hi, schön dass es solch ein forum gibt

#1
hallo,
ich bin total berührt von all euren texten und überhaupt dass es andere gibt denen es geht / ging wie mir. und dass ihr einander helft und zuhört (lest).

nun ja ich bin 27 jahre alt und war 10 jahre sehr stark bulimisch und habe es mehrmals täglich gemacht. ich habe es geschafft, dass niemand mir auf die schliche gekommen ist und ich konnte stark und fleißig am leben teilnehmen. vor 23 tagen fand mein mann mein tagebuch, es lag aufgeschlagen herum (er hätte niemals drin geblättert) und damit kam alles raus. diese scham und ohnmacht, dieses gefühl ertappt worden zu sein, war schrecklich und wunderschön zugleich. zum ersten mal in meinem leben war ich nicht allein mit meiner krankheit. in diesem moment, als mein mann mir den spiegel vorhielt, habe ich ihm und mir geschworen es nie wieder zu tun.
nun wo ich auf dem richtigen weg bin, möchte ich mich mit gleichgesinnten austauschen. ich bin voller hoffnung die bulimie für immer hinter mir zu lassen.
viele liebe grüße,
newlife

Re: hi, schön dass es solch ein forum gibt

#2
Herzlich willkommen :D

Schön, dass Du mit der Krankheit "aufhören" willst, obschon es wohl unangenehm gewesen sein muss, vom eigenen Mann "ertappt" zu werden, nach all den Jahren Heimlichkeit :roll:

Wie hat Dein Mann denn reagiert?

Hast Du in den 10 Jahren versucht, an Hilfe zu kommen?

Wie fühlst Du Dich nun, im Kampf gegen die Bulimie?

Liebste Grüsse, Deine Coco :wink:
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: hi, schön dass es solch ein forum gibt

#3
hallo coco,
ja das war ein schrecklicher schock! als alles raus kam. aber im nachhinein bin ich sehr froh darüber. mein mann und ich sind uns jetzt viel näher als vorher. hilfe habe ich mir nie genommen, dafür habe ich meine krankheit viel zu sehr geliebt. schlimm oder?
wie war es denn bei dir? du bist auch ehemalig, oder?
naja für einen außenstehenden klingt es wahrscheinlich lächerlich nach nur 23 tagen schon von ehemalig zu sprechen, aber für mich ist das wunderbar lang. fast kommt mir die exzessive sucht zeit wie aus einem anderen leben vor. deswegen auch mein name, newlife.
ganz liebe grüße

Re: hi, schön dass es solch ein forum gibt

#4
Hallo!

Redest Du viel mit Deinem Mann? Hast Du auch schon mal über eine Therapie mit ihm gesprochen?

Klar, 23 Tage sind sehr viel - Aber wiege Dich nicht in Sicherheit :roll: Aus einer ES kann man nicht einfach so "schnell" "raus", indem man ein paar Tage aufhört zu erbrechen.

Dass es tiefe Gründe hat, weswegen man es so "toll" findet, jahrelang zu fressen und zu kotzen, das dürfte Dir ja bestimmt klar sein :wink:

Und es muss irgendwie... "aufgearbeitet", besprochen werden mit professionellem Personal, fachkundigem Personal. Mag ja sein, dass Dir die Gespräche mit Deinem Mann sehr gut tun, aber sie ersetzen nunmal LEIDER keine therapeutische Hilfe.
dafür habe ich meine krankheit viel zu sehr geliebt. schlimm oder?
Ja, so geht es mir leider auch :roll: Nur habe ich mir schon ein paar Mal "Hilfe" geholt und eigentlich wissen schon alle von meiner ES... Aber naja.... Genau, diese Hass-Liebe zum Essen, zur Krankheit, habe ich noch nicht bekämpfen, auslöschen können.

