Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#76
Danke für eure wirklich lieben, aufbauenden und verständnisvollen Antworten!
Leider habe ich gerade schon wieder schlechte Nachrichten. Nachdem ich eine Stunde gedöst habe, war der Selbsthass schon wieder da. Ich hatte den Gedanken an Fressen, aber statt diesem Nachzuspüren und den Selbsthass zu benennen, ging ich einfach in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Naja und der Rest des FA's von gestern musste dann dort vernichtet werden. Ich finde es sehr traurig, was ich dabei gedachtet habe: "belüg dich ruhig selbst, du musst es niemandem erzählen, nicht mal dir selbst, du kannst es ja einfach wieder vergessen" und "einmal ist keinmal" . Außerdem ist mir während des FA's viel bewusst geworden:

Bulimie bedeutet für mich...
- Ja sagen zum Selbsthass : ihm aktiv zustimmen
und gleichzeitig
- Der Versuch die höhnischen, auto-aggressiven und irrationalen Stimmen in meinem Kopf auszuschalten
damit verbunden
- Erleichterung
aber vor allem auch
- Nein sagen, dass da draußen mehr auf mich wartet und ein besseres Leben als über der Kloschüssel
- Nein sagen zu meinen Gefühlen und der Möglichkeit sie anders zu artikulieren
- Aufhören mich Anzustrengen
- ein Warnsignal, dass es mir nicht gutgeht
- die Augen verschließen vor dem was da ist
und
- mich selbst aus anderen Augen betrachten, die nur sehen was ich (noch) nicht bin, (noch) nicht kann, (noch) nicht habe statt was ich bin und was schon da ist
- das Gewissen für 1-2 Stunden abstellen, (damit es danach umso heftiger zurückkehrt)
- aufhören wollen zu leben: für die Zeit des Fressens und Kotzen auf "Pause" drücken
aber das Schlimmste:
- mir selbst die Hoffnung und den Glauben an mich nehmen.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich jetzt schon sehr, sehr fertig bin. Es wäre auch im Anbetracht der sehr positiven letzten Woche wohl merkwürdig wenn mir die beiden Rückfälle nichts ausmachen würde. Das was mir am meisten ausmacht ist, dass ich während des FA's dachte "tja, so gehts dann wohl ab jetzt wieder weiter". Das was mir so viel ausmacht, ist dass ich der Angst, dass es so weitergehen könnte soeben einen Grund gegeben habe.

Ich finde "leben" bedeutet, dass einem die Dinge nicht gleichgültig sind, dass man sich berühren lässt und Schmerz zulässt. Während einem FA ist mir hingegen alles egal.
Doch deshalb bereue ich gerade. Ich bereue erbrochen zu haben. Es tut mir leid und weh. Es tut mir leid, mich selbst so verletzt zu haben und mir in diesen Momenten so ein großes Stück Hoffnung genommen zu haben, das ich mir jetzt erstmal wieder zurückgeben muss.
Aber vielleicht fange ich ja genau damit an den Selbsthass in den Hintergrund zu rücken, in dem ich sage "Nein, das war nicht gut eben und es ist mir auch nicht egal. Es ist kein Grund mich zu hassen, dass ich rückfällig wurde, sondern es ist ein Grund traurig zu sein, dass ich nicht anders mit mir umzugehen weiß."

Ich lege mich nochmal hin und höre Musik.
Ich schaue in den Himmel:
die Nacht ist sternenklar,
im Mondlicht singt die Wahrheit
es ist so wunderbar

Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#77
Tears are running down my face
like they've waited to come out
it's a rain on broken blue fields
that have once flourished so beautifully
because I've seen the truth
and I've seen a way to get out of this
prison
by keeping faith into the truth

I've been free in some wonderful moments
I didn't want anything but holding these moments
and going with them to infinity

But then
I lied to myself again
I didn't see anymore
and now it hurts so much
the fear is bigger than before
and hope ...
where's it now?

