wie ist das so..

#1
ich will hier nicht weinerlich klingen oder so ..
aber ich kann mir beim besten willen nicht vorstellen .. zumindest jetzt in dem moment gerade .. dass man nach erfolgreichem ueberwinden einer ES wirklich wieder so "ganz normal" leben kann..

da mein ich jetzt so dinge wie - nicht die ganze zeit ueber essen, gewicht nachdenken. nicht nach jedem bissen schlechtes gewissen haben usw.
ich kann mir das so schwer vorstellen .. laesst einen das wirklich los?
kann man diese ewigen gedanken ueberhaupt wirklich so richtig verbannen?

manchmal kommt mir das naemlich wirklich unmoeglich vor..

lg p.

#2
hey pilar,

ich in meinem fall bin bei weitem nicht "ehemalig" aber ich habs ueber das letzte jahr immer wieder fuer laengere phasen geschafft kotzfrei und weitestgehendst FA-frei zu bleiben.
ich weiss noch wie sehr ich mich getaugt hab als ich mich NICHT mehr genau an die letzte attacke erinnern konnte, weils einfach im laufe der wochen in meinem gedaechtnis untergegangen ist. wenn ich auf urlaub bin und mir nicht viel alleinzeit bleibt, denk ich sogut wie gar nicht ueber mein essverhalten nach und teil mir meine mahlzeiten sehr intuitiv ein. ich geniess das dann so richtig, weil ich weiss sobald ich wieder mehr gelegenheit hab mich mit mir selber zu beschaeftigen gruebel ich auch wieder uebers essen nach.

nach meinen richtig krassen zeiten, wo ich meine nachmittage nur zwischen kuehlschrank und badezimmer verbracht hab, ist mir mein leben ohne wie eine auferstehung von den toten vorgekommen. und ich hab unheimlich bereut wieviel ich in den letzten jahren verpasst hab durch den ganzen schmarrn.

wie man komplett loskommt weiss ich allerdings auch nicht- wuerd alles dafuer tun um an diesem punkt zu sein. :/

#3
Ich weiß nicht ob ich nach der Bulimie wieder "normal" Leben will.
Eigentlich bin ich ganz dankbar dafür, das Leben aus einem anderen
Blickwinkel sehen zu dürfen. Zudem kann man viel Erfahrung aus einer
solchen Vergangenheit ziehen und zu einer Persönlichkeit reifen.

Würde ich meine Vergangenheit vergessen wollen, würde sie mich
irgendwann wieder einholen. Die Zeit der Verarbeitung dauert Jahre.
Und solange diese Arbeit dauert, werde ich immer wieder traurig sein,
aber zunehmend befreiter. Das gibt mir Kraft.

lg

tom

#4
wahre worte von inka. ich will die zeit wo es mir richtig dreckig ging, so komisch es auch klingt, nicht missen. hab so viel über mich und mein leben gelernt.. hätte z.b. nie gedacht dass das ganze an meiner kindheit liegt, der erziehung meiner eltern, die liebe die ich nie bekommen habe in dem maße wie ich sie gebraucht habe.

ja wie ist das nun so?
es ist ein gewaltiger unterschied zwischen bulimiker-sein und ehemalig-sein.
ich kann mich gar nicht mehr so richtig in mich hinein versetzen, so wie es damals war. was eigentlich positiv ist. dennoch nagt es an einem. die dinge die einem damals gefehlt haben, damit man ein gesundes leben führen kann, fehlen einem (mir jedenfalls) heute noch übelst. es tut weh. aber nicht mehr so weh wie früher. ich kann spaß haben, kann essen ohne andauernd daran gedacht zu haben. aber man tut es doch instinktiv. es ist schon ein sehr schönes gefühl sich einigermaßen gesund zu ernähren und es drin zu behalten aber das fällt mir immer noch super schwer. also mich richtig zu ernähren. ich wohne nun nicht mehr bei meinen eltern, ein großer sprung, sein essen plötzlich selbst einkaufen zu können. aber hat mir auch nicht wirklich was gebracht. ich will dich nicht entmutigen. glaub mir, es ist ein ganz anderes, tolles lebensgefühl so wie es jetzt ist.
aber bei mir gibt es noch genug abende wo ich mich trotzdem scheiße fühle.. hatte aber auch keine wirkliche therapie gemacht, vielleich liegts daran.

