Ein Platzerl für Cuoco

#1
Mein lieber Cuoco,
da ich in einem anderen Thread gelesen habe, wie gefühlvoll du über dein bisheriges Leben und diese überaus in Gang kommende Beziehung geschrieben hast, dachte ich mir, ich erfülle dir deinen Wunsch, einen neuen Thread zu eröffnen. Einen Thread, in dem du uns weiterhin teilhaben läßt an deinen Gedanken und Gefühlen.
Zumal ich ja ein überaus neugieriger Mensch bin :wink: und ich darüber hinaus das Gefühl habe, dir geht zur Zeit das Herz über und du schreibst dir gerne einige Dinge von der Seele. Das machen wir hier ja eigentlich alle. :D
Und hier kommt schon meine erste Frage. Keine Angst ich werd schon nicht intim :lol:
Hab da gerade gelesen, dass du eine Therapie Inanspruch nimmst. Wie hast du eigentlich heraus gefunden, dass eine Therapie von Nöten ist und dich weiter bringen kann. Also wie ist es dazu gekommen.
Nicht falsch verstehen: Ich find das super, dass du dir so deine Hilfe geholt hast. Da kommen leider sehr wenig Leute drauf.
Also bitte erzähl von deiner Thera. *lechz* *wart*

Danke im Voraus für dein Verständnis und deinen ausführlichen Bericht :wink:
Deine Hedi

#2
Liebe, liebe Hedi!

Verschiedentlich emahnt hab ich erst jetzt Zeit, deinen in rührender Weise freigemachten Platz zu füllen und die gestellte Frage zu beantworten.

Also: In der Akutphase (Mutter meiner Kinder auf der Intensivstation, keinerlei Hoffnung von den behandelnden Pflegern, Schwestern und Medizinern an uns herangetragen) erlitt meine mittlere Tochter, damals 4 Jahre alt, eine kleine, aber tiefe Verletzung im Gesicht (Gott sei Dank im Kindergarten, weil: alleinerziehender Vater unter der argusäugigen Überwachung durch die "Machas" der Kinderbetreuungsstätten und des Jugendamts!). Nun, diese Verletzung musste in Vollnarkose saniert werden, so entstand die abstruse Situation, dass meine kleine E. zwei Stockwerke unter ihrer mit dem Tod ringenden Mutter im selben Krankenhaus lag.

Selbstverständlich spürte sie als empfindsames Kind die fast nicht bewältigbare Lage und reagierte (weil zum Aussprechen von Schwierigkeiten immer animiert und mit mir ein sehr offenes, mitteilungsorientiertes Verhältnis innehabend) entsprechend irritiert. Mir hatte man davor schon psychologische Betreuung (unter dem Titel "Abschiedsbegleitung") angeboten, die ich aus Zeitmangel aber nicht annahm, schließlich war ich so bereits bis zu vier Mal am Tag im Krankenhaus. Für meine 4-Jährige aber erbat ich's, weil die Aufarbeitung in der postoperativen Phase meine Kapazität eindeutig überschritten hätte. Von September bis in den Advent erhielt meine Tochter daher die Möglichkeit, mit einer erfahrenen Psychologin eine Stunde pro Woche zu sprechen, zu spielen, vorgelesen zu bekommen.

Kurz vor Weihnachten wurde ich zu einem bilanzierenden Gespräch gebeten, in dem mir gesagt wurde, dass ich "erstaunlich" mit der Situation umgehe und dass E. numehr vor Akutabstürzen weitgehend unbehelligt bleiben werde. In diesem Gespräch entwickelte sich in mir der Wunsch, doch noch das gemachte Angebot wahrzunehmen und so wurde tatsächlich eine Begleitung, eine Betreuung, ein psychisches Auffangsystem daraus, das seit drei Jahren unentwegt unsere Schritte begleitet. Auch die vier älteren Kinder erhielten die Gelegenheit, jeder bekam eine für seine Bedürfnisse augenscheinlich bestens ausgewählte Psychologin; wobei meine älteste, inzwischen 16 und aus dem System praktisch gänzlich ausgestiegen, sowie auch meine Exfrau - wir sind auf ihr Betreiben seit zwei Jahren getrennt und auch geschieden - keine psychologische Betreuung zu brauchen glauben. Der "Rest" der Sippe freut sich über die unermesslich wertvolle Möglichkeit, jeweils einmal wöchentlich mit jeweils einer eigenen Therapeutin (zur Wahrung des Therapiegeheimnisses) sprechen zu können, sich den einen oder anderen Rat zu holen oder bloß die Seele unter fachkundiger Begleitung baumeln zu lassen.

Auch meine neue und ja bekanntermaßen nicht einfache Beziehung kann ich außer meinen Freunden auch mit meiner Therapeutin behirnen und schätze dieses Feedback ungemein. Ich weiß nicht wie weit die lange Begleitung "von Nöten" war, ich weiß bloß, dass ich mich sehr wohl fühle dabei, Dinge die mich enorm bewegen mit jemandem zu teilen, die neben dem Studium auch noch über eine große Erfahrung verfügt und die emotionell nicht involviert ist. Der große Segen ist sicher, dass aus meinem Freundeskreis auf diese Weise niemand unter Therapiedruck geraten ist. In Grenzsituationen würde ich jedenfalls jeder und jedem raten, sich jemanden Kundigen zu Hilfe zu holen (oder würde jemand von einem Bäcker die Bremsen seines Autos belegen lassen ?) und sich nicht auf sich allein zu verlassen, außerdem natürlich mit seinen Freundenm darüber sprechen, aber: Achtung: die sind emotionell hineinverstrickt, die sehen manche Dinge zu sehr aus der Nähe!