But maybe I can restart
with a little promise
to myself
and trying to see again
that's why these tears can't stop right now
Zuletzt geändert von flieder am So Jul 22, 2012 16:07, insgesamt 1-mal geändert.
Ich schaue in den Himmel:
die Nacht ist sternenklar,
im Mondlicht singt die Wahrheit
es ist so wunderbar

Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#78
Schokolade macht glücklich :-) den Spruch gibt's ja nicht umsonst!
Weinen hilft manchmal auch. Das ist dann wie eine Art Erlösung, von dem ganzen Schlechten. Also muss es nicht immer negativ gesehen werden, wenn man weint. Natürlich wär es ohne schöner, aber manchmal muss man sowas eben zulassen.
Zu dem von Freitag: Es gibt Höhen und Tiefen, das ist klar. Auch Rückfälle, aber davon darf man sich nicht abbringen lassen und genau das tust du ja nicht! Das spiegelt wirkliche Stärke wieder, freut mich wirklich! :)

Sehr gut zu hören, dass du an dich gedacht hast und nicht an Geld! Du bist schließlich das Wichtigste für dich und das ist richtig so.
Du glaubst an dich selbst und das ist, denke ich, der Grundstein auf dem Weg!

Ein Rückfall - na und? Klar, es ist nicht schön aber es bedeutet rein garnichts! Du hattest so einen guten Lauf und der geht jetzt weiter. Wie gesagt, es gibt Höhen und Tiefen, es war ein Tief. Du hast dir aber bewiesen, wie unglaublich stark du bist. Die Stärke nutzt du jetzt, um aus diesem Tief wieder rauszukommen. Du kannst das! Du enttäuscht hier niemanden, der mitliest, da bin ich mir sicher. Du brauchst dich auch nicht zu rechtfertigen oder zu entschuldigen, sowas ist natürlich und kann jedem passieren, selbst dem stärksten Menschen der Welt.
Dem Feind kann man auch mit Ignoranz begegnen, das macht ihn wütend und vielleicht auch unfähiger, dir irgendwas "anzutun". Außerdem hast du schon wieder die besten und zutreffendste Einstellung: Es ändert rein garnichts, an deiner tollen Persönlichkeit, daran, dass du dich lieben kannst und solltest, an deinem Erfolg, an garnichts!

Ich kann dir nur nochmal sagen, dsas du stark genug bist, um dich von sowas nicht abbringen zu lassen, das hast du hier denke ich jedem bewiesen. Was sind schon zwei schlechte Tage, für ein ganzes Leben? Also, aufstehen, Krone richten und weiter geht's! :-)
perfectly unperfect.

Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#80
Guten Morgen meine Lieben!

