Hallo ihr Lieben!
Jetzt ist es schon sooo lange her, dass ich versprochen habe zu antworten! Ungefähr genauso lange ist es auch her, dass ich unten stehendes geschrieben und mir vorgenommen habe, es noch mal zu überarbeiten. Dies werde ich jetzt aber nicht mehr tun, je mehr ich es hinauszögerte, desto schwieriger wurde es….
Also erstmal ein großes „Sorry“, dass ich so lange gebraucht habe – vergessen habe ich es nicht. Uni-Stress ist mittlerweile zum Glück vorbei, einige Hochs und Tiefs hatte ich auch in der Zwischenzeit. Hier also der ellenlange, unüberarbeitete Post (ein bisschen durcheinander, ein bisschen viel wiederholt, ein bisschen Überflüssiges geschrieben, aber unzensiert

).
Hatte zuerst angefangen eine PM an Amy zu schreiben, was jedoch ziemlich ausgeartet ist, sodass ich mir dachte: eigentlich ist das genau das was du eh posten wolltest.
(Hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich mich hier ein bisschen auf deine PM beziehe, Amy. Aber ich schätze mal, in diesem Forum gibt es eh kaum Dinge, die verheimlicht werden, bei dem was eh schon offenbart wird…)
Hallo Amy!
Es freut mich, dass du schreibst, auch wenn ich leider an ein zwei Dingen beim Lesen hängenbleiben musste

:
"Ich bin leider noch immer voll drinnen."
und:
"Noch immer hoffe ich, dass das der Sinn einer Therapie sein soll: Depression / Isolation (beides kannte ich vor dem Beginn der Therapie eigentlich nicht), Exzessive Auslebung der Bulimie und körperliche Folgeerscheinungen. "
Und bei letzterem habe ich mich doch schon recht erschrocken... Depression und Isolation hast du in der Therapie erfahren? Wie konnte das passieren? Was machst du für eine Therapie bzw. was macht dein Therapeut mit dir?
Nunja, dass man alles noch einmal durchleben muss, das kenne ich. Mir ging es nach den Therapiestunden größtenteils auch erstmal schlechter als davor, manchmal war ich richtig fertig und wollte am liebsten direkt wieder zurück zur Therapie laufen. Und eigentlich kam es kaum vor, dass ich von der Therapie kam und mir nicht die Hände gezittert haben oder ich kurz vor einem Heulanfall war...
Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen: ich kann mich noch kaum an etwas erinnern

Das ist alles so weit weg, obwohl es gar nicht so lange her ist!
Bei mir war es so, dass ich den Schmerz über gewisse Dinge endlich zulassen musste, dass ich zulassen musste gewisse Rückschlüsse zu ziehen, was einen ziemlich fertig machen kann.
Wie war der Verlauf der Therapie? Wie gesagt kann ich mich nicht soo gut daran erinnern, aber ich versuche mal grob ein par wichtige Dinge zusammen zu fassen:
Als ich zu der Therapeutin kam, war ich fix und fertig (was auch der Grund dafür war, dass sie mich direkt genommen hat). Ich habe alles und jeden gehasst, vor allem mich selbst, hatte angst vor meinem Umfeld, vor alltäglichen Dingen und war sehr belastet mit Schuldgefühlen und Druck durch die Schule, durch meinen Vater, aber letztendlich durch mich selbst.
Wenn man eine Therapie beginnt, ist man meist an dem Punkt angelangt, dass man sich bewusst darüber ist, dass man aufhören will und Hilfe braucht, man jedoch noch nicht stabil genug ist, das eigentliche Problem anzugehen.
Daher liefen die ersten Stunden bei mir erstmal so ab, dass sie mich "stabilisieren" musste. D.h. ich ging zu ihr, war total aufgelöst wegen irgendeiner Sache und sie redete mit mir darüber, gab mir Denkanstöße, die mir halfen mit meinen "Teil"-Problemen umzugehen. Ich finde das im Nachinein sehr wichtig, da ich dadurch gelernt habe, mit Dingen umzugehen, auf die ich vorher immer emotional sehr heftig reagiert habe.
Aber es dauert eine ganze Weile, bis man sich bestimmte Dinge eingestanden hat. Wenn du einen guten Therapeuten hast, dann wird er dich dazu bringen, dass du von selbst auf bestimmte Dinge kommst, ohne von deinem Therapeuten in eine "Schublade gesteckt" zu werden.
Wichtig an der ganzen Sache ist sich selbst verzeihen zu lernen und auf diese Weise ehrlich zu sich selbst und in folge dessen auch zum Therapeuten sein zu können. Das kostet einiges an Überwindung, da man weiß: wenn ich mir das jetzt eingestehe, dann folgt daraus, dass ich mich in Zukunft "so-und-so" zu verhalten habe (zB. zur Verhinderung von Verdränung etc.)
Nach und nach kommen auf diese Weise die Dinge ans Tageslicht, die einen wirklich bedrücken (hinter der Verdrängung) über die dann als nächstes geredet werden kann.
Leider kann ich nicht sagen, wie stark der Erfolg des Genesungsprozesses von der Therapie oder den äußeren Umständen abhängt...
Daher hier nochmal die Dinge, die mich positiv beeinflusst haben, was die Therapie angeht:
- Krankenhausaufenthalte
- tatkräftige Unterstützung meines Freund (wichtig: Mitleid bzw. Mitgefühl ist ok - in Maßen! Alles über eine gewisse Grenze hinaus stürzt einen nur noch tiefer in die Depri. Das einzige uneingeschränkt empfehlenswerte ist Akzeptanz, Respekt, Achtung, Toleranz

