Bulimie war mein Halt

#1
Ich bin jetzt seit 1,5 Monaten symptomfrei und ich habe das Gefühl durchzudrehen!
Ich habe Angst vor anderen Menschen, bin völlig verunsichert, habe Fressanfälle (die ich nicht erbreche), nehme zu, fühle mich fett, bin mit dem Alltag überfordert, depressiv.....
Es war alles viel leichter mit der Bulimie :cry:
Ich war selbstbewusster, habe mich wohler gefühlt weil ich dünner war, konnte mit Freunden Essen gehen, bin offen auf andere zugegangen, hatte keine Angst vor anderen Menschen, ich war besser drauf, habe viel mehr gelacht, Spaß gehabt, war nicht depressiv....natürlich denke ich auch an die negativen Seiten der Bulimie
Aber je länger ich nicht erbreche desto mehr denke ich an die positiven Seiten
Und jetzt kann ich vielleicht gar nicht mehr zurück!!!!
Ich habe meine ganzen Ersparnisse als Festzinsvertrag angelegt für ein Jahr, damit ich nicht rankomme und es nicht für die Bulimie ausgeben kann. Ab 1.8. wohne ich in einer Wg mit 4 anderen Leuten, wo immer jemand da ist und ich kaum unbemerkt essen und erbrechen kann.
(habe bis jetzt alleine gewohnt)
Ich habe solche Angst vor meinen neuen Mitbewohnern und weiß gar nicht wie ich damit umgehen soll...
ich habe solche Angst, dass ich nicht mehr zurück kann
Ich verzweifle grade
Ich BRAUCHE die Bulimie!
Und jetzt hab ich sie mir für immer weggenommen....Wer bin ich jetzt? Wer bin ich ohne meine Bulimie?
Depressiv, ohne jegliches Selbstbewusstsein, voller Ängsten und Phobien, heißhungrig, gierig und fett.
Ich will sie wieder haben.Es ist als würde ich auf einem Hochhaus stehen und mein Geländer bröckelt weg.
Ich hätte nie gedacht, dass es SO schwer ist!
Am liebste wäre ich arbeitslos aber mit genug Geld um meine FAs zu finanzieren, würde den ganzen Tag fressen und kotzen, fressen und kotzen.....ich will mich dem ganzen nicht stellen
Meiner Ausbildung, meinem Nebenjob (den ich zusätzlich zur Ausbildung machen muss weil ich ja meine Ersparnisse weg haben musste), meinen Mitbewohnern, meinem Umzug, meinen Freunden, meinem Partner....
Ich weiß nicht wofür ich das alles machen soll.
Wofür eine Ausbildung machen????
WOFÜR???
Ich will einfach nur Bulimie.
Wer will ich nicht vom Leben
Mein einziger Lebensinhalt, alles worum meine Gedanken jeden Tag kreisten, das einzige worin ich wirklich gut war, alles was mir Spaß gemacht hat, der Mittelpunkt, das Zentrum meines Denkens, meines Handelns, meines Fühlens....ist weg
Und ich kann nichts anderes. Ich kann sehr gut, leise und schnell kotzen bis wirklich alles draußen ist und ich kann sehr dünn sein. was anderes kann ich nicht

Re: Bulimie war mein Halt

#2
Hey ich kann dich irgendwie natürlich auch verstehen.
ABER: Bulimie macht dich kaputt! Das ist einfach der falsche Weg.

Bitte geh in Therapie und überlege dir mal, warum du die Bulimie brauchst um selbstbewusst zu sein?

Was bist du OHNE sie? NICHTS? So ein Quatsch.

Du kannst auch so lernen selbstsicherer zu werden und positiver zu denken. Dann bekommst du auch die Essanfälle los.
Das ist ein schwerer Weg... Bulimie scheint da einfacher. Aber irgendwann mit Bulimie wirst du wieder an dem Punkt stehen und dir denken: ah, was hab ich mir nur die ganze Zeit angetan?
Überlegs dir.

Re: Bulimie war mein Halt

#3
Hi!

Erstmal finde ich es super, dass du aktiv etwas getan hast, um gegen deine Krankheit vorzugehen und das du, trotz aller psychischen Belastungen geschafft hast, "clean" zu bleiben.

Es geht vielen so, dass, wenn sie die Bulimie dabei sind aufzugeben, erst einmal merken, was man durch die Krankheit alles verdrängt hat, eben vor allem Ängste und Unsicherheiten.

