leiser Hilfeschrei...

#1
Hallo zusammen,

ich kann es noch gar nicht glauben, dass ich mich soeben bei einem Forum für Bulimie-Kranke angemeldet habe...das führt mir gerade nochmal mehr vor Augen, dass ich wirklich ein ersthaftes Problem habe. Es fällt mir sehr schwer diese Tatsache wahrzuhaben, aber ich MUSS gegen mein gestörtes Essverhalten sofort was tun, bevor die ganze Sache komplett außer Fugen gerät...

Angefangen hat mein gestörtes Verhältnis zum Essen vor ca. 1 Jahr. Da habe ich versucht mit einer irrsinnigen Crash-Diät so schnell wie möglich abzunehmen...das hat auch wunderbar geklappt, bloß hatte ich nach und nach keine Kraft mehr mich auf den Beinen zu halten, da ich kaum noch etwas gegessen hatte...ich kam an den Punkt, an dem mir bewusst wurde, dass man auch auf einem viel gesünderen Weg abnehmen kann und habe von einem Tag auf den anderen mehr, aber weiterhin gesund gegessen. Mitte August dieses Jahres habe ich endlich mein Traumgewicht erreicht und fühlte mich pudelwohl...Doch irgendwann (das erste Mal im Dezember) begann ich ganz plötzlich extreme Fressattacken zu bekommen, diese waren allerdings nur eine Ausnahme und an den restlichen Tagen aß ich weiterhin sehr gesund und hielt mein Gewicht....bis ich vor 2 Wochen auf einen Schlag wieder ganz heftige Fressanfälle bekam, die bis heute anhalten...aber nicht nur das, ich übergebe mich seit dieser Zeit auch regelmäßig. Ich schlinge alles in mich hinein, bis es mir richtig schlecht geht. Sogar während ich im Büro sitze!!! Wenn mir dann so richtig kotzübel ist, laufe ich aufs Klo und übergebe mich still und heimlich...und jedes mal denke ich mir, dass das jetzt das allerletzte mal war und ich ab morgen wieder normal essen werde. Aber Pustekuchen! Jeden Tag aufs neue fange ich an zu fressen und beginne regelrecht zu zittern, wenn ich keine Schokolade in mich hineinstopfen kann...leider reicht mir nicht nur ein einziger Riegel....:-( Während ich esse fühle ich mich irgendwie richtig befriedigt, doch danach ist das Leid groß. Vorallem wenn das ÜBergeben nicht richtig klappen will bzw. ich das Gefühl habe, dass nicht alles wieder rauskommt...Oh Mann, ist das widerlich! :(

Und wie gesagt, dieses Verhalten geht jetzt seit genau 14 Tagen, ohne eine Tag zwischendurch ganz normal gegessen zu haben. Ich weiß wirklich nicht mehr weiter...ich habe große Angst, dass ich durch den Mist immer mehr und mehr zunehme und letzen Endes tasächlich Bulimiekrank werden könnte bzw. es sogar schon bin. Das wäre so schrecklich für mich, denn ich führe doch so ein tolles Leben!! Ich habe alles was man sich nur wünschen kann. Deshalb verstehe ich das alles einfach nicht. Wieso weshalb warum??? :cry:
Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag...

Re: leiser Hilfeschrei...

#2
Hallo du,

also meiner Meinung nach bist du schon voll drin in der Bulimie. Das ist vielleicht hart zu hoeren, aber das gute daran ist, dass du es noch nicht lange hast. Ein Jahr. Okay vielleicht denkst du ein Jahr zu viel, aber in deinem Kopf ist das noch nicht so tief drin wie bei jemandem der das 4 Jahre hat. Du kannst jetzt noch die Kurve bekommen und dein Leben bald so weiterfuehren wie davor.
Du wunderst dich wieso du das hast. Also einmal an den Crash-Diaeten, so war das bei mir auch. Da entziehst du deinem Koerper Dinge die er braucht und irgendwann haltet er es nicht mehr ohne aus und der Koerper macht nicht mehr das was der Kopf will. Das ist mit Sicherheit ein Grund, aber vielleicht hast du ja auch viel Stress im Buero und baust so den Stress ab. Fuer mich war das ein zusaetzlicher Weg Stress abzubauen. Ueberleg doch mal woran es bei dir noch liegen koennte.

