Hallo, bin neu hier, hab Bulimie und such nette Kontakte

#1
Hallo liebe Leute, ich bin neu und such hier nach 15 Jahren Esstörungen Kontakt zu Leuten, die mich verstehen können... und darüber hinaus einfach nette Bekanntschaften.

Bei mir hats, wie bei sovielen (hab mich hier im Forum schon bissi umgesehen), im Teenageralter mit 14 Jahren angefangen. Damals bin ich heftig in der Magersucht gelandet. Als mein Gewicht schon extrem grenzwertig war ist die Magersucht dann in Fresssucht umgeschlagen. Ich wurde sehr, sehr dick. Mittlerweile (seit ca. 10 Jahren) bin ich bei Bulimie hängengeblieben - und die schein ich nicht mehr loszuwerden.

Ich habe mir häufig vorgenommen mal zum Arzt zu gehen und Hilfe zu suchen. Dabei ertappe ich mich bei der Angst nicht ernst genommen zu werden. Ich kenn das bereits von meiner Familie - als ich magerüchtig war, war das ja nicht zu verbergen und damals hat es schon geheißen: Geh, stell dich nicht so an!

Auch in einer Partnerschaft ist es meist schwierig Verständnis zu finden - naja, ist ja eigentlich klar - wie kann man sowas Krankes auch verstehen als nichtbetroffene Person :wink:

Ich hatte in den vergangenen Jahren durchaus auch mal Phasen dabei, in denen es wesentlich besser klappte mit Essen & Co. Irgendwann holt es mich aber immer wieder heftigst ein und Fakt ist einfach, dass Essen einen völlig abnormalen Stellenwert in meinem Kopf einnimmt.

Im Moment fühle ich mich besonders eingeschränkt durch die Bulimie - es wirkt sich sogar auf meine Existenz in finanzieller Hinsicht aus. Ich fühle mich komplett ausgelaugt und leistungsunfähig. Ich bin im Moment selbständig, die Auftragslage ist aber miserabel und ich sollte mir dringend einen Job suchen. Ich habe aber derart Angst vor Kontakt zu fremden Leuten und vor Leistungsdruck, dass ich komplett gehemmt bin. Die finanzielle Misere wird immer größer, der Respekt vor mir immer kleiner und die Essstörung immer massiver. Ich dreh mich in einem Teufelskreis...

Ferner beobachte ich bei mir, und es scheint ja auch anderen Leuten hier im Forum so zu gehen, dass ich generell ein großes Suchtpotential aufweise. Bei mir äußert sich das für andere Leute eher unauffällig, da es sich um gewöhnliche Dinge handelt wie zB Einkaufen, Rauchen, Trinken,... es gelingt mir jedenfalls recht gut, das Ausmaß und die krankhafte Handhabung zu verbergen.

Naja, jedenfalls hab ichs satt meinem Körper derartigen Schaden zuzufügen und derart abhängig bzw. süchtig zu sein. Ich möchte mein Leben in den Griff bekommen - insbesondere ein gesundes Selbstbewußtsein aufbauen. Ich bin diesbezüglich auch zuversichtlich... :D

Ich freu mich sehr, wenn mir jemand von euch schreiben mag! Bin sehr gespannt auf eure Geschichten, Meinungen und Erfahrungen!

lg, aroma

Herzlich willkommen!

#2
Hallo Aroma!

Herzlich willkommen in diesem Forum!
Wie ich sehe, wohnst Du in der Nähe von Wels, in Linz gibts doch die Wagner-Jauregg-Klinik.Meines Wissens haben die recht gute Therapieangebote stationär und auch eine Tagesklinik.
Was sicher gut ist, ist auch eine ambulante Psychotherapie, mir hat sie auf jeden Fall sehr geholfen.
Mir ist es, gerade früher, auch so gegangen, dass ich mit dieser Krankheit (Freßsucht, Magersucht, Bulimie) nicht ernst genommen wurde.Es ist aber m. E. notwendig, sich Hilfe zu holen, Bulimie ist genauso eine "echte" KRankheit wie andere Krankheiten auch.
liebe Grüße
Marla

hallo aroma!

#3
aus deinem beitrag lese ich heraus, daß du jetzt wirklich den zeitpunkt erreicht hast, wo du sagst : so - ab jetzt nicht mehr.
das find ich ganz super.somit ist einmal der erste schritt getan.
der zweite schritt ist jetzt der, daß du dir professionelle hilfe suchst.

du wirst sehen, wenn du wirklich willst, dann wir es in kleinen schritten bergauf gehen. bleib bei uns im forum und hol dir rat oder erzähl uns von deinen erlebnissen. wir horchen dir gerne zu und sind für dich da.

also -herzlich willkommen

schmetterling1

#4
Hallo Aroma!!!

Herzlich willkommen!!