Heute sieht die Welt schon etwas anders aus. Seit meinem letzten Post ist es zu keinem weiteren Vorfall gekommen und obwohl ich gerade sogar im Elternhaus sitze, bin ich verhältnismäßig entspannt. Ich bin aber etwas ängstlich und auf der Hut, weil ich nach diesem Wochenende besonders gut auf mich aufpassen möchte: aber in einem liebevollen, nachsichtigen, verständnisvollen Sinne und nicht überfordernd, perfektionistisch und kontrollfreakmäßig :-D
Weinen hilft manchmal auch. Das ist dann wie eine Art Erlösung, von dem ganzen Schlechten. Also muss es nicht immer negativ gesehen werden, wenn man weint.
Genau das ist die Emotion und Intention, die ich in meinem Gedicht vermitteln möchte: Erlösung durch Weinen. Wieder die Wahrheit sehen: dass es nichts Schlechtes, Schuldiges an mir gibt und sobald ich diese Wahrheit gestern wieder gesehen habe, hat es mich sehr, sehr traurig gemacht wie ich mich durch die Augen des Selbsthasses verzerrt wahrgenommen habe.
Ich muss auch ganz ehrlich zugeben, dass ich mich zwar wieder befreiter fühle und bereit fühle mich meinen Gefühlen zu stellen (und dies auch tun werde), aber ich noch nicht wirklich wieder zu mir gefunden habe. Es ist noch eine große Selbstunsicherheit da und eine tiefe, tiefe Traurigkeit und Angst. Angst, dass ich wieder Wut gegen mich richten könnte, die Schönheit und Wahrheit nicht mehr sehen möchte, mich selbst erneut so verzerrt wahrnehme und mir am Ende dieser Kette selbst nichts Gutes tun möchte, mir nichts zugestehen möchte.
Vielleicht wäre es ja eine gute Idee, wenn ich mich heute einfach mal wie eine „beste Freundin“ behandle um mir diesen liebevollen Umgang mit mir selbst etwas zu erleichtern? Das werde ich mal ausprobieren.
Außerdem könnte ich eine Liste anfertigen mit Dingen, die ich an mir mag oder auf die ich stolz bin. Wenn der Selbsthass dann wieder so stark wird, kann ich mir diese Sachen vor Augen führen und bewusst machen, dass diese schönen positiven Dinge in Wahrheit zu mir gehören und nicht irrationale, selbstzerstörerische Denkmuster ! Ich mag z.B. mein lautes und herzhaftes Lachen, meine kleinen Ohren, einige meiner Gedichte und meine blauen Augen. Das ist doch schon mal etwas : )
Die andere und sehr, sehr wichtige Idee bezüglich Selbsthass abwenden ist Ablenkung. Das hat mir gestern auch enorm geholfen. Wenn ich mich voll und ganz auf den Augenblick konzentriere ist gar kein Raum für störende Gedanken.

Ich fühle mich durch meine eigenen Ideen inspiriert, nun schon wohler und zuversichtlicher. Es ist schön sich selbst auch ein guter Ratgeber sein zu können, auch wenn das jetzt vielleicht überheblich klingt.

So, meiner „besten Freundin“ war das Frühstück zu wenig, deshalb gehe ich jetzt einfach nochmal in die Küche.
Hier bin ich wieder: mit Müsli. Bin echt stolz mir sogar noch etwas nachgeholt zu haben, einfach weil ich es brauche!

Ich werde nun aber auch mal etwas lesen und später noch die Liste anfertigen ;-)
Ich meld mich nachher wieder,
danke für eure tolle Unterstützung!
Zuletzt geändert von flieder am Mo Jul 23, 2012 7:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#81
liebe flieder

zuerst einmal muss ich sagen, dass ich dein gedicht wirklich unglaublich schön finde, so ausdrucksstark, es spricht mich einfach im innern an und berührt mich emotional
weinen hilft wirklich, auch wenn ich mir meistens denke - was bringt das eigentlich? wie du sagtest: erlösung

aber siehst du, der rückfall hat bewirkt, dass du wieder neue ideen sammelst, um dich besser zu schützen und dir deinen weg zu erleichtern
mach die liste! und die idee mit der "besten freundin" ist wirklich gut, ich denke mir so oft, warum tust du dir das an? du würdest niemanden so behandeln wollen, nicht deine schwester, nicht deine freunde, warum tust du dir selbst so weh? also verwöhn deine "beste freundin" mal ein bisschen ;)

und du klingst kein bisschen überheblich, keine sorge

ich wünsch dir weiterhin viel kraft und mut, hab vertrauen in dich!!
aspiration

Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#82
Müsli for president :D

Ja hey - neuer Tag, neue Flieder! Super super super!

Zum Thema Weinen.... das ist wirklich verrückt... seit ich nich kotze (AAAHHHHH, Tag 17!!!), weine ich verhältnismäßig oft... ich bin grundsätzlich eher ein Sensibelchen und erinnere mich daran früher recht oft bei Filmen, BÜchern etc. geweint zu haben. In den letzten Jahren bin ich total abgestumpft. Das wird mir gerade mit deinem Beitrag bewusst. Habe gestern Abend ein zuckersüßes Buch zu Ende gelesen (Das Glück von einer Katze gefunden zu werden - Eine Liebeserklärung), und musste im Bett, mit Kater auf dem Schoß total losweinen... einfach weils traurig war... Es bildete sich kein Klos im Hals, es war "nicht schlimm"... ich konnte die Emotion einfach leben.
Oh danke Flieder, dass Du mir das gerade bewusst gemacht hast.