So, eine lange Antwort, liebe @hedi, aber ich denke von Relevanz auch für dieses Forum, denn den Weg zur Therapie kann ich vielen Betroffenen hier nur dringend raten (sofern sie nicht ohnehin schon professionelle Hilfe gesucht haben).

Liebe Grüße an alle & schönes Wochenende,

cuoco

#3
Also erstmal herzlichen Dank für deinen ausführlichen Bericht.
Ja das ist der cuoco, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Offen und ja nichts auslassen.
Natürlich ist deine Einstellung zu Therapeuten und Therapie auch für dieses Forum von Bedeutung. Schon alleine dieser Satz
Der große Segen ist sicher, dass aus meinem Freundeskreis auf diese Weise niemand unter Therapiedruck geraten ist.
sagt aus, wie wichtig eine Therapie auch hier schon mal für Angehörige ist.
Ach was, dieser Satz gilt eigentlich auch für Betroffene, denn ich bin mir sicher, dass du noch sehr viel Unterstützung von Freunden erhältst, dir aber keine Therapie von ihnen wünschst. :wink:
Hm und wie wichtig, Kinderpsychologen sind, kann ich hier voll unterstreichen.
1. Hatte ich Gelegenheit einmal kurz drei deiner Sippe :wink: kennenlernen zu dürfen. Und...ja, sowas von süß...echt. Und belastet wirken sie schon mal überhaubt nicht :D
2. Hatte auch mein Sohn zum damaligen Zeitpunkt Unterstützung durch einen Kinderpsychologen und ich denke, dass ihm dies für die weitere Zukunft sehr hilfreich war.
Inwiefern hat sich deine 16 jährige Tochter eigentlich dieser Hilfe entzogen. Es tut mir wirklich leid, wenn gerade in diesem Alter keine Hilfe Inanspruch genommen wird.

Wünsche dir weiterhin ganz viel Kraft für dich und die Deinen, sowie für
deine
neue und ja bekanntermaßen nicht einfache Beziehung
:wink:

Liebe Grüße und ein Bussl an dieser Stelle auch an die Geoutete
Eure Hedi

#4
Liebe Hedi!

Ebenfalls danke für deine liebe Reaktion! In "unkonventionellen" Situationen ist es bestimmt sehr hilfreich, sich an Fachleute zu wenden und ich bin sehr froh, das schon ganz früh zu der Zeit getan zu haben, in der die Mutter meiner Kinder noch moribund war (für nicht-Lateiner: todgeweiht), wobei aus der angebotenen Begleitung dann die Betreuung einer anderen Form des Verlusts wurde (da sie ja am Leben geblieben ist), aber gar nicht so unähnlich. Dennoch möchte ich in aller Unbescheidenheit betonen, dass ohne meine Herangehensweise an die Erhaltung der Familie, ohne die unendlichen Gespräche mit jedem einzelnen der Kinder, ohne meinen nie versiegenden Humor allein mit therapeutischer Hilfe die Kinder nicht nicht so geworden wären wie sie jetzt sind.

Das beantwortet vielleicht auch die Frage, warum meine Älteste gemeint hat, keine therapeutische Hilfe zu benötigen. Sie war, als ihre Mutter die Hirnblutung erlitt, im Internat im Südburgenland, ist dann zwar schon ans Krankenlager geeilt, aber war im Verlauf der Rehabilitation und versuchten Re-Integration (an der wir ja gescheitert sind) immer über die Woche in der Schule und im Konvikt, daher nicht so essentiell betroffen wie ihre Geschwister. Und am Wochenende war sie mit uns, was ich wie gesagt auch als eine Art "Ko-Therapie" sehe.

Kurz gesagt: Therapie ist wichtig, keine Frage, aber sie kann ein intaktes, stabiles Privatleben lediglich ergänzen, niemals jedoch ersetzen. So eine Basis für den innerfamiliäen Umgang zu bilden habe ich gerade durch die "schwere" Situation gelernt - und ganz unwichtig ist das für die schöne und liebevolle Zeit mit der @piccina ja scheint's auch nicht...

In diesem Sinne sei lieb gegrüßt von

cuoco

#5
Aäääh. Hab heut leider nicht sooooo viel Zeit, auf den Beitrag wieder meinen Senf dazu zu geben.
Aber weil das ja dein Platzerl ist, möcht ich dir hier auch noch
ALLES ALLES LIEBE ZUM GEBURTSTAG
sagen.

Ein Liedlein hab ich dir im Geburtstagsthread schon gezwitschert :wink:
Wünsche dir und deiner Angebeteten noch einen wunderschönen Abend.
Vielleicht darf man die geplanten Festivitäten erfahren :roll:

Busserl von Eurer Hedi

#6
Liebe Hedi!

Ebenso kurz und bündig: geburtstägliche Festivitäten fanden im kleinen Reich der @piccina Statt, nächstes größeres Festl wird wohl die Restaurierundsarbeiten-Abschluss-Party sein! Momentan versinken wir noch in Schutt, Staub und Farbe, das blühende Ende ist aber schon in Sichtweite...

Schönes Wochenende und bis zum nächsten längeren Posting,

cuoco