Würde Anschluß an jene suchen, die immer noch kämpfen

#1
Hallo zusammen!

Ich wollte mich kurz vorstellen, da ich neu bin bei euch und "Anschluß" zu Menschen suche, denen es ähnlich wie mir geht.

Ich bin 26, komme aus Wien und hab seit zwölf Jahren Bulimie. Vor ca ein einhalb Jahren hab ich meine erste und einzige Therapie gemacht. Ich war zwei Monate stationär bei den Barmherzigen Schwestern aufgenommen worden. Leider hat die Therapie mich weiter nach hinten geworfen, als sie mir geholfen hätte. In der Therapie und in der Zeit danach ging es mit meiner Krankheit eher in Richtung Magersucht. Ich hab lange gebraucht, um mich sozusagen von der Therapie zu erholen.

Ich denke, dass das daran lag, dass in meinem Turnus viele Mädels bzw fast alle noch nicht in meinem "Stadium" waren bzw es noch als angenehm oder befreiend empfunden haben, zu erbrechen. Ich bezweifle nicht, dass diese Mädels unter der Krankheit leiden! Mir ist aber leider auch aufgefallen, dass viele von ihnen noch nicht bereit sind bzw waren, um mit der Krankheit "Schluß zu machen". Über diesen Abschnitt bin ich hinaus. Mich belastet mein Essverhalten nur noch, wenn es wieder "einreißt" und ich "diese Stimmen" in meinem Kopf höre, die mich zum essen und erbrechen "zwingen".

Auch glaub ich, dass ich deswegen hier sehr gut aufgehoben bin, weil zB Gewichtsangaben usw hier nicht erlaubt sind und so nicht zusätzlich "Druck aufgebaut" werden kann.

Seit einem halben - dreiviertel Jahr geht es mir jedoch deutlich besser. Ich hab zugenommen und sehe auch immer öfter sogar selbst im Spiegel, dass ich nicht zu dick bin. Das ist eines meiner größten Probleme - dass ich mich selbst nicht so wahrnehme, wie ich eigentlich bin... Mich oft auf Fotos nicht erkenne oder wenn ich unerwartet in einen Spiegel sehe, erst anhand der Kleidung oder Bewegungen merke, dass das eigentlich ich bin. Zum Glück oder leider (?!) hab ich festegestellt, dass es jede Frau bzw jedes Mädchen, die an dieser Krankheit leiden, so empfinden, was das Eigenbild angeht.

Selbst hab ich kaum noch Kontakt zur "Außenwelt", wenn man das so sagen kann. Die Isolation, die sich wohl jede von uns bis zu einem gewissen Grad selbst erschafft, ist bei mir sozusagen abgeschlossen. Ich weiß, dass ich selbst Schuld daran bin aber ich möchte mich aus dieser Isolation wieder befreien. Sozusagen hoffe ich bzw würde ich mir wünschen, dass ich hier ein, zwei (gerne auch mehr!) nette Leute kennenlerne, mit denen man reden kann, die mein Verhalten in gewisser Weise nachvollziehen können, wo sich vielleicht sogar eine Freundschaft entwickeln kann. Sowas braucht natürlich viel Zeit, das ist mir klar - aber irgendwann muß ich wieder anfangen, Kontakte zu knüpfen und ich dachte, dass mir das unter "Leidensgenossen" vielleicht leicher fällt, als unter gesunden Menschen.

Wenn jemand bis hierhin gelesen hat, bedanke ich mich dafür und wünsche noch einen schönen Tag bzw ein tolles Wochenende!

lg M-G

Re: Würde Anschluß an jene suchen, die immer noch kämpfen

#2
hallo, liebe mg und herzlich willkommen hier!

mit deiner situationsbeschreibung können sich hier wahrscheinlich wirklich sehr viele hier identifizieren - und es klingt, als wärst du auf dem weg raus aus der b* schon sehr weit gekommen, und als wärst du dir im klaren darüber, dass du die sucht endgültig hinter dir lassen möchtest! woran "hakt's" denn deiner meinungn nach noch? wie sieht dein leben aus? hast du tatsächlich niemanden mehr, zu dem du kontakt pflegst - menschen, mit denen du spaß haben kannst? bist du berufs- oder studienbedingt viel unter menschen? wie sieht denn dein alltag aus? möchtest du ein bisschen davon erzählen?
ich wünsche dir einen guten austausch hier und viel spaß!
lg
m

Re: Würde Anschluß an jene suchen, die immer noch kämpfen

#3
Hallo, liebe M-G!

