Mutter Alkoholikerin

#1
Der Titel sagts schon: Meine Mutter ist Alkoholikerin, und das nicht erst seit gestern. Seit ich denken kann macht mich das total fertig.
Wenn sie getrunken hat ist sie völlig verändert. Irgendwie total psychophatisch und aggressiv und überdreht und ... beängstigend einfach.

Als ich noch klein war hat sie immer Terror gemacht, ich hatte immer total Angst vor ihr und dem was passiert, bzw. passieren würde. Unerwartete Reaktionen, Handlungen, Aktionen... das schrägste.
In ihrem Suff hat sie sich auch oft versehentlich verletzt und wollte nie ins Krankenhaus... mein Gott, ich hab das Bild von diesen Blutlachen jetzt noch vor Augen. Man! Ich hab sie immer so gehasst dafür!!! Ich hatte immer solche Angst und konnte nichts tun außer heulen und starren und sie anflehen ins Krankenhaus zu gehen. Ich war noch voll jung und wusste garnicht was das alles zu bedeuten hatte und was ich tun soll und überhaupt! Ich war total überfordert und hatte einfach nur Angst.

Erstarrt vor Angst war ich auch als sie betrunken mit uns Auto fuhr. Schlenker, schlenker, mal links, mal rechts, mal links mal mittig, auf Landstraßen um Berlin... Ich glaube ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie solche Angst. Mein Körper war vollkommen taub, totaler Schock. Ich dachte jede Sekunde lang: wir kleben gleich am nächsten Baum. Und dann ist Feierabend. Fürchterlich.

Oder als die Freiwillige Feuerwehr kam um sie in ihrem Delirium von der Straße vor unserem Wohnhaus von mir abholen zu lassen, ich war 8 oder so. Jedesmal hatte ich Angst, dass sie plötzlich auf die Hauptstraße rennt oder vom Balkon im 7.Stock springt oder sich freiwillig ausbluten lässt...
Oder auch nur ausversehen... wenn ich von Draußen nach oben kam pochte mir schon im Fahrstuhl das Herz vor Angst, weil ich nie wusste was mir jetzt wieder für ein Anblick geboten werden wird.


Und in der Nacht immer diese laute Musik und das ewige Geschrei. Ihre gegrölten Monologe immer...
Was zu essen war nicht zu erwarten. Wir durften uns nichtmal was aus der Küche nehmen, abgeschlossene Tür. Ich war ausgehungert ohne Ende. Hab mich bei Freunden durchgeschnorrt so gut es ging (die Mütter andere Kinder mochten mich nicht, weil ich so runtergekommen aussah und sozial so "verwahrlost" war - Alkoholikermutter. Sie wollten nicht, dass ihre Töchter mit mir zutun haben.) Oder ich hab geklaut, Obst, Süßigkeiten... Getränke.

Meine Mitschüler haben sich lustig gemacht darüber wie hässlich dürr ich aussah, wie blass meine Haut und wie dunkel meine Augenringe immer waren... über meine Klamotten und dass ich im Winter keinen Pullover hatte. Ich war immer tierisch übermüdet.

Mein Bruder hat viel geprügelt und ich musste mir das Gejammer von meinen Mitschülern reinfahren, als wäre ich dafür zuständig was mein verdammter Bruder treibt. Ich war froh, dass der mal die verprügelt, diese verdammten Wichser! Und nicht immer mich. Meine Beine und Arme waren auch mehr blau als alles andere... .


Mit 11 war das größtenteils vorbei, mein Vater, mein Bruder und ich ergriffen die Flucht und zogen weg in eine Einraumwohnung. Die Alpträume wurden weniger ...
Die Schule war egal, Hauptsache Ruhe. Meine Mutter war mir egal, ich hab nie an sie gedacht.

Hatte dann 2 Jahre keinen Kontakt und dann nur schlechten, habe sie abgrundtief verachtet.