Auf eine merkwürdige Weise, hüllt eine die Bulimie mit einer Art "Watte" ein, die einem die Sicht auf die wirklichen Probleme im Leben nimmt. Sonst wäre die Bulimie auch keine Sucht!

Jetzt, wo du ohne deine Mittel deinen Probleme her zu werden dastehst scheint alles auf dich einzustürzen. Aber ich fürchte, dass dieser Schritt notwendig ist, damit du dein richtiges Leben leben kannst.

Bulimie macht dich nicht stärker, sie nimmt dir dein Leben und dass du jetzt gewillt bist, damit aufzuhören, ist ein super Schritt und dafür gibt's Daumen hoch :-)))

Bist du in Therapie? Wenn nicht, versuch dir eine gute Therapeutin oder einen guten Therapeut zu suchen!

Das die Essanfälle jetzt noch kommen ist vermutlich einfach eine ganz natürliche Reaktion des Körpers und müsste sich einpendeln, wenn dein Körper sein für sich gesundes Gewicht erreicht hat.

Ich hoffe ganz doll, dass du weiter durchhällst, denn nur so kannst du dein Leben aktiv und gesund gestalten und die ganzen Probleme, mit denen du dich jetzt überfordert fühlst, langsam und ruhig und Stück für Stück aus dem Weg schaffen.

Ich weiß, dass es Angst macht, ich bin gerade in derselben Situation. Aber ich glaube an mich und ich glaube auch an dich. Wir sind stärker als die Krankheit!

Der Mut, den wir in uns haben, ist stärker als die blöde Angst, die uns davon abhalten will wir selber zu sein!

Ich drück dich mal ganz doll!
Liebe Grüße
Kitty
"Es ist nie vorbei, es geht nie zu Ende, es hört niemals auf, jede gute Tat, jede Heuchelei, es nie vorbei, es geht immer weiter, also gib nie auf [...]!"

Re: Bulimie war mein Halt

#4
Danke euch beiden für die Antworten!
ja ich muss da jetzt wohl durch...
Ich glaube ich bin inzwischen richtig süchtig nach Kohlenhydraten geworden, vor allem nach diesem Rauschgefühl wenn man viel zu viel Zucker auf einmal in sich rein gestopft hat
Dieses ständige Zucker-Hoch war (denke ich im Nachhinein) wahrscheinlich der Grund für meine euphorische Stimmung mit der Bulimie...Mir hat der "Bausteinplan" (einfach googlen und das erste Ergebnis anklicken, ich glaube ich darf hier nicht verlinken) sehr geholfen das zu entlarven.
Die Portionen bei den Getreide-Bausteinen kommen mir geradezu winzig vor.
Die anderen Bausteine esse ich dagegen fast gar nicht, außer Obst und Extras.
Okay, wie man an meinem Namen unschwer erkennt bin ich Veganer, aber ich hab die Bausteingruppen schon dementsprechend für mich geändert- statt Butter Margarine, statt Fleisch Tofu, statt Joghurt/Milch Sojajoghurt/Sojamilch.
Und trotzdem muss ich mir eingestehen, dass ich so gut wie nichts aus diesen Lebensmittelgruppen zu mir nehme, die Portionen kommen mir riesig vor!
Kein Wunder, dass ich Fressanfälle habe wenn ich mich praktisch nur von Kohlenhydraten ernähre :(
Und schockierend, dass ich so eine Tabelle brauche um überhaupt zu merken, dass es dieses Problem gibt.
Gibt es hier noch jemanden der süchtig nach dem Zucker ist?
Oder der "Zucker und Bulimie" gelesen hat und was dazu sagen kann?
Zur Therapie:
Ich habe gerade meinen Therapeuten "verlassen" und bin auf der Suche nach einem/einer Neuen.
Dann wird es bestimmt wieder leichter, wenn ich wieder in Therapie bin

Re: Bulimie war mein Halt

#5
Liebe vegan,

mir geht es genauso wie dir. Ich hab mit dem k aufgehört, aber ich stopfe mich noch immer voll.
Und ich denke nicht,dass sich das einfach so einpendelt. Bei manchen bestimmt. Aber ich bin auf jedenfall süchtig nach zucker und für mich wäre es das beste ihn zu meiden .
Ich fühl mich auch super wenn ich ihn weglassen, ich hab dann einen klaren kopf, endlich ein sättigungsgefühl und meine stimmung ist viiiiiiel besser.
leider halte ich das nicht lange durch, höchstens paar tage und dann wieder FA.
Zucker und bulimie hab ich gelesen, umsetzten knn ichs leider nicht.
ich hab übrigens frau jochims grad ne mail geschrieben zu diesem them. mal gucken was sie antwortet...
ich weiss da auch einfach nicht weiter. ich ernähre mich hauptsächlich von süssem und alles was nicht süss ist scheint mir total fad und grau zu schmecken. überhaupt ist dann das gnze lebven grau und fad...und das kanns doch nicht sein :cry:

Lg maja

Re: Bulimie war mein Halt

#6
Ich muss mir doch noch einiges von der Seele schreiben....
Hattet ihr jemals ernsthafte Zweifel ob ein Leben ohne Bulimie erstrebenswert ist?
Ich muss sagen...als das alles anfing mit der Bulimie habe ich mich wie neu geboren gefühlt!
Ich war überall beliebter, hatte das Gefühl alle sind begeistert von mir. Ich war ständig am Lachen, bin mit jedem sofort ins Gespräch gekommen, hab mich mit wildfremden Leuten im Supermarkt/ in der Straßenbahn angeregt unterhalten, die Menschen im Gespräch auch mal am Arm gefasst oder anderweitig berührt....
Und ich glaube die gesundheitlichen Schäden hätte ich alle in Kauf genommen um so weitermachen zu können
Denkt jetzt nicht, dass ich keine hatte...Herzrhytmusstörungen und epileptische Anfälle waren so die heftigsten- zusätzlich zu einer Vielzahl von Kleineren....wobei ich offiziell nur einen epileptischen Anfall hatte (als ich nach dem Kotzen im Supermarkt war und eingekauft habe für den nächsten FA), aber ich denke es waren mehrere.
Wen es keiner mitbekommt bringt einen ja auch keiner ins Krankenhaus und es wird einem kein Arzt oder Augenzeuge sagen können was genau passiert ist.
Aber was mich wirklich dazu gebracht hat "clean" zu werden kam von außen. Nicht aus mir heraus.
Kein Geld mehr (Ich habe schon TAUSENDE Euro in den letzten Jahren in diese Krankheit gesteckt!!!), keine Kraft/Zeit mein Studium durchzuziehen, weil all meine Kraft und Zeit der Bulimie gehört, so dass ich das Studium abgebrochen hab.
Blöde Situationen wenn Freunde unangemeldet vorbeikommen während man grade am Fressen oder Kotzen ist oder wenn man Termine wegen der Bulimie nicht einhalten kann und es Streit gibt...und all die quälenden Situationen in denen man die Sucht nicht ausleben kann! Wenn das Bad besetzt ist! Wenn man auf der Arbeit ist! (Ja ich könnte wirklich den lieben langen Tag lang nichts anderes machen als Bulimie haben!)
Dass man nicht in Urlaub fahren kann etc...
Es war DAS was mich zum Aufhören gebracht hat. Nicht weil ICH nicht mehr kotzen wollte. Nicht weil es MIR schlecht ging.
Es waren Erwartungen meiner Freunde, es war der Druck Leistungen erbringen zu müssen bei denen ich keine Ablenkung durch die Bulimie haben kann, es war Geldmangel, kein Raum für eine normale Partnerschaft bei der erwartet wird, dass man auch mal mehrere Nächte hintereinander beim anderen übernachtet oder gemeinsan kocht etc....
ICH war immer glücklich mit der Bulimie. Selbst im Krankenhaus an Schläuche angeschlossen.
Wenn das alles von außen nicht käme hätte ich nie aufgehört.
Manchmal denke ich es war für mich alles perfekt mit Bulimie.
Ich selbst war (beinahe) perfekt.
Vielleicht bin ich auch gar nicht depressiv, vielleicht bin ich einfach nicht mehr "high"
Mir hat erst heute eine Arbeitskollegin erzählt wie ich sie in meinen Bann gezogen hätte als sie mich das erste Mal gesehen hat, weil ich die ganze Zeit am Kichern und Lachen und Reden gewesen wäre....
So sind die Leute eigentlich nicht den ganzen Tag lang.
Aber ich will mich nicht damit abfinden, dass nicht mehr jeder Tag großartig ist :(
Das nicht mehr alles Spaß macht und nicht mehr alles lustig ist
Verdammt, ich habe wirklich aus den falschen Gründen aufgehört....es macht mich so wütend, dass ich nur wegen äußeren Umständen etwas von mir geben muss mit dem ich mich so viel besser gefühlt habe
Ich sollte mich gut fühlen jetzt wo ich "gesund" bin
Die Wahrheit ist: Mir ging es nur dann gut als ich krank war
Paradox

