... und das bin ich.

#1
Hallo ihr alle...

Ich bin nicht sicher, ob das hier der richtige Bereich dafür ist, aber ich dachte mir, was ist schon besser als sich erstmal vorstellen? ;)
Ich werde nächste Woche junge 19 Jahre alt und weiß nicht, an wen ich mich wenden kann. Ich bin im Moment sehr unsicher und verwirrt von meinem Verhalten und hoffe, das ihr mir hier ein wenig helfen könnt. Vorne weg; ich bin (noch) nicht magersüchtig oder bulemisch, aber ich habe Angst das ich es werden könnte. Deshalb wende ich mich damit an euch, in der Hoffnung ihr lest meinen Text und nehmt euch vielleicht ein wenig Zeit, mir zu helfen, soweit das eben geht.

Nun, ich habe in den letzten 4 Monaten sehr abgenommen, nicht weil ich mich zu dick fand oder mir zum Ziel gemacht habe "du musst jetzt so und so viel abnehmen", das kam irgendwie einfach von ganz alleine. Ich habe letzten Sommer Abitur gemacht und bin danach für 3 Monate nach Canada, in eine Sprachschule. Nun ist ja bekannt, dass viele Schüler nach ihrem Auslandsjahr in Amerika/Canada mindestens **kg schwerer nach Hause kommen. Ich muss dazu sagen, ich war vor meinem Auslandsaufenthalt genau richtig und hab mich eigentlich auch wohl gefühlt, so wie ich war. Ich habe gegessen was ich wollte und worauf ich Appetit hatte und habe mir keine Gedanken gemacht "kann ich mir das jetzt noch leisten?", oder "muss das Joghurt jetzt wirklich sein?".
Also, da ich gehört hatte, dass viele Schüler im Ausland stark zunehmen, habe ich ein bisschen Angst bekommen, weil ich eben so bleiben wollte wie ich war und nicht anders. Dann kam es halt, dass ich dort drüben sehr auf mein Essen geachtet habe. Das hat sich irgendwie so eingebürgert. Ich habe nicht gehungert und das mache ich heute auch noch nicht, aber ich habe sehr bewusst gegessen und auch mal eine Mahlzeit ausfallen lassen, wenn ich keinen Hunger hatte, auch wenn meine Freunde etwas gegessen haben. So kam das irgendwie alles. Der weitere Punkt: Ich hatte dort drüben keine Waage, konnte mich also nicht selbst kontrollieren. Hätte ich eine gehabt, säße ich jetzt glaube ich nicht hier und würde mir Sorgen über mein eigenes Verhalten machen, da hätte ich nämlich gesehen, dass ich abgenommen hätte und demnach auch zu wenig gegessen habe. Ich habe es nämlich schlicht weg nicht mitbekommen.

SO, dann war ich wieder zu Hause, stelle mich zum ersten Mal nichtsahnend auf die Waage, mit dem Gedanken, dass ich *kg mehr schon verkraften würde und tada, da waren es auf einmal viel weniger. Ich war erst erstaunt, dann habe ich mich gefreut und am Ende war ich sogar noch stolz. Ich stellte fest, ich fühlte mich wohl, so mit den verlorenen Kilos. Ich habe Komplimente bekommen, zumindest habe ich sie so aufgefasst, denn eigentlich waren es keine, sondern nur Anmerkung wie dünn ich denn geworden sei.

Um das ganze ein wenig abzukürzen: Momentan nehme ich nicht weiter ab und das ist auch gut so, denn das will ich auf keinen Fall. Ich fühle mich so wohl wie ich bin und es würde mich wahrscheinlich auch nicht stören, noch etwas mehr auf den Hüften zu haben. Aber mir fällt einfach auf, dass ich mich im Moment viel zu sehr mit meiner Ernährung und dem Essen allgemein beschäftige. Ich ertappe mich, wie ich im Supermarkt die Kalorien auf den einzelnen Produkten vergleiche, oder dass ich Angst habe, ich könnte heute schon zu viel gegessen haben.
Ich weiß selbst, dass ich jeden Tag fast zu wenig esse. Nicht weil ich zu wenig essen will, oder gar nichts, es ist eher so, dass ich nicht weiß wie viel ich mir eben erlauben darf. Ich denke eher, dass ... (relativ wenig) am Tag genug sind und das ist eben nicht so. Ich merke einfach, wie mir das alles ein wenig außer Kontrolle gerät. Ich habe Angst, dass wenn ich mehr als eben beispielsweise diese Menge esse, ich sofort zunehme. Dennoch ist es mir auf der anderen Seite klar, dass es nicht so sein wird und ich mir so wie ich im Moment lebe, nur selbst schade.

Lange Rede, kurzer Sinn, hier meine Frage an euch: Sind das schon erste Anzeichen einer ES? Meint ihr, es wäre sinnvoll eventuell mal 3-4 Sitzungen bei einem Psychologen zu machen und ich damit kommende Folgen vorbeugen kann und es gar nicht erst soweit kommt?