Sie hat sich bis heute kein Stück verändert. Wie sollte sie auch? Sie ist ne Alkoholikerin... Sie braucht einem nicht vorzuheucheln, dass sie ja schon aufgehört hätte usw. sie wird nie wirklich aufhören, sie will garnicht aufhören.
Mein Bruder verachtet mich komischerweise. Er hat mir nichtmal zum 18. gratuliert und wenn er mich mal auf der Straße sieht tut er so als kannte er mich nicht. Von ihm bin ich es gewohnt verhöhnt zu werden.

Meine Mutter sucht natürlich die Nähe ihrer Familie, aber jedesmal wenn sie mich anruft ist sie betrunken. Ich muss sie dann anlügen, abwimmeln, vertrösten. Das tut mir irgendwie leid dann.
Und dann sitzt sie da und säuft und heult und ich kann nichts tun.

Mein Vater besucht sie jedes Wochenende, er berichtet davon, dass es an manchen Tagen funktioniert und sie an anderen während er auf dem Klo ist heimlich ganze Weinflaschen austrinkt...
Manchmal will ich das alles garnicht mehr wissen.

Es ist einfach nur scheiße. Mittlerweile wohne ich ja nicht mehr immer in Berlin, aber wenn ich dann mal da bin, so wie jetzt die Wochen, dann sucht sie eben den Kontakt zu mir, ist aber immer betrunken wenn sie mich anruft und ich muss sie abwimmeln. Das tut mir dann leid, aber ich sehe keine andere Möglichkeit... :-(

Magersüchtig ist sie auch. Mein Vater muss ständig aufpassen, dass sie was isst. Ihr wurde schon 3 mal angedroht zwangsernährt zu werden wenn sie nicht zunimmt. Wer weiß wie oft wirklich...

Irgendwie macht mich das manchmal fertig. Das macht mich traurig.


Danke fürs "zuhören"

#2
meine liebe para,
ich habe soeben deine zeilen gelesen und sie kommen mir leider total bekannt vor, auch wenn die ursache nicht der alkohol war, sondern andere dinge, aber das ist für das Verstehen deiner zeilen und deiner gefühle nicht relevant.
mein Erzeuger ist auch alkoholiker, allerdings bin ich nicht mit ihm aufgewachsen.
ich kann mir sehr gut vorstellen, wie du dich gefühlt haben musst und es immer noch tust.
Kinder und Jugendliche können sehr grausam sein und um über eigene probleme nicht nachdenken zu müssen, sucht man sich das schwächste Glied der kette und das warst leider du..... :roll: :roll: :roll: .
ich kann gut verstehen, dass du nichts anderes als Verachtung und zorn deiner mutter gegenüber fühlst, wenn gleich auch sie in einer teuflischen suchtkrankheit steckt und wohl selbst vielleicht oft genug verzweifelt darüber ist, aber das ist nicht das Thema.
wichtig ist, dass du für dich sorgst, gut sorgst und alles möglich denkbare unternimmst, um all das was du erlebt hast, und das war leider viel zu viel, verarbeiten kannst. DU bist jetzt wichtig und alles andere ist sekundär.
was deinen bruder betrifft, könnte ich nur vermutungen anstellen, aber da ich ihn nicht kenne, lass ich das auch lieber sein.
ich kann dir nur sagen, dass ich 6 geschwister habe, von denen ich aber nur mit einer wirklich total guten kontakt habe, mit der zweiten eher naja und all die anderen gar nicht. aber jeder muss auf seine art und weise, mit seiner vergangenheit umgehen und wenn es so ist, dass man sich in der gegenwart einfach nicht über den weg laufen mag. aber in deinem fall ist das wohl auch besser so, da er dich auch nicht wirklich gut behandelt hat in all den jahren.
ich wünsche dir auf diesem weg alles alles alles liebe und viel kraft und stärke aus diesem kreislauf auszubrechen und tue dir was gutes, kämpfe für dein leben....
alles liebe,sonja

#3
Liebe Para!

Mir fehlen die Worte... das alles muss unglaublich schlimm für Dich als Kind gewesen sein und noch immer sein.