Re: Bulimie war mein Halt

#7
hmmm...dann tus doch, wenn das leben so schön war mit bulimie.
aber ich kann aus eigener erfahrung sagen, dass man sich alles schön redet an der bulimie und wenn man wieder drin ist, merkt man warum man aufhören wolllte. bulimie ist eine illusion oder fata morgana. man denkt es würde einen glücklich mchen, bis man wieder drinsteckt und dann ist alles klar

Re: Bulimie war mein Halt

#8
Nein ich red mir das nur ein. Ich hab einfach Angst vorm Leben.
Aber wenn ich einen Wunsch frei hätte wäre es eigentlich der endlich gesund zu sein. ich würde mir nicht wünschen für immer krank sein zu können.
Nur habe ich keinen Wunsch frei. Ich muss dafür kämpfen.
Und Liegen bleiben ist nun mal leichter als aufstehen.
Ich hatte heute so einen fertigen Tag wie schon lange nicht mehr, aber ich stehe wieder auf :)
Manchmal frage ich mich wann das Leben endlich anfängt und wenn es dann gerade anfangen will habe ich tausend Ausreden parat um davor wegzulaufen.
Aber heute bin ich nicht weggelaufen, heute habe ich geheult, bin verzweifelt, bin wütend geworden, habe gehasst und geliebt und mich gesehnt, heute habe ich gefühlt und heute habe ich GELEBT.
Danke denen die meine heutigen Beiträge durchgelesen haben, die ja wirklich an der Grenze zum Wahnsinn sind
Das war ein heftiger Tag, aber ich denke das gehört einfach dazu
Gefühle, auch die negativen, gehören zum Leben dazu, wenn man WIRKLICH leben will
Ich bin froh, dass ich mich meiner Angst vor negativen Gefühlen heute gestellt habe
Zuletzt geändert von vegan am Di Jul 13, 2010 21:43, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Bulimie war mein Halt

#9
Hallo liebe Vegan,

zuerst einmal verbeuge ich mich vor deiner Ehrlichkeit und deiner Fähigkeit das gezielt in Worte umsetzen zu können!

Ich muss gestehen, dass ich mich nicht in alles eins zu eins reinversetzen kann, aber in manches: Denn das erste halbe Jahr, in dem ich endlich kotzfrei war, war ich ebenfalls die meiste Zeit am Boden zerstört, depressiv, aggressiv und totale Binge Eaterin.
Der Unterschied: Ich war das aber auch schon, als ich noch gekotzt hatte. Das Einzige, dass sich erstmal änderte, war eben, dass das Essen nun drin blieb, anstatt wieder raus gekotzt zu werden.

Deine Selbstreflexion im letzten Beitrag gefällt mir auch sehr gut, vor allem:
vegan hat geschrieben: Liegen bleiben ist nun mal leichter als aufstehen.
Ich hatte heute so einen fertigen Tag wie schon lange nicht mehr, aber ich stehe wieder auf :)
Manchmal frage ich mich wann das Leben endlich anfängt und wenn es dann gerade anfangen will habe ich tausend Ausreden parat um davor wegzulaufen.
Aber heute bin ich nicht weggelaufen, heute habe ich geheult, bin verzweifelt, bin wütend geworden, habe gehasst und geliebt und mich gesehnt, heute habe ich gefühlt und heute habe ich GELEBT.

Ich bin froh, dass ich mich meiner Angst vor negativen Gefühlen heute gestellt habe
Angst vor negativen Gefühlen - bemerkenswert, wie gezielt du das so direkt selbst an dir erkannt hast.
Und mal an und für sich: Niemand mag negative Gefühle und jeder hat eine leichte 'Angst' davor.
Nur manche hängen sich daran eben so intensiv auf, dass kein Platz mehr für anderes bleibt.

Ich für mich zum Beispiel kenne diese angst natürlich auch, aber ich habe lange nicht (mehr) so zu kämpfen mit ihr, ich fokussiere nicht mehr drauf - denn meine Konzentration geht alle für meine enorme Zukunftsangst drauf.

Und so findet auch hier der gute alte Spruch seine Berechtigung:
Jeder hat sein Päckchen zu tragen.

Wichtig ist nur, dass wir auch lernen richtig damit umzugehen und zu distanzieren lernen: Du EMPFINDEST dieses Gefühl, aber du BIST es nicht.
(jaja und ich gebe hier schon wieder Ratschläge, die selbst (noch) nicht zu befolgen weiß..)