das leben ist schwer, und das wird es für uns auch immer sein. nur in anderem maße. tu was dafür auch so weit zu kommen, es lohnt sich. aber es wird immer schwierig bleiben..

#5
hätte z.b. nie gedacht dass das ganze an meiner kindheit liegt, der erziehung meiner eltern, die liebe die ich nie bekommen habe in dem maße wie ich sie gebraucht habe
Mir kommt vor die meisten Probleme resultieren aus der Kindheit. Selbst bei mir als "Gesunder" merke ich immer mehr welche Dinge da in meiner Kindheit schiefgelaufen sind! Natürlich auch mit Konsequenzen für mein heutiges Leben!!
... hatte aber auch keine wirkliche therapie gemacht, vielleich liegts daran.
Darf ich Neugieriger fragen wie Du es ohne Therapie geschafft hast? Viel Lesen? Oder wie kommt man so weit alleine?

...

#6
Hallo ihr!

Bin auch ehemalig...und ich glaube mitlerweile, dass es das für mich gar nicht gibt. Natürlich kann ich sagen, dass ich nicht mehr k*...aber ich habe immer noch ein Problem, richtig essen zu können. Ich bin seit mehreren Jahren k*frei, ich glaube, es sind 4 Jahre. Kann mich nichtmal daran erinnern, ich habe in den letzten jahren ziemlich viel ausgeblendet, besonders Daten und so weiter. Ich kann mir kaum noch was merken.
Ich bin fast ohne fremde Hilfe daraus gekommen, ich habe in der ersten Zeit eine Therapie gemacht, habe eine tolle Therapeutin gehabt und bezeichne sie mehr als eine Freundin. Wir haben meist Tee zusammen getrunken und sie war einfach für mich da. Ich habe mit ihrer Unterstützung die Schule gewechselt, was sehr wichtig war....denn an meiner Schule war es in, essgestört zu sein und ich wurde regelrecht fertig gemacht, wenn ich abgenommen oder zugenommen habe. Ich habe den kompletten Kontakt zu der ganzen damaligen Welt abgebrochen und mir ein neues Umfeld gesucht. Das war sehr schwer, aber es gab auch keine andere Möglichkeit. Ich wollte meine Schule ohne Unterbrechung zu Ende bringen. Nach dem Abi an der neuen Schule hab ich ein Jahr gearbeitet in einem Telekommunikationsunternehmen in dem es SEHR viele dünne Schnitten gibt. Ich hatte sehr zugenommen und habe mich auch sehr, sehr schlecht gefühlt. Mitlerweile studiere ich und mir geht es unterschwellig schlecht. Ich wohne in einer WG und habe mich hier bisher keinem anvertraut...einfach aus Selbstschutz. Dann fühle ich mich nicht so nackt.

