Wie war das, als ihr aufgehört habt?

#1
Hallo ihr alle,

ja, das würde mich echt mal interessieren:

Wie habt ihr die Bulimie hinter Euch gelassen? Gab es einen Auslöser, dass ihr sagen konntet "Jetzt ist Schluss", z.B. einen Folgeschaden oder einen Umzug, einen neuen Job, so etwas in der Art?
Oder war es eine Entscheidung aus der Therapie heraus?

Wie lange hattet ihr B?

Wie ist es weitergegangen? Habt ihr die Tage gezählt? Einen Essplan gehabt? Hattet ihr Rückfälle? Wie habt ihr wieder Mut gefunden, trotzdem dranzubleiben? Hat Euch jemand unterstützt?

Und wie war es mit dem Körper, dem Gewicht? Gab es irgendwelche Veränderungen? Wie lange hat es gedauert, bis das Essen / Hungergefühl einigermaßen normal und stabil wurde?

Bin ganz gespannt auf Eure Antworten! Danke

Eure Virginia

#2
hi!

also bei mir war so:
zuerst hatte ich schon den dringenden wunsch aufzuhören weils mir einfach schlecht gegangen ist, nach dem zweiten gehörsturz hab ich dann zu kämpfen begonnen - zusammen mit meinem ex-freund eine tabelle geführt wo die ausrutscher eingetragen wurden und auch die k*freien tage... endgültig clean wurde ich nach meiner weisheitszahn op - da ich die ersten tage nur sehr wenig essen konnte und auch nicht kotzen und dann gemerkt hab dass es auch ohne geht...

hatte davor 2 theras abgebrochen, war nix für mich, möchte aber jetzt nach zweieinhalb jahren clean eine machen. hab dann anfangs meine tabelle noch weitergeführt und tage gezählt aber das nach ca 4 monaten aufgegeben. mein gewicht is anfangs ein bisl hinaufgeschossen, dann aber drastisch runter. bis ich wieder richtig mit hunger etc... umgehen konnte hats ca ein halbes jahr gedauert, FAs krieg ich jetzt noch zeitweise wenn ich im stress bin - aber ich leg das unter frustfressen ab und k* ist keine alternative. hatte in der ganzen zeit nur einen ausrutscher (am anfang meines aufenthaltes hier in finnland - aus einsamkeit und frust) aber ansonsten funktioniert es eigentlich ausgezeichnet.

das wars mal in groben zügen...
...life's changing

#3
also ich hatte 6 jahre bulimie, bin jetzt seit etwas über einen Jahr clean.
Wirkliches Hungergefühl empfinde ich um ehrlich zu sein bis heute nur sehr sehr selten, Gewichtsmäßig wiege ich jetzt deutlich weniger als in meinen schlimmsten bulimischen Zeiten.

Der Auslöser... Ich weiß es nicht. Es hat sich viel in meinem Leben geändert, ich hatte erstmals nen Freund der dieses Problem nicht als irgendeine Lapalie abgetan hat, ich habe Blut gespuckt und mich körperlich dreckig gefühlt obwohls mir psychisch an sich gut ging. Sehr komische Situation. Und dann hab ich aufgehört. Das letzte Mal hab ich beim Osteressen letztes Jahr bei meinen Großeltern gekotzt. Danach zwar nochmal, aber das war alkoholbedingt ;)

Am Anfanghab ich die Tage gezählt, irgendwann wars mir egal.. Ist es heute noch.

Hoffe ich hab alle fragen halbwegs beantwortet ;)
Man hat die Schicksale, die man hervorruft und die zu einem passen. (Hermann Hesse)

#4
Wie habt ihr die Bulimie hinter Euch gelassen? Gab es einen Auslöser, dass ihr sagen konntet "Jetzt ist Schluss", z.B. einen Folgeschaden oder einen Umzug, einen neuen Job, so etwas in der Art?
Oder war es eine Entscheidung aus der Therapie heraus?
Man muss ganz unten sein und das war ich. Habe dann entschieden in die Klinik am Korso zu gehen und ab da habe ich mein Leben eigentlich voll und ganz verändert so dass ich ohne ES kann.
Wie lange hattet ihr B?