Ausserdem das mit dem "von jetzt an wieder normal essen" klappt nicht. Ich hab mir das selber schon sooo oft gesagt. Aber was sag ich denn da, das weisst sicher schon selber.
An deiner Stelle wuerde ich so schnell wie moeglich ein Therapeuten aufsuchen, bei dem du dich wohlfuehlst und dem du dich anvertrauen kannst. Der kann dir auch helfen, die Gruende fuer deine Essstoerung zu suchen. Wenn du dich das noch nicht traust, dann vertrau dich doch einem Bekannten/Verwandten an.

Ich kenn dieses Gefuehl des Ekels so, so gut und wuensch dir ganz viel Kraft aus diesem scheiss Teufelskreis rauszukommen.

Lg vogue

PS: Also meine Therapeutin hat neulich gesagt, dass es nur dieser winzig, winzig kleine Moment ist wo das Essen dir gut tut. Danach gehts dir noch viel dreckiger. Das wusste ich zwar schon, aber es hat mir geholfen das mir das jemand nochmal bewusst vor Augen gesagt hat. Versuch einfach an sowas zu denken, wenn du schon die naechste FA vor Augen siehst. Vielleicht hilft es ja.
Wieso sollte mich auch jemand lieben,
wenn ich es selbst nicht mach...

Re: leiser Hilfeschrei...

#3
Hallo Ibiza09

Ich kann dich nur zu gut vertsehen...
Dabei muss ich sagen das ich dich beneide, es so früh erkannt zuhaben!
Ich habe es erst sehr sehr spät realisiert das ich ernsthaft krank bin und mich erst vor ein paar Tagen in diesem Forum angemeldet. Es hat mir gut getan mal meine Geschichte zu erzählen und selbst gemerkt wie schlecht es mir eigentlich mit der Krankheit geht und wie sehr sie mich im Griff hat.

Ich selbst hab heute meinen vierten Tag in Folge ohne *B* und bin schon stolz drauf.

Du kannst es auch schaffen!!! Es war die richtige Entscheidung dich hier anzuvertrauen....
Ich hab mir mit dem Forum und dem datum 01.März.2010 ein Zeichen gesetzt und somit der Start in ein besseres Leben!!!

Viel Glück!

Re: leiser Hilfeschrei...

#4
Guten morgen zusammen!

Vielen Dank für eure aufmunternden Worte, mir tut es richtig gut zu lesen, dass man verstanden wird und nicht alleine ist! Ich glaube ich habe es jetzt eingesehen, dass ich wirklich krank bin...ich denke das ist schon mal der erste Schritt in die richtige Richtung!

Gestern endete der Tag wieder in einer Katastrophe...als ich Nachmittags noch im Büro saß und mich kurz zuvor wieder übergeben hatte (nachdem ich ca 2 Tafeln Schoki, Kekse und Kuchen gefuttert habe), hab ich mir ganz fest vorgenommen, dass für den restlichen Tag Schluss ist mit der Fresserei! Nach der Arbeit ging ich dann einkaufen und habe mir geschworen, dass ich mir NUR das nötigste holen werde, also Brot, Milch und solche Dinge...tja, aber dann lief ich so an den Regalen vorbei und plötzlich legte sich wieder der verdammte Schalter um und in meinem Einkaufskorb landeten Unmengen von ungesunden Sachen: Käsekuchen, Kekse, Schokolade, Fertiggerichte für die Mikro etc...ihr könnt euch sicher vorstellen wie der Abend schließlich endete.... :?
Im Anschluss stellte ich mich vor den Spiegel, betrachtete mich von oben bis unten und nahm das erste mal so richtig wahr, wie fertig ich aussah: rote und verquollene Augen, die Wimperntusche komplett verschmiert, aufgeschwommene Wangen...einfach nur widerlich. Ich dachte mir, was ist bloß aus dir geworden? Was machst du da für eine Sch***?? Das bist doch nicht DU! Das war so erschreckend, dass ich laut zu mir gesagt habe STOPP, so gehts nicht weiter! Du schaffst das!!! Ab morgen ist Schluss! Klar kann ich es nicht erzwingen und meine Hand dafür nicht ins Feuer legen (leider), aber der Wille ist auf jeden Fall da und ich werde mein bestes geben und stark sein...und ich habe ein ganz ganz gutes Gefühl dabei, besonders jetzt wo ich weiß, dass ich hier im Forum gute Unterstützung finden werde!

