mit oder ohne definition ist eine ES eine Handlung gegen jeglichen natürlichen Instinkte- oder kennst du eine gesunde lebensform, die sich selbst zerstört?

Nein, mal ehrlich: meinst du denn das du immer mit der bulimie leben könntest? Wie stellst du dir denn die nächsten jahre vor?

Re: die essstörung greifbar machen

#24
(((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((so eine art strassenschild))))))))))))))))))))))))))
würde gerne die
"ich-male-meine-bulimie-workshop"-idee
wieder aufgreifen wollen!
vielleicht hift ein bisschen humor grade dort,
wo man nur heulen will und kann.
ich hab das gefühl, es ist sehr schwierig, dieses theoretische modell/gedankenspiel (von maria ganz am anfang des threads)
anzuwenden. mir fällt es schwer, sowas ganz ernst zu nehmen.
also den aspekt zb, dass man mit dem generierten bild der krankheit dann eine aktion durchführt im kopf.
das ist so angestrengt. krampfig. pädagogisch.
ich fände es als anfang schon sehr aufschlussreich, sich erstmal überhaupt
1, 2 oder auch 3 verschiedene bilder zu machen, was auszuprobieren, anzufühlen.
ich fang mal an. bei innere processe,
will das gespräch hier nicht unterbrechen :D wer malt mit???
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