#16
@Djinn

Ich finde Begriffsdefinitionen und Diagnosen schon wichtig - wie soll man denn sonst die richtige Behandlung finden???

Es gibt eben auch in der Psychologie verschiedene Lehren. Die einen schwören darauf, dass man einfach im hier und jetzt alles ändern soll, die anderen darauf, die Kindheit zu analysieren und aufzuarbeiten. Da bei uns allen die Störungen meistens sehr früh entstanden sind, tendiere ich eher zu letzterem. Wir haben eine Persönlichkeitsstörung und wann werden die Grundzüge der Persönlichkeit gelegt? Sicherlich nicht am achtzehnten Geburtstag...
Zuletzt geändert von aymone am Do Feb 17, 2011 13:12, insgesamt 1-mal geändert.
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.

#17
der link http://www.mcgill.ca/reporter/37/17/bulimia/
von Speranza ist sehr hilfreich. Die Forschung scheint in die Richtung zu tendieren, dass das Verhalten unserer Mitmenschen, uns gegenüber, schon während unserer Kindheit, Veränderungen im Hirnstoffwechsel bedingt, die auf Dauer bleiben.
Die Mechanismen sind noch schlecht erforscht; ich erkenne mich darin ziemlich exakt wieder, kann es so interpretieren, dass "sie" mich als Kind verhaut haben.
Trotzdem trage ich die Verantwortung für mich. Ganz alleine.
Die Erforschung der Ursachen mittels Psychoanalyse und verwandten Methoden mag vielleicht aufschlußreich sein... sie bedingt keine Veränderung. Eine "wirkliche" Veränderung kann ich nur erreichen, wenn ich bereit bin, daraus Schlüsse zu ziehen und mein Leben radikal zu ändern.
lg, Gert

#18
@gertl *Amen* :mrgreen:
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.

#19
@ filia

Jein. ;) Die Behandlungsmethoden sind meiner Meinung nach von der zu behandelnden Person abhängig. Ich z.B. bin, auf meinen ureigenen Fall bezogen, absolut gegen Tiefenpsychologie. Mußte allerdings auch erst durch meinen Therapeuten davon "überzeugt" werden. Wollte in meiner schlimmsten Phase der Bulimie alles versuchen, auch Hypnose, um die Bulimie einfach abzustellen. Wußte, dass da irgendwas ist bzw. Dinge sind, eben aus meiner Kindheit, die mir zugesetzt haben und wollte einfach herausfinden, was da falsch gelaufen ist. Er hat es nicht gemacht, da ich nicht stabil genug war. Heute bin ich ihm dankbar dafür.
Nun zu dem Punkt, auf den ich eigentlich kommen möchte, die Behandlungsmethoden sind bei jeder Person anders, zu der Erkenntnis bin ich gekommen. Bei mir hätte eine Analyse der Kindheit wahrscheinlich noch mehr Probleme aufgeworfen als schon zu diesem Zeitpunkt vorhanden waren. Ich hätte sie nicht aufarbeiten können, weil ich die Kraft nicht hatte. So sind wir die wirklich akuten Probleme angegangen und im Laufe der Therapie ergab Eines das Andere. Ich war bereit, all die Dinge aus den Schubladen zu holen, die ich so lange dort verschlossen gehalten hatte und ich konnte sie gestärkt in Angriff nehmen.

@ gertl

Die Verantwortung tragen wir alleine für uns, da gehe ich absolut konform mit Dir. Möchte Dir hier aber doch noch ein anderes Post von mir ans Herzen legen, http://www.bulimie.at/board/viewtopic.php?p=54042#54042, ich weiß....es ist ziemlich lang aber doch interessant. Vielleicht auch eine Art "Bestätigung", dass man nicht selbst schuld ist, für mich eine Erklärung, warum auch meine Schwester seit ihrem 16 Lebensjahr Bulimie hat (sie ist älter als ich). Er soll keineswegs zur Resignation verleiten aber es ist eine Möglickeit, unsere Krankheit in einem anderen Bild zu sehen. Ich bin im Laufe der Zeit zur Überzeugung gelangt, dass vor der ES die Depression ist und die ES nur ein Ableger derer ist. Nur erkennt man die Depression nicht, weil doch alle irgendwie durchbeißen und man nicht wirklich zugeben will, dass man Probleme hat.
Gerade Kinder und Jugendliche tun sich doch oft wirklich schwer zu sagen, "Hey, hier ist Schluß. Weiter geht es nicht" - wie sollen sie auch, die Autorität der Eltern, ihre Mitmenschen, ihre "Freunde". Jeder stellt Erwartungen und Forderungen und nur wenn du denen gerecht wirst bist du ein akzeptiertes Mitglied der Gesellschaft. Wenn man da nicht wirklich auf jemanden trifft, der einen gesunden Menschverstand hat, bist du verloren. Und von denen gibt es leider nicht viele, denn sie alle sind Menschen, die gegen den Strom schwimmen. Manchmal habe ich den Eindruck, das Leben ist ein einziger "Guerilla-Kampf" ;)