Wünsch Dir nen schönen Wochenbeginn!
Dawn.

P.S. You look fine :-)
„Aller Anfang ist schwer. Höchstens das Aufhören ist manchmal noch schwerer.“
Victor Moritz Goldschmidt (1888-1947)

Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#84
Hey meine Süßen!
Sitze gerade in der Nachmittagssonne, war vorhin mit Mama Capuccino trinken und als ich auf der Rückfahrt Hunger verspürt habe, hab ich mir am Kiosk ganz spontan ein Käse-Baguette geholt. Einfach weil ich Bock drauf hatte. Außerdem: Kohlenhydrate und Fett - das braucht mein Körper auch! Bin voll stolz. Selbstzweifel kommen zwischendurch nur immer wieder latent und versteckt, aber wisst ihr was? Eigentlich habe ich da ja gar keinen Grund zu:
war heute in der Kita und wurde von den Kleinen wieder mit Liebe überschüttet :-D außerdem wars mit Mama im Café echt gut, ich habe sogar meine innere Distanz wahren können und mich trotzdem gut mit ihr verstanden! Außerdem habe ich die Woche schon ganz gut geplant und kann mir da auch auf die Schulter klopfen, was Selbstfürsorge, Pflichten, Freunde und Orga-Kram unter einen Hut bekommen, angeht! Ich glaube ich sollte den Fokus einfach mal auf die Dinge richten, die ich alle gut mache und die gut laufen bei mir - dann hätten Selbstzweifel oder gar Selbsthass aber wirklich nichts mehr zu melden! Oder noch anders ausgedrückt und um im Sinne meines Gedichtes zu bleiben: ich sollte einfach mal die nakte Wahrheit anschauen: ich bin eine junge Frau, die leider eine ziemlichen Last aus der Kindheit trägt, sich dem aber sehr mutig stellt und gerade riesige Fortschritte bei der Bewältigung ihres Lebensalltags macht! Und die nakte Wahrheit ist auch: ich habe richtig viele liebevolle Freunde. Auf die ich zählen kann. Und ich habe eine Zukunft vor mir, auf die ich mich freue!

Ich gehe nun einkaufen und werde anschließend meine Liste, mit den Dingen, die ich an mir mag weitermachen. Wollte mir damit Zeit lassen und sie im Laufe der Tage vervollständigen, denn mein Motto bezüglich Gesund-Werden und Loslassen ist nun auch "Alles darf, nichts muss" - auch nicht eine Strategie anwenden, wenn man gerade lieber etwas anderes machen würde. Deshalb geh ich nun geiles Obst, Brot und all sowas holen!

Ich hab euch gern!
Ich schaue in den Himmel:
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Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#85
Ich bin gerade sehr glücklich!
Möchte diesen Moment einfach mal festhalten
full of hope
freedom

Erwartung, Spannung, Vorfreude statt Angst !!!

Danke, danke, danke! An euch und auch an mich, meine unermüdliche Kraft und Geduld mit mir!
Ich gehe jetzt laufen in dieser geilen Abendsonne : )
Ich schaue in den Himmel:
die Nacht ist sternenklar,
im Mondlicht singt die Wahrheit
es ist so wunderbar

Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#86
Guten Morgen meine Lieben!
Bin gestern schon um 23 uhr sehr müde ins Bett gefallen und bin gegen 8 aufgestanden. Das tat gut! Vor allem weil ich um halb sechs schweißgebadet - u.a. auch aufgrund von Wetter - von einem ziemlich heftigen Alptraum aufgewacht bin. Das war weniger schön und ich konnte auch erstmal nicht so schnell wieder einschlafen. Noch um 7 Uhr fühlte ich mich noch nicht wieder wohl, bzw eher ziemlich unwohl, aber nun ist es gut.. trotzdem: ich möchte heute etwas nachsichtiger mit mir sein, da mich schlechte Träume oft noch am Tag wiedereinholen. Ich bin dann darauf gefasst :twisted: Abgesehen davon ist aber wirklich alles recht in Butter. Ich muss eine positive Sache mal anmerken: nach dem ich die beiden Rückfälle mittlerweile verkraftet habe, spüre ich, dass das Vertrauen wieder zu mir wächst. Es ist sogar "selbstverständlicher" als letzte Woche und ich fühle mich weniger überfordert. Das liegt eigentlich an verschiedenen Sachen, aber zwei würde ich euch gern erzählen:

a) setze ich nun auch vermehrt auf Ablenkung und reflektiere mich nicht jede Sekunde, das entspannt und nimmt den Druck aus dem Alltag

b) setze ich mir selbst noch bewusster "Lichtblicke", z.B. Donnerstag kommen meine Brüder mich hier besuchen *mega freu* - dadurch habe ich nicht mehr die insgeheim absolute Forderung "du MUSST alleine glücklich sein!" und gestern Abend z.B. bin ich auch deshalb früh ins Bett gegangen, weil ich einfach nicht so gern den Abend allein verbringen wollte. Ist doch voll ok. Wer sagt denn, dass ich von heute auf morgen vollkommen unabhängig und stark sein muss?

c) fahre ich häufig echt das Motto "alles darf, nichts muss" : sogar was "mich-gut-fühlen"- betrifft: ich darf mich gut fühlen, aber wenn mich dann doch mal dieser bescheuerte, irrationale Selbsthass einholt, ist es leichter erstmal einen Waffenstillstand einzuleiten als direkt zu erwarten mich supertoll und befeit zu fühlen sowie mir alle meine Fähigkeiten, Träume und Ziele vor Augen zu halten : so nehme ich auch aus den Situationen den Druck.

Ich bin echt ziemlich stolz auf mich relativ intuitiv diese Dinge und "Helfcherchen" in meinem Kopf und Alltag eingebaut zu haben, weil sie mir wirklich einen großen Druck nehmen und mich von diesem "Alles-Oder-Nichts"- Denken auch sehr befreien. Gesund werden ist ja auch ein Prozess und selbst wenn ich OBJEKTIV weiß, dass es nichts Schlechtes, Ekliges, Schuldiges an mir gibt und ich mich wohlfühlen darf, wertvollen fühlen darf, es mir schön machen darf - so ist einfach aufgrund von 1 Mio konditionierter Denkmuster und 1 Mio diffuser Gefühle, diese Wahrheit oft nur verschwommen zu erkennen. Selbstliebe heißt auch sich Zeit lassen dürfen.

.. und glücklicherweise tritt die Bulimie durch diese Strategien und das "Druck-Rausnehmen" sogar noch mehr in den Hintergrund.
Ich schaue in den Himmel:
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Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#88
Liebe Bella,

Ich hoffe, dass ich dich damit nun nicht enttäusche, aber ich bin schon sehr lange in Therapie. Die zweite Sache ist, dass ich leider nicht alles ohne Schwierigkeiten schaffe, sondern heute den nächsten Rückfall hatte.

Aber vielleicht kann ich dich damit sogar auch ein Stück aufbauen und dir Vertrauen in dich selbst geben, denn indem du siehst, dass ich (die du für sehr stark hälst) auch nur ein Mensch ist, der Therapien braucht, Zeit braucht und die Bulimie nicht von heute auf morgen hinter sich lassen kann, so kann es dir Mut machen, selbst anzufangen.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mich nicht schlecht fühle nach dem Rückfall. Man mag es Verdrängung nennen oder Selbstbetrug, aber ich finde es ist einfach längst an der Zeit mal zurückzublicken, was ich schon hinter mir gelassen habe statt immer nur wieder den Berg, der noch vor mir liegt.

