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von rainbowbrite
so, es hat ziemlich lange gedauert, aber der widerruf ist fertig und liegt hier. es ist ziemlich lang aber ich stelle es trotzdem mal hier rein, würde mich über feetback freuen. die stellen, die ich für das forum geändert hab sind grün!
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich fristgerecht Widerruf gegen die Ablehnung der Kostenübernahme eines Rehaaufenthaltes ein.
Ich möchte Ihnen zur Begründung gerne den Verlauf meiner Essstörung und ihre Auswirkungen auf meine Gesundheit und meinen Alltag schildern, um am Ende darauf zurück zu kommen, warum ich einen stationären Aufenthalt für nötig halte.
Die Bulimie entwickelte sich bei mir als ich 13 Jahre alt war, mit 15 hatte ich die ersten Magenbeschwerden, nach einer Magenspiegelung im Jahr 2003 wurden mir für zwei Jahre immer wieder säurehemmende Medikamente verschrieben. Anfang letzten Jahres erlitt ich eine Gastritis, die wieder auftauchte sobald ich Omeprazol absetzte. Bei einer Magenspiegelung in einem krankenhaus im Juni 2008 wurde dann wieder eine Gastritis festgestellt (Bericht liegt bei), nur durch die Einnahme von Omeprazol über Monate und einer Magendiät konnte ich langsam eine Besserung erzielen. Jedoch wird mein gesundheitlicher Zustand durch die Bulimie immer wieder stark verschlechtert. Bereits jetzt gibt es Lebensmittel, die ich nicht zu mir nehmen kann, weil sie sofort starke Magenschmerzen und Sodbrennen auslösen, hierzu gehören Kaffee, alle Arten von Säften oder Limonaden sowie Früchtetees, die meisten Obstsorten, sowie fettige Lebensmittel, z.B. verschiedene Wurst- und Fleischarten und alles gebratene. Selbst in Phasen, in denen ich durch unkontrolliertes Essen und erbrechen meinen Magen schon soweit geschädigt habe, dass ich Blut erbreche, kann ich mich nicht über die Bulimie hinwegsetzten. Daher kann mein gesundheitlicher Zustand sich nur dann verbessern, wenn ich meine Essstörung überwinde. Im letzten Teil meines Widerrufs werde ich darauf eingehen, warum ich denke, dass ich das nur in einem stationären Aufenthalt kann.
Zusätzlich zu den beschriebenen gesundheitlichen Schäden, schränken mich Depressionen in meinem Tagesablauf ein. Sie treten mitunter plötzlich auf, sodass sich innerhalb einer halben Stunde mein Zustand soweit verschlechtert, dass ich mich wie gefangen fühle in meiner eigenen Apathie. Abgesehen von diesen plötzlichen Depressionen erlebe ich langanhaltende depressive Verstimmungen. In diesen Zeiten fallen mir selbst ganz alltägliche Dinge schwer, bzw. werden unmöglich, wie einkaufen gehen, Wäsche waschen, Bestandteile eines normale Tagesablaufs (z.B. frühstücken) koordinieren. Da ich alleine lebe, bringt das große Probleme mit sich, die ich als „Versagen“ erlebe und die meinen psychischen Zustand noch verschlechtern.
Im September 2007 habe ich mein Studium in den Fächern Englisch und Geschichte begonnen. Ich habe sehr gute Noten erbracht, bin von meinen Dozenten geschätzt und leite seit September 2008 einen kurs. Durch die Depressionen ist mir das Studium in den letzten vier Monaten unmöglich geworden, ich kann selbst einfache Arbeitsabläufe nicht mehr koordinieren, fühle mich von wenig aufwendigen Dingen bereits überfordert und habe an manchen Tagen schlichtweg nicht die Kraft am Universitätsalltag teilzunehmen. Es ist offensichtlich, dass ich in dieser Verfassung nicht studieren kann, deshalb, und damit einem Rehaaufenthalt nichts im Wege steht, habe ich für das Sommersemester 2009 ein Urlaubssemester aus Krankheitsgründen eingereicht.
Ich bin seit Januar 2008 in Therapie bei Frau XY. In dieser Zeit konnte ich schon viel erreichen, was meine persönlichen Konflikte angeht. Einige Ursachen meiner Depressionen sind mir jetzt bekannt, allerdings kann ich sie nicht angehen, weil mir ambulant der Rahmen dafür fehlt. So gehören zu den Ursachen meiner Depressionen einige traumatische Erlebnisse, die ich bis zu Beginn der Therapie und teilweise bis heute so weit verdrängt habe, dass ich nicht darüber sprechen konnte. Ich kann nicht an diese Erlebnisse denken, alle Erinnerungen wieder aufkommen lassen und damit Angstzustände zulassen, die ich alleine nicht bewältigen kann, wenn ich weiß, dass meine Therapie nur 50 min. geht und ich danach ganz alleine bin mit allem was ich aufgerüttelt habe. Wenn ich hier, in der ambulanten Therapie und zu Hause, einen schweren Konflikt anreiße, muss ich alleine mit den Folgen zurecht kommen, wenn ich das nicht schaffe ist niemand professionelles da, der mich wieder aufbaut. Trotzdem muss ich „funktionieren“, also mich um meine Wohnung kümmern, soziale Kontakte pflegen, mir selbst etwas zu Essen zubereiten. Diese beiden Umstände sind die Gründe dafür, dass ich in meiner ambulanten Therapie an einigen Stellen nicht weiterkomme, bzw. Therapieansätze erforderlich sind, die nur in einem stationären Aufenthalt gegeben sind. Hinzu kommt, dass ich das selbstständige, selbstorganisierte Leben ohne Depressionen und Essstörung neu erlernen muss und will, was allerdings schwer ist solange ich noch in meinen alten Strukturen stecke.
Von einem Rehaaufenthalt verspreche ich mir, dass ich die Möglichkeit habe in einem gesicherten Umfeld meine traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten und die Ursachen meiner Depressionen herauszufinden. Außerdem möchte ich dort meine Essstörung bearbeiten, bevor die körperlichen Schäden sich ausweiten und irreparabel werden.
Eine Stellungnahme meines behandelnden Arztes folgt.
Mit freundlichen Grüßen