"Guten Tag,ich will mein Leben zurück"

#1
Hallo,

ich habe nun endlich mal den Schritt gewagt und mich in diesem Forum angemeldet,weil mir klar wurde,dass ich alleine nicht von der Sucht loskomme. Mittlerweile leide ich seit 6 Jahren an Bulimie, teilweise gab es auch anorektische Phasen oder ein paar "gute" Tage,an denen ich ein normales Essverhalten an den Tag legte. Wie gesagt, dabei handelte es sich nur um Tage. Im Durchschnitt erbreche ich mich mindestens ***, meistens kommen meine Fressanfälle nachts,wenn ich nicht schlafen kann.
Angefangen hat alles mit einer Diät. Ich war als Kind pummelig und erreichte mein Höchstgewicht mit 14 Jahren. In der Schule wurde ich gehänselt und mir wurden gemeine Sprüche nachgerufen,ich hatte kaum Freunde und fühlte mich einsam,was ich mit übertriebenem Süßigkeitenkonsum zu kompensieren versuchte. Irgendwann machte es jedoch Klick und ich beschloss, abzunehmen. Das gelang mir gut,ich bekam Komplimente und die Leute akzeptierten mich. Ich fühlte mich gut,jedoch wollte ich noch schneller und noch mehr abnehmen und begann, die Kalorienanzahl Schritt für Schritt runterzuschrauben,bis es am Ende nur noch eine lächerliche Anzahl war. Als ich eine schlanke Figur hatte,kam mir der damalige Freund meiner Patentante auf einem Familienfest zu nah. Nach diesem Erlebnis habe ich mich in der gleichen Nacht noch mit allen möglichen Süßigkeiten und sonstigen fettigen Sachen vollgestopft und sie anschließend erbrochen. Seitdem fällt es mir auch schwer, Nähe zuzulassen. Ich hatte zwar 5 Beziehungen, aber konnte mich nie ganz öffnen,außerdem steckte die Essstörung immer irgendwie zwischen meinen Partnern und mir und es war unglaublich schwierig,meine "Krankheit" zu verheimlichen.
Die Fress-Brech-Anfälle kamen immer häufiger vor,ich steckte mir immer öfter den Finger in den Hals - naja,den weiteren Verlauf können sich die meisten ja vorstellen.

Vor ein paar Wochen hatte ich es sogar doch mal für eine längere Zeit (2 Wochen kotzfrei, Rekord) im Griff,weil ich meine Ernährung bewusst umgestellt und mich viel bewegt habe. Leider habe ich es nicht geschafft, es durchzuziehen und bin wieder rückfällig geworden, mittlerweile kotze ich wieder so gut wie jeden Tag und fühle mich einfach nur antriebslos. Ich merke,wie ich innerlich immer mehr abstumpfe und will die Krankheit endlich besiegen. Was würdet ihr mir raten? Ich wollte die Tage mal einen Hausarzt aufsuchen und mich dort mal beraten lassen.

Liebe Grüße an euch alle
Zuletzt geändert von JaneDoe am Mi Nov 16, 2011 15:47, insgesamt 1-mal geändert.

Re: "Guten Tag,ich will mein Leben zurück"

#2
Hallo, mit deiner Anmeldung hier, bist du doch schon den ersten richtigen Schritt gegangen. Hausarzt ist auch ne gute Idee, und dann musst du sofort damit mal anfangen, darüber nachzudenken, was an die besonders wertvoll ist, was du nie verändern würdest, und welche Menschen dir echt wichtig sin. Jeder Mensch ist einzigartig, und sicher hast du auch schon ganz viele schöne Dinge geschafft. Schreib es dir auch auf, und du wirst merken, wie wichtig es ist, dass es dich gibt, egal ob mollig oder dürr, es zählt, dass was du damit bewegst. Krebs kannst du nicht wählen, oder wegschieben, er ist da, aber dass was dich momentan fertig macht kannst du verändern. Fang heut damit an und liebe dich so wie du bist! Glaub mir, es ist gar net so schwer, wenn du es willst, denn der Wille damit zu beginnen, kam auch von dir... Gib dir nen Ruck und sei wieder stolz auf dich, dann ist es deine Umwelt auch!
LG Sorge

Re: "Guten Tag,ich will mein Leben zurück"

#3
Herzlich willkommen im Forum!