Ich bin folglich nicht ehemalig. :roll:

Wie es bei mir war? Also als "alles rauskam"? - Naja, zuerst wussten es natürlich meine Freundinnen. Ist ja wohl klar. Alle jungen Mädchen wollen abnehmen. Und es gibt auch solche, die radikale Methoden wählen. Auch solche, die sagen, sie würden Drogen nehmen, hätten sie bloss das Geld dazu; und nur um des Abnehmens wegen. :roll:
Ich gehörte zu dieser Art von Mädels...
Meinem Freund habe ich es nach einem halben Jahr Beziehung gesagt. Irgendwie am Rande erwähnt, als ich über eine Freundin und mich sprach, die wir doch beide im Diät-Wahn waren...

Irgendwann hat auch meine Mutter Wind von der Bulimie bekommen (wobei ich mich davor jahrelang seltsam ernährt habe... gemeinsame Mahlzeiten? - Nicht bei uns... etc.). Ich weiss es auch nicht mehr sooo genau, aber sie hat Tüten mit... ekligem Inhalt :roll: .... gefunden, und dazu noch Verpackungen von Süssigkeiten etc.

Irgendwann war bei allen was klar. Natürlich konnte meine Mutter ihren Mund nicht halten, erst recht nicht, als ich in die Klinik ging. Und dann wussten es sehr viele. Aber keiner sprach mich wirklich an.

:roll:

hm. soviel zu mir.

Wie wäre es denn mit einer Beratungsstelle (zusätzlich zur Therapie oder am Anfang eben)?

Allerliebste Grüsse, coco
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: hi, schön dass es solch ein forum gibt

#5
liebe coco,
ja mit der therapie hast du auf jeden fall recht. genau wie du sagst, es steht ja für etwas anderes dahinter. klar oberflächlich möchte ich dünn sein und trotzdem viel essen. aber dahinter steht eine leere und ein falsches und aufgesetztes selbstbewußtsein. das kommt wiederum von zu wenig zuwendung und anerkennung in der kindheit. also bei mir ist das so, wird ja bestimmt von fall zu fall unterschiedlich sein. weißt du woher das bei dir kommt?
mein mann hat in letzter zeit viel über bulimie gelesen und die gespräche mit ihm geben mir halt. aber vorallendingen auch die neue 2samkeit. ich habe ja jahrelang isoliert gelebt, trotz familie und freunden, weil ich einen großen (kranken) teil meines lebens alleine mit mir ausgemacht habe. da ist es einfach wunderschön plötzlich diese nähe zu erfahren. wir haben den packt geschlossen, dass ich erst dann mit einer therapie anfange wenn ich einen rückfall hatte und/ oder einen festen job bekomme. dann kommt nämlich dieser arbeits und leistungsdruck hinzu, dem ich wahrscheinlich nicht stand halten könnte. zur zeit lebe ich ziemlich entspannt und bin keinem streß ausgesetzt. das hilft mir sehr. manchmal merke ich schon wie mir kleinigkeiten zuviel werde und es dann schwerer ist mit dem normal sein.
magst du mal erzählen wie du dir deine hilfe gesucht hast und worauf du geachtet hast und was dir geholfen bzw eben grade nicht geholfen hat? wie alt bist du eigentlich? ich komme mir manchmal ziemlich blöd vor, dass ich mit 27 erst von dieser krankheit loslassen konnte. in den medien heißt es ja immer dass vorallendingen teenies betroffen sind. naja und loslassen bezieht sich ja erstmal nur auf das nicht ausüben und leider noch über über überhaupt nicht aufs nicht drüber nachdenken....
was ich bei dir bewundernswert finde, dass du so cool und selbstverständlich mit deiner krankheit umgehst. dass so viele in deinem umfeld bescheid wissen und du damit umgehen kannst. mir ist immer so wichtig perfekt zu scheinen, dass ich bestimmt weggewandert wär.
deine signatur gefällt mir, ich bin von beruf schauspielerin und du hast so recht :wink:
ganz ganz liebe grüße

