Leben ohne Bulimie

#1
Ich bin ja nun schon seit einiger Zeit clean. Und ich wünsche das allen hier!
Meine Frage an euch: wisst ihr, oder könnt ihr euch vorstellen, wie ein Leben ohne Bulimie ist?
Hier ein paar kleine Beispiele:
ich hatte immer geplatzte Äderchen um die Augen, meine Augen waren dick angeschwollen, mein Gesicht aufgeschwemmt, ich hatte richtige Hamsterbacken. Morgens beim Aufwachen, hatte ich diesen ekligen säurigen Geschmack im Mund - egal wie lange ich nach dem Erbrechen immer Zähne geputzt hab. Habe ich versucht, etwas normales zu essen, war mir danach sofort total schlecht. Ständig litt ich unter Schwindelgefühl. Mein Selbstwert lag bei Null.

Seitdem ich nicht mehr erbreche, sieht mein Gesicht deutlich anders aus: meine Augen sind viel größer, strahlen wieder, ich kann wieder ohne eine dicke Schicht Make-up aus dem Haus gehen, da sich meine Haut wieder schön erholt hat. Auch keine geplatzten Äderchen mehr.
Ich kann jetzt normale Portionen essen, ohne dass mir schlecht wird.
Schwindelgefühl - an das kann ich mich nur noch erinnern.
Was auch ganz auffallend war, schon kurze Zeit, nachdem ich die Bulimie aufgegeben hatte, habe ich mich vom Verhalten anderen gegenüber sehr verändert. Früher habe ich mir alles gefallen lassen, zu allem ja und Amen gesagt, egal wie sich mich jemand verletzt hat. Das hat sich schnell verändert: heute setze ich mich auch für mich selbst ein und sage das, was mir am Herzen liegt.
Ich bin eine Kämpferin geworden.

Wie sieht das bei euch aus?

#2
Huhu!

Hab mich sehr gefreut Deinen Beitrag zu lesen! Den hättest Du auch gut ins Ehemaligenforum packen können;-)
Ich freu mich, dass es Dir so gut geht und kann Dir nur beipflichten!!! Mir geht es ohne den Mist auch viiiiiel besser! Eine ganz andere Lebensqualität, die natürlich nicht von heut auf morgen da ist, aber stetig besser wird.
Mein Freund hat sich vor allzu langer Zeit von mir getrennt und war meine große Liebe. Das ich, trotz dass es mir jetzt echt nicht toll geht, keinen Gedanken daran verschwende, bzw. keine Gefahr droht, dass ich wieder in irgendeine Essstörung abdrifte, zeigt mir, dass ich wirklich raus bin! Und das macht mich doch stolz auf mich selber!

Wenn ich drüber nachdenke, wie iel Zeit ich früher in Extremsport (der nicht gesund war), an Gedanken an zunehmen, Kalos zählen, Essen wiegen, bloß nicht zu viel zu essen, Fas, Gegenmaßnahmen und dem ganzen Zeug verschwendet habe, wird mir ganz anders. Ich habe nur für diese Sachen gelebt. Der Rest des Lebens schwamm irgendwie so nebenher. Ok, jetzt ist mein Leben grad auch nicht toll wegen der Trennung, aber die Qualität, mich auf andere Sachen konzentrieren zu können, mich mit der Trennung auseinanderzusetzten, Dinge zu verarbeiten oder einfach zu leben, statt meinen damaligen Beschäftigungen nachzugehen, die mir nur noch mhr geschadet haben, zeigen mir, dass ich um nix in der Welt dahin zurück wollte!

