Bulimie ist da, und nicht wirklich existent

#1
Hallo,

wenn man mich fragt, ob ich Bulimie habe, antworte ich automatisch mit Nein. Mir kommt es auch nicht wirklich in den Sinn daran zu erkranken bzw. erkrankt zu sein. Den anderen kann ich das eins zu eins rüber bringen und gut argumentieren, weshalb ich keine Bulimie habe und ich auch niemals daran denke, sie zu "bekommen".

Aber ich habe Bulimie, seit sehr, sehr vielen Jahren.

Ich praktiziere sie, seit sehr vielen Jahren, eigentlich täglich in direkter Form und in bulimischen Aktivitäten. Das hat sich alles schon so mit meinem Leben, mit meinem Ich verschmolzen, dass man gar nicht mehr von einer Trennlinie sprechen kann. Das ist alles eine Masse, eine verkochte Brühe, wenn man das so nennen will.

Ich habe "vergessen", dass ich Bulimie habe. Ich denke jetzt gar nicht mehr direkt daran. Habe im Alltag und im familiären Bereich so viel an der Backe, dass ich nicht mehr die Bulimie mit meinem ganzen Verstand betreiben kann (also nicht wirklich Hirnschmalz für kcal-Zählen, Abfm-Einteilung inkl. Klositzungen, und den traditionellen Fress- und Kotzeinlagen)

Ich tue es. Ich merke es nicht, ich denke nichts Weiteres. Es ist schrecklich, weil ich merke es wirklich nicht. Es ist für mich wie Zähneputzen geworden. Gehört halt dazu und ich integriere sie schon so weit in mein Leben, dass andere das direkt mitbekommen und mir das nicht auffällt.

Esse ich mal gemeinsam mit Leuten, stehe ich auf und gehe aufs WC. Routine, alles. Es fühlt sich so an, als müsste ich nur mal kurz Pippi gehen, dabei ist es das Kotzen, so sehr habe ich es als eine allgemeine Aktivität oder als Trieb verstanden.

Wenn mir einfällt, dass ich sie habe, und sogar versuche sie aus meinem Leben zu kriegen, gelingt es mir nicht und dann fängt das eigentliche Leid an.

Musste das loswerden, ich sehe keine Hoffnung, keine Lösungen, und das obwohl ich Zeiten hatte, in denen ich wirklich angekämpft habe - aber all diese Kräfte, diese Konzentration dafür fehlen nun absolut.

Ich hab´keine Kraft, mich macht das so müde, aber Kraft aufs Klo zu flitzen und zu k* geht immer :roll:

Bitte Kopfnuss!
Zuletzt geändert von Lilie am Mo Nov 04, 2013 23:01, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Bulimie ist da, und nicht wirklich existent

#2
du musst dir hilfe suchen. das hört sich so "eingeübt" bei dir an, dass du das nicht alleine schaffen kannst. ich glaube das eh nicht, dass man alleine von der bulimie wegkommt.
zudem hört es sich so an als hättest du sehr viel stress, kaum zeit um nachzudenken. klar ist da auch kein platz für deine bulimie da, ich würde es dann auch einfach durchziehen, weil es geht ja gleich weiter.....funktionieren.....ist das so bei dir?

gibt es ein ventil? jemanden mit dem du darüber schon geredet hast, dich geöffnet hast? anscheinend bekommt es dein umfeld ja mit.

gib die hoffnung nicht auf. das darf man nie. und such dir unterstützung. therapie, beratungsstelle, oder auch hier im forum, das ist ein super anfang!

alles liebe

Re: Bulimie ist da, und nicht wirklich existent

#3
Lilie hat geschrieben:Ich tue es. Ich merke es nicht, ich denke nichts Weiteres. Es ist schrecklich, weil ich merke es wirklich nicht. Es ist für mich wie Zähneputzen geworden. Gehört halt dazu und ich integriere sie schon so weit in mein Leben, dass andere das direkt mitbekommen und mir das nicht auffällt.
Hallo Lilie,

wenn das so ist, ist vielleicht der erste Schritt, dass Du Dir mal bewusst machst, was Du tust. Dass Du mal Deine Aufmerksamkeit verschiebst. Von den scheinbar so wichtigen Dingen im Alltag - hin zu Deinem Befinden.