Vor einem Jahr noch habe ich mehr Zeit auf der Toilette als unter Menschen verbracht. Wir dürfen hier keine Angaben machen wie oft wir uns übergeben, aber ich kann euch sagen: es war abartig oft. Die Klinik half mir sehr weiter, doch der Aufenthalt war viel zu kurz um einem 18-jahrelangen m*ssbr**ch das nötige Gegengewicht zu geben oder zumindest etwas aufarbeiten zu können. Hinzukam, dass danach der Alltag ohne Therapie und plötzlich zu Hause ausgezogen in einer fremden Stadt zu sein, mich völlig überforderte. Die Bulimie kehrte zurück. Nicht so schlimm wie vor der Klinik, aber nah dran. Doch ich stand wieder auf und im November hatte ich einen erneuten Motivationsschub, der vor allem bedingt durch ein Verliebtsein und die tolle Unterstützung meiner Mutter gepusht wurde. Der Typ wollte nichts von mir am Ende und meine Mutter konnte nicht die Wunden der Vergangenheit heilen und 24/7 für mich da sein. Ich war wieder auf mich gestellt: und fiel zurück in die Bulimie. Ich gab auch diesmal nicht auf und kämpfte weiter gegen die Krankheit, reflektierte viel und hatte aber auch einige ziemlich anstrengende Krisen. So hatte ich bis zuletzt mit mal mehr und mal weniger Ess-Brech-Anfällen zu kämpfen - nicht selten von Männern abhängig. Aber in der Zwischenzeit ist sehr viel passiert, denn seit Januar habe ich eine gute Therapeutin und arbeite noch intensiver als zuvor schon an mir. Mir wurde bewusst, dass ich mich selbst steuern kann und darf. Dass ich weder meinen Gefühlen noch anderen Menschen oder Situationen hilflos ausgeliefert bin. Dass die negativen Urteile, die ich oftmals selbst über mich fälle und einige Denkmuster völliger Humbug sind. Und nun stehe ich hier. Habe so viel erkannt, so viel erlebt. Bin so voller Erwartung, aber schaffe es einfach noch nicht alles umzusetzen. Ich finde das ist okay.

Natürlich ängstigt mich jeder Rückfall. Dass es einfach nochmal so schlimm werden könnte wie es vor der Klinik und auch noch danach so manches mal war. Dass ich mich komplett aus den Augen verlieren könnte und (wieder) auf ein Wunder warte.