Bulimie zusammen mit Anorexie nicht lang. Ich habe aber länger Probleme gehabt. Habe seit 5 Jahren geritzt und 9 Monate lang intensivste ES gehabt.
Wie ist es weitergegangen? Habt ihr die Tage gezählt? Einen Essplan gehabt? Hattet ihr Rückfälle? Wie habt ihr wieder Mut gefunden, trotzdem dranzubleiben? Hat Euch jemand unterstützt?
Ja, Tage gezählt schon =) Essensplan nein, in der Klinik war das Essen ja sehr geregelt. Rückfälle während der 3 Monate Klinik: Nicht einen. Nach der Klinik bis jetzt (fast 10 Monate) etwa 10.
Mut dranzubleiben hatte ich immer, weil es mir so viel besser geht ohne Ritzen, Kotzen, Hunger. Das macht doch alles noch viel depressiver und alles noch schlimmer. Außerdem macht Kotzen nicht dünn. Unterstützt? Weiß nicht...therapie halt!

Und wie war es mit dem Körper, dem Gewicht? Gab es irgendwelche Veränderungen? Wie lange hat es gedauert, bis das Essen / Hungergefühl einigermaßen normal und stabil wurde?
In der Klinik habe ich in 12 Wochen nur *kg zugenommen obwohl ich normal gegessen habe. Jetzt mache ich Kraftsport, da sind natürlich noch einige Kilos an Masse hinzugekommen. Hungergefühl war so richtig ausgeprägt nach 3 Monaten wieder da würde ich sagen. Aber auch vorher wusste ich wann schluss ist, doch. also das dauert nicht soo lange. aber bis dein körper wieder weiß, mit wie viel er sein gewicht hält/wie viel er braucht um zu leben, das dauert so 3 monate würde ich sagen!

LG Caren

#5
Danke für Eure Antworten! Das ist echt toll zu lesen, dass man es wirklich durchziehen kann!
Das hat mir schon echt geholfen, wie es euch ergangen ist.

Ich werde versuchen, mich damit zu motivieren, dass es Leute gibt, die es wirklich geschafft haben und dass sich das alles wieder einrenkt mit dem Gewicht und dem Hungergefühl, wenn man dranbleibt.

Ehrlich gesagt strauchle ich gerade ziemlich auf meinem Weg raus. Mein Hungergefühl ist irgendwie total weg nach der jahrelangen B und ich krieg meine drei Mahlzeiten oft nicht runter. Dann zwinge ich mich nicht dazu, weil ich eh zu dick bin, und nachts bekomm ich dann Heißhunger, esse was und kann stundenlang nicht mehr einschlafen. Echt ein Teufelskreis.
Ich bin kurz davor, wieder meinen "gewohnten" Bulimie-Rhythmus einzuführen, weil ich auf dem Neuland so kläglich versage *heul*
Wahrscheinlich kann ich mir einfach keine Mühe geben. Ich hab nicht mehr die Mords-Probleme, die ich wegk*, ich hab das Gefühl, ich bin es bloß schon so gewohnt und bin zu bequem für eine Veränderung... :shock:

Naja, also falls noch jemand schreiben will, wie es ihm ergangen ist, ich freue mich über jede Antwort!

#6
hi virginia!!!

bitte bitte, nicht aufgeben, der weg raus is verdammt schwer aber es lohnt sich wirklich nicht aufzugeben sondern die schwere zeit durchzustehen!!!

lg
...life's changing

Re: Wie war das, als ihr aufgehört habt?

#7
->Wie habt ihr die Bulimie hinter Euch gelassen? Gab es einen Auslöser, dass ihr sagen konntet "Jetzt ist Schluss"

bei mir war der "auslöser", dass mir erst wirklich bewusst wurde, welche schäden ich mir damit zufüge.
all die jahren, die ich b* hatte, sind leider nicht spurlos an mir vorbeigegangen, doch ich hoffe, dass sich die symptome noch bessern.
ich bin zwar von der b* in die MS gerutscht, aber ich bin zuversichtlich, die auch noch hinter mir zu lassen...

->wie lange hattet ihr B?

hatte 6 jahre b*- mal mehr mal weniger.