Ich danke euch schon jetzt von ganzem Herzen!!!
Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag...

Re: leiser Hilfeschrei...

#5
Hi Ibiza,

Erst mal schön daß Du Dich angemeldet hast
Ibiza09 hat geschrieben:denn ich führe doch so ein tolles Leben!! Ich habe alles was man sich nur wünschen kann. Deshalb verstehe ich das alles einfach nicht. Wieso weshalb warum???
Merkwürdigerweise fallen diese oder ähnliche Sätze bei neuen Mitgliedern sehr oft. Bei mir war das, vor 26 Jahren nicht so, auch meine äußere Situation, damals, war nicht gerade berauschend.

Wie würdest Du denn Dein Leben beschreiben, was kann man sich "nur wünschen"? Hast Du reichlich Geld, einen guten Mann, brave Kinder, ein Haus, ein oder auch zwei schicke Autos, einen Hund und Goldfische im Aquarium?

Dann anders herum, was hast Du nicht? Was fehlt Dir? Bist Du glücklich, hast Du genug Zeit für Dich selbst? Liebt Dich Dein Mann? Liebst Du ihn? Gibt es etwas, was Du Dir nun doch noch wünschen könntest?

Wie sieht es in Deinem Innern aus? Bist Du in Kontakt mit Deinen Gefühlen? Hast Du unerfüllte Sehnsüchte nach emotionaler Nähe? Fühlst Dich innerlich erfüllt in Deinem Leben? Liebst Du Deine Arbeit?

Als bei mir die Bulimie begann, hatte sich mein damaliger Freund völlig unerwartet von mir getrennt und ich mußte nach dem Abi in einer Steuerberatungsfirma eine Ausbildung machen, um finanziell unabhängig zu werden. Damals war ich
19 Jahre alt. Ich habe die Büroarbeit wirklich gehasst. Ich war nach ca. 1 Jahr so weit, daß ich überhaupt keine Kontrolle mehr über die B* hatte.

Ich rannte zur Arbeit und wieder nach Hause, kochte mir mühevoll was zu essen, und eine halbe Stunde später war alles wieder draußen. Ich habe es auch überhaupt nicht verstanden, was eigentlich mit mir los war.

Und geendet hat es wie es begonnen hat, allerdings 16 Jahre später. Ich arbeitete immer noch im Büro, ich hasste es immer noch. Ich hatte um fünf Uhr Feierabend, um 16 Uhr habe ich dann mit essen angefangen, mich mit Süßigkeiten vollgestopft. Um fünf Uhr im Eiltempo raus, unten war ein Supermarkt, rein, Unmengen kaufen, raus in die U-Bahn, die ganze Zeit weiter essend. Dann nach Hause und alles raus.

Ich mußte kapitulieren, ich war seit ca. 1 Jahr nach Beginn der B* in therapeutischer Behandlung. Mein Therapeut riet mir, mich erst mal krank zu melden, ich hatte damals nichts mehr auf den Rippen, starkes UG.

Ich bin nie in meinen Beruf zurückgekehrt, ich mußte mit 37 Jahren in Rente gehen, weil ich völlig durchgeknallt war.
Das war vor 10 Jahren. Seitdem lebe ich (mit einer einzigen Rückfall-Attacke) abstinent von der B*. Und mir geht es wirklich gut, psychisch.