Ist Deine Mutter denn kein bisschen bereit was zu tun? Ich weiß dass sich das hart anhört, aber so lange sie noch Leute hat, die sich kümmern, sieht sie vielleicht auch gar keinen Grund was zu ändern. Dein Vater z.B. ist ja für sie verlässlich. Sie weiß das er kommt.
Was wäre denn wenn ihr sie in eine Klinik einweisen lassen würdet. Sie würde ja sicher allin auch gar nicht mehr klar kommen oder? Das wäre dann selbstgefährdung und würde eine Einweisung auch zwangsweise möglich machen.
Wenn das so weitergeht, macht ihr Euch ja auch immer weiter kaputt.. und da hat keiner was von. Ihr müsst auch auf Euch schauen. Auch Dein Vater, denn der ist wohl Coabhängig, auch wenn er den Absprung damals in eine eigene Whg. geschafft hat..
Habt ihr vielleicht Beratung von einer Sozialstelle oder Euch schonmal an sowas gewendet? Das ist ja kein Zustand.. Ich habe beruflich oft mit solchen Verhältnissen zu tun und weiß, dass die Angehörigen meist mehr leiden alsdie Person selbst, die sich mit ihrem "Schicksal" arrangiert haben. Manchmal muss man eben auch heftigere Schritte einleiten.. Dein Vater kann ja unmöglich dauernd dafür Sorgen, dass sie z.B. isst..

Ich wünsche Dir viel Kraft..

Lieben Gruß Nadine

#4
liebe nads,
ich weiß nicht, wie das in deutschland ist, aber in Österreich ist das mit der Zwangseinweisung nicht so leicht, wie sich das viele vorstellen.
ich kann nicht einfach hingehen, sagen da liegt eine selbstgefährdung vor und dann ist sie an einem ort, wo man sie selbst vor ihr beschützt.
das funktioniert in wenigen fällen, auch wenn es viele betroffene angehörige gibt, die bezeugen können, dass gefahr vorliegt.
du weißt das wohl eh auch selbst wie das ist :arrow: rettung, polizei, amtsarzt, einweisung und am nächsten tag kann man wieder gehen, ist doch in der realtität sehr oft der fall, oder???
allerdings mit der Coabhängigkeit gebe ich dir vollkommen recht, das sieht ganz danach aus, leider- aber die hoffnung stirbt am letzten und viele sind bereit bis aufs äußerste zu gehen, wenn man das gefühl hat jemanden helfen zu wollen oder zu können. leider verschwinden da die grenzen sehr oft unbemerkt.
ich denke, es ist enorm wichtig für para, dass sie aus diesem kreislauf ausbricht und sich nur auf ihr leben konzentriert. ist unglaublich schwer, ich weiß, schreiben tut es sich "leichter" als es umzusetzen. bin ja gerade dafür leider ein gutes Beispiel.... :oops: :oops: :oops: :roll: .....
deshalb viel kraft, mut und stärke auf diesem, dem deinigen, Weg, liebe para...... :!: :!: :!:

#5
:arrow: rettung, polizei, amtsarzt, einweisung und am nächsten tag kann man wieder gehen, ist doch in der realtität sehr oft der fall, oder???
Hallo faith!

Leider ja.. aber wenn das Untergewicht und die Verwahrlosung so schlimm sind, dass man in einer Klinik diese Gefahr erkennt, lohnt sich zumindest der Versuch. Ich kenne einen Fall, wo das auch so lief. Bis hin zur Einsicht und einer Therapie.Allerdings gab es dann auf dem Weg der Besserung wieder Rückschläge und was heute ist, kann ich natürlich nicht sagen. Ich meinte das auch eher als einen Versuch wenn es wirklcih so krass um sie steht.

Ich gebe Dir absolut recht, dass Para sich um sich selbst kümmern muss und nicht auch noch Verantwortung für ihre seit Jahren verantwortungslose Mutter übernehmen soll... Nach all dem was da passiert ist ist da wohl soviel zu verarbeiten, wie ich mir wahrscheinlich gar nicht vorstellen kann!