Ich weiß nicht, ob ihr mein eigentliches Problem überhaupt verstanden habt, ich hoffe es jedoch sehr. Ich habe einfach Angst, dass aus diesem "harmlosen" ein bisschen zu wenig essen und Kalorien zählen mehr werden könnte, eben eine richtige Magersucht. Ich ziehe nächsten Monat in eine eigene Wohnung, in eine andere Stadt und habe Angst, dass ich dort dann eben die Kontrolle darüber verliere und sich dort dann alles wirklich dramatisiert.

Tut mir Leid, dass der Text so lang geworden ist, aber wenn ich einmal anfange, lässt es sich so schwer aufhhören... :)
Liebe Grüße und schon einmal im voraus ein DANKE, Zimtwolke
Zuletzt geändert von JaneDoe am Fr Jan 27, 2012 22:38, insgesamt 2-mal geändert.

Re: ... und das bin ich.

#2
hallo Zimtwolke, herzlich willkommen hier im forum!

ich denke deine verhaltensweise kann man durchaus als tendenz zur magersucht einordnen. du willst zwar nicht unbedingt spargeldürr sein und siehst deinen körper anscheinend noch relativ realistisch. aber du hast gewisse verhaltensweisen, die zu einer magersüchtigen passen - du kontrollierst deine kalorienanzahl, du isst sehr wenig... das sind ernstzunehmende zeichen, gegen die du kämpfen solltest!

zu deinen eigentlichen fragen: ich denke nicht dass du im moment therapiebedürftig bist. ich weiß nicht ob du tiefergehende probleme hast die eine ES begünstigen würden... aber ich glaube dir einfach mal dass du erst mal gar nicht abnehmen wolltest und erst durch die ungewollte abnahme in das thema "reingerutscht" bist. aber so unabsichtlich fängt es auch oft an. ich kann dir nur raten das ernstzunehmen und zu versuchen, wieder normal zu essen. normal bedeutet: ausgewogen, drei mahlzeiten am tag und zwei zwischenmahlzeiten, oder nach was auch immer du dich da richten möchtest... mengenangaben sind hier eigentlich nicht erlaubt, aber ich möchte dir schreiben, das was du da erwähnt hast, ist definitiv NICHT genug - und das weißt du selbst! gewöhne dich bitte nciht an solche ungesund geringen mengen... auf dauer wirst du dir so, wenn nicht eine ES, zumindest ein sehr schlechtes essverhalten angewöhnen.

noch eine frage an dich: was fühlst du bei dem gedanken, du könntest wieder etwas zunehmen? (nimm es mir nicht übel, ich erwähne hier keine zahlen und habe auch deine rauseditiert, denn die sind hier nicht erlaubt)

Re: ... und das bin ich.

#3
joliana hat geschrieben: zu deinen eigentlichen fragen: ich denke nicht dass du im moment therapiebedürftig bist.
Liebe Zimtwolke

Therapiebedürftig bist du vermutlich nicht. Dennoch halte ich es für eine sehr gute Idee, wenn du dich, jetzt wo du Angst hast, dass du in etwas hineinrutschen könntest oder schon bist, an eine Beratungsstelle oder eine Schulpsychologin oder so wendest. Du brauchst wahrscheinlich keine richtige, lange Therapie, aber wie du sagst, mal mit jemandem darüber sprechen kann sehr gut tun und die Fachperson könnte dir sicher auch ein wenig Sicherheit geben, was und wieviel du essen solltest.

Mir kommt das ganze schon ein wenig bekannt vor, wie's bei dir angefangen hat. (Ich war auch reisen und hab zwar schon gemerkt, dass ich ein wenig abgenommen habe, aber das geschah nur halb bewusst... Und dann war ich ziemlich lange einfach schlank, aber dachte unglaublich viel ans Essen, bis dass ich dann vor ca einem Jahr mit dem Kotzen angefangen hab, was ich zum Glück jetzt fast wieder im Griff habe.) Ich wünschte, das damals ernster genommen und mich jemandem anvertraut zu haben.

Ich finds auf jeden Fall toll, dass du dich selber kritisch beobachtest und intervenierst!!! Noch ist nix zu spät.

Alles liebe

Lagom
Wie ich die ES überwinden konnte - In diesem Thread beschrieben: http://bulimie.at/viewtopic.php?f=4&t=7697761

Ich bin nur noch sporadisch hier im Forum, wenn ihr eine schnelle Rückmeldung von mir haben wollt, dann schreibt mir rasch eine PN.

Re: ... und das bin ich.

