ein weiterer neuling..

#1
hallo ihr lieben..

auch ich habe mich nun nach beinahe 9 jahren dazu entschlossen, einer online community beizutreten.. vielleicht finde ich hier den richtigen anstoß, um die ganze sache endlich hinter mir lassen zu können...

wie soll ich denn nun anfangen.. na versuchen wirs mal ;)

mein fall ist eigentlich doch recht seltsam.. ich hatte in den 9 jahren eigentlich sehr viele ups and downs.. die ups meistens wie ich in einer langen beziehung steckte, die zeit intensiv mit meinem freund verbrachte und somit eigentlich gar nicht die möglichkeit hatte, meiner krankheit "freien lauf zu lassen" ... und die downs immer wieder, wenn alles in meinem leben eigentlich perfekt lief und ich veränderung brauchte, oder wenn ich in einer richtigen krise - wie zb. jetzt gerade steckte..

zwischendurch gab es immer wieder phasen, wo ich mich monatelang richtig gut fühlte und von bulimie komplett abstand nehmen konnte, aber wenn die tiefs kommen ist es immer so exzessiv dass ich teilweise richtige schwächeanfälle und kopfschmerzen habe und manchmal richtig glaube, dass mein körper gleich aufgibt..

eigentlich bin ich objektiv betrachtet ein recht hübsches mädchen, und meine figur variiert von sehr zufriedenstellend bis wirklich okay.. das feedback von anderen leuten ist sehr positiv und ich auch selbst bin mir der tatsache bewusst, dass sich alles einfach nur in meinem kopf abspielt. nichts desto trotz lässt mich diese qualvolle sucht seit jahren nicht los..

..

ich habe es 9 jahre lang geschafft, meine last vor meinen eltern geheim zu halten - obwohl ich nun (wieder) zu hause wohne und in den letzten jahren doch immer wieder zu hause gewohnt habe.. auch meine engsten freunde hätten nichts von der ganzen sache mitbekommen, wenn ich nicht einige male den mut gehabt hätte ihnen die wahrheit zu sagen - in der hoffnung, dass meine chancen, der ess-brech-sucht nachzugehen geringer werden und ich vielleicht bald geheilt sein würde..

leider schafften es weder meine beziehungspartner noch meine engsten freunde mich aus dem teufelskreis herauszuziehen.. es gibt immer wieder phasen wo ich mich komplett in meine eigene welt zurückziehe, meine partner und freunde komplett abstoße, nicht fortgeh, niemanden sehn oder hören will, nicht aus der wohnung will.. und sogar ganz zickig und agressiv zu meinen eltern bin, da ich manchmal so depressiv und unglücklich mit mir selbst bin, dass ich den ganzen tag nur noch die wand anstarren könnte.

jetzt sitze ich da, nach einer sehr unguten trennung, und stecke momentan wieder so extrem in der sache drinnen, dass ich richtig verzweifelt bin.. die sucht ist wieder voll da, das geldbörserl leer, die sozialen kontakte gehen flöten und ich fühle mich richtig mies. leider so schlimm, wie schon seit jahren (!) nicht mehr..

ich war wegen meiner krankheit noch nie beim arzt, denke auch nicht, dass ich es tun werde.. einen psychologen kann ich mir nicht leisten - bin ehrlich gesagt auch der überzeugung, dass er mich zu keiner "neuerkenntnis" verleiten und heilen könnte.. und eine therapie (gruppentreffen, online communities, o.Ä ..) habe ich noch nie versucht..

vielleicht gibt es ja unter euch jemanden, der es aus eigener kraft geschafft hat aus dem ganzen herauszukommen.. sich ziele zu setzen, die er dann auch wirklich verwirklicht hat.. denn ich glaube dass ich zu jener gruppe menschen gehöre, die sich selbst da raus helfen müssen.. da ich ja doch schon mitte 20 bin könnte ich es meinen eltern nie antun, die wahrheit zu sagen. ich weiß, dass es sie umbringen würde zu erfahren, dass sie 9 jahre lang nichts mitbekommen haben und sich fürchterliche vorwürfe machen würden - nicht berechtigt natürlich.. weil ihr wisst ja alle nur all zu gut, wie gut unsere ausreden und versteckspielchen doch sind..

ich würde mich sehr über tipps oder erfreuliche nachrichten über heilungen aus eigener kraft freuen.. ebenso hoffe ich hier bei euch einige freunde zu finden die mich verstehen, und mit denen ich mich gut austauschen kann.. es wäre super, wenn wir uns gegenseitig beim kampf gegen unseren größten feind unterstützen könnten.. geteiltes leid ist ja bekannterweise halbes leid :)

ich habe auch natürlich immer ein ohr/auge ;) für euere schicksale offen..

wünsche euch alles liebe und freue mich von euch zu lesen!

captured

Re: ein weiterer neuling..