Lieben Gruß Nadine

#6
natürlich, du hast RECHT, ein Versuch ist es wert, aber dieser Versuch darf und soll nicht von Para kommen, denn sie ist das Kind ihrer Eltern und darf nicht die Rolle deren übernehmen.
dann soll es ihr Vater machen oder wer auch immer, aber nicht sie....
DAMIT wird auch wieder hoffnung geschürrt und die kann sich para vermutlich im moment einfach nicht erlauben, die Enttäuschung wäre zu groß.
es wäre wundervoll, wenn ihre mama das selbst einsehen würde, aber es scheint so, als wäre das ein langer prozess, der schon vor vielen jahren begonnen hat.
nicht einmal der auszug ihrer kinder und ihres mannes konnte sie dazu bewegen, sich hilfe zu suchen.....
manche menschen wollen auch keine hilfe, leider......
ich denke auch, dass para es sehr schnell merken wird, wenn es ihre mutter ernst meint und vielleicht ist irgendwann dann ein gespräch und eine aufarbeitung möglich, aber das geht nur wenn,
1) para dazu bereit ist,
2) ihre Mutter bereit ist, zu kämpfen und sich hilfe zu holen,
3) ihre mutter nüchtern ist und bleibt,
4) alle ehrlich zueinander sind und
5) im Beisein eines professionelen Therapeutens daran arbeiten können.

#7
liebe para...

es tut mir so leid. fühle dich ganz feste gedrückt..noch immer gedrückt....

boh.. schlimm!
berlin ist so riesig.. ich habe lange zeit da gelebt, es ist einerseits gut, wenn man für sich alleine lebt und nicht jeder jeden kennt, aber andererseits habe ich auch gesehen, wie krass manche menschen sich und ihre familien vernachlässigen. und von außen keine unterstützung, kein geld, kein mitgefühl....

#8
Ach je :(

Ich finds wirklich gut, dass du das alles mal aufgeschrieben hast, hatte beim Lesen irgendwie den Eindruck, dass da ein ganzer Wasserfall von Gedanken mit zutage kam.

Ist es deiner Mutter denn bewusst, was sie sich und dir damit angetan hat? Zeigt sie irgendwelche Art von Reue? Weil du geschrieben hast, dass sie wieder den Kontakt sucht...

Solche Geschichten lassen einen einfach verzweifeln...und es tut mir sehr leid, dass ihr alle in dieser Situation steckt.
Fühl dich mal lieb gedrückt! :(
Wenn Hunger nicht das Problem ist, ist Essen nicht die Lösung!

#9
Liebe Para,

ich habe nachgedacht. :idea: Und mir ist aufgefallen, dass du eigentlich fast nie einen eigenen Thread eröffnet hast. Du hast dich meistens eher an Diskussionen beteligt und deine Meinung klar ausgedrückt. Ich finde es auch gut, dass du dsa alles mal aufgeschrieben hast. ört sich so an, als hättest du nie jemanden gehabt, mit dem du darüber reden konntest und als ob du niemanden als Kind hattest. Du musstest eer noch versuchen, dich um deine Mutter zu kümmern, dass sie mal in ein Krankenhaus geht. Machst du eigentlich Therapie? Hört sich so an, als ob das wichtig wäre, weil du ja eigentlich nie eine richtige Kindheit hattest.

lg

aire

#10
Hallo zusammen!

:shock: Danke, dass ihr euch solche Gedanken gemacht habt! :oops: ;-)


Hm...

Als ich im Winter mal in Berlin war habe ich mir erlaubt sie mal zum Essen einzuladen und das Thema nebenher mal anzuschneiden. Sie war auch ehrlich. Sie hatte mir erklärt, dass es ihr irgendwo natürlich leid tut, dass sie sich darüber im Klaren ist, dass wir, ihre Familie, das alles garnicht verdient haben. Sie sagte sie konnte die Gesamtsituation nicht mehr ertragen und flüchtete sich eben in den Alkohol.
An das was alles geschehen ist, was sie im Suff getan hat, kann sie sich nicht erinnern. Am nächsten Tag hatte sie meistens alles wieder vergessen. Und das war es auch was sie bezwecken wollte: vergessen. Wenn wir sie damals immer auf lebensgefährliche Aktionen ansprachen, sie beschuldigten und beschimpften vor lauter Schock und Wut und Angst, dann stritt sie alles ab... sie konnte sich nicht erinnern.

