Holla die Waldfee habe ich viel zu erzählen!!
Also erstmal: die Nacht war grauenhaft. Ich hatte einen richtig beschissenen Alptraum mit Eltern und Bulimie integriert, arrrg. Dann bin ich zum Flohmarkt am Morgen gegangen. Ich fühlte mich ziemlich schnell unwohl dort und dachte an Essen. Nein, umgekehrt. Ich dachte an essen und stellte dann fest, dass ich mich eigentlich einfach nur sehr unwohl fühlte. Wie ein kleines, hilfloses Kind, das Angst hat. Der Auslöser: viele fremde Menschen, ein unbekannter Ort. Ich verließ meinen Stand und statt mir -wie ich zunächst den Impuls hatte – etwas zu essen zu kaufen stellte ich mich einfach in die Sonne: das tat saugut. Doch kurze Zeit später als ich wieder an meinem Stand war ging es mir erneut nicht gut, ich wollte weg dort, fühlte mich klein und unwohl. So verging noch eine halbe Stunde mit abwechselnd Fressgedanken (aber Kotzen war zu jeder Zeit TABU in meinem Kopf!) und Unwohlsein-Gefühl, so dass ich irgendwann beschloss einfach zu gehen. „Mir doch egal, dass ich nichts verkauft habe“ dachte ich mir. Dazu muss ich erstmal sagen, dass ich mächtig stolz darauf bin MICH in den Vordergrund gerückt zu haben statt irgendwelche 5,10 oder20€ , die ich verdienen könnte. Übrigens: Der Mann neben mir bewacht nun meine Sachen und da ich in 20 min zu Fuß dort sein kann, werde ich einfach in 3 Stunden wiederkommen – vielleicht ist dann ja doch was verkauft

Nun gut, ich ging also nach Hause, aber obwohl ich auf dem Rückweg schon sehr erleichtert war und stolz zugleich für mich gehandelt zu haben, war zu Hause erneut Fressdruck da. Es war einfach so ein Gefühl von wegen „hach und jetzt entspannen mit Essen, freisein und Seele baumeln lassen, erbrechen werde ich es eh nicht, aber so ein bisschen Vollfressen wäre jetzt klasse“. Anschließend habe ich einen kleinen Essanfall gehabt, keinesfalls die Mengen wie in der Bulimie und sogar nicht mal nur ungesunde Sachen ( es fühlte sich auch anders an als die B: keine Selbsthassgedanken dabei und kein nahezuwütendes „Fressen“ ) aber dennoch sehr sehr deutlich über dem, was ich aktuell physiologisch „brauche“. Naja was soll ich euch sagen und nun sitze ich hier. Ich bin mir noch ein wenig unschlüssig wie ich jetzt darüber denken soll.
Ich denke erstmal ist es wirklich mega klasse, dass es für mich einfach absolut keine Option mehr ist zu erbrechen. Dabei bleibe ich auch – komme was wolle.
Zweitens ist es wirklich gut, was ich da auf dem Flohmarkt gespürt habe, und zwar mich und wie es mir nicht gutgeht und dies auch ERNST genommen habe. Ich sehe, dass ich mich schon sehr auf mich verlassen kann! : )
Zum anderen denke ich, dass es eine gute Erfahrung ist, dass ich nicht wirklich Angst haben muss, weil ich ja eben im Ernstfall NICHT die Kontrolle verliere. Ich habe mich ja nahezu „bewusst“ zum Fr(essen) entschieden. Das Ergebnis ist: ein sehr sehr voller Bauch und ein etwas schlechtes Gewissen. Der Bauch wird wohl irgendwann wieder leer sein und das Gewissen legt sich sicher auch, wenn sich die Mahlzeiten in den folgenden Tagen auf meinen Bedarf einpendeln.
Ich denke aber auch, dass „Essen“ nicht mein zu Hause sein sollte. Ich habe grundsätzlich ein gemütliches, sicheres, schönes zu Hause verdient, an dem ich immer sein darf.
Ich verzeihe es mir einfach vorhin nicht bei mir gewesen zu sein, gesagt zu haben „nein, das ist mir jetzt zu anstrengend mich den Gefühlen und Gedanken zu widmen, ich fresse lieber.“ Vielleicht liegt aber auch hier das Problem begraben: darf ich nicht auch einfach mal nur abschalten? Ins Bett, Augen zu, nichts hören, nichts sehen, nur liegen. Bis dahin ist es vielleicht noch ein kleiner oder meinetwegen auch weiter Weg, aber ich gehe ihn schon ziemlich mutig und komme jeden Tag ein Stück weiter. Heute schaffe ich nicht mehr viel, aber das muss ich auch nicht. Ich bin froh, wenn ich den doofen Essanfall gut verkraften kann und werde schon genug damit zu tun haben das schlechte Gewissen im Zaun zu halten. Aber ganz ehrlich: was ist schon ein einziger Essanfall im Vergleich zu der Möglichkeit ein Leben ohne Bulimie und Selbsthass zu führen? Da sind gar keine Gedankenkarusselle mehr nötig um mich für das Wichtigere von beiden zu entscheiden.
Und jetzt lege ich mich wirklich ins Bett und schlafe mal ein wenig.
Wenn ich aufwache, möchte ich mich gut fühlen dürfen und mir denken "wow, wer hätte das vor einer Woche schon gedacht?" statt "oh je ich habe zu viel gegessen".