Ich war damals bei meinem Hausarzt, und wurde von ihm zur Diagnostik weitergeleitet.. Eig. war ich dort wegen SVV, in der Zeit zwischen Diagnose und Termin beim hausarzt hat sich aber innerhalb weniger Wochen (Tage?) dann auch die Purging-Bulimie eingeschlichen.. Dass ich vorher schon eine ES hatte wurde erst bei der Diagnostik in der Klinik festgestellt. Prinzipiell kann ich also nur dazu raten, lass dich am besten auch gleich mal untersucht, Elektrolytwerte, Blutwerte allgemein, usw. Sollte regelmäßig gecheckt werden, und wenn dein HA von der ES weiß, weiß er auch, worauf er achten sollte (naja, er sollte es jedenfalls wissen).

Eine andere Möglichkeit wäre eine Beratungsstelle, sowas gibts in jeder größeren Stadt (ich war bei Cinderella in München, das war ganz gut da!). Du kannst ja auch mal ins Therapieforum schnuppern, da findest du auch viele Anstöße. Aber Hausarzt ist immer ein guter Anfang!
Viel Glück auf der Suche und viel Spaß/Erfolg/whatever im Forum :)

Deine schneefee
Love is louder than the pressure to be perfect.

Re: "Guten Tag,ich will mein Leben zurück"

#4
weil du meinst, du hast nachts die FA: isst du denn tagsüber genug?

das tut mir sehr leid für dich, was dir damals passiert ist. es klingt jedenfalls so, als würde eine therapie die auch in diese richtung geht sehr gut tun. wenn ich das richtig verstanden habe, ist das noch immer eine sehr große (vl größere als die hänseleien in der schule?) belastung für dich.
va nimmst du dir durch das problem mit der nähe einen (für mich jedenfalls riesigen) faktor, der hilfreich sein kann bei der bewältigung von problemen: das wirklich gefühlte verständnis, das dir jemand entgegen bringen kann, die sicherheit, die man bekommen kann. (bei mir war das aber auch ein bisschen anders. ich hatte eine sehr komplizierte kindheit und verhältnis zu meinen eltern, va meiner mutter & mein freund hat mir unglaublich viel stabilität gegeben. ich wünsche dir jedenfalls, dass du vl auch ijemanden hast, der die chance verdient hat dein vertrauen zu bekommen und der dir auch wirklich helfen kann.)

wg des hausarztes: wenn du dich bis jetzt gut aufgehoben bei ihm fühlst, wäre das sicher eine idee. vl gibt es aber auch eine psychologische beratungsstelle oder ein zentrum für essstörungen in deiner nähe. [ich weiß nur, dass es verhältnismäßig sehr sehr viel für s*x**ll* m*ssbr**ch gibt, aber für erwachsene iwie nichts für andere arten von m*ssbr**ch bzw misshandlung in meiner umgebung. dahin könntest du dich natürlich auch wenden)
Insomnia hat geschrieben:und es war unglaublich schwierig,meine "Krankheit" zu verheimlichen.
es ist krankheit, nicht "krankheit"
I can see myself wrecking and ruining. But I can't stop myself.
Quelle

Re: "Guten Tag,ich will mein Leben zurück"

#5
Hallo Insomnia
Ich hab vor etwas mehr als einem Jahr das erste mal mit meiner Hausärztin über die Bulimie geredet, weil ich gesundheitliche Beschwerden hatte. Und ich war sehr überrascht, wie urteilsfrei, vorsichtig und fürsorglich sie mit mir gesprochen und mich beraten hat. (Ich kannte das von zu Hause so nicht.) Vor allem hat Sie mir Überschreibungen zu allen möglichen gesundheitlichen Checks gemacht, mir Kliniken und Therapiemöglichkeiten vorgeschlagen und mir gesagt an wen ich mich alles wenden kann, falls ich Hilfe in Anspruch nehmen will. Deshalb kann ich es nur weiterempfehlen, einen Arzt aufzusuchen und sich von ihm etwas leiten zu lassen.
Viel Glück damit.