Allgemein habe ich mich sehr verändert. Ich gehe nicht mehr feiern, trinke keinen Alkohol - auch alte Gewohnheit, Alkohol hat so viele Kalorien und da habe ich dann gleich ein schlechtes Gewissen. Ich kann mich den Blicken der anderen nicht gut aussetzen. Ich bin am liebsten allein und auch dabei fühle ich mich unwohl.
Und: Es gibt niemanden, der offen und bewusst mit mir über die Zeit spricht. Alle tun so, als hätte es die B* in meinem Leben nie gegeben. Und es sind dennoch alle sehr vorsichtig, als ich zugenommen habe, hat keiner etwas gesagt - als ich abgenommen habe, bekam ich Lob. Keiner fragt oder interessiert sich dafür, wie ich mit meinem Leben klar komme. Ich habe das Gefühl, ich muss einfach funktionieren. Und für mich ist mir in letzter Zeit klar geworden, dass ich mein Leben nun mit mir selbst ausmache. Es tut mir zunehmend weniger weh, wenn ich enttäuscht werde oder mir nahestehende Menschen sich nicht um mich kümmern. Ich kann mich auch selbst um mich kümmern. Und irgendwie resigniere ich. Früher bin ich regelrecht ausgerastet, wenn ich gewisse Situationen oder Druck nicht aushalten konnte. Habe Dinge kaputt geschmissen oder geschrien oder bin mit wahnsinnig lauter Mucke mit 160 km/h nachts über die Landstraße geheizt. Es war mir egal, was passiert oder die Folgen sind, hauptsache der druck geht weg, dieses scheiß Gefühl - wenn schon nicht mehr auf's Klo gehen Sache ist. Dann muss man das alles woanders lassen. Heute sitze ich das aus udn versuche ganz bewusst, das Druckgefühl zu fühlen - was ist da genau? Was halte ich nicht aus? Und wie weit komme ich, wenn ich es nicht so ernst nehme? ich hab die Erfahrung gemacht, dass dieses Gefühl weggeht. Egal, ob ich etwas kaputt mache, mich vollstopfe, schreie,... es geht weg! Und besser habe ich mich immer gefühlt, wenn ich es einmal mehr geschafft habe, mich unter Kontrolle zu haben und das Gefühl auszuhalten. So ähnlich war es auch mit dem K*. Schritt für Schritt war ich immer mehr stolz auf mich. Und außerdem habe ich bei meiner Freundin gesehen, wohin die Bulimie führen kann: schwarze Zähne, Wassereinlagerungen, Unfruchtbarkeit,...und am Schlimmsten war, dass sich ihr Charakter so verändert hat. Sie hat mich angelogen und war sehr berechnend. So wollte ich nicht sein.

Dies ist sehr schwer verständlich für Außenstehende und deswegen habe ich einfach für mich beschlossen, das alles mit mir auszumachen. Vielleicht muss ich bald eine Therapie machen, ich merke, dass ich nicht mehr belastbar bin und mit den Menschen und der Welt nicht klar komme.

Dies ist eine Geschichte, wie es einem nach der B* ergehen kann. Kein Patentrezept und sicherlich auch nicht unbedingt so, wie es aus professioneller Sicht ermpfehlenswert ist. Aber es tut sehr gut, das loszuwerden. Danke, dass es dieses Forum gibt!

#7
das arge an der geschichte ist, dass ich sofort mit dir tauschen würde. den kaputten körper hab ich zwar bereits, jedoch würde ich trotz deinen schilderungen, die mir nicht unbekannt, ja sogar vertraut sind, lieber leben als mit ihnen inklusive Bulimie. selbst wenn es symptomfrei nicht besser wird oder die seele nicht gesünder, der körper wird es und die geldbörse wird es ebenso danken.

was ich sehr sehr positiv an deiner geschichte finde - abgesehen davon, dass du die symptome der krankheit besiegt hast, ist deine beschreibung, wie du gelernt hast, das druckgefühl zu verstehen und bekämpfen.

das möchte ich auch. danke für deinen beitrag.
Niemand kann dich befreien, wenn du dich nicht selbst befreist (Manfred Hinrich)

#8
ihr habt schon allein den willen da raus zu kommen, scheint es ernst zu meinen. das ist sehr wichtig und eine gute grundlage.

healthy, hier kannst du mit allen über diese Zeit sprechen und hier wird hinterfragt und alles ernst genommen. genieße dieses forum einerseits aber denke auch daran dass du versuchen musst eines tages wieder ein teil am leben zu werden. schließ dich nicht bei dir zu hause. ein. versuch es mit kleinen schritten. geh ab und zu spazieren, unternimm irgendwas. das muss ja nichts weltbewegendes sein, versuche einfach veränderung und deinen alltag zu kriegen.
Egal wie du aussiehst, du hast ein recht auf dein leben, drum lebe es. Das ist natürlich auch auf Paukla bezogen.

ich wünsche euch beiden dass ihr euren weg geht. gebt niemals auf! es kann besser werden, ihr müsst kämpfen, so hart es auch ist, aber ihr habt es bis jetzt doch auch schon geschafft dann schafft ihr es auch weiterhin.