Das Dumme ist ja häufig nur, dass wenn man gerade in so einer Situation ist, in der alles schei*e zu scheint oder man aus einem gewissen Gedankenmuster nicht mehr rauskommt, sich auf irgendetwas versteift und das Gefühl hat, gleich zu sterben, weil irgendein Gefühl/Gedanke/äußerer Umstand einen umbringt - dann denkt man nicht: "Och joa, das is jetzt so ne Phase, die geht auch wieder rum.", dafür ist kein Platz da.
Zumindest bei mir. Da wird dann heftigst überreagiert (egal in welcher Hinsicht)und hinterher fragt man sich, wie blöd man sein kann...

Der Schlüssel der Sache ist auch hier die Selbstreflexion, worin du ja scheinbar recht gut bist :) Ich für meinen Teil habe angefangen intensivst zu bloggen und mich immer und immer wieder mit den widerstrebenden Gefühlen kurz vor dem FA oder des Wutanfalls oder sonstwas auseinandergesetzt.
Und irgendwann kommt man an den Punkt, an dem es einem ab und an zu gelingen scheint, eine 'Gefahrensituation' schon frühzeitig zu erkennen und sie im nächsten Schritt vielleicht umgehen zu können.
Eine Gefahrensituation definiert sich für mich auch als einen Anfall von Gedankenwahnsinn, der schließlich der vorausgehende Schritt zur anschließenden Handlung ist.
Manchmal hab ich mir dann regelrecht vebroten, hier weiter zu denken (weil ich auch oft in der Schule Gefahr gelaufen bin, einfach im Unterricht loszuheulen, weil mich meine Gedanken in den tiefsten Abgrund gezerrt haben) und es 'verschoben' aufs Bloggen (bzw Tagebuch schreiben), um dort nochmal mit etwas Abstand sinnvoll darüber nachdenken zu können, anstatt gleich in einer Anwandlung von Geistegestörtheit aus dem Klassenzimmerfenster zu springen.

So, ich glaube ich bin ein bisschen ins off topic geraten, ich hoffe, das ist nicht allzu schlimm.
Auf jeden Fall finde ich, dass du trotz allem auch einem guten Weg bist - denn du denkst nach und zwar ohne dich selbst zu belügen. Es ist zeitweise ja immer recht schwer zu unterscheiden, was davon Wahrheit ist und was Lüge (und wenn es um Depressions-Mord&Todschlag-Gedanken geht, bin ich mir dauerhaft unschlüssig).
Aber ehrliches Reflektieren und das 'Zwiegespräch mit sich selbst' suchen (bzw es hinterher an nette Forumsmitglieder :D zu posten), ist glaube ich, niemals schlecht. Denn erst, wenn man anfängt sich Gedanken drüber zu machen, kann man zu einer Einsicht kommen.

Schlaf schön und liebe Grüße
Wispy
Kraft kommt nicht aus körperlichen Fähigkeiten, sie entspringt einem unbeugsamen Willen.

Re: Bulimie war mein Halt

#10
Ich hab es geschafft!
Ich hab es wirklich geschafft!!!!
Über zwei MOnate jetzt schon und verdammt noch mal ich fühle mich bledend!
Ich hab es geschafft!
Ich kann jetzt im Ehemaligen-Forum schreiben :lol:
:mrgreen:
Das ist so toll nicht mehr ständig ans Essen und Kotzen denken zu müssen, frei zu sein, keinen Drang mehr zu haben
AAAAAAAAAAAAAAAAaaaaaaaaaaaaaaaaaaach
Es ist soooooooo schön
Ich rauche zwar noch wie ein Schornstein aber nachdem ich die Bulimie besiegt habe werde ich auch das als nächstes angehen können
Es ist schön wieder am Leben zu sein
Haltet sie durch die grauenhafte Zeit am Anfang, den kalten Entzug sozusagen....
Haltet durch!
Ihr werdet dafür belohnt, scheiße ihr werde so reich dafür belohnt
Ich könnte schreien und tanzen vor Freude
Wann hab ich mich das letzte mal so gut gefühlt????
Vor Jahren mal?
Ein paar Tips von mir: Verändert euch wenn ihr mit der BUlimie abschließt, lasst euch piercen oder tättowieren, ändert eure Frisur mal ganz krass, färbt euch die Haare, zieht um....es hilft wirklich sich auf ein neues Leben einzustellen und das Alte hinter sich zu lassen
Edit: natürlich nur machen, was man später nicht bereuen wird ;)
Zuletzt geändert von vegan am Mi Jul 28, 2010 13:47, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Bulimie war mein Halt