Meine Gesundheit ist allerdings ruiniert, alles Nachwirkungen meiner jahrelangen Fehl- und Mangelernährung. Ich habe heftige Nervenschmerzen, brauche außerhalb der Wohnung einen Rollator zum laufen und bin schwer gebehindert. Ich bin überhaupt nicht mehr belastbar, habe Mühe, meinen Alltag selbständig zu bewältigen.

So kanns gehen. Ich bin mit meiner Situation im Frieden, ich tue, was ich kann. Und was nicht, das nicht.
Aber es stimmt doch nachdenklich, wie es jemandem geht, der den eigenen Körper 26 Jahre mit einer Esstörung geplagt hat.

Liebe Grüße

Mary Mary
Aus Begierde bist Du an die Welt gefesselt,
mittels derselben Begierde wirst Du von ihr befreit.

(Aus dem Hevajra-Tantra)

Re: leiser Hilfeschrei...

#6
vogue hat geschrieben: PS: Also meine Therapeutin hat neulich gesagt, dass es nur dieser winzig, winzig kleine Moment ist wo das Essen dir gut tut. Danach gehts dir noch viel dreckiger. Das wusste ich zwar schon, aber es hat mir geholfen das mir das jemand nochmal bewusst vor Augen gesagt hat. Versuch einfach an sowas zu denken, wenn du schon die naechste FA vor Augen siehst. Vielleicht hilft es ja.
ich hoffe der beitrag wird jetzt nicht zu destruktiv, aber so hab ich das nie empfunden. und das ist genau die schwierigkeite bei der bulimie. fuer mich ist es nie nur der kleine augenblick, sondern auch das uebergeben, das so eine riesige befreiung ist und gut tut. dann das danach, da fuehl ich mich auch auf eine absurde art und weise gut. beruhigt irgendwie. und ich kann schlafen!!!
aber das ganze ist eben nur ein schein. es scheint dir in dem moment so gut zu gehen, aber in wirklichkeit tust du dir schreckliches an und dein koerper hat dann noch nicht mal mehr die moeglichkeit dir zu sagen wie weh du ihm tust. denn man ist dann taub fuer alle schmerzen. einfach gefuehlsttod physisch und psychisch.
Enemies
They stick to my head
They run with my feet
I'm doomed to be bad

Re: leiser Hilfeschrei...

#7
Hi Ibiza, Hi ihr Lieben,
mary jane hat geschrieben: es scheint dir in dem moment so gut zu gehen, aber in Wirklichkeit tust du dir schreckliches an und dein koerper hat dann noch nicht mal mehr die moeglichkeit dir zu sagen wie weh du ihm tust. denn man ist dann taub fuer alle schmerzen. einfach gefuehlsttod physisch und psychisch.
Mary Jane, das stimmt, das ist das merkwürdige. Solange man drin steckt, fühlt man die Schmerzen nicht. Das ist genau wie bei Alkohol oder Drogen. Und die Gefühle werden wirklich wie "abgeschnitten".

Ich habe das auch bemerkt, wenn ich mehr gegessen habe, als ich wollte, es aber so drin behalten habe, weil ich clean geblieben bin. Erstaunlicherweise kam dann meistens ein Tränenausbruch. Wenn ich den dann überstanden habe, hatte ich auch kein Bedürfnis nach k* mehr.

Ich glaube, daß man mit der B* Gefühlszustände ausblendet, denen man keinen Raum geben kann oder will. Das hängt möglicherweise mit der persönlichen Geschichte zusammen, daß man gelernt hat, immer "stark" zu sein und alles "schaffen" zu müssen, egal wie es einem damit geht. Und das Muster beibehält, selbst wenn es einem schadet. Vielleicht kommt man aber auch schon mit diesem "Programm" zur Welt.