)
- mein Bruder: ich habe Anfang des Jahres einen Halbbruder von meinem Vater bekommen, was mich meinem Pflichtgefühl und meinen Schuldgefühlen meinen Vater gegenüber entlastet hat.
Du siehst, diese Dinge sind sehr individuell und wahrscheinilch muss man auch einfach mal ein bisschen Glück haben in seinem Leben, um überhaupt in einen Zustand zu kommen, in dem es wirklich "klick" machen kann! Wenn so eine Gelegenheit aber mal da ist, darf man auch nicht zögern und muss sie ergreifen - und an der Stelle ist wiederum die Therapie sehr hilfreich.
Wenn die äußeren Umstände sich bei mir nicht verändert hätte, bezweifle ich, dass ich es so einfach (im Sinne von schnell) geschafft hätte!
(Meine Therapie habe ich im Januar begonnen und schon weniger als ein halbes Jahr später habe ich kaum noch erbrochen.)
Von da an ging es eigentlich nur noch bergauf... Ich hatte es nicht mehr nötig stabilisiert zu werden und wir konnten endlich über meine Verhaltensweise reden (in welchen situationen kommt es zum FA? Warum? Wie kann ich diese meine Reaktion verhindern bzw. was kann ich alternativ machen um zB. Wut abzubauen?). Ab da fiel mir alles plötzlich viel leichter als vorher. Wenn man erstmal herausbekommen hat WARUM man in einem bestimmten Augenblick überhaupt essen bzw. k* will, ist es viel einfacher dies zu unterbinden. Oft ist es auch so, dass man denkt: klar weiß ich warum ich jetzt essen will, das ist so-und-so! Aber manchmal denkt man das nur, um andere Dinge zu verdrängen oder weil man sich etwas nicht eingestehen mag. An dieser Stelle komme ich wieder zu dem "sich verzeihen lernen" <-- ganz ganz wichtig! Bei mir war es so, dass wenn ich meiner Thera etwas erzählt habe und mich dann selbst verantwortlich gemacht habe, mich schuldig gefühlt habe, sie so reagiert hat, dass ich verstehen konnte, dass ich zb. ganz normal bin. Dass es jedem anderen in so einer Situation auch so gehen würde! Dass man (um das beispiel von vorhin aufzugreifen) in gewissen situation wut empfinden darf und sogar muss! Oder anderes Beispiel: sie hat verblüfft reagiert und mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich mich für etwas schuldig gefühlt habe, was ich gar nicht getan habe bzw. für das ich gar nicht verantwortlich gewesen bin.
Ich für meinen Teil hatte immer einen Riesenrespekt vor meinen Eltern und mir ist nie in den Sinn gekommen, dass ICH mich teilweise erwachsener verhalte als sie es tun, bzw. dass auch sie in bestimmten Situationen einfach nur abwehrend reagieren (ja, eltern haben auch gefühle *g*) etc. Auf diese Weise habe ich gelernt mir zu verzeihen und in Situationen in denen ich vorher gefr* und gek* hätte konnte ich nun einschätzen: warum habe ich gerade das Bedürfnis, was hat es ausgelöst?, konnte mir meine Gefühle verzeihen (das klingt blödsinnig, aber ist es nicht so, dass man selbst alles was man denkt und fühlt zensiert und sich gleich dafür bestrafen möchte, obwohl man am Ende durch die Verdrängung nicht mal mehr weiß warum?), und sie zulassen. Oder (wenn das Essen zB. aus Langeweile geschehen würde) mir eine alternative Lösung suchen.
Nach und nach kam es dann immer öfter vor, dass ich in Fa- und k*gefährdeten Situation mir denken konnte: Genau jetzt in diesem Moment habe ich die Wahl! Will ich zunehmen? Will ich k*en? Nein, das habe ich nicht wirklich nötig, ich kann auch anders und ich will auch anders, das alles unterliegt meiner Verantwortung!
.... so hat das ganze seinen Lauf genommen.
Um nochmal auf das Thema "ich mache Therapie, aber mir geht es schlechter als vorher, bzw. auch nicht besser" zurückzukommen:
Die Veränderung die jeder von uns hier anstrebt ist ein langer Weg voller Steine, der viel Kraft, Druchhaltevermögen und Selbstdisziplin erfordert.
Man sollte von Beginn an nicht den Anspruch stellen durch die Therapie allein nach einiger Zeit einen Erfolg zu spüren zu bekommen.
Im Endeffekt liegt es immer an einem selbst! Das ist kein blöder Spruch (ich selbst hielt es immer für einen...), sondern schlichtweg die Wahrheit.
Da fragt man sich natürlich: Schön, wenn es nur am mir liegt, warum soll ich dann eine Therapie machen?!
Weil man es ganz alleine eben doch nicht schafft. Man braucht immer wieder eine Rückmeldung, eine Bestätigung, Hilfe zur Selbstreflexion, Denkanstöße, die Möglichkeit das eine oder andere mal auszuprobieren und zu merken: es ist ok. Dies kann euch außer einem Therapeuten niemand professionell genug geben!! Weil: der Therapeut weiß worum es geht, durchschaut Dinge, die ihr vielleicht selbst nicht durchschaut, geschweigedenn euer Ulmfeld, dem ihr eh was vormacht / vormachen könnt, dem die nötigen Vorkenntnisse fehlen, das darüber hinaus höchstwahrscheinlich auch noch selbst Teil eures Lebens ist (wie könnte es auch anders sein?).
All dies kann der Therapeut euch geben, er ist sozusagen eure "Hilfestellung". Und dann liegt es an euch: was mache ich daraus? Ich wollte schon immer mal wissen wie ich auf andere wirke, ob meine Wut von vorhin berechtigt war, woran es liegt, dass ich mit bestimmten Menschen nicht auskomme... Dabei kann einem der Therapeut helfen. Stellt sich nur die Frage: will ich überhaupt wissen, dass ich in wirklichkeit NEIDISCH bin auf meine nachbarin? Der therapeut würde euch den Denkanstoß zu "neidisch" geben, dann kommt ihr: eine weile darüber nachsinnen, prüfen, ob es wohl passt und das wichtigste: (hier der schwierige und entscheidende schritt, denn wenn der nicht kommt, bringt die thera auch nix!) eingestehen! dann erstmal ausatmen und stolz auf sich sein