#11
Hey...
es ist so toll zu lesen, dass es dir gut geht!
Finde das unheimlich motivierend und freue mich für dich!!!
Ich wünsch dir, dass dein Weg aus der Krankheit so positiv weiter geht!!! :D
Der Kummer der nicht spricht, nagt am Herzen bis es bricht. (W. Shakespeare)

Re: Bulimie war mein Halt

#12
es freut mich für dich, dass du so einen Erfolg hast !
Ich wünschte nur, ich fände auch einen Weg heraus bzw ein Ersatzventil. Mittlerweile weiß ich nämlich, dass die Bulimie soetwas für mich ist. Gerade an Tagen wie heute, wenns super schlecht lief auf der Arbeit zB und meine Psyche so richtig angekratzt ist, spüre ich das wachsende Bedürfnis ENDLICH fre**** und ko***** zu können. Es erleichtert mich irgendwie in dem Moment. Traurig aber wahr ...

Re: Bulimie war mein Halt

#13
Ich hab mir grade diesen Thread noch einmal durchgelesen und muss echt sagen, dass ich ein bisschen schockiert bin wie süchtig ich "damals" war...
Im Moment sind mir so viele Menschen und Ziele/ Dinge im Leben wichtig, dass ich mir gar nicht mehr richtig vorstellen kann wie das ist, wenn sich alles nur um eine einzige Sache dreht

Ich hatte seit ich in der 5er WG wohne ein paar Rückfälle, im ersten Monat mit Erbrechen, danach ein paar mal Abführmittel
Das ist jetzt aber schon wieder so lange her, dass ich gar nicht mehr weiß wann genau das war
Eigentlich würde ich mich als gesund bezeichnen
Ich habe allerdings noch einige Folgeerscheinungen der Bulimie, vor allem eine chronische Magenschleimhautentzündung.
Essanfälle in der Form habe ich nicht mehr, aber es passiert mir öfter mal, dass ich mich überesse, wenn was gut schmeckt.
Da rebelliert dann gleich mein Magen, aber ich muss mich nicht übergeben, ich habe "nur" Schmerzen...
An meinem Körpergefühl arbeite ich noch, dabei hat mir übrigens "Essen als Ersatz" von Geneen Roth sehr geholfen

Ich gehe sehr behutsam mit mir um, besonders wenn ich zu viel oder falsch gegessen habe
(mit falsch meine ich nicht etwa kalorienreich, sondern scharfe Gewürze und ähnliches, was dem Magen nicht gut tut)
Dann lege ich mich meistens mit Tee und Wärmflasche hin und kann inzwischen auch meinen aufgeblähten Bauch dann ganz liebevoll streicheln und merken wie gut das tut
Auf so einen miesen Gedanken meinen armen Körper dann auch noch mit Erbrechen zu quälen würde ich im Leben nicht mehr kommen!
Mir ist in den letzte Jahren viel klar geworden und ich sehe mich selbst jetzt zwar als sehr sensibel und gefühlvoll, aber nicht mehr als die überängstliche, gestörte Heulsuse, für die ich mich früher gehalten habe
Ich habe auch eingesehen, dass ich nicht einfach Nahrung oder irgendeine Droge konsumieren und mich dann plötzlich toll fühlen kann. Damit betrüge ich mich immer nur selbst
Echte Veränderungen im Leben brauchen sehr viel Zeit und der Aufwand ist um einiges größer als sich einfach nur irgendwas reinzuziehen
Es kann aber durchaus Spaß machen etwas zu verändern und es kann sehr aufregend sein sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und sich selbst besser kennenzulernen