Ich habe mit 19 Jahren, diese Ausbildung im Büro gehasst. Ich habe noch halb zu Hause gewohnt, und zur Hälfte bei meinem Freund. Ich habe meinem Vater gesagt, das mir die Ausbildung keinen Spaß macht, und ich studieren will. Er war sehr cholerisch, und hat einen Wutausbruch gehabt. Meine Eltern wollten mir kein Studium bezahlen. Er hat dann rumgebrüllt, er wäre in seiner Ausbildung noch geschlagen worden, und was ich denn überhaupt wollte, das wäre eben so im Leben usw. .

Ich habe tapfer weitergearbeitet, dann bin ich mit meinem Freund zusammen gezogen. Nach vier Monaten hat der die Beziehung beendet. Ich mußte raus aus der gemeinsamen Wohnung, und saß quasi "auf der Strasse". Meine Eltern wollten mich nicht mehr aufnehmen, also habe ich eine billige Kellerwohnung gemietet, allein. Anfang des Jahres 1984 bin ich dort eingezogen.

Dann fing die ES an, zuerst ein halbes Jahr Magersucht, dann Bulimie. Ich habe die Ausbildung beendet, und als ich fertig war, bin ich nach Berlin gezogen, und habe dort studiert. Mit meinem selbst verdienten Geld.

Als ich fertig war mit dem Studium, ich habe "passenderweise" BWL studiert, was anderes habe ich mich nicht getraut, arbeitete ich wieder im Büro. Ich hatte Lebensangst. Und einfach keinen Rückhalt. Sad story.

Ich habe das alles mit der ES durchgezogen, war jahrelang fehl- und mangelernährt, ich konnte einfach nicht mehr normal essen, obwohl ich die meiste Zeit gar nicht gek* habe. Bloß völlig chaotisch gegessen habe. Bis zum körperlichen Ruin.

Jetzt bin ich zwar körperlich nicht mehr gesund, aber mein Geist ist wenigstens in Frieden.
Und selbst das war ein langer Weg. Ich bedaure nichts, es war mein eigenes Leben, ich habe das so gewählt.
Und ich habe immer das beste gemacht, was mir möglich war.

Was ich damit sagen will ist, es gibt viel zu verlieren, durch die ES. Man denkt vielleicht, man kommt so einfach davon, wenn man noch jünger ist, und man zuerst einfach alles so weg steckt. Die Folgen bekommt man erst sehr viel später zu spüren. Aber dann mit Sicherheit.

Jeder muß seine persönlichen Erfahrungen machen. Aber ich will hier ein paar meiner Erfahrungen kundtun, vielleicht damit die/er eine oder andere einen Nutzen daraus ziehen kann. Und ein paar körperliche Schäden weniger davon trägt.

Ich wünsche uns allen alles Gute,
daß sich unsere größten Sehnsüchte erfüllen mögen,

Liebe Grüße

Mary Mary
Zuletzt geändert von mary mary am Sa Mär 06, 2010 18:08, insgesamt 1-mal geändert.
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mittels derselben Begierde wirst Du von ihr befreit.

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Re: leiser Hilfeschrei...

#8
mary mary hat geschrieben: Ich bedaure nichts, es war mein eigenes Leben, ich habe das so gewählt.
Und ich habe immer das beste gemacht, was mir möglich war.
ich sehe das sehr aehnlich. zurueckblickend gibt es bei mir so viel zu bereuen und dennoch seh ich es nicht so. nicht mal die bulimie. denn ohne sie haette ich es nciht geschafft. ohne sie waere mir auch das alles nie bewusst geworden. und vor allem wir alle tun das beste was wir koennen!!! deshalb darf man sich auch nicht fertig machen oder anderen menschen gegenueber graeul hegen, denn sie tut auch was sie keonnen, auch wenn das nicht viel ist.