#2
hallo captured.

herzlich willkommen!

ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll mit beantworten bzw fragen. hast dich ja ausführlich vorgestellt (aber is ja auch gut so :wink: )

naja, 9 jahre ist eine verdammt lange zeit. du sagst, du bist mitte 20... also hast du die bulimie ca. ein drittel deines lebens :shock: :?
ich weiss nicht, ob man nach all den jahren einfach aufhören kann, also ohne professionelle hilfe. klar, wir können dir hier im forum ratschläge geben, dir zuhören, aber das problem steckt wahrscheinlich - wie bei so ziemlich allen hier - wo ganz anders, nämlich bei der psyche. um ganz gesund zu werden, muss man die ursache des problems finden und heilen.
captured hat geschrieben:
eigentlich bin ich objektiv betrachtet ein recht hübsches mädchen, und meine figur variiert von sehr zufriedenstellend bis wirklich okay.. das feedback von anderen leuten ist sehr positiv und ich auch selbst bin mir der tatsache bewusst, dass sich alles einfach nur in meinem kopf abspielt. nichts desto trotz lässt mich diese qualvolle sucht seit jahren nicht los..
das hier finde ich gut.
sowas hört man von einer essgestörten natürlich selten, dass sie mit der eigenen figur zufrieden ist und sich hübsch findet :wink:
klar spielt sich das problem in deinem kopf ab. man sieht sich selbst anders, als man wirklich ist.
(genau das problem hab ich auch noch :( )
captured hat geschrieben:
leider schafften es weder meine beziehungspartner noch meine engsten freunde mich aus dem teufelskreis herauszuziehen..
warst du selbst dazu bereit gesund zu werden?
WOLLTEST du es WIRKLICH??
natürlich können dir deine freunde und dein partner eine stütze sein, aber ohne deine kraft und deinen willen geht es nicht...
captured hat geschrieben: einen psychologen kann ich mir nicht leisten - bin ehrlich gesagt auch der überzeugung, dass er mich zu keiner "neuerkenntnis" verleiten und heilen könnte.. und eine therapie (gruppentreffen, online communities, o.Ä ..) habe ich noch nie versucht..
werden die ersten stunden beim therapeuten nicht von der krankenkasse übernommen? und der entscheidet, ob eine weitere therapie nötig ist? wenn ja, musst du die therapie doch nicht selbst bezahlen...

naja, ob eine therapie dich heilen könnte? davon geh ich schon aus.
warum denkst du, es würde dir keine neuen erkenntnisse bringen? kennst du den grund deiner bulimie? bzw denkst du ihn zu kennen??

angenommen, die krankenkasse würde die kosten für die therapie übernehmen, würdest du gehen?
captured hat geschrieben: vielleicht gibt es ja unter euch jemanden, der es aus eigener kraft geschafft hat aus dem ganzen herauszukommen.. sich ziele zu setzen, die er dann auch wirklich verwirklicht hat.. denn ich glaube dass ich zu jener gruppe menschen gehöre, die sich selbst da raus helfen müssen..
ja, ich hab es aus eigener kraft geschafft, wieder herauszukommen, wobei ich sagen muss, ich hatte die bulimie "nur" ca 1 jahr lang. und ich gebe zu, dass ich nicht 100%-ig gesund bin. ich hatte zwar keinen FA mehr, aber hab mich manchmal noch nach dem essen übergeben. ich kämpfe heute noch damit, meinen körper wirklich zu akzeptieren.
oft frage ich mich, ob es nicht besser wäre, jetzt noch eine therapie zu machen, doch ich habe angst, nochmal alles erleben zu müssen. ich z.b. kenne die ursache meiner essstörung nicht - ich weiss nicht, warum ich damals gek*** hab.
captured hat geschrieben: da ich ja doch schon mitte 20 bin könnte ich es meinen eltern nie antun, die wahrheit zu sagen. ich weiß, dass es sie umbringen würde zu erfahren, dass sie 9 jahre lang nichts mitbekommen haben und sich fürchterliche vorwürfe machen würden
das verstehe ich irgendwie. ich hätte es meinen eltern auch niemals erzählt, hätten sies nicht auf anderem wege herausgefunden :evil:
wobei ich im nachhinein irgendwie froh bin, dass sies wissen/gewusst haben.
mittlerweile kann ich normal darüber sprechen, hab es auch meinem partner erzählt und ihm gesagt, er solle bitte auf meine essgewohnheiten achten, da es immer wieder zeiten gibt, in denen ich viel zu wenig esse.

