Therapie bringt nichts?

#1
Hallo,
ich mache seit kurzem eine ambulante Therapie, es handelt sich dabei um eine Verhaltenstherapie. Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass das rein gar nichts bringt. Mein Therapeut ist mir sehr sympathisch und ich kann mit ihm ehrlich über alles reden. Ich führe seit ein paar Wochen ein Essprotokoll, in dem ich schreibe was ich wann esse, ob ich erbreche und wie ich mich dabei fühle. seit einer woche soll ich auch aufschreiben was ich alles so einkaufe.
während der Therapiesitzung guckt er sich das an und erklärt mir, wie man sich gesund ernährt... für mich nix neues. ich weiß, dass man frühstück, mittag, abendessen zu sich nehmen sollte und wie eine gesunde ernährung aussieht. und er weiß auch, dass ich das weiß. ich hab einfach das gefühl, dass er mir nicht helfen kann. ich habe seit der therapie auch keine veränderung in meinem essverhalten bemerkt. ich weiß nicht, ist das denn normal? was habt ihr in eurer therapie so gemacht?
ich hab so angst, dass er irgendwann zu mir sagt "es tut mir leid, aber ich kann ihnen nicht helfen."

liebe grüße

Re: Therapie bringt nichts?

#2
Hallo Oneday,

also erstmal: Cool das Du eine Therapie machst, dass Du einen Therapeuten gefunden hast, der dir sympathisch ist! :D

ES werden in der Verhaltenstherapie üblicherweise "zweigleisig" behandelt, d.h. einerseits symptomorientiert, also rein aufs Ess-/ kompensatorische Verhalten fokussiert, insofern ist das was Dein Ther. macht schon richtig. Er sollte mit Dir Verhaltensanalysen machen, also so nach dem Schema "welche Situationen sind für Dich bzgl (Nicht-) Essen / EB / Sport / Abführmittel oder was Du sonst so machst, gefährlich" - man schaut sich also an, was Auslösesituationen sind, wie du gedanklich / gefühlsmäßig / verhaltensmäßig (also bzgl. ES-Verhalten) reagierst, was für kurz- und langfristige Konsequenzen das für Dich hat - und was konkret Du anders machen könntest. Dazu gehört eben auch, über ausgewogene regelmäßige ausreichende Ernährung nicht in Hunger / EA-Gefahr zu rutschen. Insofern das mit den Ernährungsprotokollen.

Und dann geht es andererseits um die "darunter liegenden Probleme", also solche Sachen wie: Wo kommt mein (mglw. geringes) Selbstwertgefühl, meine Annahmen über Schlankheit / Perfektionismus/...her....ist das funktional, also hilfreich, oder welche Annahmen / Gedanken könnten hilfreicher sein...

Aber, vor allem: Wenn Dir Dein Therapeut sympathisch (aber auch, wenn er nicht wäre :wink: ) ist, dann sprich doch an, dass Dir das was Ihr macht, nicht reicht!
Vielleicht könnt Ihr gemeinsam eine Art "Therapiefahrplan" aufstellen?

Viel Erfolg weiter!

LG,

wiesenblume
Umwege erweitern die Ortskenntnis.

Re: Therapie bringt nichts?

#3
Ich glaube das wichtigste bei so was ist weniger die "was" Spalte als vielmehr die "wie hast du dich damit gefühlt" Spalte. Allerdings erfordert es mehr Mut, letztere anzusprechen, weshalb der Therapeut vielleicht noch zögert und sich mit dem Vordergründigeren versucht einen Zugang zu verschaffen, Vertrauen zu gewinnen; falls das eher kontraproduktiv ankommen sollte, würde es denke ich beiden Seiten helfen offen darüber zu sprechen.

Wie schnell man Veränderungen merken "sollte" kann ich dir leider auch nicht sagen; vermutlich gibt es da keine einheitlichen Standards. Einzige Möglichkeit einer sofortigen Änderung wäre ein rigider Plan, der einem aufdiktiert wird, aber auch das hat sicher seine Nachteile. Es gibt in dem Bereich viele Ansätze und Methoden, von denen keine so richtig etabliert ist. Wahrscheinlich ist die Entscheidung für das eine oder andere Ermessensfrage.

Gibt es denn irgendeinen Ansatz, der dir mehr zusagen würde? Denkst du du würdest dich mit einem vorgegebenen Plan besser fühlen? Oder eher, dass das erneute Anfälle sogar begünstigen könnte?

Re: Therapie bringt nichts?

#4
Hallo oneday! :)

Also ich hatte eine zeit lang auch dieses gefühl - auch diese ohnmacht, dass man glaubt, dass man nichts an seinem essverhalten ändern kann...ich weiß dass du das wahrscheinlich nicht gerne hören wirst aber du musst dich überwinden und versuchen, alle mahlzeiten einzuhalten und ausreichend zu essen, denn erst dann kann die therapie auch wirklich greifen - das hat mir meine therapeutin auch erklärt, denn erst wenn man essensmäßig etwas stabiler ist, kann man sich mit den ursachen und tieferliegenden problemen beschäftigen...

Gib dir einen ruck :) du schaffst das schon!! ;)