Was mir wohl am meisten geholfen hat war mich selbst nicht mehr als Feind und die Bulimie nicht mehr als Kampf, den ich gewinnen muss, wahrzunehmen
Im Nachhinein bin ich mir sicher, dass ich nie mein Feind sondern immer auf meiner Seite war :)
Die Bulimie war sicher eine Zeit lang der einzige für mich ersichtliche Ausweg aus meiner kaputten Familie und gab mir irgendwie das Gefühl etwas Besonderes zu sein
Für diese Zeit, in der ich so viele schrecklichen Gefühle hatte und nicht wusste wie ich anders damit umgehen kann,
für diese Zeit habe ich die Bulimie auf irgendeine Art gebraucht
Sicher hätte es Alternativen gegeben, aber die waren mir damals nicht klar und ich war zu verzweifelt um mich alleine auf die Suche nach ihnen zu machen
Im Nachhinein bin ich fast froh darüber, dass ich die Bulimie hatte, weil ich sonst vielleicht was viel Blöderes gemacht oder mich sogar umgebracht hätte
Diese Erkenntnis hat mir gezeigt, dass ich nicht gegen mich ankämpfen muss, sondern mir vertrauen kann
Ich muss mich nach einem FA nicht hassen- ich darf gut zu mir sein, ich darf mir sagen, dass alles in Ordnung ist und dass ich Verständnis für meine vermeintliche "Schwäche" habe
Anstatt mich zu hassen und hart zu bestrafen, wie ich es früher so oft getan habe...

Ich darf auch auf meinen Hunger vertrauen und darauf, dass mein Körper mir sagt was er braucht- auch wenn das sehr kalorienreich ist- ich vertraue darauf, dass mein Körper mir nichts Böses will
Mein Körper ist gar nicht so heimtückisch wie ich immer dachte
Natürlich habe ich nach der Bulimie zugenommen, aber das sind keine zwei Kleidergrößen und ich bin jetzt kein fettes Monster, wie ich früher erwartet hatte....
Vielleicht hilft es ja jemandem das von mir zu lesen
Ich war früher sehr verzweifelt und wollte die Bulimie bis zum Schluss nicht richtig loslassen
Aber ich habe meinen Weg gemacht und ich glaube fest daran, dass ihr alle das schaffen könnt
Mit positiven Gedanken und Gefühlen geht es sehr viel besser als mit negativen :)
Danke auch an alle hier die mir Ratschläge gegeben und mir geholfen haben mit meiner großen Angst vor der Zukunft umzugehen

Re: Bulimie war mein Halt

#14
Hallo Vegan,

ich habe gerade deinen kompletten Thread gelesen. Am Anfang hab ich gedacht, was hat sie nur für ein Problem. Wieso denkt sie, sie hätte die Bulimie verloren. Das kann man doch jeder Zeit machen und man findet immer einen Weg, dass es geht, auch wenn man in einer 5er WG wohnt. Dann dachte ich, die ist noch krasser drauf als ich. Und du hattest dich in dem Zustand als gesund erlebt, ich fand das überhaupt nicht gesund. Jemand, der Heißhunger hat, ist nicht gesund. Für mich bedeutet die Bulimie, die Essstörung, nicht nur, dass man das Essen erbricht, sondern die Störung ist doch die, dass man diese Sucht hat, auch wenn man ihr nicht so nachgibt. Aber du hast ihr ja trotzdem nachgegeben, indem du dich vollgestopft hast. Ich hab das auch mal gemacht. Mehrere Wochen habe ich nicht erbrochen, dafür lag mich manchmal mit quälenden Bauchschmerzen da und es war einfach nur ekelhat, diese riesigen Kalorienmengen in sich zu haben. Nachdem ich dann mehrere Kilos zugenommen habe (die ich lange nicht mehr losgeworden bin), habe ich mir geschworen, nie wieder auf diese Art und Weise mit der Bulimie aufhören zu wollen. Mir ist es ganz wichtig, dass ich mich nicht vollstopfe, ich meine so richtig mit Riesenmengen. Was anderes ist, relative normale Mengen zu essen, wie andere auch. Dadurch kann es auch mal sein, dass man zunimmt, aber eben nicht so krass. Also verstehst du, was ich meine? Das habe ich mir eben vor ca. 1 1/2 Jahren gesagt, dass das oberstes Gebot ist. Und immer wenn ich aufhöre, zu erbrechen, schaue ich, dass ich nicht zu viel esse und wenn es mir doch passiert, dann werde ich wieder rückfällig, weil mir dieses Körpergefühl wichtiger ist.
Nun gut, auf jeden Fall war ich total überrascht, als du dann plötzlich wieder geschrieben hast, dass es dir jetzt nach zwei Monaten so gut geht und du dich so frei fühlst. Das hat mich komplett umgehauen. Wie hast du das alles nur geschafft? Ich bewunder dich wirklich. Denn egal, wie fest ich es mir vornehme, spätestens nach 1 Woche werde ich wieder rückfällig. Und dann schaffe ich es wieder wochenlang gar nicht bis auf höchstens mal einen Tag.
Als es dir so mieß ging, als du hier geschrieben hast, wieso hast du nicht einfach wieder alles so gemacht wie vorher? Ich könnte das nicht. Wenn es mir so schlecht geht, würde ich nicht lange zweifeln, ich kann diese Gefühle nicht länger als einen Tag aushalten.

