liebe light-up,
ich habe mir zwar nicht mit elf gewünscht magersüchtig zu werden, aber als ich mir mit 13 das erste mal den finger in den hals gesteckt habe, wusste ich genau, worauf das hinauslaufen kann. gerade mal zwei oder drei wochen später habe ich in einer zeitschrift (brigitte oder so) einen langen artikel über bulimie gelesen und gewusst, daß ich genau so sein werde. ich dachte mir damals allen ernstes: ja, ich mach das jetzt ein, zwei jahre und wenn ich dünn bin, mach ich ne therapie und dann wird das wieder. bei dem mädchen in dem artikel hat es doch auch geklappt. ist es denn jetzt meine volle, eigene und alleinige schuld, daß ich 17 jahre später, immer noch damit kämpfe? oder lag der "fehler" schon irgendwo vorher oder an anderer stelle?
ich war dann mit 16 in einer klinik. als ich daraus kam, hat jeder von mir erwartet, daß ich nun gesund bin. das habe ich dann auch 12 jahre brav gespielt. wenn mich mal jemand angesprochen hatte, meinte ich immer "ach mir geht es großartig, was bin ich froh, daß dieser spuk vorbei ist". ich hatte hingenommen, daß ich eine ES habe. sie war vollkommen in meinen alltag integriert. frühstück-uni-hungern-nachmittags einkaufen-abends kotzen. das ging jeden tag so. jeden tag! ich habe nicht einmal dran gedacht, daß mein leben auch anders sein konnte. ich hatte mich auch damit abgefunden und mir eingeredet, daß es eben so ist und daß es halt ok ist. aber das ist es nicht. die depressionen wurden immer schlimmer, die soziale isolation wurde schlimmer, die unfähigkeit mich auf zwischenmenschliche beziehungen einzulassen wurde immer schlimmer. ALLES wurde immer schlimmer. Und: ich musste noch dazu den schein wahren und mein großes geheimnis hüten ("wie machst du das nur, daß du so dünn bis" "hach, ich habe einen guten stoffwechsel und trink keinen alkohol")
als ich dann meine magisterarbeit anstand merkte ich, so komm ich nicht weiter. ich war eine gute studentin, dozenten meinten zu mir, daß ich ein der wenigen sei, bei denen sie sich eine wissenschaftliche karriere vorstellen könnten und ich merkte, das geht nur ohne ES. ich wollte meine wissenschaftliche zukunft und ich wollte die ES nicht mehr. ich weiß nicht, woher dieser "sinneswandel" nach 12 jahren kam, aber er war da!
light-up hat geschrieben:Ich sehe das nicht melancholisch
light-up hat geschrieben:So, genug mit Melancholie
light-up hat geschrieben:Ich bin hier im Forum und ich muss mir widersprechen: ich will dagegen ankämpfen weil ich glaube, dass vlt. doch ein bisschen Hoffnung besteht, da rauszukommen.
ich würde mich freuen, wenn du in laufe dieses jahres ein wenig hoffnung schöpfen kannst. ich wünsche dir sehr, daß du den kampf antrittst. und ich wünsche dir sehr, daß du auch mit 30 zurück schauen und sagen kannst: es ist zwar eine beschissene störung und ich hätte gerne drauf verzichtet, aber...
ganze viele liebe grüße
hanne