Die "besten" Kommentare kommen meiner Erfahrung nach meistens von Menschen, die selbst latent essgestört sind, aber sich damit nie bewusst auseinandergesetzt haben.
Wie meine Oma. Als Kind hab ich sicher 10 mal die Geschichte von der Wette gehört, die sie in ihrer Jugendzeit gewonnen hat. Es ging darum, eine ganze Torte auf einmal aufzuessen. Wie man das macht? Man muss sich zwischendurch den Finger in den Hals stecken, erfuhr ich... und die Geschichte erzählte sie immer mit einem eigenartigen Stolz. (regelmäßig dürfte sie das aber nicht gemacht haben, Nahrungsmittel waren im Krieg schließlich knapp)
Als ich später magersüchtig war, konnte sie diese "Krankheit" nicht verstehen. Zuerst glaubte sie (verständlich), ich hätte einfach keinen Hunger und würde nicht einsehen, dass ich trotzdem essen müsse. Später hatte sie wohl irgendwo etwas von Bulimie aufgeschnappt, das mit Magersucht verwechselt und meinte, diese Krankheit könne ich nicht haben, schließlich würde ich ja nicht erbrechen. Und außerdem würde ich ja genug essen (ja, kalorienarmes Zeug

). Schließlich befürchtete sie, ich hätte Krebs, und niemand käme drauf, weil meine Eltern und die Ärzte an diese "Krankheit im Kopf" glaubten. (Damals tat sie mir etwas leid, aber ich wusste auch nicht, wie ich das erklären sollte, dass ich das mit Absicht machte)
Jetzt erzählt sie mir jedes Mal, wenn wir uns sehen, ich hätte schon wieder abgenommen und würde immer dünner werden. Würde das stimmen, müsste ich mittlerweile ein Skelett sein. Bin ich aber nicht, ich bin normalgewichtig und habe in den letzen Monaten eher zugenommen.
Ich weiß nicht, ob das ihre -vielleicht auch altersbedingt - verschobene Wahrnehmung ist oder ein Versuch, mir einfach, aus ihrer Sicht, Komplimente zu machen.
Was ich immer etwas krankhaft fand, war ihre Konkurrenz mit der anderen Oma mütterlicherseits, wer dünner ist oder "schlechter aussehen" würde. ("Schlechter aussehen", da schwang auch immer ein bisschen mit, dass es einem dabei schlechter geht)
Wir besuchten meine Oma mütterlicherseits gemeinsam ein paar Wochen bevor sie starb, sie war abgemagert bis auf die Knochen, konnte damals nicht mehr richtig schlucken, das Herz war schwach usw., ihr Gesicht aber aufgrund von Wassereinlagerungen ein bisschen aufgedunsen. Oma versuchte mit ihr zu plaudern, was aber nicht mehr richtig ging, und dann meinte sie, an mich und meine Tante gewandt, "Also, so schlecht schaut sie ja gar nicht aus!"