Hier wirst Du immer wen zum Quatschen finden! Fühl Dich einfach wohl!

Was Deine Geschichte angeht: Ich kann Dir auch nur eine Therapie ans Herz legen. Ich selbst mache eine ambulante Thera, 1x wöchentlich 50 min. Ich finds echt gut, auch wenn ich noch nicht so lang dabei bin. Hab Bulimie auch noch nicht lange, essgestört bin ich jedoch denk ich schon länger.

Ich finds toll, dass Du trotz der Probleme den Mut nicht verlierst und nicht aufgibst!

Liebe Grüße Nadine

Therapie

#5
Hey, hab mich total über eure promten Antworten und ermutigenden Worte gefreut! Danke!

Möchte mich an dieser Stelle ebenfalls jederzeit zum Zuhören anbieten... es ist hilfreich, wenn man aus den vielseitigen Erfahrungen schöpfen darf und sich "zuhause" und verstanden fühlen kann.

Ich hab in meinem ersten Beitrag nicht erwähnt, dass ich mit ca. 16 Jahren bereits zwei Therapien genossen habe. Meine Mutter hat mich zuerst ins Wagner-Jauregg einweisen lassen - wohlgemerkt nicht gegen meinen Willen. Ich war damals schon so verzweifelt, dass mir Hilfe nur recht war.

Im Wagner-Jauregg wurde ich in eine Art Hochsicherheitstrakt gesteckt und tagelang ohne nennenswerten Kontakt zu Ärzten an einen Antidepressiva-Tropf gehängt. Meine Mutter war darüber derart entsetzt, dass sie mich wieder rausgeholt hat.

Möglicherweise hab ich zu bald aufgegeben oder vielleicht hat sich an den Therapiemethoden des Wagner-Jaureggs inzwischen auch einiges geändert... aber ich hab halt nicht die besten Erfahrungen damit.

Meine zweite 3monatige, stationäre Therapie absolvierte ich gleich im Anschluß in einer Nervenheilanstalt im Schwarzwald (Bad Dürrheim). Allerdings wurde ich nicht der Essstörungs-Gruppe, sondern der allgemeinen Jugend-Gruppe zugeteilt. Sprich, meine Behandlung war kaum auf Essstörungen zugeschnitten. Dennoch war das eine ganz tolle Zeit für mich - die Therapeuten waren total nett, ich schloß wertvolle Freundschaften und fühlte mich so richtig wohl dort. Als die Zeit vorbei war, war ich aber wieder fast am Anfang - den "Rausschmiss" in den Alltag hab ich eher schlecht vertragen und an meinen Essstörungen hat sich letztendlich auch nix geändert.

Hm, mein Problem ist nun unter anderem bezüglich ärztlicher Hilfe, dass ich insgeheim das Gefühl habe, dass ich Therapie bereits in Anspruch genommen habe - jetzt hab ich kein Recht mehr darauf... oder so... mir ist schon klar, dass man das so nicht sehen darf... aber mein Bauchgefühl signalisiert mir das immer... "Du hast kein Recht drauf!"

:?: Noch eine ganz andere Frage: Ich lese und höre immer wieder, dass Bulimie ihren Ursprung meist in einem "Vater-Thema" hat... kann das jemand bestätigen oder wie denkt ihr darüber? Ich bin zwar ohne Vater aufgewachsen, hab aber ein gutes Verhältnis zu ihm und kann mir halt schwer vorstellen, dass aus dieser Beziehung (oder Fehlbeziehung?) meine Essstörung resultiert...

Ok, wieder viel geschrieben :wink:
Ich wünsch euch was inzwischen! lg, aroma

#6
Hallo noch mal!

Ich glaube nicht, dass man das mit dem Vater-Thema pauschalisieren kann. Bei mir allerdigs ist es tatsächlich so.

Aber ich glaube, Auslöser dafür können die verschiedensten Dinge sein. Zumal bei vielen nicht nur die Bulimie sondern noch andere Probleme wie SVV, MS, Depressionen ect. vorhanden sind.