Naja, das wars mal, was ich noch schnell vom Stapel lassen wollte.

spera

#20
liebe alle, die hier mitschreiben!

vielen dank für die total interessanten Beíträge - ich glaub, ich muss mir das alles jetzt mal ausdrucken und durchackern. Da gibt es soviele Sichtweisen und Erkenntnisse, das muss ich alles mal verstehen und verdauen.

Jedenfalls war ich gestern wieder bei meiner Therapeutin und habe ihr erzählt, dass so vieles wieder hoch- und aufkommt, das durch die ADs scheinbar unterdrückt war. Wir überlegen, ob nicht eine mehrwöchige Therapie in einem geschützten Umfeld angebracht wäre. Wo ich endlich mal alles rauslassen kann ohne auf die Uhr schauen zu müssen und ohne am nächsten Tag wieder für den job bereitstehen zu müssen. Ich sehne mich so sehr danach, mal einfach zusammen zu brechen und den ganzen Schrott, den ich mit mir herumschleppe, hoch kommen und raus zu lassen. Klinik ist aber glaube ich nicht das richtige. Sie hat auch gemeint, wenn ich möchte, dass sie tiefer geht, dann wird sie das tun. Das erinnert mich stark an das, was Speranza geschrieben hat. Bei mir wäre es vor ein paar Jahren auch noch viel zu früh gewesen, mich in Kontakt mit "tieferen Dingen" zu bringen. Ein Therapeut hat das damals gemacht und mich in eine totale Panikattacke manövriert, weil ich überfordert war - ich musste die Thera bei ihm abbrechen, weil ich total verstört war und ihm nicht mehr vertraut habe. Danach habe ich dann auch die Effectin bekommen, weil ich völlig aus der Bahn geworfen war. Mittlerweile glaube ich, dass ich schon näher ran gehen kann und muss.

Obwohl ich schon auch stark daran glaube, dass auch die genetische Ursache bei mir gegeben ist. Wahrscheinlich ist die Bulimie und alles was dazu gehört, ein Cocktail aus mehreren Faktoren...das macht es nicht gerade einfacher... :roll:

Danke nochmal,

djinn

Hab eine Frage zu Effectin

#21
Hallo!
Ich nehme seit kurzem die selben Tabletten und wollte wissen, wie du sie vertragen hast.
Nahm vorher Cipralex, allerdings hatten die keinerlei Wirkung bei mir.
Hattest du während der Einnahme Schlafstörungen? Und haben sie dir wirklich geholfen?

Danke im Voraus und liebe Grüße!

#22
habe sie gut vertragen. Am Anfang war mir ein bisschen übel vorallem mit den Tabletten. Die Kapseln habe ich besser vertragen.

Mir hat Effectin viel besser geholfen als Fluctine. Schlafen konnte ich mit ihnen sehr gut, viel besser als vorher. Generell war ich ziemlich müde, musste viel gähnen und konnte locker 9 - 10 Stunden schlafen...ich fühlte mich aber auch noch so lange Schlaf nicht wirklich frisch und munter. Das war die Nebenwirkung, die mich nach 2 Jahren dazu bewegt hat, wieder abzusetzen. Andererseits gab mir dieses Gefühl von Abstand und "Wurschtigkeit" natürlich die Chance besser Therapie zu machen, weil ich mehr Distanz zum Leben und zu der ES hatte.

Ich glaube, Effectin ist ein sehr sehr gutes Medikament. Viel Glück
djinn