Liebe Christina,
Du zeigst Züge einer Persönlichkeitsstruktur, die ich inzwischen als für Bulimiker "klassisch" empfinde.
Lebensmotto: Erst die anderen, dann vielleicht irgendwann ich, alles andere ist egoistisch und nicht annehmbar.
Bisher hab ich 1 Freundin davon erzählt und wir haben nur kurz drüber geredet und für mich war das Thema damit beendet, weil ich ihr schließlich lieber bei ihren Problemen helfen will.
Warum eigentlich? Dein Problem ist offenbar gravierend, Du beschreibst Dich selbst ja als "ganz unten". Also warum willst Du ihr lieber bei ihren Problemen helfen? Weil Du Dein eigenes gar nicht wirklich bearbeiten möchtest, weil es so schmerzhaft ist? Weil Du das Gefühl hast, kein Recht auf Hilfe zu haben? Oder weil Du Dich besser, wertvoller und gebrauchter fühlst, wenn Du anderen hilfst (so ist das z.B. bei mir).
Wie soll ich es denn jemandem erzählen? Alle haben doch ihre eigenen Probleme und da kann ich schließlich nicht erwarten, dass jemand mir hilft meine zu lösen! Wie egoistisch wär das denn bitte?.....Niemand soll wegen meiner Probleme im Schatten stehen, jeder sollte gleichviel Aufmerksamkeit und Hilfe bekommen. Also halt ich meine Klappe.
Aber offensichtlich erwartest Du von Dir selbst, dass Du anderen bei ihren Problemen hilfst. Findest Du Deine Freundin auch egoistisch, wenn sie Deinen Beistand braucht? Bestimmt nicht, oder? Nein, Du hilfst ihr gerne, weil Du sie gern hast.
Es ist nicht egoistisch, Hilfe zu erbitten. Das ist ganz normal unter Menschen, die sich mögen. Wenn alle gleich viel Aufmerksamkeit und Hilfe bekommen sollen, gilt das doch auch für Dich!
Vllt verstehen es manche und sind auf meiner Seite, aber ich denke, es gibt immer welche, die sich abwenden werden oder kein Verständnis zeigen. Ich will einfach niemanden verlieren! Ich hab Angst am Ende alleine dazu stehen, weil ich weiß, dass ich das nicht schaffen würde.
Wer sich von jemandem abwendet, nur, weil ein Problem auftritt, der ist kein Freund - und Punkt.
So jemanden zu verlieren ist kein Verlust.
Warum solltest Du ganz allein dastehen? Deine Freundin hat doch auch nicht blöd reagiert, wenn ich das recht verstanden habe. Ich könnte mir allersings vorstellen, dass sie sich kaum trauen wird, Dich nochmal darauf anzusprechen, weil Du das Thema ja offenbar schnell beendet und Dich ihren Problematiken zugewandt hast. Was ihr suggerieren wird: eigentlich möchte ich nicht darüber reden.
Aber irgendwo möchtest Du es ja doch - sonst hättest Du ihr es nicht gesagt! Also trau Dich!
Würde ich noch mehr von meinen FA´s und K*anfällen erzählen kann es doch auch passieren, dass sie selber dort hineinrutscht und das will ich auf keinen Fall!!!
Hineinrutschen in die Bulimie weil eine Freundin ihr sagt, wie elend und beschissen es ihr damit geht...? Das funktioniert meiner Ansicht nach nur bei Leuten, die eh schon am Abgrund zu einer ES sind. Würdest Du Dir z.B. eine Schraube ins Bein rammen, weil Deine Freundin das tut, wenn Du keinerlei Veranlagung zur Selbstverletzung hast? Wohl eher nicht...
Bei mir wissen einige Freundinnen davon, aber auf die Idee gekommen nach meinen FA- und Brechgeschichten mal die Bulimie auszuprobieren ist keine von ihnen, ganz im Gegenteil.
Ich will Dir eigentlich nur sagen:
Es ist nicht richtig, sich selbst immer hinter die anderen zu stellen. Zu glauben, das alles und jeder wichtiger ist als das eigene Lebn(sglück). Genau das treibt uns in die Bulimie: die eigenen Gefühle stets hinten an zu stellen, andere Manschen und deren Befindlichkeiten an die erste Stelle setzen, niemanden vor den Kopf stoßen oder verlieren zu wollen - perfekt sein. Immer hilfsbereit und für andere da. Immer nett. Immer schlank. Immer hübsch. Immer immer immer alles...
Davon müssen wir uns meiner Ansicht nach lösen, nur dann können wir auch irgendwann die Bulimie gehen lassen.
Ganz viel Kraft wünsche ich Dir,
Alles Liebe.
Bela