wie gehts dir jetzt?
Ich genieße das ehrlich gesagt total, ab und zu mal hier mit dir zu schreiben, wie es nun danach läuft. So wollte ich mal ein paar Tage verstreichen lassen, und den nächsten "Statusbericht" abgeben

Ich freu mich über deine letzte Nachricht, und wie sicher du dir bist. Wie läuft es denn?
Bei mir geht es tatsächlich mit jedem Tag besser. Ich merke richtig, dass jetzt die Heilung da ist. Es ist nicht mehr das Gefühl "Ab morgen wird alles super" oder "guter Tag oder schlechter Tag". Es ist "heute war es ein winziges bisschen leichter als gestern". Das Gefühl der Kontrolle ist für mich noch überwältigend. Obwohl ich es selber nicht wahrgenommen hatte, und während des Lesens von dem Buch sogar dachte "mach ich ja nicht", merke ich jetzt erst, wie sehr ich die Krankheit als Entschuldigung genommen habe! Das ist richtig stark bei mir, jetzt wo meine Familienprobleme, Sozialprobleme, was-auch-immer-Probleme nicht mehr als Grund in meinem Kopf eintreten merke ich, wie ich plötzlich kein Überessen mehr entschuldigen kann. Wenn mein Bauch weh tut, ja Pech, dann hab ich wohl mehr gehabt als ich sollte! Wenn ich beim Einschlafen Hunger verspüre - ja dumm, da muss ich wohl noch mal eben was kleines essen, hätte man auch vorher machen können. Kein "ich armes Ding, wenn andere meine Eltern hätten...:" mehr. Und wie es auch bei der Autorin war - meine anderen Probleme verringern sich keineswegs. Aber sie sind eben nicht der Grund, warum ich zum Kühlschrank laufe.
Noch etwas ist passiert. Ich hatte letztens Riesen Appetit. Und da habe ich es mal versucht, nicht krampfhaft nichts zu essen, sondern mir einfach zu denken "ah alles klar, da hätten wir dann die Gewohnheits-Instinkte, Hallo, und ich konzentriere mich dann mal wieder auf was anderes. Hoffentlich seid ihr nicht so lange da, ihr seid unangenehm." Klingt vereinfacht, aber so hab ich mir das tatsächlich gedacht. Und wirklich - es war kein Kampf. Es war total unangenehm, klar, aber es ging dann eben vorbei.
Ich bin schon lange Vegetarier und überlege, vegan zu essen. Eine Weile habe ich mich ewig damit beschäftigt - was kochen, wo essen, wie hinkriegen, dass es nicht nervig wird wenn man mit Freunden essen geht, etc. Und jetzt merke ich, dass das nur eine andere Form der Aufmerksamkeit ans Essen war. Klar ich bin überzeugter Vegetarier und ich probiere gerne Rezepte aus - aber welche Sachen wo drin sind muss nicht die Gedanken des ganzen Tages einnehmen. Auch da lasse ich die Aufmerksamkeit jetzt immer mehr nach. Draußen vegetarisch, zuhause vegan, meine Rezepte App durchprobieren, fertig. Nimmt nur noch die Zeit des Kochens an sich ein.
Keines meiner anderen Probleme ist irgendwie geringer geworden - ich hab keine Ahnung was ich nach dem Studium machen soll (hab nur noch ein Semester), meine Beziehung ist nach 2 Jahren auf der Kippe, ich bin superfaul und müsste eigentlich viel mehr lernen um meine Noten zu halten, ich halte es kaum aus Kontakt zu meiner Familie zu haben und nach langem Im-Ausland-leben vermisse ich das Gefühl zuhause zu sein schon sehr. Und weißt du was? Die Probleme brauchen sicherlich noch Zeit um gelöst zu werden! Aber sie sind nicht relevant, wenn es darum geht was ich esse. Klar, wenn ich traurig bin esse ich gerne ein Stück Schokolade, wie die meisten Menschen. Aber das muss kein FA sein.
Ich hab zwar beim Lesen schon gedacht, dass könnte gut klappen, gerade weil der nächste FA wie geschrieben auch eigentlich nicht mehr als FA bezeichnet werden kann, aber inzwischen bin ich überzeugt. Meine Willenskraft geht nicht mehr in Zähne zusammen beißen und kämpfen kämpfen kämpfen, an mir selber arbeiten, Ernährung unter Kontrolle bringen. Meine komplette Willenskraft geht in Gewohnheiten ändern.
Und interessanterweise wiege ich soviel, wie zu dem Zeitpunkt als alles anfing. Scheint mein gesundes Gewicht zu sein, ein paar Schlemmerausnahmen hier und da die mein Kopf wohl mehr braucht als mein Körper inklusive.
Erzähl mal wie es dir geht, aber auch wie du das andere Buch findest? Ich bestelle es mir erstmal noch nicht, da ich momentan mit dem neuen Halbwissen schon ziemlich befriedigt bin. Ich kann mir vorstellen, dass ich neugieriger werde, wenn die Heißhungeranfälle tatsächlich nicht mehr ausgehalten werden, sondern sich verringern. Kommt mir noch total krass vor, dass die aus meinem Leben verschwinden könnten in den nächsten Monaten oder wie lang auch immer.
Das war jetzt ganz schön lang, aber irgendwie verändert sich gerade auch soviel in meinem Kopf!
Allerliebste Grüße an dich