Wenn ich so lese in verschiedenen Beiträgen, was ihr so schreibt und wie ihr es schreibt, merke ich dass ihr zwei großartige Persöhnlichkeiten seid. Gebt eurem Umfeld die Chance das auch zu sehn!

@Mark: hätte immer noch eine Therapie nötig, doch dazu fehlen mir derzeit die Mittel. Frag mich nicht, wie ich es geschafft habe, so weit zu kommen, ich kann es nicht erklären. Es geschah plötzlich von einem Tag auf den anderen, dass ich das kotzen aufgab und das Leben wieder wahr genommen habe. Es ist so lange her und doch auch nur vor ein,zwei jahren gewesen. aber es scheint mir alles so weit weg.
Keiner konnte mir dabei helfen, das musste ich alleine schaffen. Ja vielleicht war es auch dieses Buch was ich damals gelesen hatte wo mir zum ersten mal die Nebenwirkungen bewusst wurden. Ich weiß es nicht, es hörte irgendwann auf.

#9
Hallo

bin seit 20 Jahren ehemalige und es lebt sich wunderbar.

Am Anfang war es schon sehr schwer, aber das geht vorbei.
Und irgendwann hast du es fast vergessen.
Ich schreibe im moment eine Arbeit über Essstörungen und so ist sehr vieles wieder hoch gekommen.

Ich habe mich damals selber therapiert ohne viel Ahnung von psychologie zu haben und als ich vor einem Jahr das Buch las "die Frau die im Mondlicht ass", war ich so baff, ich habe mich genau so therapiert wie sie es beschreibt.

Glaubt an euch, denn jede von euch kann es schaffen!!!

gruss Marion

#10
Was ich noch sagen muss; es ist das erste Mal, dass ich darüber schreibe oder davon spreche.

Es weiss niemand, was ich für eine Problem hatte.
Deshalb ist es für mich nicht einfach mich hier zu outen.

Vor 20 Jahren hat niemand über Bulimie gesprochen.Ich habe irgendwann einen Artikel darüber gefunden und plötzlich hatte meine Essstörung einen Namen.

Um wirklich gesund zu werden, muss man sich mit den Ursachen auseinander setzten, was oft sehr schmezhaft ist, aber es hilft.

Gruss
Marion

#12
ja Blümchen,

ich habe nie eine Therapie gemacht.
Ich habe Tagebuch geführt und mir alles aufgeschrieben, wann geht es mir schlecht, wann hasse ich mich, wann fresse ich? Was löst es aus.

Gleichzeitig habe ich Märchen gelesen und diese auf mein Leben assoziert.
Irgendwann wusste ich was ich ändern muss und habe es auch getan.
Die Veränderungen hatten schwere Konsequenzen, denn ich habe heute keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern und zwar weil sie die neue Marion nicht akzeptieren konnten.

Aber auch dieser Prozess hat mir geholfen meine ganze Kindheit und Jugendzeit zu durchleuchten.
:wink:

#14
Hey Blümchen

habe gerade gesehen, dass du ein Kind erwartest.

Ich kann dir dazu sagen, die Geburt unserer Kinder hat mir auch sehr geholfen nicht rückfällig zu werden, denn von den Kindern lernt man sehr viel was eine gesunde Einstellung zum Essen bedeutet.

Ich wünsche auch dir alles gute und geniesse dein Baby!