Hallo Kibi,
ich fand's bisher sehr schwer, Dir zu dem Thema "Familie" zu antworten, weil Du nie etwas Konkretes geschrieben hast. Also hatte ich auch nur ziemlich verwaschene Vorstellungen von Deinen Eltern. Liegt vermutlich daran, weil das ein sensibles Thema mit Dir ist. Deswegen weiß ich, dass es ein großer Schritt für Dich ist, dich in Bezug auf das Thema zu öffnen. (Mal abgesehen von der Angst, dass Bekannte mitlesen.)
zu Deiner Familie: ich kann verstehen, dass Du Deine Eltern sehr liebst und sie lieben Dich offensichtlich auch sehr. Ich gehe mal davon aus, dass Deine Mutter das nicht nur über Materielles ausdrückt? Jedenfalls ist die Situation natürlich sehr schwierig, denn da Deine Mutter Geld hat und Du ihre Tochter ist, die sie liebt, ist es nur selbstverständlich, dass sie das Geld für Dich ausgibt. Hallo, ich gebe auch immer Geld für die Sachen aus, die mir wichtig sind.

Auf der anderen Seit hast Du aber natürlich das Bedürfnis, Dich zu entwickeln als Persönlichkeit. und dazu gehört auch, selbst mal etwas auf die Füße zu stellen, selbst für den Lebensunterhalt aufzukommen, Wohnung selbst zu bezahlen. die Adolezensphase ist bei uns in Mitteleuropa eben sehr lang geworden dadurch, dass viele Leute studieren, oder sogar zwei Ausbildungen machen. Dadurch wird diese Phase der wirtschaftlichen Abhängigkeit bei gleichzeitig Verantwortung für alles andere schwierigerweise auch noch verdammt lang.
Und dadurch kommen Deine Mutter und Du sozusagen in einen Konflikt: Sie will tun, was eine gute Mutter tut 8sich kümmern), und Du willst tun, was eine gute Tochter tut (selbstständig sein). Hinzu kommt dann natürlich noch, dass Du vermutlich ein schlechtes Gewissen hast, wenn sie so viel Geld ausgibt. Vor allem, wenn es mit dem Essen nicht gut läuft, mit dem Studium nicht gut läuft, oder sonstwas. Wenn die Eltern so viel Geld investieren, will man als Tochter ja wenigstens eine gute investition sein.

Auch wenn die Eltern sagen, dass sie einen bedingungslos unterstützen.
Und dann kommt für Deine Mutter noch hinzu, dass Ablehnung ihrer Unterstützung sich anfühlt wie Ablehnung ihrer Liebe, Ablehnung von ihr als Mutter. Und natürlich willst Du ihr auf keinen Fall weh tun.
Und voila: schon hast Du super Situation, aus der es eigentlich keinen sauberen Weg raus gibt. Und nicht lösbare Konflikte löst man am besten mit fressen und Kotzen. Wissen wir alle. Vielleicht sollte Deine Mutter mal in Therapie gehen und loslassen üben. Irgendwann müsst ihr euer Verhältnis ja neu sortieren. Das müssen Eltern und Kinder vermutlich in jeder Entwicklungsphase des Kindes. Und das ist euch für die Adoleszensphase wohl noch nicht so ganz gelungen. (Hehe, klinge ich schon wie Dein Therapeut?

) Ich denke jedenfalls, wenn Deine Mutter versuchen würde, etwas an ihrem „Ich tue alles für Dich“ Verhalten abzulegen, ohne sich deswegen wie auf dem Abstellgleis zu fühlen, würde das vermutlich helfen. Sie sollte halt mal üben, nicht immer gleich Deine Wäsche weg zu räumen, und Dein Essen zu kochen und was weiß ich noch. Oder Du darfst radikal nichts mehr bei ihr stehen lassen. Und bei alledem darf es halt nicht so rüber kommen, als ob es darum ginge, sie überflüssig zu machen. Sondern es geht darum, Dich von der Bulimie zu heilen und fürs Leben zu wappnen. Und zwar nicht nur fürs Studium, was Du ja anscheinend super hinkriegst, sondern auch für den Rest davon.

Allerdings, wenn Deine Mutter es nicht hinkriegt, ihr Verhalten zu ändern, dann müsste es auch reichen, wenn Du Dich änderst. So oder so kommt Bewegung ins System. Und Bewegung ist nicht schlecht, davor muss man keine Angst haben. Es bleibt sowieso nichts, wie es ist….
Hoffe, die Antwort war jetzt okay für Dich und dass ich mich nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt habe. Also, kurz und gut: ich bin
nicht der Meinung, dass Du die perfekte Familie hast. Klar kann man als Therapeut vermutlich jede Familie als krank darstellen, wenn man so disponiert ist. Aber in Deinem Fall habe ich nicht den Eindruck, dass Dein Therapeut was erfindet, um seine Existenz zu sichern. (Hat er bei der Warteliste an Patienten wohl eh nicht nötig.) Sondern das, was Du geschrieben hast im vorletzten Beitrag klingt für mich wirklich nach Problem.
Aber hey, ihr kriegt das hin. Im Gegensatz zu meiner Mutter und mir seid ihr ja sozial kompetent und könnt miteinander reden.
Lg
Sophie