Als nächstes käme dann der Punkt: wie gehe ich damit um? etc....
Damit wollte ich nur veranschaulichen, dass eine Therapie zwar sehr hilfreich und in den meisten Fällen für eine Genesung auch unumgänglich ist, es aber dennoch an jedem selbst liegt was man daraus macht!!
Ok, wo war ich nochmal? bei dem punkt mit dem "mir gehts schlecht".
Dazu kann man nur sagen: logisch, wie kann es einem im Anfangsstadium der Therapie NICHT schlecht gehen?! Schließlich wird man mit genau den Dingen konfrontiert vor denen man schreckliche Angst hat, die man in jahrelanger mühsamer Kleinstarbeit gelernt hat zu verdrängen und (auf schädliche Weise) zu handhaben! Das ist also erstmal vollkommen normal

Mir ging es (wie oben beschrieben) genauso.
Und jetzt der entscheidende Punkt, der Grund aus dem ich weiter oben so vom Thema abgewichen bin:
Nun ist man selbst am Zug! Wenn man zur Thera geht und erwartet "das geht alles von selbst" wird es einem nie besser gehen! Man muss also tatsächlich "den Schmerz annehmen" und als nächsten Schritt (wie oben beschrieben) die Überwindung lernen (es reicht also nicht, sich nur dem Schmerz hinzugeben!).
Und immer und immer wieder wird man am Zug sein. Das ist definitiv harte Arbeit. Es wird auch immer wieder passieren, dass man sich nach der Thera total mies fühlt, das hat bei mir eigentlich fast nie aufgehört...
Irgendwann (nach längerer Zeit) wird einem dann plötzlich auffallen, dass man sich während der Thera langweilt. Das ist der Punkt an dem man merkt, dass man im Moment tatsächlich ganz selbstständig mit seinen Problemen umgehen kann

