
Ich war schon lange nicht mehr in diesem Forum, hatte eigentlich Abstand genommen weil es mir seit einiger Zeit viel besser geht mit der Bulimie (Therapie sozusagen beendet, Antidepressiva abgesetzt, nur noch sehr selten Rückfälle, die mich aber nicht mehr auf den Boden werfen) und ich mich aus Eigenschutz nicht mehr so viel mit dem Thema beschäftigen wollte.
Inzwischen hat sich einiges geändert in meinem Leben: ich bin nach Wien gezogen (fast 400 km von meinem Heimatort entfernt) weil ich das Medizinstudium begonnen habe. Ich wohne alleine in einer Wohnung und es fällt mir relativ schwer, neue Kontakte zu knüpfen - oberflächliche schon, aber ich habe noch niemanden meiner Studienkollegen außerhalb der Vorlesungen getroffen. Es sind zwar auch ein paar meiner Schulfreundinnen nach Wien gezogen, aber die haben auch schon Freundschaften im Studentenheim und in der Uni geschlossen. Ich habe das Gefühl, jeder hätte schon jemanden "gefunden", es bilden sich schon kleine Gruppen etc. - und ich bin außen vor, alleine.
Daher fühle ich mich in letzter Zeit sehr einsam, zurückgelassen, ungewollt... und das, obwohl ich nie dachte, dass es mir schwerfallen würde neue Leute kennenzulernen, da ich eigentlich ziemlich extrovertiert bin.
Mein zweites, großes Problem ist, dass mein Freund (gleichzeitig mit meinem Studienbeginn) ins Heer eingezogen wurde und jetzt seinen Grundwehrdienst leisten muss. Er wollte schon Wochen zuvor nicht darüber reden, war total abgeneigt und nun manifestiert sich meiner Meinung nach eine Depression aus dem Ganzen. Er sagt, er habe einfach unglaublich Angst, wirklich in den Krieg ziehen zu müssen, jemanden umbringen zu müssen oder selbst zu sterben. Er hasst die ganze Institution und kann mit alldem, was ihm dort erzählt wird, nichts anfangen bzw. kann sich nicht einfach ausklinken und die 6 Monate hinter sich bringen (wie es die meisten halt machen). Kann sein dass es tw mit Erlebnissen in seiner Vergangenheit zu tun hat, kann sein dass er sich einfach extrem in etwas reinsteigert - auf jeden Fall ist er immer sehr niedergeschlagen wenn ich ihn ca. alle zwei Wochen sehe.
Und das belastet auch mich sehr. Ich möchte gerne für ihn da sein, es gäbe sogar die Möglichkeit dass er für untauglich erklärt wird indem er seine Probleme einem Heerespsychiater erzählt... aber er will das nicht. Er hat zu große Angst, dass es nicht klappen könnte und er dann noch mehr Probleme im Heer bekommt (dort werden Schauergeschichten erzählt von Rekruten, die sich drücken wollten und das getan haben, was aber nach hinten losging). Dann sagt er wieder er will es durchziehen, weil alle anderen schaffen das schließlich auch - bis das nächste Tief kommt.
Ich weiß einfach nicht mehr, was ich für ihn (und auch für mich) tun kann und soll. Er zieht auch mich runter und zusammen mit meiner Einsamkeit und den vielen Umstellungen durch meine neue Wohnsituation merke ich, dass es mir immer schlechter geht. Ich will und kann ihn nicht zwingen zum Psychiater zu gehen, ich weiß schließlich von mir selbst, dass das nicht gut geht. Aber ich kann ihm auch nicht wirklich sagen, wie es mir bei der ganzen Sache geht, da er sowieso schon glaubt ich würde ihn für einen Schwächling halten und sagt, er könne mir das nicht alles erzählen. Ich habe Angst er würde sich dann komplett verschließen, was ich natürlich nicht will.
Ich habe derzeit nicht wirklich jemanden, dem ich all das erzählen kann (meine Thera ist nur Donnerstag und Freitag in der Praxis in meinem Heimatort, und da habe ich derzeit immer Vorlesungen, daher ginge der nächste Termin sich erst in den Weihnachtsferien aus). Ich weine in letzter Zeit viel, verkriech mich den ganzen Tag in der Wohnung und grübel vor mich hin - zwar hatte ich keine Rückfälle in den letzten Wochen, aber ich bin schon wieder leicht depressiv

Danke an alle, die sich die Mühe gemacht haben, das zu lesen, und nicht gleich beim Anblick des elendslangen Textes auf "Zurück" geklickt haben

Liebe Grüße