Schön, dass Du da bist :); ich hoffe, Du fühlst Dich wohl hier !!

Ich bin auch noch nicht solange hier - aber es tut auf jeden Fall gut, sich mit Menschen auszutauschen, die das gleiche Problem haben. Und wenn`s grad mal nicht so gut geht ( wie so oft :cry:) ist es wirklich sehr schön, wenn man hier ein bisschen getröstet und aufgebaut wird.
Klar, besser wäre es natürlich "direkte" soziale Kontakte zu pflegen - aber das ist bei dieser Krankheit ja ein Problem, das ganz viele haben. Ich habe mich auch schon lange total zurückgezogen und eig. nur noch tiefergehenden Kontakt zu meiner besten Freundin, die das gleiche Problem hat, wie ich. :|

Vielleicht hast Du ja wirklich Lust mal ein bisschen mehr von Dir zu erzählen ( siehe Nachricht von maruja :wink: )
Ich bin übrigends genauso alt wie Du und hab`jetzt auch schon seit 13 Jahren Bulimie. Ich kann mich da gut mit Dir identifizieren, wie Du beschreibst, dass Du deutlich spürst, in ein anderes Stadium der Erkrankung gerutscht zu sein, wie zuvor. Das geht mir ebenso. Ich hab`die Fress./ Ko...erei so satt wie noch nie. Ich will einfach nur, nur wieder gesund werden. Und hoffe so sehr, dass ich noch keine für immer bleibenden Schäden davongetragen habe. ( Für einen Teil meiner Zähne ist es leider schon zu spät :cry: )
Na ja.

Also noch mal: Fühl`Dich herzlich willkommen

Liebe Grüße
lilli

Re: Würde Anschluß an jene suchen, die immer noch kämpfen

#6
Schönen Nachmittag wünsch ich!

Gerade kommt auch die Sonne raus und scheint durchs Fenster hindruch auf meinen Arm. Ich weiß jetzt nicht, warum ich das erwähn aber es fühlt sich einfach angenehm an. Ich hab solche "Kleinigkeiten" wie Sonne auf der Haut viel zu lange nicht wahrgenommen, nicht zu schätzen gewußt. Diese Kleinigkeiten, womit sich andere Menschen jeden Tag die Zeit verschönern, wenn sie Gelegenheit dazu haben.. weil ich es irgendwie über die Jahre geschafft hatte, in meiner Krankheit "meinen Lebenssinn" zu suchen oder zu finden.

Danke sehr an alle, die mir hier eine Nachricht hinterlassen haben. Ich freu mich wiklich sehr darüber! :) Ich freu mich auch darüber, dass meine Art zu schreiben als nett empfunden wurde und hoffe, dass ich das in diesem Text auch so hinbekomme.

Woran es meiner Meinung nach noch hakt, um der Sucht endlich den Rücken kehren zu können, kann ich schwer beschreiben. Vielleicht sagt allein das Wort "Sucht" schon einiges aus. Ich denke, das Suchtverhalten zu durchbrechen, ist das Schwerste überhaupt an der ganzen Sache. Die Tatsache, dass sich über die Jahre ein gewisses Verhaltensmuster entwickelt hat, eine gewisse Gewohnheit dahinter steckt. Es fällt mir manchmal sehr schwer, aufzupassen, dass ich nicht "zu viel" erwische, wenn ich esse. Wahrscheinlich kennt das auch "jede von uns", dass sie normal essen möchte, das Gegessene auch behalen will aber während dem Essen in eine Essattacke rutscht, deren Abbruch zumindest mir sehr schwer fällt. Dabei fühl ich mich total machtlos, wehrlos. So, alsob ich keine andere Wahl hätte, was natürlich Blödsinn ist! Aber in dem Moment... :(

Dass ich wirklich überhaupt niemanden mehr hab, ist nicht ganz korrekt. Ich hab meinen Freund, der mir eine große Hilfe ist, obwohl er selbst leider auch ein gröberes Problem hat, das mich auch sehr beschäftigt. Bis vor Kurzem hatte ich auch noch täglichen Kontakt mit meiner ehemals besten Freundin, die auch an einer Esstörung leidet. Das "verbindet" mich irgendwie auch mit euch, Kerstin und Lilli :) - also nicht nur unser Alter, die Dauer der Krankheit, der Frust, der sich dadurch aufgebaut hat (auch körperliche Schäden, was zB ebenso meine Zähe betrifft..wobei ich wiederum sicher bin, dass das ein Problem ist, das ebenso jede hat..) und der Wunsch, es endlich loszuwerden, sondern in gewisser Weise auch das Verhalten gegenüber anderen.