Aber diese Gefahr ist immer gegeben. Selbst wenn ich von heute auf morgen aufhören würde.
Fakt ist jedoch, dass es (momentan) einfach keinen Grund gibt, dass es nochmal "so schlimm" und exzessiv werden könnte. In der Zukunft sehe ich aber auch keinen Grund dazu, weil sich IN MIR etwas verändert hat. Aber das ist noch wacklig und schwankend. Ich kann es noch nicht immer greifen. Dennoch bin ich ganz eindeutig ein "Level" weiter und mir geht es besser. Trotz Rückfall eben. (die Gründe muss ich wannanders mal erzählen, aber war schon heftig).
Ich erlaube es mir erstmal nun dieses neue Level halten zu dürfen im Sinne von "ich muss nicht mehr so häufig erbrechen" und "ich darf auch seltener erbrechen" statt "entweder will ich mir das Leben nehmen und kotze nur noch oder ich höre auf und bin ein glücklicher, freier Mensch" . Auch wenn ich seltener erbreche bin ich ein wertvoller Mensch, der Bedürfnisse anmelden darf. Ich neige selbst oft dazu zu sagen, dass sich nichts geändert hat, nichts gebessert hat, weil ich ja immer noch über dem Klo hänge. Ja das tue ich. Aber es ist nicht mehr so oft. Das ist ein Fortschritt. Punkt. Wer schreibt denn hier Gedichte? Wer organisiert denn hier gerade die Party für seinen Bruder? Wer geht denn ehrenamtlich in eine Kindertagesstätte? Wer freut sich denn schon auf's Studium? All diese Dinge haben nichts mit Bulimie und Krankheit zu tun. All diese Dinge (Lebensinhalt) existierten vor einem Jahr nur zu 10%. Ich könnte natürlich nun auch konkrete Fortschritte aufzählen, was die Therapie betrifft und das werde ich beizeiten auch nochmal reflektieren, aber mir ist einfach wichtig über "mein Leben" auch unabhängig von Krankheit einen kleinen Überblick zu bekommen. Zu sagen: es ist okay, ich mache das alles schon wirklich gut. Auch wenn ich jetzt noch ab und zu hinfalle. Ich bin trotzdem "gelevelt" und das ist schön, wertvoll und wunderbar. Ich habe es verdient zu leben und glücklich zu sein und so fühle ich mich gerade auch bzw das fühle ich gerade auch, dass ich es verdient habe - aber nicht wegen des Rückfalls, Bulimie macht schließlich keine "Freude" oder gibt einem eine Berechtigung, nein sondern wegen der Erkenntnis, die mir bewusst geworden ist: Ich darf immer noch. Wenn es ab und zu wirklich nicht anders "geht" und es mich erleichtert zu erbrechen, ist das in Ordnung. Ich werde deshalb nicht weniger kämpfen und gut aufpassen mich selbst nicht zu belügen, so dass ich nicht wieder volle Kanne in die Sucht rutsche. Was mich noch mehr freut ist noch etwas: Ich darf auch gut um mich sorgen mit Bulimie. Ich darf auch unabhängig sein mit Bulimie und mir Bedürfnisse erfüllen. Ich bin auch mit Bulimie etwas wert und habe ein Recht auf Lebensfreude! Ich darf die Bulimie in den Hintergrund rücken statt sie a) ganz loszulassen oder b) ihr die Macht zu geben.

Das wird jetzt nochmal ein neuer Weg, aber Leben bedeutet schließlich auch Ausprobieren. Ich finde es ist in Ordnung zwischendurch die Richtung zu ändern. Ich möchte mir nur wirklich versprechen mir selbst nichts vorzumachen und das wird wohl auch nicht ganz einfach werden. Aber einfach waren die guten, zukunftsträchtigen Wege schließlich noch nie. Nicht einfach bedeutet aber auch nicht unmöglich.
Zuletzt geändert von flieder am Di Jul 24, 2012 15:05, insgesamt 5-mal geändert.
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Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#89
Quatsch, du enttäuscht mich damit doch nicht! Ob nun mit oder ohne Therapie, letztendlich bist DU es, die das schafft. Die Therapeuten geben uns meiner Meinung nach nur Hilfestellung. Und was geht schon ohne Schwierigkeiten? Es gibt immer etwas, was uns versucht Steine in den Weg zu legen. Allerdings gelingt das nicht immer :-) Ich sehe dich wie vorher und habe großen Respekt vor dir, trotz Therapie und trotz Rückfall!

Hoffe, du verstehst das nicht falsch, aber es ist verständlich, dass die Bulimie dann wiedergekehrt ist. Daran ist ja auch nichts deine Schuld!
& natürlich ist es okay, dass du es nicht auf Anhieb schaffst. Das würde auch an ein Wunder grenzen, oder? :o
Ich finde, du brauchst dich für garnichts zu rechtfertigen! :)
Das dich der Rückfall ängstigt, ist verständlich. Du bist aber anderes als vorher, du bist Stärker und weißt viel besser Bescheid, daher solltest du das nicht mit damals vergleichen. Es ist ein neuer Versuch, neue Schritte, neues Denken, neues Handeln.
& wieder hast du mit allem was du schreibst recht! :-)

Lese weiterhin begeistert mit!
perfectly unperfect.

Re: Schluss damit!! Ich nehm' mein Leben in die Hand :-)

#90
Bitte helft mir!

