ohja, die liebe waage....
in meiner schlimmen zeit bin ich sogar stündlich drauf, was ja absoluter schwachsinn ist, doch da war ich schon befallen von diesem krassen kontrollwahn, der sich auf sämtliche lebensbereiche ausgewirkt hat...
dann der schnitt mit der klinik, als ich sechs wochen lang mit dem rücken zur zahl gewogen wurde. und plötzlich bekommst du da eine zahl genannt, die zu dir gehören soll, die du aber so riesig findest - im vergleich zu vorher - dass du dir das gar nicht richtig vorstellen kannst. es dauerte ein paar tage, bis ich damit zurecht kam. plötzlich hatte ich *kg mehr auf den rippen, sozusagen mit einem schlag, nach meinem empfinden, da ich ja den prozess nicht miterlebt habe, also rein zahlenmäßig. ich bekam zunächst panik und gedanken wie "das muss schleunigst wieder runter" - doch dann geschah etwas, was wohl zum genesungsprozess dazu gehört: ich stoppte diese gedanken und stellte erstmals mit erstaunen fest, dass sich außer der zahl und dem gefühl, etwas rundlicher zu sein, nicht wirklich viel in meinem leben geändert hatte. im gegenteil, es war viel einfacher geworden. ich erbrach nicht mehr. ich konnte wieder lachen, noch zaghaft zwar, aber immerhin das. ich bekam plötzlich eine unglaubliche wut im bauch auf diese bescheuerte waage, auf meinen kontrollzwang, auf die krankheit und dachte "mein gott, dann wieg ich halt soviel, dadurch bin ich auch kein anderer mensch".
die zeit verstrich plötzlich schneller, weil ich mehr zugeständnisse bekam. ich wurde entlassen - und da war sie wieder die waage... zuhause bei meinen eltern, mitten im bad. ich stieg nicht darauf. zunächst nicht. ich hatte gelernt, meinen körper anzunehmen, ja sogar schön zu finden. ich hatte angst, was passieren würde, wenn ich diesen schritt wieder tun würde. ist es so, wie wenn ein alkoholiker zur flasche greift? ist diese zahl nicht auch eine unserer drogen? nur gibt es einen unterschied: man kann sich damit konfrontieren, ohne rückfällig zu werden. man kann den umgang mit der waage lernen.
entscheiden muss das allerdings jeder für sich. die waage hat immer noch eine mysteriöse rolle in meinem leben - doch ich habe gelernt, den umgang mit ihr zu deuten. auch damals, als ich plötzlich wieder draufstieg. ist doch nichts, dachte ich. stieg einmal die woche drauf, plötzlich zweimal die woche. irgendwann wöchentlich. stündlich.
da wurde mir klar: scheiße, ich mach denselben mist wieder. machte also wieder den schritt von der waage weg und mir wurde klar, dass ich andere probleme hatte, zu dieser zeit.
heute gehe ich jedes halbe jahr auf die waage, wenn ich zuhause bei meinen eltern bin. ich selber werde mir sicherlich keine anschaffen, auch wenn ich zugeben muss, dass die verlockung manchmal groß ist. aber wann? ja, genau dann, wenn ich andere probleme habe. genau dann schaffe ich es auch nicht, die zeit bei meinen eltern nur ein, zweimal insgesamt darufzugehen, sondern wieder mehrmals die woche. wenn ich extremen stress habe, beginne ich, mich häufiger zu wiegen. erst in den letzten semesterferien ist es mir gelungen, bewusster damit umzugehen. stress sofort zu erkennen und nicht durch den umweg waage.
und es gab noch einen fortschritt: durch die gastritis habe ich wieder einiges abgenommen (unfreiwillig.. bei dem essen ist es echt schwer, das gewicht zu halten
..). ich musste auch beim arzt auf die waage. das ergebnis hat mich eher geschockt als gefreut und den entschluss hervorgerufen, dass ich dringend zunehmen muss... wie auch immer...
nun habe ich vom gefühl her zugenommen und bin zufrieden damit. es ist so wichtig, sein eigenes gesundes gewicht zu haben. und wenn ich dann heute phasenweise zwieback mit kamillentee zu mir nehmen muss, weil alles andere nicht im magen bleibt (es ist schon besser geworden, aber die zeiten gabs), dann habe ich eigentlich nur den gedanken, dass ich kalorien zusammenbekommen muss, um bei kräften zu bleiben.
ist einfach der wahnsinn. kalorien zusammenbekommen anstatt einsparen. kilos zunehmen anstatt abnehmen.
fühlt sich gut an, wie es gerade läuft.
ich kann jedenfalls nur raten, dass man die waage zumindest eine zeitlang aus seinem leben verbannen sollte.
lg, jen
Lauf der Sonne entgegen, anstatt auf sie zu warten...
aber vielleicht sollte ich sie einfach mal weg tun ich muss sie ja au net weg schmeisen aber aus den augen aus dem sinn...danke
Sorry, dass ich dieses ernste Thema hier störe.
Oh ja, die "Waage des Grauens"! Kann ich nachvollziehen...dieser scheiss Kreislauf, zwischen weniger essen und regelmässigem essen zu sich nehmen sollen. Ich musste bei meiner Aufnahmeuntersuchung (Klinik), und nach dem wiegen diesbezüglich Fragen beantworten, u.a. die Frage: "Was war Ihr niedrigstes Gewicht?" Picassos Antwort: "Das bei meiner Geburt, steht im Impfausweis"! Es hat mich einfach nur angekotzt, weil ich mit dem Thema "Waage" nicht umgehen kann. Ich wills oft nicht wissen, aber auf der anderen Seite frage ich mich dann warum ich es doch tue? Um die Kontrolle nicht zu verlieren?