Ich will auch so einen kalten Entzug. Ich will da raus. Aber ich will es ohne Heißhunger. Das ist meine Bedingung.

Re: Bulimie war mein Halt

#15
Hallo Senai!

Ja, das kann ich verstehen, dass du nicht mit Essanfällen aussteigen willst...
Ich weiß nicht wie sehr du dich schon mit den Ursachen für diese Anfälle beschäftigt hast
Bei mir hat es schon sehr viel gebracht mich mit der Frage zu beschäftigen warum ich mich jetzt vollstopfen will
Am Essen liegt es nicht :|
Meistens war ich einfach einsam und wollte eigentlich, dass jemand da ist, mit mir redet und mir zuhört

Ich muss dazu sagen, dass ich nach einem Umzug mit Schulwechsel die Außenseiterin war und sich zur gleichen Zeit auch noch mein Vater umgebracht hat
Meine Mutter war vollzeit berufstätig und desinteressiert an mir, also kurz gesagt:
Ich war jeden Tag zu jeder Zeit allein
Darum sage ich auch, dass ich die Bulimie damals gebraucht habe, weil ich sonst nichts anderes mehr hatte
Nach dem Abi dachte ich jetzt würde sich alles ändern, ich bin erstmal weggezogen, wollte studieren, Freunde finden, ein normales Leben führen
Stattdessen hab ich mich isoliert, bin nie zur Uni, war den ganzen Tag daheim in meiner Wohnung und hab gekotzt
In meinen Augen hatte ich total versagt und war der allerletzte Dreck
Die Idee in eine WG zu ziehen war sowas wie mein letzter Strohhalm, an dem ich mich fest geklammert habe
Und es hat tatsächlich funktioniert
Natürlich habe ich am Anfang heimlich gekotzt und Müllberge von Fressanfällen in meinem Zimmer gesammelt...
Aber allein, dass ich nicht mehr isoliert war, dass sich meine schlimmen Erfahrungen als Außenseiterin nicht wiederholt haben, das hat mir schon enorm geholfen
Mit einem Mitbewohner konnte ich sogar über die Bulimie reden und meine alten Freunde aus der Zeit vor dem Schulwechsel haben sich am Telefon die Ohren abkauen lassen und mich immer wieder beruhigt
Dadurch, dass ich nach so vielen Jahren wieder positives Feedback von anderen bekommen habe konnte ich auch ganz anders mit mir selbst umgehen und anfangen mich zu akzeptieren

Das Schwierigste war eigentlich die Rückfälle hinzunehmen, denn die kommen in der Anfangszeit einfach vor
Oft konnte ich Rückfälle ganz vermeiden, indem ich mich immer wieder gefragt habe was ich wirklich will
Und an guten Tagen hab ich dann statt zu essen mit meinen Mitbewohnern einen Film geschaut oder wir sind Kaffee trinken gegangen oder oder...
Auch wenn ich schon eingekauft und angefangen hatte, habe ich mir versucht bewusst zu machen, was ich wirklich will
Und ich habe mir immer gesagt, dass ich auch mittendrin aufhören kann
Es gibt kein "Jetzt ist es eh schon zu spät"
Aber wenn ich nicht aufhören, sondern einen Rückfall haben WOLLTE, dann habe ich versucht den zu "genießen" oder zumindest ganz bewusst alles wahrzunehmen und "bei mir zu bleiben"
Ich kann mich dafür hinsetzen, den Fernseher ausschalten und mich darauf konzentrieren was ich mache
Am Anfang ist das natürlich total schwer, aber so ganz langsam bekam ich dadurch wieder die "Kontrolle" oder besser
ein Gespür für meine echten körperlichen und seelischen Bedürfnisse
Statt so schnell wie möglich alles wahllos runter zu schlingen habe ich ein Verlangen nach ganz bestimmten Lebensmitteln gespürt, die ich dann auch wirklich schmecken und vergleichsweise langsam essen konnte
Natürlich waren das trotz allem Fressanfälle, aber die Kluft zwischen so einem Anfall und einer normalen Mahlzeit ist immer kleiner geworden
Und es hat überhaupt nicht wehgetan :)
Ich denke, dass nur der Weg, der sich gut anfühlt auch der Richtige sein kann