Wobei ich das von Kerstin natürlich nicht wissen kann. Darf ich dich fragen, ob du viel unter Menschen bist? Kannst du gut damit umgehen, wenn da viele sind? Oder suchst du eher das Weite, wie ich es tu..?

Die Esstörung von ihr (meiner ehemals besten Freundin) ist aber eine komplett andere und mit Bulimie oder Magersucht nur schwer zu vergleichen. Jedenfalls kam es zu einem Streit zwischen uns und sie hat mir die Freundschaft gekündigt. Auch hab ich sporadischen Kontakt zu meinen Eltern und meinem Bruder. Hin und wieder bin ich auch dabei, wenn mein Freund einige seiner Freunde trifft aber dass sich daraus eine richtige Freundschaft entwickeln kann, bezweifle ich aus diversen Gründen..

Um meinen Alltag zu beschreiben, brauch ich nicht sehr lange. Ich hab meine Arbeit wegen der Krankheit verloren, ging danach in Therapie und bin seit der Therapie immer tiefer gerutscht bzw hab mich immer tiefer fallen lassen. In gewisser Weise hatte sich auch ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit breit gemacht. So, als würde ich mich meinem "Schicksal ergeben" aber ich will nicht aufgeben. Derzeit warte ich auf eine Operation im AKH, weil auch mit meinen Schilddrüsen etwas nicht stimmt. Eine "Feinnadelpunktion" wird am 19.9. statt finden. Ob die Probleme mit der Schilddrüse mit der Krankheit zusammenhängen oder nicht, hat mir bisher noch keiner sagen können. Jedenfalls werden mir zwei kalte Knoten entfernt und danach werd ich wohl für längere Zeit im Krankenstand bleiben müssen.

Wenn ich das hinter mir hab, möchte ich mich auf jeden Fall auf die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle machen, wobei ich mich frage, ob es klug wäre, dem Arbeitsgeber die ganze Wahrheit zu sagen, wenn er nach meinem gesundheitlichen Zustand fragen sollte?

Ich hoffe, ihr macht euch einen schönen Nachmittag und könnt das Wetter genießen. Ich denke, ich werd mir meinen Kater schnappen und mit ihm auf der Terrasse ein, zwei Stunden in der Sonne knotzen :)

lg M-G

Re: Würde Anschluß an jene suchen, die immer noch kämpfen

#7
liebe m-g,

schön dich hier zu treffen! ich bin auch noch nicht so lange hier und kämpfe auch schon lange (10 jahre) gegen die bulimie an.

kürzlich hat mir eine freundin von einem bericht erzählt, in dem beschrieben wurde, dass sich die geister scheiden, wenn es um die bulimie geht. die einen ärzte sagen, dass es eine "sucht" ist und die anderen, dass es ein "erlentes verhalten" sei, was man auch wieder verlernen kann. das ist auch immer wieder ein diskussionspunkt zwischen meiner therapeutin und mir, da ich sage bulimie ist eine "sucht", sie sagt, dass das nicht so ist. letztendlich kann aber auch ein arzt noch so gut sein- wenn er selber nicht das durchlebt hat, was wir täglich durchleben, dann kann er auch nicht urteilen. letztendlich bin ich aber fest davon überzeugt, dass wir den ausweg schaffen werden- egal was es nun ist. nach so vielen jahren reicht es einfach. und interessanterweise kam der knackpunkt erst jetzt in meinem leben- jetzt, wo ich durch die krankheit schon komplett ausgebrannt bin und nicht mehr kann und will. mir hilft derzeit das buch "die macht ihres unterbewußtseins" von dr. joseph murphy aus meinem tief. das ist wirklich interessant und kann schnell und einfach umgesetzt werden. die postitive macht des denkens---vielleicht ein kleiner lichtblick :D.

ich hoffe, dass ich nicht zu verwirrend geschrieben habe. irgendwie ist mir das alles gerade eingeschossen.

ganz liebe grüße