Jeder muß seine persönlichen Erfahrungen machen. Aber ich will hier ein paar meiner Erfahrungen kundtun, vielleicht damit die/er eine oder andere einen Nutzen daraus ziehen kann. Und ein paar körperliche Schäden weniger davon trägt.
ja danke. du tust genau das richtige.
uebrigens kann ich mich sehr mit deinen erfahrungen identifizieren. auch wenn wir sicher ganz unterschiedliche erfahrungen gemacht haben kann ich auch sagen, dass ich das was ich jetzt habe ganz alleine und durch harte arbeit erreicht habe. und auch wenn meine eltern jetzt stolz auf mich sind - sie haben mir am wengisten dabei geholfen.
aber sie haben getan was sie halt konnten. so wie sie halt sind.
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Re: leiser Hilfeschrei...

#10
Hm Mary, ich empfinde das, was du schreibst gleichermaßen abschreckend und hoffnungsvoll, du hast es dennoch geschafft und das ist beeindruckend, gerade weil du so lange krank warst.

:!:
mary mary hat geschrieben:Das hängt möglicherweise mit der persönlichen Geschichte zusammen, daß man gelernt hat, immer "stark" zu sein und alles "schaffen" zu müssen, egal wie es einem damit geht. Und das Muster beibehält, selbst wenn es einem schadet. Vielleicht kommt man aber auch schon mit diesem "Programm" zur Welt.
Ja, überwindet man das eigentlich, wenn man gesund wird? Ich habe nicht das Gefühl, klar, ich bin jetzt viel weniger perfektionistisch, weiß auch, dass die 100%, die ich immer wollte, gar nicht möglich sind. Aber ich habe doch immer noch verdammt hohe Ansprüche an mich, wenn ich mir das so ansehe. Gutes Studium im Regelstudium absolvieren, nett und freundlich sein, meine Gleichgewicht zu halten, ein intaktes Sozialleben, Doktorarbeit suchen und machen etc. Fällt mir schon auf, mir fällt auch auf wie sehr ich dagegen rebelliere, unbewusst, weil ich dann einfach viele Dinge nicht will, gegen die ich eigentlich gar nichts habe. (Ich lerne ja nicht so ungern, aber allein dieses "Muss" macht es mir so schwer.)
Ibiza09 hat geschrieben:Im Anschluss stellte ich mich vor den Spiegel, betrachtete mich von oben bis unten und nahm das erste mal so richtig wahr, wie fertig ich aussah: rote und verquollene Augen, die Wimperntusche komplett verschmiert, aufgeschwommene Wangen...einfach nur widerlich. Ich dachte mir, was ist bloß aus dir geworden? Was machst du da für eine Sch***?? Das bist doch nicht DU! Das war so erschreckend, dass ich laut zu mir gesagt habe STOPP, so gehts nicht weiter! Du schaffst das!!! Ab morgen ist Schluss!
Wie geht es dir, Ibiza? Kommst du voran? Ich erinnere mich noch genau an solche Szenen, ging mir genau so. Gerade dieses; "Das bist doch gar nicht du. Wo bist du nur Colourful?", das habe ich auch ganz oft gefühlt. Und gerade in diesem Augenblicken liegt auch viel Kraft, die ich damals zum Kämpfen mitgenommen habe. Mein Lieblingslied zu dieser Zeit war passenderweise "What I've done" von Linkin Park.

"I face myself. To cross out what I've become. Erase myself and let go of what I've done."
I start again, and whatever pain may come, today this ends I am forgiving what I've done."

Darum geht es doch, oder? Wir tun uns damit soviel an, begehen ein Verbrechen an uns selbst und müssen lernen es auszuhalten, die Dinge anders zu lösen und uns zu vergeben. Auch, wenn das jetzt total pathetisch klingt.

(Diese Phase ist bei mir schon Jahre her. Trotzdem.)

Alles Liebe, euro Colour
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: leiser Hilfeschrei...

#11
Hey ihr Lieben,
Colourful hat geschrieben:a, überwindet man das eigentlich, wenn man gesund wird? Ich habe nicht das Gefühl, klar, ich bin jetzt viel weniger perfektionistisch, weiß auch, dass die 100%, die ich immer wollte, gar nicht möglich sind.
Woher willst Du wissen ob Du gesund bist? Nur weil Du ein paar Jahre nicht k* mußtest? Weißt Du, ich denke die B* ist eine Suchterkrankung, die man nicht heilen, sondern nur zum Stillstand bringen kann. Die Sucht bleibt, aber man kann "abstinent" davon leben. Das ist allerdings meine ganz persönliche Meinung, die niemand mit mir teilen muß.