vielleicht kommt die zeit noch, dass du es deinen eltern erzählen willst.

liebe grüße
jersey

Re: ein weiterer neuling..

#3
Hej captured (sehr passender NIck übrigens)

als Mod-Team-Member sage ich an dieser Stelle mal im Namen der restlichen Bagage "Hallo" und gleich noch dazu:
Wenn Du fragen hast oder mal was ganz dringend ist, dann scheu dich niemals nicht, per "PN" auf eine/n von uns zuzukommen - alles sehr friedliche Leute hier. (Außer Colourful, die manchmal beißt, aber dafür gibt es noch keine Beweise ;) )

Ich hab Deine Vorstellung jedenfalls mit einiger Aufmerksamkeit gelesen und möchte dazu gern loswerden, was mir als erstes in den Sinn geschossen ist:

Mich hat meine Haltung, ja niemanden zu belasten und die Vorstellung "ich weiß, dass es sie umbringen würde zu erfahren, dass sie 9 jahre lang nichts mitbekommen haben und sich fürchterliche vorwürfe machen würden" fast in den Ruin getrieben (heute bin ich gesund und bis auf Freunde und dergleichen aus eigenem Antrieb) -- genau dieses "das kann ich ihnen nicht zumuten, das wäre zu viel --
es würde sie NICHT umbringen, wenn ihre Tochter ehrlich zu Ihnen ist - ganz im Gegenteil - es kann dich umbringen, wenn du es nicht bist. denke ich, bescheiden war ich allerdings, was Meinungen angeht, noch nie : roll :

Herzlich Willkommen bei uns - vielleicht findest du hier die Hilfe zur Lösung, ich wünsche es Dir!

Katz
"Gott ist tot." Nietzsche
Nietzsche ist tot. Gott.

Re: ein weiterer neuling..

#4
hallo!

vielen dank für euere antworten.. es tut gut von jemanden feedback zu bekommen, und über die sache reden zu können.. ich hoffe, dass mir das in zukunft helfen wird...

