#20
von jen
nein, ich glaube nicht.
so oft habe ich ihr gesagt, dass ich für sie da bin. immer und egal für was.
ich war es auch oft. und auch, wenn sie mir viele dinge "zugemutet" hat (zum beispiel kam sie zu mir, nachdem sie sich zum allerersten mal selbst verletzt hat / stand oft heulend einfach vor tür), habe ich das nie als negativ empfunden. belastend. natürlich tat es mir leid für sie und ich habe auch mitgefühlt, aber ich habe nach jahrelanger erfahrung mit freunden, die wirklich tiefe krisen hatten, gelernt, mich selbst in so einem moment rauszunehmen und ausreichend distanziert und sachlich, aber durchaus liebevoll zu reagieren. ich habe sowas noch nie sooo dramatisiert, dass es mich selbst runterziehen hätte können. selbst nach den krassesten geschichten bin ich meist ruhig geblieben. und wenn ich mal ausgerastet bin (gell, cute?), dann hatte das auch seine gründe und war eher zum vorteil der person gemeint, nicht gegen sie, höchstens gegen die sucht oder etwas, das der person halt schadet. bei ihr bin ich nie ausgerastet. ich hab ihr oft klar gesagt, was ich davon halte, klar, aber man merkt ja auch, wie weit man bei jemanden gehen kann und muss, um ihm zu helfen, da ist jeder mensch anders. hätte ich den eindruck gemacht, dass ich das alles nicht tragen kann, dann wäre sie ja nicht immer wieder zu mir gekommen. und ich habe tatsächlich stets zuversicht bewahrt und bin ihr mit neuer und vor allem viel kraft begegnet.
was ich damit sagen will: ich weiß nicht, ob das auch hier im forum so rüberkommt, aber ich bin ein mensch, den so schnell nichts umwirft. also wenn mir jemand von seinen problemen erzählt. oder von etwas, von dem er denkt, dass es völlig schockierend ist. mir haben schon so viele leute scheinbare (wenn mir eine freundin erzählt, dass sie lesbisch oder bi ist, ist das noch lange kein drama in meinen augen.... meinen so manche allerdings, dass es das ist und denken, ich müsste nun total geschockt sein.) und echte dramen erzählt und mich auch daran teilhaben lassen und ich habe so gut wie immer einen kühlen kopf bewahrt.
hätte sie eine krankheit, würde ich sie begleiten. das weiß sie eigentlich. ich hab sie ja sogar schon wegen kleinigkeiten (erkältung) zum arzt begleitet und wieder heim gebracht und ihr auch sonst immer meine hilfe angeboten. wir hatten auch schon viele tiefgründige gespräche, sie weiß, wie ich zu so etwas stehe. ich wollte mit 14 im hospiz arbeiten... - natürlich ist es bei einer nahestehenden person etwas völlig anderes. aber sie weiß, dass ich ihr selbst dann mit stärke begegnen würde, wenn es ihr wunsch wäre.
ich halte es für unwahrscheinlich. sie ist auch nicht der typ, um sowas zu verheimlichen.
das einzige, was eventuell sein kann, ist, dass ihr mann den kontakt nicht mehr möchte. also ihr das indirekt oder direkt verbietet und sie sich zu stark beeinflussen lässt. dafür könnte einiges sprechen. ich denke, ich bin schon irgendwo eine powerfrau (auf meine art natürlich) und ich habe sie ziemlich aus ihrem "schneckenhaus" geholt und mitgerissen. sie hat im laufe unserer freundschaft wahnsinnig an selbstbewusstsein gewonnen. ich habe ihr hin und wieder geholfen, sich auch mal gegen ihren mann durchzusetzen, da dies nur zu ihrem besten war. nach außen hin hat er nichts gegen mich, aber seit sie mich kennen gelernt hatte, hat sie sich viel verändert, vielleicht ist er da misstrauisch geworden, da er mit der veränderung nichts anfangen kann. selbst die ehekrise hatte ich damals unter anderem mit ausgelöst - wobei sie früher oder später eh gekommen wäre. aber ich habe ihr eben öfters den anstoß gegeben, sich mehr zu trauen, mal die meinung zu sagen, an sich zu denken.
vielleicht war und ist es das. doch dann frage ich mich, wie es vereinbar ist, weiter auf dem selbstfindungstrip zu sein, der dadurch angekurbelt wurde, sich weiterhin zu behaupten und durchzusetzen und mich, die das immer bestärkt hat, gleichzeitig wegzustoßen.
für mich macht das alles keinen sinn mehr.
einen brief habe ich ihr geschrieben. und ich glaube, eine reaktion wird darauf nicht mehr kommen.
Lauf der Sonne entgegen, anstatt auf sie zu warten...