kann mutter drauf schuld sein?

#1
hallo...wie kommt es zu Bulimie?
...wie kommt man dazu? in Unterbewusstsein?!
...ist man selbe schuld oder kann auch jemand andere schuld sein? ich war als Kind bisi dick, meine Mutter hat mich immer "ausgelacht"...sorry aber wie sollt es ein Kind wissen wie man abnimmt? sogar vor kurzen dachte meine Mutter das ich schwanger bin, weil ich laut ihr bauch habe!

Re: kann mutter drauf schuld sein?

#4
das mit dem Unterbewusstsein hab ich sicher nicht so gemeint... und wenn man Probleme hat und gehänselt wird kommt es doch zu einem seelischen druck der sich irgendein Ventil (Bulimie in meinem fall) sucht...

Bulimie ist doch eine Krankheit die mit den Kopf zu tun hat...


LG

Re: kann mutter drauf schuld sein?

#5
Jein... Das warum, wer dazu kommt, da spielen immer viele Faktoren eine Rolle. Es wäre eine zu einfache und zu pauschale Antwort, deiner Mutter die ganze Verantwortung zu übertragen. Es is ja nicht deine Mutter, sondern die Beziehung, die problematisch, und eventuell die B** bei dir gefördert hat. Da ist aber mitzubedenken, dass immer zwei dazugehören und es auch -aber will damit nicht sagen nur- in deiner Verantwortung liegt diese Beziehung zu gestalten.
Aber das ist nur ein Aspekt, warum bei jemanden die B*** ausbricht.
Wenn die Antwort jedesmal so pauschal abzuklären wäre, wären viele Psychologen, Psychotheraputen arbeitslos.

Warum dir hier keiner antwortet? es ist schwer einzuschätzen, was du mit der Aussage genau meinst, weil sie eben sehr verallgemeinernd ist und für einen anderen schwer nachzuvollziehen ist, wie du auf diese Aussage kommst und wie du sie gemeint hast, wenn sie einfach so in den Raum geworfen ist, ohne Zusammenhang.

LG

Re: kann mutter drauf schuld sein?

#6
Bulimie - oder Essstörungen allgemein - beruhen auf der Annahme, man selbst sei irgendwie schlecht und müsse sich verbessern, um akzeptabel oder liebenswert zu sein. Für viele nimmt dabei der Aspekt hässlich/dick/unförmig zu sein, eine wichtige Rolle ein. Das wird auch durch unsere Gesellschaft gefördert, die dick sein mit Eigenschaften wie faul, disziplinlos, verantwortunglos, versagen gleichsetzt. Es wäre aber falsch, nur die dünnen Models in den Zeitschriften verantwortlich zu machen. Essstörungen leben sich zwar über den Körper und das Schönheitsideal aus, entstanden sind sie aber aus einem tiefen Gefühl von Minderwertigkeit und der Annahme, sich ständig verbessern zu müssen.

Dabei werden eigene Gefühle und Wünsche weitestgehend als verboten ausgeschaltet. Essen, Hungern und Erbrechen erhalten die Funktion, diese eigentlichen eigenen Gefühle zu beruhigen: als Belohnung oder Strafe. Der ganze Körper wird zur Projektionsfläche für den eigenen Selbsthass.

Dieser ist meiner Ansicht nach der Schlüssel zu Gesundung, weil man sich zwei Dinge klarmachen muss: erstens, Dein Selbsthass redet Dir etwas ein, das nicht real ist; du denkst bspw., du seist peinlicher als andere und musst daher immer still sein. Zweitens, der Selbsthass sorgt dafür, dass das immer bestätigt wird. Wenn Du, um nicht peinlich zu sein, nicht mit anderen redest, weil Du denkst, Du fielest ihnen so zur Last, werden sich andere von Dir abgelehnt fühlen und Dich zurückweisen. Dein Selbsthass verhindert, dass Du die Situation realistisch einschätzt: ich habe nichts gesagt, deshalb habe ich keinen Kontakt, wenn ich etwas gesagt hätte, hätten wir uns anfreunden können. Dein Selbsthass sagt: siehst Du, Du warst wieder total scheiße, Du bist so, alle anderen haben das erkannt, alle anderen sind besser.

Es gilt für Dich, herauszufinden, wie Dein Selbsthass beschaffen ist, wo er Dich krank macht und wie Du umdenken und umlernen kannst. Das klingt jetzt aber einfach, als es ist, weil der Selbsthass ein sehr perfektes System ist und Dich ständig irgendwie wieder einfangen wird.