Re: hi, schön dass es solch ein forum gibt

#6
Hallo liebe newlife :wink:
das kommt wiederum von zu wenig zuwendung und anerkennung in der kindheit. also bei mir ist das so, wird ja bestimmt von fall zu fall unterschiedlich sein. weißt du woher das bei dir kommt?
Wie war es denn in Deinem Elternhaus? Erzähl doch mal, wenn Du möchtest :wink:

Bei mir waren das, wie wohl bei vielen, mehrere Faktoren: wegen Bauarbeiten war ich in extrem vielen Kindergärten für kurze Zeit (ohne Scheiss, es waren über 6 Kindergärten (mir fallen gerade 6 ein)) Häusl. Gewalt gegen Mutter, Scheidung der Eltern, Kampf ums Sorgerecht, meine Mama arbeitete monatelang im Ausland damit wir genügend Geld hatten, wir sind oft umgezogen, ich bin in ein mir fremdes Land mit fremder Sprache umgezogen, ich hatte in D keine Verwandten, einmaliger m*ssbr**ch, habe 3 mal unfreiwillig Schule gewechselt und an der neuen Schule wurde ich nicht akzeptiert, also Klassen gewechselt,...


Mit 12 Jahren kam ich trotz meiner schlanken Figur zu der Ansicht, ich müsse magersüchtig werden, um genügend Aufmerksamkeit und Beachtung vom Umfeld zu bekommen. Und da fingen die krasseren Probleme dann an. :roll:

Dabei haben mich ja alle so geliebt und gemocht. Meine Mutter tat und tut alles für mich. Aber das Urvertrauen ist zerstört. :|

Zunächst habe ich mir Hilfe bei Freundinnen gesucht. Naja, letzten Endes ging es nach hinten los, denn sie hätten mich ja auch nicht heilen können. Letztlich zerbrach die Freundschaft voller Anschuldigungen, Beleidigungen, Vorwürfe..
Während dessen meldete ich mich hier im Forum an, lernte sasi hier kennen, die aus meiner Nähe kam. Wir gingen gemeinsam zur Beratungsstelle, wo die SHG (Selbsthilfegruppe)stattfand.
Von dort aus bemühte ich mich um einen Klinikplatz, der mir gar nicht zustand, den ich aber nach eisernem Kampf bekam.
Ich brach die Klinik ab. Wollte dann von zu Hause ausziehen, in eine Therapie WG. Jetzt bleibe ich doch zu Hause..
Ich hätte gerne einen ambulanten Therapieplatz, aber ich kriege meinen Arsch nicht hoch. :|
mir ist immer so wichtig perfekt zu scheinen,
War bei mir ja nicht anders :wink: Es gab schon den ein oder anderen, mir fällt da gerade ein ehem. Lehrer von mir ein, der SICHTLICH schockiert war, als er erfuhr, dass ich Bulimie hätte :roll:

Ui, Schauspielerei ist ein schöner Beruf. Aber ich denke mal, dass dort auch Druck ausgeübt wird, dass man schlank ist, oder ist es etwa eher ein hartnäckiges Gerücht?

Bitte kümmere Dich um eine Therapie. Auch wenn Du jetzt so lange clean bist. Glaub mir. Hier im Forum gibt es VIELE solcher user, die lange clean waren und bei denen das Gerüst irgendwann doch zusammenbrach. Und sie erneut an demselben Punkt, an ihrem Nullpunkt, angelangt waren.

Vielleicht hilft Dir dann auch eine Selbsthilfegruppe. Inwieweit hast Du Dich isoliert? Hast Du noch Freunde?
- In einer SHG kannst Du neue Freundinnen kennenlernen. Immerhin teilt ihr dasselbe Schicksal. Und glaub mir: So viele haben dort Tränen vergossen, so hübsche Mädchen und Frauen, denen man nie im Leben zutrauen würde, dass sie keine einzige Freundin mehr haben, keine Lebenslust, keine Kraft, einfach einsam sind.