Sie wunderte sich dann über Unordnung und merkwürdiges Verhalten von uns und wurde dann eben wieder depressiv und trank.
Sie bestätigt, dass sie ganze Monate einfach vergessen hat, als wären sie nie passiert. Sie kann sich an uns als Kinder kaum erinnern. Manchmal denke ich dann, dass sie mich garnicht kennt...

An dem Abend erzählte sie eben davon. Und es klang auch alles ehrlich und ihre Reue klang echt... Ich glaube ihr, dass es sie sehr traurig macht was passiert ist und dass sie sich unendlich schuldig fühlt... und einsam.
Sie trinkt weniger, das stimmt auch, aber sie trinkt immernoch regelmäßig. Ich weiß nicht wie oft, aber ich bekomme es immer mal wieder von meinem Vater zu hören.

Wenn man sie sieht, sieht sie auf den ersten Blick nicht unbedingt mitgenommen aus. Meine Mutter gehört zu den Frauen die extrem viel Wert auf ihr Äußeres legen. Sie kümmert sich total um ihre Haare und die Haut und die Klamotten, so gut sie kann, versteht sich. Ganz früher war sie mal echt schön... Heute ist sie 54 und sieht dafür aber noch echt ok aus! weil sie sich eben so übertrieben kümmert...
Sie ist ein total schmales Persönchen, abgemagert und überschminkt. Eingefallenes Gesicht.
Sie hat eine "Säufernase". Ihre Nase ist rot und grobporig. Sie behauptet immer sie hätte sich als Kind die Nase abgefroren und wäre seither immer empfindlich an der Nase... Rosazea, die sich eben verschlimmert aufgrund starken Alkoholkonsums...

Um irgendwo "zwangseingewiesen" zu werden ist sie noch "zu fit". Zumindest zur Zeit. Früher wäre das ne super Idee gewesen, aber heute scheint sie noch ganz gut klar zu kommen.


Ich mache keine Therapie. Vielleicht noch in diesem Jahr irgendwann. Aber bisher noch nicht.

Keine Kindheit, naja. Ich musste halt schnell erwachsen werden und bin heute eben abgebrüht und depressiv. Symptome hab ich schon diese und jene gehabt.

In der Jugend bisher war ich eben der Außenseiter. Irgendwie son bisschen extraordinär, sarkastisch, emotionslos...

Aber noch mehr nachdem damals Mädchen aus meiner Klasse mein Tagebuch gelesen und überall verbreitet haben was darin stand. Das hat mich total fertig gemacht. Zumal meine damals beste Freundin daran aktiv beteiligt war, mich damit total hintergangen hat.
Irgendwie war das echt schrecklich. 2 Jahre musste ich jeden Tag damit leben, dass jeder mich schief anguckt und angeblich "weiß" was ich denke und tue. Dass getuschelt wurde und ständig überall "insiderwitze" gerissen wurden.
Ich bin total paranoid geworden. Nicht nur n bisschen. Ich konnte niemandem mehr was von mir erzählen. Schon wenn man mich gefragt hat wie es mir geht nahm ich das als fiesen Sarkasmus wahr...
Ich konnte niemanden mehr in mein Zimmer gucken lassen, auch meinen Vater nicht, aus Angst man würde etwas entdecken wofür man mich total auslacht und beleidigt. Ich wurde sozial extrem phobisch, konnte Nachts nicht mehr einschlafen, weil ich so Angst vor dem nächsten Tag hatte.
Mit 14, 15, 16 war ich sehr zurückgezogen und hatte mich in meine Welt verschanzt. Hatte meine Interessen und Hobbies, die immer irgendwie mit Flucht vor dem hier und jetzt zutun hatten... Damals entwickelte ich übrigens auch die Bulimie, aber das nur am Rande...