Allerspätestens ab diesem Punkt sollte sich dann auch das Gefühl des "stolz-seins" einstellen

dann hat man es so gut wie geschafft (für den Augenblick).
Bei mir waren es mal wieder die äußeren Umstände, die den Heilungsprozess beschleunigt haben: ich bin weggezogen.
Obwohl meine Therapeutin mir geraten hat die Therapie hier fortzusetzen (und ich das jedem anderen auch raten würde - wie schon gesagt ist alles immer sehr individuell!!! bei mir war es zufällig so, dass sie einige meiner Probleme durch den Umzug verflüssigt haben), habe ich es nicht getan und heute geht es mir nach wie vor gut

Übrigens: meine Therapie hat verhältnismäßig ja sehr kurz gedauert (ca.9 Monate) und "clean" bin ich auch noch gar nicht lange (ca. 4-5 Monate mit Zwischenfällen, vor ca 7 monaten war ich das erste mal stolz darauf nicht mehr jeden tag zu erbr*

). Dass ich weggezogen bin, ist nun 7 wochen her. Daher: ich weiß nicht was noch auf mich zukommt und mir ist bewusst, dass ich mich noch nicht als vollkommen geheilt betrachten kann!! Deswegen und weil jeder INDIVIDUELL ist: bitte seht meinen Bericht nicht als Allgemein-kochrezept an!!
Meine Therapeutin meinte immer: das schlimmste was einem Mädchen wie dir passieren kann, ist eine Therapie zu beginnen, enttäuscht wieder von dannen zu ziehen und es nie wieder zu versuchen.
Was auch sehr wichtig ist: seid bei der Therapie ehrlich und offen zu euch selbst und in gleichem Maße auch zu eurem Therapeuten! Manchmal ist es so, dass man selbst nicht versteht: warum habe ich das getan? Warum fühle ich mich jetzt so? Warum will ich das nicht? In solchen Momenten einfach zugeben was man denkt, laut denken, Schlussfolgerungen (die man selbst macht) zulassen und aussprechen. Niemand wird euch dafür strafen. Niemand erwartet etwas von euch. Der Grund aus dem ihr die Therapie macht ist nicht irgendjemandem (vor allem eurem Therapeuten) einen Gefallen zu tun, sondern EUCH SELBST einen Gefallen zu tun! Das sollte klar sein: wenn man nicht offen und ehrlich zum Therapeuten ist, schadet es im Endeffekt einem selbst.
Das war es soweit mit meinem Post, aber weil das so lange her ist, dass ich das geschrieben habe, hier noch mal ein kleiner Zusatz:
Nochmal zu dem sich schlecht fühlen nach der Thera: ist klar, wenn der Therapeut gut ist, wird es daran liegen, dass sich ein „Knoten“ in einem gelöst hat, man mit Dingen konfrontiert wird, die man lange Zeit nicht hatte wissen wollen. Daraus können verschiedene Dinge folgen: Selbstmitleid, Trauer über Verlust von Zeit und Chancen (zB. verdrängte Dinge richtig anzugehen), Angst, Schockiertheit, Verunsicherung (aus seiner normalen „ich-verdränge-alles“-Routine gebracht worden zu sein), etc…. daraus wiederum kann Selbstsicherheit und Stolz a la „hey, ich bin einen Schritt weiter“ oder aber extremer Rückfall a la „hilfe, ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll“ folgen. Soviel dazu.
Mittlerweile sind es bei mir also schon wieder zwei Monate mehr, die ich auf meine Clean-Liste setzen kann

Aber ich muss zugeben, dass ich in der Zwischenzeit schon wieder Probleme mit einigen Dingen hatte. Mir ist es ziemlich schwer gefallen, nach der ganzen B-Routine, bzw. Thera-Routine in einen „normalen“ Alltag zu wechseln.
Ich hab ja geschrieben, dass ich umgezogen bin. Soweit war auch alles in Ordnung, es war als wär ich im Urlaub, weit weg von allem was vorher war. Nachdem ich zu Weihnachten zu hause zu Besuch war, hat sich schlagartig alles wieder geändert. Erst da wurde mir klar, dass das hier kein Urlaub ist, und dass ich endlich lernen muss, wieder eine gewisse Routine in mein Leben zu bekommen. Zu Hause hatte ich das erste Mal Panikattacken als ich unter Leuten war (vorher nur, wenn ich alleine war). Das hat mich ziemlich schockiert, aber es hat mir irgendwie klar gemacht, dass ich zuviel von meinem Leben, oder besser: von mir erwarte. Ich merke also, dass auch wenn ich schon lange nichts mehr mit essen und brechen kompensiere, noch lange nicht alles vorbei ist. Die „Arbeit“ daran geht also weiter….
PS: ich glaub, ich war ziemlich durcheinander als ich das geschrieben habe

ist also schon ne Leistung, wenn mans durchgelesen hat *gg*
... Ich tanze so schnell ich kann ...