->Wie ist es weitergegangen? Habt ihr die Tage gezählt? Einen Essplan gehabt? Hattet ihr Rückfälle? Wie habt ihr wieder Mut gefunden, trotzdem dranzubleiben? Hat Euch jemand unterstützt?

ich hab anfang des jahres therabegonnen, um an mir zu arbeiten und dahinter zu kommen, was die auslöser meiner ES war
am anfang habe ich am kalender angestrichen, ob ich clean geblieben bin oder nicht, doch bereits nach 1 monat hab ich das wieder aufgegeben.
eine ernährungsberatung habe ich nicht gemacht. im prinzip wusste/weis ich ja, wie man sich gesund ernährt...
unterstützung hab ich eigentlich nur von meiner thera bekommen, in dem sinn, dass ich mit ihr über all die sachen reden konnte, die mich beschäftigen.
seit dem ich beschlossen habe zu kämpfen (anfang dezember), hatte ich 2 rückfälle.
der eine war anfang dezember, und der zweite zu weihnachten.
ansonsten kann ich stolz berichten, dass ich seitdem clean bin ;)

->Und wie war es mit dem Körper, dem Gewicht? Gab es irgendwelche Veränderungen? Wie lange hat es gedauert, bis das Essen / Hungergefühl einigermaßen normal und stabil wurde?

das ist bei mir so eine sache, da ich ja in die gegenrichtung gerutscht bin :?
dadurch hab ich auch abgenommen, wobei ich darüber nicht ganz unglücklich bin :oops:
Lg

#8
Hallo!

Ich bin nicht ehemalig, aber ich habe es geschafft, fast 2 Monate lang fast ohne k* auszukommen. Und ich kann stolz auf mich sein und jeder der wüßte, was ich 10 Jahre lang getan habe, würde es auch sein.

Vor 2 Monaten bin ich mit 2 Freundinnen in den Urlaub gefahren. Nur 4 Tage, aber da ging es halt nicht. Also klar, es geht immer, aber ich wollte nicht schon wieder eine Freundschaft aufs Spiel setzen. Da bin ich dann bei geblieben. War zwischendurch sehr schwer, aber ich habe durchgehalten.
Dann hat mich meine Mum besucht und ich musste ihr doch zeigen, dass ihre kleine Tochter jetzt gesund ist, dass sie ohne kann, dass sie klar kommt.

Während der letzten 3 Jahre Bulimie habe ich so viel gegessen, dass ich trotz kotzen immer mehr zugenommen habe. Also lasse ich die Ausrede nicht mehr gelten, dass ich zu dick werde, wenn ich nicht kotze.

Ich arbeite momentan im Ausland (Ausland, rumreisen, die Welt sehen, das war schon immer mein Traum, noch vor der Bulimie). Hier lebe ich in einer Familie und das Haus ist immer voll, also keine gute Vorraussetzung für einen FA. Wie peinlich wär das denn, rausgeschmissen zu werden, wegen Bulimie????

Ich sage mir immer: Ohne Bulimie ist das Leben so viel einfacher und ich kann mir so viele Türen öffnen, meine Träume verwirklichen und endlich anfangen ZU LEBEN. Wie viel habe ich schon von meinem Leben weg geworfen? Habe allein in Zimmern gesessen und Essen in mich hineingestopft?
Wenn ich es schaffe clean zu werden, dann kann ich nach Amerika, rumreisen, Camping, Afrika, Asien.

Wenn ich es schaffe clean zu werden, dann gewinne ich an Selbstachtung und fange an zu leben.

Wenn ich es schaffe clean zu werden, dann kann ich ein normales Leben führen, heiraten, Kinder bekommen.

Das ist meine Motivation, sind meine Ausblicke auf ein Leben, mein Dasein ohne Bulimie.

#10
VB1981 hat geschrieben:hi virginia!!!

bitte bitte, nicht aufgeben, der weg raus is verdammt schwer aber es lohnt sich wirklich nicht aufzugeben sondern die schwere zeit durchzustehen!!!

lg
Danke Dir, VB1981,
das hat mich heute Nacht echt gerettet!

Und Euch anderen auch danke für Eure Antworten!

Gestern abend ist mir wieder mal ein Stückchen Zahn abgebrochen, wieder so ein Signal "Jetzt sollte echt Schluss sein!".
Und was die Magenspiegelung nächste Woche ans Licht bringt, will ich gar
nicht wissen :roll:

Meine Mom hat mich neulich gefragt, was mir die B eigentlich bringt, also positiv gemeint, warum ich dran festhalte, ich soll mal drüber nachdenken.

Erst wollte mir gar nix einfallen, dann nach einer Zeitn so was wie "zum Betäuben" und "zum Wut rauslassen".
*schüttel* so wollte ich nie werden, also eine Person, die ihre Gefühle gar nicht wahrnehmen will und versucht, sie im stillen Kämmerlein wegzubringen :(

Dagegen fällt mir sehr viel ein, was mich an der B stört:
Hamsterbacken, kaputte Zähne, chronischer Geldmangel, Wassereinlagerungen, kaputter Tagesrhythmus, fahle Haut, Lustlosigkeit, Brennen im Hals, Hormonstörungen...