@ jersey..
naja, 9 jahre ist eine verdammt lange zeit. du sagst, du bist mitte 20... also hast du die bulimie ca. ein drittel deines lebens
ich weiss nicht, ob man nach all den jahren einfach aufhören kann, also ohne professionelle hilfe. klar, wir können dir hier im forum ratschläge geben, dir zuhören, aber das problem steckt wahrscheinlich - wie bei so ziemlich allen hier - wo ganz anders, nämlich bei der psyche. um ganz gesund zu werden, muss man die ursache des problems finden und heilen.
ja, da hast du recht.. es ist - habe ich langsam das gefühl - wirklich unmöglich, alleine weg zu kommen.. die letzten 2 wochen waren wirklich extrem, wo ich mir teilweise wirklich ernsthafte sorgen um meine gesundheit gemacht habe.. dass mir therapie nichts bringt, denke ich aus dem grund, weil ich eigentlich den ursprung meiner sucht kenne. ich war mit 16 wirklich etwas zu mollig und da es ein halbes jahr mit einer gescheiten diät (gesunde ernährung, viel obst & gemüse & nichts süßes) einfach nicht klappen wollte - wahrscheinlich auch hormonell bedingt, da ich auch mit der pille angefangen habe, habe ich halt eben meinen "trick" entdeckt und bin auch dabei geblieben.. alles weitere war die krankhafte bessessenheit von einem idealen körper und aussehen, wie man es aus den zeitschriften kennt, extrem schwaches selbstwertgefühl und panische angst, menschen um mich herum (am meisten, meinem freund) nicht zu gefallen..
warst du selbst dazu bereit gesund zu werden?
WOLLTEST du es WIRKLICH??
natürlich können dir deine freunde und dein partner eine stütze sein, aber ohne deine kraft und deinen willen geht es nicht...
oh ja, ich versuche es mit allen kräften.. vor allem, wenn ich es nicht tue, merke ich, wie es mir seelisch und körperlich gut geht.. ich habe es immer wieder auf urlauben mit familie & meinen exfreunden gemerkt.. wenn ich mal 2 wochen normal esse (NORMALES frühstück, mittagessen, abendessen) .. schön viel unterwegs bin und NICHT darüber nachdenke, was alles verboten ist und was nicht.. nehme ich NICHT zu, sondern fühle mich richtig wohl und mein körper ist mir dankbar. nur immer wieder, wenn ich wieder zu hause bin und der alltag los geht, geht auch die sucht los. anfangs dachte ich, ich kann es kontrollieren und aufhören wann ich will, doch vor 5 jahren (wo ich das erste mal richtig aufhören WOLLTE) habe ich gesehen, dass ich viel tiefer drinnen steck, als zuerst gedacht..

..

vielleicht ist letztenendes aber mein ausweg doch eine therapie - obwohl ich wirklich 2,3 freundinnen kenne, die schon seit jahren in therapie sind und es hat ihnen nicht geholfen und ich deswegen dem gegenüber etwas negativ eingestellt bin... wenn ich ehrlich bin habe ich mich auch nie richtig diesbezüglich erkundigt - denn ich hatte nie den mut, meinem hausarzt gegenüber mein problem zu erwähnen.. nur langsam siegt die vernunft und ich merke, es muss was passieren.............

@ katz
genau dieses "das kann ich ihnen nicht zumuten, das wäre zu viel --
es würde sie NICHT umbringen, wenn ihre Tochter ehrlich zu Ihnen ist - ganz im Gegenteil - es kann dich umbringen, wenn du es nicht bist.
danke.. ich habe sehr lange über deine worte nachgedacht.. und hier sprichst du wirklich etwas an, über den ich mir vorallem in den letzten 2 wochen den kopf zerbrochen habe.. gesundheitlich bin ich wirklich wieder komplett an der grenze.. und mein konto ist wiedermal leergeräumt - das ist doch krank?! ...

es ist wirklich unglaublich wenn man das ganze objektiv betrachtet.. denn ich habe immer wieder phasen, wo ich das gefühl habe, dass ich stark genug bin um gegen das ganze anzukämpfen und meine taten für so lächerlich empfinde.. ich frage mich immer wieder was ich mir zum teufel eigentlich dabei denke, mir sowas anzutun und mich so kaputt zu machen.. aber am ende.. überwiegt in spätestens einigen tagen wieder der drang nach dem "verbotenen" ......

hach ja.........

...

jedenfalls danke ich euch beiden für die mühe...

ihr habt mich wirklich zum nachdenken bewegt... ich weiß es ist mühsam sich immer wieder in neue schicksale einzulesen und seinen senf dazu abzugegeben.. irgendwie ist dieses deprimierte und frustirierte gerede auf dauer auch nur noch anstrengend - ich z.b geh mir selbst schon auf die nerven wenn ich davon erzähle.. ;)

meine eltern kommen am sonntag aus dem urlaub zurück, und ich arbeite im moment darauf hin genug mut zu sammeln, um ihnen die wahrheit zu sagen... wenn man 24/7 unter beobachtung ist (und ich wohne ja daheim) .. hat man nur noch ganz wenige möglichkeiten, sowas zu verstecken bzw. rückfällig zu werden..


vielen dank und schönen tag noch!!

captured ..
(hoffentlich nicht mehr lange..)

ps: .. und noch eine frage am rande.. weiß jemand von euch, wie es mit einer von der krankenkassa bezahlten therapie in österreich ausschaut? .. wird das alles über den hausarzt oraganisiert oder muss ich mich da direkt an bestimmte institutionen wenden?