Und da können sich echt schöne Freundschaften bilden. Denn alle haben mehr oder weniger die gleiche Scheisse gefressen :wink:

Wie geht es Dir denn heute?

Alles Liebe, Deine coco :wink:
Zuletzt geändert von CoCoRiCo am Sa Sep 05, 2009 15:28, insgesamt 1-mal geändert.
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: hi, schön dass es solch ein forum gibt

#7
liebe coco,
mir geht es gut :P
gestern habe ich einen kleinen freßanfall aufhalten können :lol:
und heute bin ich tierisch stolz auf mich 8)
versuche jeden tag etwas süßes zu essen und auch sonst ganz normal, sprich keine diät oder so. naja und gestern sind aus einem riegel schokolade, leider drei riegel geworden. gerne hätte ich noch vieeeeeeeeeeeeel mehr gefuttert, aber die angst dann wieder im alten trott zu sein war gott sei dank größer. so habe ich meine joggingschuhe angezogen, bin 45 minuten locker gelaufen und habe dann sogar wieder spaß am abendbrot gehabt. :D

deine kindheit berührt mich sehr, wie wichtig ist doch ein guter start ins leben. dieses hin und her habe ich auch erfahren müssen. mein vater war 3 jahre im ausland und meine mutter war mit mir und meiner neugeboren (3 jahre jüngeren) schwester überfordert. so hat sie mich bei zig verschiedenen tagesmüttern geparkt. als ich 6 jahre alt war und mein vater wieder zurück war, da waren wir fortan eine happy normale family, aber für mich kam das leider zu spät. zwar kann ich mich an das abgeschoben sein nicht mehr erinnern, aber das urvertauen, das ja in diesen jahren entsteht, das ist halt nicht da.als eltern hat man unglaublich viel verantwortung. das wird mir manchmal richtig bewusst. meine mutter kann nichts dafür, ich mache ihr keinen vorwurf, und soweit ich das richtig gelesen habe, hat deine mutter auch alles getan für dich. manchmal ist es halt pech wie man groß wird. es gilt vielleicht bei den eigenen kindern besser zu machen. oder es zumindest es zu versuchen. für sein schicksal kann man ja meistens nichts. mein sohn ist jetzt drei jahre alt und ich bin so froh endlich eine gute mutter sein zu können. zwar habe ich die letzten jahre mit großer mühe alles vor ihm verborgen, aber diese nagende ungeduld und diese hektik im alltag weil die sucht ruft, die brauch ich dir ja nicht zu erklären. früher oder später hätte er das mitbekommen, gut also dass ich jetzt endlich liebevoll und zu 100 prozent da sein kann.

wow mit dem thema freundinnen da hast du echt einen wunden punkt bei mir angesprochen. zwar kenne ich viele leute, grade auch durch meinen beruf, aber vor freundschaften, die etwas tiefer gehen habe ich mich immer erfolgreich gedrückt. schließlich war meine beste freundin, frau bulimie, ja sehr besitzergreifend. tja und immer wenn in den vergangenen jahren der wunsch nach einer echten freundin oder so hoch kam (geburtstag, shoppen, weihnachten), da waren gleich zig tafeln schokolade zur stelle. ich habe wirklich keine freundin, jedenfalls keine die mir nahe steht. das wär dann der nächste wunsch auf meiner liste. gesund werden und dann eine clique zu haben. so wie bei sex in the city oder so. coole mädels denen man vertraut und mit denen man spaß haben kann.

wie ist es denn bei dir? hast du durch die therapien oder gruppen etc. freundinnen gefunden? oder hast du noch alte freundschaften die alles überstanden haben?

wie geht es dir denn heute? arbeitest du eigentlich? oder hast du eine regelmäßige tätigkeit wo du eine maske aufsetzen musst?

alles liebe
cron