Damit komme ich zu den Ursachen einer Bulimie. Du brauchst den Selbsthass als Schutz. Du hast die Idee, z. B. zu peinlich zu sein, aus einer bestimmten (traumatischen) Erfahrung entwickelt. Peinlich zu sein, ist für Dich dann nicht nur peinlich, sondern gleichbedeutend damit, größten Hass, größte Ablehnung zu erfahren.

Für viele Bulimikerinnen lagen solche Erfahrungen in der frühen Kindheit. Sie werden narzisstisch, sie streben nach einem Ideal ihrer Selbst, in dem sie gut genug sind und alle sie lieben. Dieses Ideal ist aber nicht realistisch (damit aber auch das täglich empfunde Scheitern daran nicht) und kann nicht erreicht werden, was die Bulimikerin in dem Glauben lässt, sie sei unzureichend. Das ist aber Unsinn, denn es ist nur das Ideal, das den Blick verstellt. Scheitern und Erfolge, die nach diesem Maßstab beurteilt werden, sind weitestgehend nicht real.

In der Entwicklung des Narzissmus spielt häufig die Mutter eine gehobene Rolle, wobei man das auch als Ansicht älterer Forschung bewerten kann. Denn heutzutage sind Kinder ihren Müttern nicht mehr immer so uneingeschränkt ausgesetzt, wie vor zwanzig Jahren, als noch mehr Mütter zu Hause waren. Gleichwohl wird Frauen immer noch eher anerzogen irgendwie sein zu müssen, für ihre eigentlichen Empfindungen erfahren sie Ablehnung. Diese Frauen geben das an ihre Töchter/ Söhne weiter. Ich würde jeder dazu raten, die Mutterrolle also nicht überzubewerten und auch andere Faktoren bei der Entwicklung der Krankheit zuzulassen; Du hast aber schon angedeutet, dass es Probleme gibt, dass sie am Meisten Druck auf Dich ausübt.

Deine Schuldfrage sehe ich als Versuch an, etwas in die Hand zu bekommen, mit dem Du Dich wehren kannst. Tatsächlich wird es Aufgabe sein, die krankmachenden Ansprüche zurückzuweisen und zumindest für Dich selbst in realistischere Ansichten über Dich, soziale Beziehungen und Leistung/Versagen zu verändern. Ich kann jeder nur von Bärbel Wadetzki "Weiblicher Narzissmus" ans Herz legen, wir haben auch Literatur von ihr hier auf der Seite bei den Literaturtipps.

Gleichzeitig möchte ich auch auf etwas hinweisen, das mortl gesagt hat. Du selbst kannst die Beziehung mitbestimmen. Ich finde das etwas problematisch, gerade wenn Du noch jünger bist. Man ist bis Anfang zwanzig zumindest emotional sehr abhängig und wenn man bereits als Kleinkind funktionieren musste, ist es sehr schwer, sich darüber bewusst zu werden, dass das Leben nicht darin besteht, auf die Bewertung anderer zu warten - denn das tut man ja, um Anerkennung zu erhalten und die eigenen Ängste zu beruhigen - sondern dass man aktiv gestalten darf und muss. Irgendwann bekommt die Bulimie dann etwas "Verselbstständigtes", d. h. sie wird in allen Lebensbereichen und auf alle Probleme angewandt, kann zur einzigen Ausdrucksweise werden und sogar als eine Form emotionaler Erpressung die aktive Gestaltung von Beziehungen ersetzen. Dies ist meistens das Stadium, in denen die Betroffenen extrem krank sind und ihre soziales Umfeld weitestgehend zerstören. Ich sehe aber davon ab, das vorzuwerfen, weil nach allem, was ich bisher gesagt habe, der Selbsthass die Ursache für das Sozialverhalten ist und dieser ist aus größter innerer Angst gespeist. Es kann also kein Weg raus sein, sich einfach zu bessern, Verantwortung zu tragen, sich zu benehmen etc. - nicht das mortl das gesagt hat, aber derartige Vorwürfe kommen von verständnislosen Personen oft und speisen sich aus eben der Beobachtung, dass Bulimikerinnen sich völlig absonderlich verhalten. Das ist kein Schlüssel zum Weg raus.
Zuletzt geändert von aymone am Do Mai 26, 2011 19:51, insgesamt 3-mal geändert.
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.