Das hab ich aber einigermaßen überwunden (die extreme soziale Phobie) Ein paar Wochen nachdem ich diesen Scheiß hinter mir lassen konnte, ging ich eben aufs Gymnasium wo ich noch 3 Jahre bis zum Abitur bleiben wollte. Ich war aber total allein mit allem, hab mich so durchgeboxt und hab die 11. auch geschafft. Keiner Zuhause hat darauf Rüksicht genommen, dass ich zur Schule gehe und es anstrengend für mich war.

Naja, irgendwann hab ich dann halt ne Krise gekriegt und wurde Ende der 11. Klasse total depressiv und verwirrt. Ich war psychisch voll am Ende! Irgendwie war alles nurnoch verschwommen und ich war innerlich plötzlich so schwächelnd und verzweifelt. Ich bekam dann Angststörungen, Panikattacken und Heulkrämpfe. Mitten im Unterricht. Ich wurde auch körperlich immer schwächer, war ständig krank. Jeder Schritt hat mich total überfordert, ich kam garnicht mehr klar und war einfach nurnoch total nervös und verwirrt und ängstlich.

Ich war krank.

Ich hab die 11. Klasse mit letzter Kraft geschafft (was echt nicht leicht war für jemanden der vorher 4 Jahre in ner Realschule rumgehangen hat und nie was lernen wollte!) und freute mich dann auf die 12. Klasse wo ja bestimmt alles viel besser würde...
Damals ging ich eben zum Arzt (wegen der Schwäche und dem Schwindel und dem Schweiß) und danach zu ner Psychologen. Dann zum jugendpsychiatrischen Dienst wo man mir betreutes wohnen anbot. Ich hab alles abgelehnt. Ich wollte nicht von Zuhause weg, ich wollte nur, dass ich wieder klar denken kann und meine Schule weitermachen kann! (das war das wichtigste in meinem Leben!) Aber ich war völlig ausgebrannt, hatte Depressionen, konnte nicht mehr klar denken, keine Konzentration, keinen Willen mehr...

In der 12. habe ich die Schule dann abgebrochen, nach ewigem Hin- und Herüberlegen. Das war keine leichte Entscheidung, aber ich KONNTE einfach nicht mehr. Ich wollte ja so sehr... Und darum war es eine riesen Niederlage für mich! Es war schrecklich, als würde ich innerlich sterben. Ich habe meinen Traum vom studieren aufgeben müssen, meine ganzen Hoffnungen dahin... mein Leben war nicht mehr das was es einmal war.
Damals wollte ich unbedingt Soziologie studieren! Ich wollte es unbedingt! Aber ich konnte einfach nicht mehr dafür kämpfen, ich war am Ende...

Und dann fühlte ich mich nurnoch minderwertig, dumm, hässlich, nichtsnützig... ich war ganz schön deprimiert. Extrem. Ich zog im Winter dann nach München zu meinem jetzigen Freund und war einfach nur vollkommen fertig und verzweifelt...

Die Depressionen blieben. Mein Freund beschreibt mich als "lebensverneinend".
Ich bin so ausgebrannt, dass ich es nicht mehr richtig auf die Beine schaffe.

Therapie könnte helfen, wer weiß das schon... Dennoch, es frustriert ständig gefragt zu werden was ich studiere.

Ich habe momentan nen Haufen Zeit, aber ich bin zu frustriert um sie irgendwie produktiv nutzen zu können.
Bisher habe ich sie genutzt um an meiner ES zu arbeiten, sie in den Griff zu kriegen, wieder normal essen zu können usw.


Ja, was soll ich sagen. Danke fürs lesen!

#11
Liebe Para!

Ich finde es wirklich gut, dass Du Dir das mal alles von der Seele schreibst.. Deine Geschichte berührt mich stark und ich hab während des Lesens nicht nur einmal mit dem Kopf geschüttelt, so krass ist die Vorstellung, was Du alles durchmachen musstest. Ich bewundere Dich ehrlich dafür, dass Du noch auf beiden Beinen stehst, zwar sehr angeschlagen, aber dennoch Dich nicht aufgegeben hast. Ich habe grad nicht viel Zeit, aber ich werde Dir noch ne PN schicken! Lieben Gruß und Drücker Nadine