Von Helga am 26.11.2001

Sitze gerade in der Arbeit und denke schon wieder daran, was ich mir in nicht einmal einer halben Stunde alles reinschieben werde. Den ganzen Tag habe ich schon überlegt, was soll ich essen, was soll ich trinken und wann werde ich wieder kotzen. In der Früh ist das Leben und die Welt noch in Ordnung und ich mache Pläne. Pläne für ein Leben ohne meine Krankheit. Doch beim Mittagessen sind meine guten Vorsätze schon wieder weg und mein erster Gang nach dem Essen ist aufs Klo. Heute Abend wird es wieder das Gleich sein und so vergeht ein Tag um den anderen. Bald kommt wieder Weihnachten und ein neues Jahr. Jedes Jahr zu Silvester wünsche ich mir nur ein - Gesund zu werden, von der Krankheit loszukommen und endlich ein normales Leben zu führen. Leider klappt es nie und ich nehme einfach mein Leben so hin, wie es ist. Was habe ich nur Böses angestellt, dass mir der dort oben so hart bestraft. Was haben wir alle verbrochen, so bestraft zu werden. Ich weiß was ihr nun sagen werdet, die spinnt ja total. Aber manchmal denke ich eben so darüber. Ich weiß natürlich auch, dass ich selber an dieser Krankheit Schuld bin und das nur ich mein Leben wieder in die Hand nehmen kann. Leider fehlt mir die Kraft und der Mut dazu endlich den ersten wichtigen Schritt zu machen und mir einzugestehen, dass ich alleine nicht mehr davon loskomme. Ich bewundere alle, die es geschafft haben. Habe auch schon mal ein paar Wochen nicht gekotzt, leider kam dann wieder ein Problem in der Arbeit oder daheim und schon ging die ganze Scheiße wieder los. Kann man überhaupt davon loskommen??????? Ich glaube nicht. Wenn ich so nachdenke, habe ich 10 Jahre meines Lebens in das Klo gespült und ich frage mich nur eines: wie lange noch. Ich weiß, dass ich bald nach Hause gehen werde, zum Kühlschrank, mich anfressen werde und dann alles wieder rauskotzen werde. Ein Prozess, der sich immer wieder wiederholt. Danke für´s Zuhören!

bisherige Antworten:


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Betreff: Re: Zum Kotzen!
Von sonja am 27.11.2001

Du spinnst keines wegs so denke ich auch hofft.
Im Moment bin ich in einem Hoch denke alles meister
zu können doch ich weiß irgendwann kommt ein winziges
Problem und dann ist dieses Hoch ganz schnell ein
Tief. Ich hab diesen Schieß nun schon 7 Jahre. Die
ganzen Jahre habe Tag für Tag gefressen und danach
den weisen Porzellan Gott angebetet. Da fragt man sich hofft
warum noch leben? Ich hab gelebt zum kotzen, das
war mein Lebensinhalt.
Von Ende Juni bis August habe ich in einer Klinik eine
Therapie gemacht. Danach ging es mir rund 2 Monate
suuuuppper!!! Dann kam das eine oder andere
Problemchen und ish näherte mich meiner alten Eß
gewohnheit immer mehr.Doch irgendwie habe ich es geschaft
mich wieder zu fangen dies verdanke ich zum größten Teil
meinem Bruder er ist immer da egal wann wo wie.
Er ist der wertvollste Mensch und ich möchte
Ihm beweissen wie sehr ich ihn mag. Seine Freundin
unterstützt. Das tut mir gut.
Was mir auch noch hilft sind die Erfahrungen aus
der Klinik und aus den ganzen Therapien.
Doch das alles allein nüzt nichts wenn der Wille
fehlt. Es gibt kein nicht Können sondern nur ein
nicht wollen.
Liebe Grüsse

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Betreff: Re: Zum Kotzen!
Von Julia am 27.11.2001

Hallo Helga!

Ich kann Dich sehr gut verstehen. Mir geht es ähnlich. Auch ich nehme mir morgens immer vor heute "brav" zu sein. Doch spätestens zum Mittagessen sind auch meine guten Vorsätze dahin. Ich esse zu Mittag zwar wenig, da ich in der Arbeit nicht brechen kann, aber trotzdem spucken mir die Gedanken andauernd im Kopf herum. Meist beginne ich dann schon in der Arbeit zu essen, und kann es kaum mehr erwarten bis ich endlich nach Hause komme, um dann nochmals ordentlich aufzukochen und dann endlich zu brechen.

Ich weiß schon jetzt was ich mir zu Silvester wieder vornehmen werde. Wie jedes Jahr halt. Habe diese Krankheit auch schon seit ca 10 Jahren.
Auch mir kommt es vor, als hätte ich die letzten 10 Jahre beim Klo runtergespült, aber ich glaube, daß wir die Bulimie auch irgendwie zum Überleben brauchen.
Lies mal meinen Eintrag "Brief an meine beste Freundin Bulimie". Vielleicht findest Du Dich darin wieder.

Liebe Grüße

Julia