LG Nadine

#3
Hallo ihr beiden,

mir geht es ganz genauso. Bei mir ist es ja nun schon etwas länger her, aber wenn man das hier liest, kann mich sehr genau an den körperlichen Zustand erinnern. ich weiß noch, dass ich mega schwach war. Mein Körper hat mir eigentlich nur gezeigt, dass er das so nicht will. Mein Gesicht war auch total aufgequollen..und ich dachte immer, dass ich nach K+ rieche.
Ich hatte immer einen wahnsinnig aufgeblähten Bauch und meine Augen haben bei jeder Gelegenheit getränt. Ich war blasser, als ich ohnehin schon vom Typ her bin. Ich war auch immer zittrig. Leistungen konnte ich gar nicht mehr bringen, da ich nur darauf konzentriert war, am besten nichts zu essen - und wenn, wie ichs am besten verstecken kann. Meine Haare sind ausgefallen, meine Fingernägel waren spröde, ich hatte ständig Pickel, also mein Hautbild war ziemlich schlecht.
Das allerschlimmste war meine Stimmung und die Labilität. Ich bin ohnehin schon ziemlich sensibel...und ich konnte NICHTS mehr ab. Ich habe zum Beispiel in der Schule ohne Grund Stunden durchgeheult. Einfach, weil ich so fertig war.

Aber das ist jetzt GOTT SEI DANK vorbei. Schlechte gedanken und Gefühle habe ich noch. Aber mein Körper hat sich erholt und ich denke, ich bin in der Hinsicht gesund.
Fehlt nur noch der Kopf...
:o)

#4
Das freut mich total, was ihr geschrieben habt!

@gloeckchen: ich kann sehr gut nachvollziehen, wie es dir geht. Ich musste mich vor etwa 5 Wochen von meinem Freund trennen, da ich herausgefunden hatte, dass er mich 1/2 Jahr lang betrogen hatte. Hinzu kam noch, dass meine Mama einen starken Rückfall in ihre Alkoholkrankheut hatte - alles in derselben Woche. Aber es ist genauso wie bei dir: ich habe bis dato keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, ob ich jetzt wohl wieder rückläufig werde. Das glaube ich, ist für uns beide schon die absolute Bestätitigung, dass wir endlich gesund sind, oder?! :-) Ich hoffe, dass du die Trennung schnell überwindest. Auch wenn es noch weh tut - geht mir genau so. Aber davon lassen wir uns nicht mehr in diesen Teufelskreis reinziehen, stimmts?!!!

@ Healthy?: ich hatte auch ständig das Gefühl nach K* zu riechen. Und an den Händen war es auch so. Da konnte ich sie waschen wie ich nur wollte. Ich hatte ständig Panik, dass das irgendwer anderer riechen könnte.
Oder die ständigen Kopfschmerzen die ich hatte, tagtäglich. Und auch wie du geschrieben hast, dass du total schwach warst. Das war auch bei mir Dauerzustand. Ich konnte mich oft kaum auf den Beinen halten.

Es freut mich total, dass es auch euch beiden jetzt endlich gut geht.

Und ja, es stimmt, von heute auf morgen geht es nicht, aber mit der Zeit wird nach einer Essstörung das Leben immer besser uns lebenswerter!!!

#5
Dotterblume hat geschrieben:
Aber davon lassen wir uns nicht mehr in diesen Teufelskreis reinziehen, stimmts?
Das stimmt in jedem Fall! Und ja: Es zeigt mir, dass ich gesund bin! Hoffe Dir gehts auch bald wieder besser! Wir kriegen das schon auf die Reihe! :lol:

LG Nadine

#6
Hallo ihr,

euere Beiträge machen mich ganz traurig, möchte auch gerne mitreden können. Aber natürlich freu ich mich voll für euch, dass ich es geschafft habt. Nun aber meine Frage: Wie habt ihr es geschafft??? Wie bekämpft man die Übelkeit nach dem Essen? Wie durchbricht man den Teufelskreis? Wie, sagt es mir bitte..! Bin für jeden Tip dankbar..
Die Hoffnung stirbt zuletzt

#7
Hi Mell!

Leider gibt es kein Rezept, wie man die Sache angeht...ich kann dir auch nicht mehr genau sagen, was ich im Einzelnen gemacht habe, ich kann mich einfach nicht mehr daran erinnern. Aber ich werde auf jeden Fall mal meine Tagebücher durchforsten, wenn ich bei meinen Elern bin.