#4
Oh, danke erstmal für die lieben uns ausführlichen Antworten. Mein Text war ja nicht gerade kurz... :lol:

@joliana:
Danke für deine nette Antwort und sorry für das Erwähnen der Mengenangaben, kommt nicht wieder vor:)
Die letzten zwei Tage, habe ich erfolgreich versucht normal zu essen und bin auch sehr stolz auf mich, dass das soweit alles geklappt hat. Natürlich verschwindet der Gedanke an Kalorien und das "zu viel" Essen nicht einfach, aber sobald ich merke, dass meine Gedanken daran abdriften, versuche ich mich sofort abzulenken, was teilweise auch gut funktioniert. Und auch wenn ich das Gefühl habe, schon wieder zuviel gegessen zu haben, ich aber dennoch weiß, dass es zu wenig ist, "zwinge" ich mich einfach, noch etwas zu essen, weil ich weiß, das es nur so besser werden kann.
Habe vorgestern auch nach groooooßer Überwindung mit meiner Mutter über meine Ängste geredet und ich glaube das hat mir auch sehr geholfen. Nur einfach dieses kleine Gespräch und das Gefühl, es nicht mehr alleine mit mir herum tragen zu müssen.
Zu deiner Frage, was ich bei dem Gedanken fühle, wieder zuzunehmen: Nun, das ist irgendwie schwierig... Einerseits denke ich mir dass es gut so ist und ich mich so wohl fühlen soll, wie ich dann eben bin. Manchmal kommt es mir aber dennoch so vor, als würde ich mir dieses Denkweisen nur selber aufzwängen, dass ich quasi gesund und normal denken MUSS. Wirkliche Angst vor der Zunahme habe ich nicht, aber wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, fühle ich mich schon unwohl, wenn ich daran denke...

@lagom:
Auch erstmal ein Danke für deine liebe Antwort! :-) Das tut gut, so etwas zu lesen. Irgendwie ist man dann nicht mehr ganz so "allein" damit..:)
Nein, an eine richtige Therapie in dem Sinne habe ich auch nicht gedacht, aber wie du schon sagst, vielleicht einfach mal 2,3 Gespräche mit jemandem der Ahnung davon hat und eben außenstehend ist. Schaden kann das ja auf keinen Fall...
Wie es bei dir verlaufen ist, genau davor habe ich Angst, gerade wenn ich jetzt in meine eigene Wohnung ziehe. Aber es freut mich zu lesen, dass du es soweit in den Griff bekommen hast und wünsche dir viel Kraft und Erfolg :-)

Ganz liebe Grüße,
Zimtwolke

Re: ... und das bin ich.

#5
Hallo Zimtwolke,

ich möchte dir sagen, dass man in meinen Augen schon dann ein Problem mit Essen hat, wenn man es befürchtet.
Mir ging es damals so, dass ich dachte, ich hätte es zu meinem kleinen Projekt gemacht - irgendwann fiel mir auf, dass ich mittendrin steckte.
Natürlich ist es gesellschaftlich immer ein aktuelles Thema, mit dem sich viele Leute befassen. Die Übergänge sind fließend, aber viele der Leute, die sich damit beschäftigen, tun es mehr aus einem gewissen falschverstandenen 'Chic' heraus - und merken gar nichts. Wenn du selbst schon so aufmerksam bist, dann frage dich auch mal, ob es andere Konflikte in deinem Leben gibt, die du als tatsächliche Probleme behandeln lassen solltest.
Denn die ES kaschiert ja zunächst einmal sehr gut all die Dinge, die einem zu groß und überhaupt nicht händelbar erscheinen.
Wenn du dort ansetzt, wo es wirklich unstimmig ist, dann kannst du der Entstehung einer 'vollwertigen' Essstörung vielleicht schon gut vorbeugen.

Alles Gute wünsch ich dir und meine Anerkennung für deinen Mut, dich mit diesem unangenehmen Thema zu konfrontieren, anstatt dich in Schein-Normalität zu wiegen.

Nightmare
Du hast geschlafen für so lange Zeit, eingesperrt in eine Möglichkeit. Tocotronic - Andere Ufer

Re: ... und das bin ich.

#6
ich finde, du hörst dich an als wärst du auf genau dem richtigen weg! und da du noch nicht lang diese ungesunden denkweisen hast, kannst du auch bald wieder rauskommen. dass es leicht wird behaupte ich nicht... denn an sowas gewöhnt man sich recht schnell, und ich glaube dir, dass du dich nicht gut fühlst bei dem gedanken, wieder zuzunehmen. andererseits aber, wie gesagt, hast du noch nicht so lange mit dem gedanken gelebt ja nicht zunehmen zu dürfen. ich würde es so einschätzen dass du es wieder zurück in die "normalität" schaffen kannst indem du so weitermachst wie du es hier jetzt beschrieben hast... genug essen, dich ablenken, dich langsam mit dem gedanken anfreunden dass *kg mehr auch nicht schlimm sind. dann wirst du es auf jeden fall schaffen...
cron