Dass es bisher so war mit dem Kotzen, dass es ein Automatismus ist, heißt ja nicht, dass es ewig so weiter gehen muss. Die Zukunft ist ja kein Spiegel der Vergangenheit. Und es gibt nirgendwo eine vorgeschrieben Linie. Wie Du das Kotzen mal "erlernt" hast, so kannst Du auch andere Verhaltensweisen (nach dem Essen) erlernen. Das wird am Anfang schwierig und anstrengend sein, aber je länger Du daran übst, desto leichter geht es. Wie ein Muskel, den Du trainierst....

LG

Sophie
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Bulimie ist da, und nicht wirklich existent

#4
Das kenne ich.
Ich würde mich in der Hinsicht nicht als krank bezeichnen. Es gehört zu mir ich kann mich gar nicht mehr erinnern wie es ohne sie wahr.
Es ist völlige routune geworden zu planen die zeiten einzuhalten an denen ich alleine bin uns...

Aber ich muss etwas tun ich habe scheinar dadurch so langsam eine gewaltige sozialphobie und trau mich kaum noch aus dem Haus.
Hängt denke ich mal alles zusammen.Gegen die bulimie will ich eigentlich gar nichts machen nur die ständigen ängste fressen mich auf.
Wobie das unwohlsein unter anderen menschen schon vor der bulimie da wahr nur nicht so heftig wie jezt 14-15 jahre später.

Re: Bulimie ist da, und nicht wirklich existent

#5
Sorry, dass ich erst jetzt schreibe.

Habts recht.
Ich hab´die Vergangenheit wirklich als Spiegel der Zukunft gesehen und die Gegenwart völlig außer Acht gelassen.

Ich weiß, dass ich Hilfe brauche, aber es gibt keine. Das klingt blöd, ja, es gibt immer eine Lösung, aber bei mir hat keine geklappt. In den letzten Therapien etablierte sich die ES nicht als das eigentliche Problem, was ja logisch ist, dann ging es um die Vergangenheitsbewältigung, den Bewältigungen mit meinen (Verlegenheits- Gelegenheits)-Diagnosen und um die sehr schwierigen familiären Konflikte.

Letzten Endes stellte sich heraus, dass bei mir zu Hause sehr schwerwiegende familiäre Probleme vorliegen. Sie war nie gewaltfrei. Alle meine 4 Brüder haben eine stark beeinträchtigende Persönlichkeitsstörung, sind zwar alle schon wesentlich älter als ich, aber mit ihnen war und ist es immer noch sehr schwierig und mein Vater des Borderline Typ ist auch nicht leicht zu händeln.

Da ist es schon klar, dass ich nie Frieden und zwar immer und überall Stress hab´.

In letzter Zeit rückte die B* sehr weit nach hinten, eben wie schon recht verdeutlicht wurde, der Alltag und andere Dinge immer wichtiger wurden und es immer noch sind. Der Trugschluss war ja der, dass ich dachte, so, also auf genau diese Art und Weise die B+ loszuwerden. Ihr wisst ja, man denkt, wenn man viel zu tun hat, dass man sie vergessen kann. Aber das stimmt ja gar nicht :shock:

Wie macht ihr das, diese Integration der B+ in den Alltag? Klingt doof die Frage, aber ansonsten antwortet mir der Rest auf die Frage: Wie kann ich trotz zu viel Alltag die B+ loswerden?

Was ist das jetzt für eine Phase, dass ich absolut keine Kraft oder Konzentration mehr habe die B+ zu besiegen? Habe ja sonst auch immer dagegen gekämpft ganze Zeit, ganzen Jahre.
Zuletzt geändert von Lilie am Fr Nov 08, 2013 10:22, insgesamt 2-mal geändert.