Ich habe nach jeder Phase gedacht, "das war das letzte mal, diesmal habe ich es kapiert, daß passiert mir nie wieder". Und es lagen ja auch immer mehrere Jahre dazwischen. Ausgerechnet in Momenten, wo ich schon längst nicht mehr dran gedacht habe, verlor ich kurz die Kontrolle über das essen, nur ein einziges mal. Das hat gereicht, schon war ich im Rückfall. Noch nicht mal gewollt oder geplant. Mußte mich jedesmal wieder mühsam raus arbeiten.

Die ES begann bei mir 1984, in 1985 hatte ich meinen ersten Klinikaufenthalt. Danach habe ich zwei Jahre Gruppentherapie gemacht, drei Jahre Psychoanalyse, sieben Jahre Einzelgespräche alle zwei bis vier Wochen bei meinem Analytiker, und später noch diverse Klinikaufenthalte und Kurzzeitherapien.

Ich lebe seit zehn Jahren abstinent von der B*, mit Hilfe meines Eßplans. Ehrlich gesagt, nach all dem, habe ich keinen Glauben an Heilung oder wieder erlernbares Eßverhalten. Und ehrlich gesagt, ich empfehle jedem, "Holzauge sei wachsam".

Du weißt nie, wie es weitergeht in Deinem Leben. Wenn es bei Dir anders ist, schön. Aber was wenn nicht? Ich sage das nicht um Deine bisherigen Heilungsprozesse in Frage zu stellen. Ich sage das, damit Du es weißt. Und in Acht bleibst. Immer.

Es ist genau wie Du es gesagt hast, dieser übersteigerte Ehrgeiz, den wir nun mal alle haben, der verabschiedet sich nicht. Er versteckt sich bloß, von Zeit zu Zeit. Aber er kommt wieder zum Vorschein, völlig unerwartet. Und schwupps, bist Du wieder drin, in der "Ego-Falle".

Ich habe einige Zeit darüber nachgedacht, ob ich das hier so schreiben soll, denn wir wollen uns ja eher Mut machen. Aber ich denke es kann Dir vielleicht nützlich sein, irgendwann mal, daß Du es weißt. Es kann vielleicht auch für andere nützlich sein, die betroffen sind. Damit alle auf der Hut sind, und es besser machen können. Das kann ich nur wünschen.

Ich glaube, daß es reicht, wenn man diese Information einfach in einem tiefen Winkel des Herzens aufbewahrt. Wenn der Ehrgeiz dann wieder gewaltig groß wird, könnte man sich daran erinnern, und sich sagen "Vorsicht, es könnte gefährlich werden, für mich". Und sich zurücknehmen, um in der Mitte zu bleiben.

Was meinen Weg betrifft, 1984, das ist 26 Jahre her, in der Zwischenzeit ist sicher mehr bekannt geworden, über die B*. Aber über Alkoholismus ist auch viel bekannt, und trotzdem gibt es mehr Alkoholiker denn je. Sucht ist eben ein einschlägiges Kapitel. "Sucht" das bezeichnet verschiedene Verhaltensstörungen, die mit ungelösten Konflikten zusammen hängen, und deren Ursache zumeist psychischer und emotionaler Natur ist.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Möge sich niemand angegriffen fühlen, weil ich das hier so offen schreibe. Es soll denen nutzen, die es vielleicht noch gebrauchen können.
Eines Tages.

Liebe Grüße,

Mary Mary
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mittels derselben Begierde wirst Du von ihr befreit.

(Aus dem Hevajra-Tantra)

Re: leiser Hilfeschrei...

