
Ich (über)lebe jetzt schon sehr lange mit meiner Sport-Bulimie, mehr schlecht als recht.
Davor hatte ich Magersucht, davor Binge Eating, davor wieder Sport-Bulimie. War alles nicht so toll. Am Anfang jeder Phase habe ich mich immer super gefühlt und gedacht "Das ist es jetzt.".
Sport-Bulimie: Jetzt bin ich gesund, ich esse viel und ich mache Sport.
Binge Eating: Jetzt bin ich gesund, ich mache gar keinen Sport mehr und esse alles.
Magersucht: Jetzt bin ich gesund, ich mache moderat Sport und habe keine Essanfälle mehr.
Anfangs dachte ich immer, ich hätte jetzt die Lösung, aber dann war es doch immer nur ein neues Problem.
In Therapie war ich schon sehr viel, auch jahrelang in einer therapeutischen Wohngruppe, aber irgendwie habe ich es trotzdem "geschafft" essgestört zu bleiben, habe dann z.B. zwar die Mahlzeiten dort mit eingenommen, aber niemals außerhalb der Struktur etwas gegessen oder zusätzlich viel Sport gemacht oder zwar mitgegessen, aber nur das Minimum, das ich eben an einer Portion essen musste, später dann immer möglichst viele Süßigkeiten und möglichst viel bei der Portion genommen.
Ich weiß also theoretisch, wie so ein Esstag aussehen kann, aber hinbekommen tue ich es hinten und vorne nicht. Die Sucht schränkt mein Leben so sehr ein und ich wünschte ich könnte sie einfach endlich wegzaubern (dass das nicht geht hab ich leider schon gelernt.) Mit der Zeit habe ich mich einfach damit abgefunden, dass sie da ist, aber das kann ja auch nicht die Lösung sein.
Allerdings weiß ich gar nicht, wie und wo ich überhaupt anfangen soll, vielleicht hat jemand hier Erfahrung oder Tipps für mich.
Soll ich mich an einen Essplan halten? Eher viele oder eher wenige Mahlzeiten? Ist es besser sich abzulenken und zu zwingen das Leben mit anderen Aktivitäten zu füllen (neige sehr zur Isolation) oder lieber mehr Ruhe reinzubringen, in die freie Zeit, die vorher von der Krankheit eingenommen wurde? Sollte ich mit Sport erstmal ganz aufhören oder lieber nur reduzieren? Ist es eher was "Fake it til you make it" zu betreiben und zu versuchen sich so zu verhalten, wie man sich Gesund Sein vorstellt oder bewusst zu sagen "Ich bin krank" und deswegen bewusst aufzupassen (ich hoffe ihr wisst was ich meine).
Ich habe schon überlegt, wieder die Wohngruppe anzuschreiben, in der ich mal war, allerdings wäre mir das 1. viel zu peinlich zuzugeben, dass es eigentlich nichts gebracht hat und 2. Könnten die mir ja auch nur helfen, indem ich wieder einziehe und das kommt für mich nicht infrage, da ich sehr an meiner derzeitigen Wohn- und Lebenssituation hänge. Ich bin auch hin und hergerissen zwischen wieder Therapie anfangen (ob es wohl dieses mal hilft?) und auf gar keinen Fall Therapie anfangen wollen, weil das hieße offiziell wahr zu machen, dass ich krank bin.
Ich bin ein bisschen verloren. Ich weiß nur, dass ich da wegwill, wo ich jetzt bin, aber nicht wie ich wegkomme und noch weniger wo ich eigentlich hinwill. Vielleicht hat ja jemand Ähnliches erlebt oder es selbst schon rausgeschafft und ein paar Ideen für mich, da würde ich mich sehr freuen.

Alles Liebe, Sicario