Und wieder mal die Frage nach dieser Bilanz: Warum kommt die Realität anscheinend nicht bei mir an :?:
Bin nur ich so ignorant/bequem/steif :?:

Für mich ist das alles so normal, das geht so weit, dass ich bei gesunden, schlanken Frauen denke "Die k***t sicher auch, anders kann man gar nicht so ne Figur haben".
Das ist schon extrem krank :!:

Jedenfalls zähle ich jetzt wieder Tage und heute ist also (peinlich, peinlich)

*** 1 ***

@Lix: Das mit der MS kenne ich auch. Ich war früher ewig MS, hätte nie gedacht, dass ich mal zu den "Lady Dianas" übertrete. Mit 14, 15, oh je, ich war so eine Asketin...
Zweimal hab ich es geschafft, während der B wieder eine MS-Phase zu haben. Beide Male ging es ein halbes Jahr, dann war ich so kraftlos, ausgelaugt und depressiv, dass ich es wieder sein gelassen hab. Mein Ziel war beide Male "ab jetzt endlich normal, es dürfen ja sogar ein *kg drauf"
Aus denen wurden dann natürlich *kg - also wieder B :roll:


So, und dabei belasse ich es mal, hab wieder viel zu viel Zeit heute *g*
Eure Virginia

#11
Virginia hat geschrieben:Zweimal hab ich es geschafft, während der B wieder eine MS-Phase zu haben. Beide Male ging es ein halbes Jahr, dann war ich so kraftlos, ausgelaugt und depressiv, dass ich es wieder sein gelassen hab.
wieso "geschafft"? was ist denn an der ms besser als an bulimie?? ich hatte auch ne magersuchts-phase. und es war keinen deut besser als kotzen ...

#12
Ich wollte mit "geschafft" nur betonen, dass es eine Riesenanstrengung für mich war, also wesentlich schwerer als der Weg von der MS in die B, das war für mich immer eher ein "Aufgeben", von meinem Gefühl her.

Natürlich ist beides ätzend. Ich hatte in der MS z.B. viel mehr Mangelerscheinungen, deshalb hab ich es auch nicht lang durchgezogen...

#14
Für mich war das Essen immer so eine Art Erhohlung vom Stress. So habe ich abgeschaltet. Quasi alle meine Sinne vollgestopft, so konnte ich gar nichts anderes mehr wahrnehmen um mich herum.

Ich finde, wir alle sind überflutet von allem. Wohlstand, Fernsehen, Radio, Nachrichten, Wissen, Bücher, Arbeit, möglichst viele soziale Kontakte und immer was los.

Weiss nicht, ob das ne Erklärung ist. Aber vielleicht wert um mal drüber nach zu denken.

#15
Und wieder mal die Frage nach dieser Bilanz: Warum kommt die Realität anscheinend nicht bei mir an Question
Bin nur ich so ignorant/bequem/steif Question

.... nein, du bist eine echte Abhängige! Kämpfe dagegen an und gib dich niemals auf. Egal wieviele TAGE 1 dir noch bevor stehen.

Virginia, auch du hast es drauf, irgendwann wieder normal zu denken, essen und leben.
Ich denke mir beispielsweise auch: diese Frau ist richtig dünn, die kotzt. Ich verdächtige meine eigenen Freundinnen. Wir sind eben krank!!! Ganz klar.

Aber mir fallen noch soviele Dinge mehr ein, die mich an der Bulimie stören, als die die du schon genannt hast. Vor allem die soziale Isolation und das Verstecken der Krankheit hat mir zu schaffen gemacht. Ich konnte mit Freunden kein Wochenende mehr wegfahren. Habe nie die Tür geöffnet , wenn jemand geklingelt hat, weil meine Wohnung ständig verwüstet war.
Habe bei allen Dingen eingespart, Zahnpasta und Seife längst nur noch GESTOHLEN, weil ich die Kohle für FA brauchte. In den letzten 3 Monaten hab ich mein Geld überhaupt nur noch für Essen ausgegeben, für nix anderes mehr. Die Miete musste mein Vater zahlen... mein Telefon, den Sprit.

Also wieder mal mein neuer Lieblingssatz:Lieber zunehmen als wieder kotzen!

Wünsch euch was
Paula
Zuletzt geändert von Paula11 am So Jun 18, 2006 14:30, insgesamt 1-mal geändert.
Niemand kann dich befreien, wenn du dich nicht selbst befreist (Manfred Hinrich)