Ich kann dir nur sagen: Es hat bei mir einfach Klick gemacht. Ich wollte das nicht mehr und ich habe gemerkt, dass ich damit nicht weiterkomme. Dass ich mir nur schade, dass alles, was ich mir wünsche, dadurch nicht erreicht wird. Und das Fazit ist eben: Dass ich wahnsinnig unglücklich war.
Die Übelkeit nach dem Essen...du musst sehr durchdacht essen. Du musst dich natürlich erstmal wieder an gewisse Nahrungsmittel gewöhnen. Ich weiß nicht, wie dein Essverhalten aussieht, ich weiß nicht, ob du z.B. warme Mahlzeiten isst.
Bei mir war es glaub ich so, dass ich mich erstmal an das regelmäßige Essen gewöhnen musste. Die Übelkeit war bei mir nicht so vorrangig, viel schlimmer das Gefühl, dass das alles wieder raus muss. Da musste ich mich sooo dermaßen zusammenreißen und mich ablenken...
Ich habe auch mal eine Ernährungstherapie gemacht, in der ich gelernt habe, was mein Körper tatsächlich braucht. Zudem habe ich sehr viel Sport gemacht, auch Gymnastik, Schwimmen gehen, Radfahren...das hat meine Verdauung in Gang gebracht und mein Gewissen entlastet. Ich hatte eine Freundin, die auch Bescheid wusste, die mich sehr unterstützt hat. Sie hat ca dreimal die Woche mit mir Sport gemacht und war einfach für mich da.
Ich habe schon nach einer Woche ohne rote Kreuze im Kalender ein besseres Gefühl, auch ein bisschen stolz war ich. Rückfälle haben mich nicht davon abgehalten, das *Aufhören* trotzdem durchzuziehen. Ich hab dann wieder ein rotes Kreuz gemacht, hab aber ganz klar gesehen, dass die roten Kreuze viiiel weniger wurden. Ein paar Monate später hatte ich gar keine Kreuze mehr im Kalender. Das hat wahnsinnig gut getan.
Und auch mein Magen hat sich relativ schnell an das Essen gewöhnt. Allerdings bin ich seit ich 10 bin Vegetarierin und somit esse ich meistens auch keine schwerverdaulichen, fetten Gerichte. Ich habe auch Dinge erstmal gemieden, die *blähen*, wie zum Beispiel Salate, Äpfel,...ich habe mit Broten mit leichten Käseaufstrich angefangen, viel Joghurt und Milchprodukte gegessen - die haben meine Verdauung angekurbelt.
Ich habe mir auch jeden Tag einen Essensplan gemacht. Mein Vater hat auf meinen Wunsch hin immer leichte Kost gekocht.

Vielleicht hilft dir das ein bisschen. Ich würde dir gerne helfen.

Lieben Gruß
Healthy

#8
Hey ihr!
Ja ich habe es auch geschafft, und Healthy hat es schon ganz richtig beschrieben, es macht auch bei mir plötzlich "klick"
nun ja. .ok, ich war auch in einer Klinik, aber auch dort habe ich mich erst geweigert zu essen. aber nach ca. 1,5 monaten habe ich gelernt mir zu trauen. und auch dem regelmäßigen mahlzeiten. trotz ständiger angst, zuzunehmen. und sogar im gegenteil: ich habe abgenommen. es hat 3 monate gedauert, bis ich mich getraut habe, das erste stückchen schokolade mir zu erlauben!
aber man kann sich kaum vorstellen, wie ich das genossen hab!!! und jede andere mahlzeit auch! es kam auf die portionen an, das tat mir echt gut in der klinik(dass sie mir das essen portionsgerecht vorgesetzt haben). leider habe ich jetzt einige probleme damit, und ich habe auch zugenommen... aber ich weiß, dass die bulimie das alles noch schlimmer machen würde, und ich will damit nicht mehr leben! ich möchte das thema abhacken! und endlich LEBEN und GENIEßEN!!!
glaub an dich, und vertrau dir! iss viele kleine mahlzeiten am tag, so kann es gar nicht zu großen lücken kommen/bzw großen mahlzeiten(wo dir dann wieder schlecht wird)
wir schaffen das!und tante bulimie muss nicht dabei sein, die tut uns nicht gut!