dieses Thema beschäftigt mich schon seit einiger Zeit und da ich beim Suchen nichts Vergleichbares gefunden habe, möchte ich nun mit euch darüber diskutieren, in wiefern ihr insbesondere eure Beziehung zu eurem Vater als mögliches Schlüsselproblem im Zusammenhang mit der Bulimie seht.
Ich lege dann auch gleich mit meinem persönlichen Bericht los

Unser Verhältnis zueinander ist äußerst ambivalent. Schon seit frühster Kindheit wurde mir immer gesagt, wie ähnlich mein Vater und ich uns doch seien (insbesondere von meiner Mutter, die uns nicht selten als "extrem schwierige Charaktere" beschrieb. Es ist in der Tat so, dass wir in Sachen Interessen und Humor einiges gemeinsam haben, weswegen ich immer das Kind war, dem er sich wohl "verbundener" fühlte als meinem Bruder (hier nahm diese Rolle dann meine Mutter ein).
Sprich, wir haben nicht selten eine Art "Verbund" gebildet, trotzdem standen wir uns nie wirklich emotional nahe, wenn es um Gefühle ging.
Er ist ein sehr verschlossener Mann, ich war es früher auch, habe mich dann teilweise geöffnet, hätte oft sogar das Bedürfnis gehabt, mit meinen Eltern über Probleme zu reden, doch hier hat sich besonders mein Vater abweisend und kühl gezeigt.
Unglaublich oft hat er mich mit Zurückweisung und tiefster Kränkung unglaublich verletzt, sich niemals entschuldigt oder mir das Gefühl vermittelt, dass er mich wirklich mag.

Ein Erlebnis, das sich in meinen Kopf gebrannt hat, war als ich ihn als Kind gefragt habe, ob er mich mag (ernsthaft) und seine Antwort lautete "Wenn du nicht so komisch bist." Daraufhin habe ich ihn gebeten, ehrlich zu antworten, was er mir bis heute schuldig bleibt.

Er ist überhaupt nicht dazu in der Lage, Gefühle zuzulassen, seit jeher habe ich mich für Gefühle jeglicher Art geschämt und versucht, sie zu verheimlichen.
Auch in Sachen Verliebtheit habe ich niemals mit meinen Eltern gesprochen, auch wenn es mich sehr beschäftig hat, und zwar nicht aus Verklemmtheit, sondern weil ich immer Angst hatte, dass mein Vater das gleich ins Lächerliche ziehen würde, wie er es immer tut, wenn man etwas "Unangenehmes" mit ihm besprechen will, dann macht er sofort dicht und tut alles mit "Man muss die Zähne zusammenbeißen, darf sich nicht hängen lassen" ab.
Während ich noch zur Schule ging, konnte ich dank guter Noten der Anerkennung seitens meines Vater sicher sein, doch jetzt, da ich mein Studium abgebrochen habe und "nur noch sinnlos rumhänge" (wie er es formuliert), bin ich nicht mehr die Vorzeigetochter, ich habe das Gefühl, dass er uns eigentlich nie als seine Kinder angesehen hat, sondern nur als etwas, das man entweder beherrschen oder bestenfalls vorzeigen kann.
Wir streiten uns täglich, er macht mir nur noch Vorwürfe und interessiert sich scheinbar überhaupt nicht für meine Probleme, dafür, dass es mir schlecht geht und ich Unterstützung brauche.
Sein Motto: "Wer sich bewegt, joggen geht, der hat keine Depressionen" - bevor ich regelmäßig FAs hatte, bin ich ihm zuliebe mitgegangen, ich habe früher für ihn ein Instrument gelernt, gehe noch heute mit zu Konzerten, nur um ihm einen Gefallen zu tun.
So war es auch beim Laufen. Anstelle meiner Mutter gehe ich mit, ich fühle mich allzu oft als eine Art "Ersatzfrau".
Mein Vater legt größten Wert auf eine schlanke Figur, weswegen ich mich zunehmend unter Druck gesetzt habe, abzunehmen, was mir gelungen war, dann kamen die FAs und somit war der Weg in die Bulimie geebnet.
Ständig fragt er mich (nichts wissend von meiner Erkrankung), ob ich denn auch gelaufen bin, er betont permanent, dass auch er selbst nur etwas mehr essen kann, wenn er auch genügend Sport gemacht hat usw...wann immer es etwas Kalorienhaltiges zum Essen gibt, erläutert er, wie ungesund das doch ist und dass wir alle noch fett werden (dabei sind wir alle rein objektiv gesehen schlank).
Und nun zu einer Sache, die ich als absolut wesentlich in Bezug auf die Bulimie sehe: die einzige Situation, in der ich mit meinem Vater heute noch etwas "gemeinsam" habe, in der wir etwas zusammen "unternehmen", ist die, wenn wir in einem Restaurant zusammen esse oder ich für uns koche.
Daher meine Überlegung: ist es möglich, dass ich mir mit jedem FA ein "Stück Papa" nehme, nach dem ich mich so sehr sehne und andererseits mit Fasten mich von diesem Mann, den ich gleichzeitig ablehne, distanzieren möchte? Ihm auch damit einen Gefallen zu tun versuche?
Wie immer konnte ich mich nicht kurz fassen, vielleicht hat es ja jemand bis hier hin gelesen und möchte etwas dazu sagen?
Würde mich sehr über eure Antworten freuen!

Liebe Grüße,
Nightmare