Die Stimmen in meinem Kopf sagen, dass ich erbrechen soll. Warum? Weil ich einfach nur ausmachen soll. Mich selbst einfach nur ausstellen soll.
Und danach? Dann ist doch alles nur noch schlimmer! Noch viel verheerender! Hoffnungsloser! Was soll das?
Die Stimmen sagen, wenn ich gestern gekotzt habe, kann ich es ja jetzt auch tun. Nein, nein, nein verdammt nochmal!
Sie sagen, dass ich mich selbst nicht anders aushalten kann. Entweder habe ich schließlich ständig Gedankenkarusselle im Kopf, setze mich unter Druck, (oder lasse mich unter Druck setzen) oder die Gefühle nehmen so Überhand dass ich mich auch nicht mehr wirklich wohl fühle.
Aha und beim Essen und Erbechen da fühlt man sich also so richtig wohl? Würgend über der Kloschüssel? Wenn es im Mundraum später schmerzt? Das Geld ist außerdem so richtig gut in meine Gesundheit und mein Wohlbefinden investiert. Stimmt, habe ich völlig vergessen. Deshalb war ich auch letztes Jahr in der Klinik, weil mir die Bulimie so unglaublich guttat. :roll: Die Wahrheit ist, dass eine unglaubliche Hoffnungslosigkeit, Ausweglosigkeit, Schwarz-Weiß-Denken und nicht zuletzt Lebensmüdigkeit hinter dem Drang jetzt fressen-brechen zu müssen steht. Verbunden mit dem Gefühl, dass ich allein und wertlos sei, dass die Sonne nicht für mich scheint und ich es mir nicht schön machen kann und darf. Es tut mir leid und weh mir einzugestehen an genau diesem Punkt vor 10 Tagen gestanden zu haben. Aber für diese ehrliche Einsicht habe ich ja mich und darauf kann ich stolz sein. Ich mache nämlich weiter! Auch wenn es mal einen Schritt zurückgeht, bin ich bereit wieder weiter nach vorne zu gehen und nicht wie ein bockiges Pferd zu sagen "ach es hat nicht sofort geklappt und ich bin jetzt noch nicht gesund und glücklich, na dann gehe ich nur noch den Weg nach hinten" ! Vor allem ich kenne den Weg nach hinten ja. Er ist nicht schön. Es gibt keine Hoffnung, keine Wärme, keine Liebe auf diesem Weg.

Doch ich wusste, dass das passieren würde. Dieser Selbstbetrug. Dieser Sog. Das Gute ist, dass ich dahinter blicke und allein dadurch der Druck nun quasi weg ist. Ich werde aber meine Strategie mit dem "weniger erbrechen" nochmal ändern. Es ist mir zwar ein wenig peinlich hier so ein wenig "heute so morgen so" geschrieben zu haben, aber ich denke, ich bin lieber ehrlich und schaue wie ich am besten gesund werde als der Bulimie die Macht über mich zu geben.
Ich werde nun versuchen jeden Tag für sich zu sehen: kein Lebensziel, keine big challenge, keine Wochen, sondern einfach nur jeder Tag für sich. Und heute werde ich nicht erbrechen. Denn ich darf leben und ich muss mich nicht übergeben um nervige Gedanken zu stoppen oder mit meinen Gefühlen zurechtzukommen. Das darf ich auch anders tun. Und kann es! Die letzte Woche habe ich doch schon bewiesen, dass es anders geht.

Ich habe jetzt ziemlich großen Hunger und werde daher erstmal frühstücken. Später schreibe ich dann noch etwas zu den falschen destruktiven Denkmustern und dem völligen Humbug, dass die Sonne nicht für mich scheint.
Aber jetzt muss ich erstmal was essen
... you see...
I'm back on MY WAY !

gutes Lied: http://www.youtube.com/watch?v=5tU-xlVJPjE
Zuletzt geändert von flieder am Mi Jul 25, 2012 9:12, insgesamt 1-mal geändert.
Ich schaue in den Himmel:
die Nacht ist sternenklar,
im Mondlicht singt die Wahrheit
es ist so wunderbar