#12
Hey Ibiza,

ich hoffe Du bist nicht sauer, daß wir hier die ganze Zeit in Deinem Thread schreiben. Und Du bist noch gar nicht wieder zu Wort gekommen. Schreib doch noch mal etwas über Dich, bitte. Das wäre schön.

Liebe Grüße

Mary Mary
Zuletzt geändert von mary mary am So Mär 07, 2010 20:10, insgesamt 1-mal geändert.
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mittels derselben Begierde wirst Du von ihr befreit.

(Aus dem Hevajra-Tantra)

Re: leiser Hilfeschrei...

#13
Die Sucht bleibt, aber man kann "abstinent" davon leben.
Es ist genau wie Du es gesagt hast, dieser übersteigerte Ehrgeiz, den wir nun mal alle haben, der verabschiedet sich nicht. Er versteckt sich bloß, von Zeit zu Zeit. Aber er kommt wieder zum Vorschein, völlig unerwartet. Und schwupps, bist Du wieder drin, in der "Ego-Falle".
ja genau so war's bei mir grade!! der ehrgeiz und stress!!!!!!!! naja, habs erkannt - diesmal zu spaet. vielleicht beim naechsten mal, denn der ehrgeiz und perfektionismus gehoert eben doch zu mir. und das ist auch ok (naja, es muss wirklich nicht 100%ig sein... das seh ich ja ein), aber es muss eben einen weg geben damit auszukommen.
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Re: leiser Hilfeschrei...

#14
Hallo zusammen...

ich habe mich lange nicht mehr gemeldet...ich dachte, ich könne es von alleine schaffen mich aus diesem Teufelskreis zu befreien...es ging ca. 2 Wochen gut, doch dann begann alles von Neuem, Fressen-Kotzen-Hungern, Fressen-Kotzen-Hungern, usw usf....ich war fix und fertig, ich verstand die Welt nicht mehr, verfiel nach und nach in eine Depression und erkannte mich selbst nicht mehr...ich habe mit meiner Mutter gesprochen, ich kam alleine nicht mehr klar...das war sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung...doch die FA und die Kotzerei blieben...ich habe gemerkt, dass ich psychisch keine Kraft mehr hatte und habe mich im Internet über Beratungsstellen erkundigt...ich stieß dabei auf die Caritas, die mit sehr guten Psychologen zusammenarbeitet...schnell bekam ich dort einen Termin und hatte letzten Dienstag mein erstes Gespräch. Auch wenn ich im Moment wieder einmal glaube, dass ich NIE wieder FA haben werde, werde ich die Therapie weitermachen...denn wie oft zuvor habe ich schon geglaubt, ich wäre dem Teufelskreis entflohen? Das ganze hielt höchstens für 2 Wochen, dann begann alles von vorne...ich hoffe ich bekomme das ganze nun in den Griff...ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin...hoffentlich noch rechtzeitig.....
Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag...

Re: leiser Hilfeschrei...

#15
hallo ibiza!
Ibiza09 hat geschrieben:
ich habe mit meiner Mutter gesprochen, ich kam alleine nicht mehr klar...das war sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung...
Ibiza09 hat geschrieben:
schnell bekam ich dort einen Termin und hatte letzten Dienstag mein erstes Gespräch.
super!
finde ich sehr mutig von dir, dass du diesen großen schritt gewagt hast.
Ibiza09 hat geschrieben: Auch wenn ich im Moment wieder einmal glaube, dass ich NIE wieder FA haben werde, werde ich die Therapie weitermachen...denn wie oft zuvor habe ich schon geglaubt, ich wäre dem Teufelskreis entflohen? Das ganze hielt höchstens für 2 Wochen, dann begann alles von vorne...ich hoffe ich bekomme das ganze nun in den Griff...ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin...hoffentlich noch rechtzeitig.....
rechtzeitig bestimmt - es ist nie zu spät, solange du kämpfen WILLST!
es gibt immer einen anfang, der natürlich schwer ist und eine menge kraft kostet.
aber du schaffst das :wink:

liebe grüße
und weiterhin viel kraft.

halt uns auf dem laufenden.

liebe grüße
jersey