Lieben Gruß Nadine

#7
Hallo Aroma,

ich wollte Dir gern schreiben, daß ich Dich so gut verstehen kann. Ich bin auch selbständig und kenne diesen Wahnsinnsdruck sehr gut. Manchmal denke ich auch, es geht einfach alles nicht mehr.
Ich habe so mit 15 die Sache mit dem Finger-in-den-Hals-stecken entdeckt und schleppe mich seitdem mehr schlecht als recht durchs Leben. Zwischen 20 und 30 war es mal etwas besser, wenigestens habe ich da nicht immer gekotzt. Nur viele Süßigkeiten gegesssen. Erst seit ich 30 bin fing es ganz schlimm an, nun geht es mir täglich so! Seit etwa 2 Jahren bin ich in Therapie, in der ich mich sehr wohl fühle, mich aber oft frage, wieso kotze ich eigentlich immer noch so oft und viel und überhaupt noch?? Warum wird nicht endlich alles gut???
Das Essen läßt alle Sorgen kurzfristig verschwinden, zumindestens bis zum Gang zum Klo. Und trotzdem erleichtert es immer ungemein.
Aber auch mir geht es so, daß ich mich so langsam immer schwächer und schlapper fühle und manchmal einfach nicht mehr weiß, wie ich alles noch schaffen soll. Der Kostendruck ist so riesig, die Erträge werden immer weniger und reichen kaum noch.
Aber das ist auch nur ein Bereich, der alles so schwer macht.
Zu meinem Vater hatte ich nie ein besonders gutes Verhältnis. Ich habe den Betrieb von meinem Eltern übertragen bekommen, obwohl ich das eigentlich nie so recht wollte. Da ich aber überhaupt nicht wußte, was ich eigentlich wollte, hab ich einfach immer so 'mitgemacht'. Nun stecke ich so mittendrin, so daß ich auch so ohne weiteres garnicht mehr raus könnte.
Wenn ich wollte. Allerdings weiß ich auch garnicht, ob ich raus möchte. Die zur Verfügung stehenden Alternativen sind auch nicht verlockender, denke ich oft. Mittlerweile macht mir die Arbeit zum Teil auch viel Spaß (es handelt sich um eine Gärtnerei), aber es spielen so viele andere Dinge eine Rolle, z. B. betriebswirtschaftliche Dinge, oder die ganzen technischen Sachen, die mir nicht so liegen und von denen ich mich so überfordert fühle. Und wenn man heute nicht 100%ig perfekt ist, sind die überlebenchance absolut im Minimum. Eigentlich bei Null.
Oft habe ich überlegt, was ich aus dem machen kann, was ich gern tue und auch gut kann, aber ich komme zu keiner Lösung. Dann Esse und Kotze ich lieber, ist ja auch viel einfacher, als sich mit den Problemen auseinander zu setzen (...)
Ich würde so gerne, wenn ich könnte!!!! Aber ich weiß nicht wie und habe so viel angst vor Veränderungen und Mißerfolg. Vor allem auch Angst davor, daß es mir nach entscheidenen Schritten schlechter geht, als es mir jetzt geht. (Geht noch schlechter???*grübel)
Ich meine eher finanziell und exisstenziell.
So ist das bei mir.
Ach so, ich wollte noch schreiben, daß sich das Verhältnis zu meinem Vater nun etwas gebessert hat (er ist nun über 70), aber ich mache ja auch nun genau das, was so ganz in seinem Sinne ist.
Trotzdem bewundere ich ihn, mit seiner liebe zur Natur, zum Garten, mit seinen Interessen an so vielen kulturellen und intellektuellen Dingen.
Ich befinden mich in einer Beziehung, in der ich eigentlich auch eher unglücklich bin. Ich würde mir viele Dinge darin anders wünschen, als sie sind, aber weiß nicht, was ich ändern kann und ob eine Trennung der richtige Weg wäre. Ist eigentlich ähnlich, wie mit meinem Beruf und meiner Selbständigkeit.

Vielleicht kennst Du das Buch Wolfsfrau? Ich lese es gerade und finde es sehr gut! Und dann gibt es noch ein sehr sehr schönes Buch, daß heißt: "Die Frau die im Mondlicht aß".
Wirklich geholfen hat mir kein Buch, aber sie ermutigen doch ein bischen, finde ich.
Viele liebe Grüße an Dich

Druck

#8
Hallo Florina,

hab mich total über deinen ausführlichen Beitrag gefreut - kann mir extrem gut vorstellen, wie's dir geht!

Ich hatte auch ab 20 einige Phasen dabei, wo ich schon dachte, mein Essvehalten hätte sich reguliert - aber mich hat es, ebenso wie dich, wieder massiv eingeholt.

Ich stopf mich zu bis oben hin, genieße es mir alles in einem Ausmaß zu gönnen, welches ich mir sonst verbiete und befrei mich dann wieder davon. Am Klo ist es zwar nicht so super, aber ich stelle immer wieder erschrocken fest, dass ich mich im Nachhinein viel leichter und richtig gut fühle.

Aber, wie du auch sagst, fordert die Sache extrem viel Kraft und laugt von Mal zu Mal mehr aus. Alleine der Umstand zu wissen, dass man etwas tut, was nicht gut für einen ist und den gesunden Lebensrythmus massiv stört. Ich fühl mich sehr abhängig - warum kann ich es nicht anders schaffen? Wie gibt's das bloß, dass für andere Leute Essen keine derartige Ersatzbefriedigung ist?

Ich hab mich eigentlich völlig freiwillig selbständig gemacht - bei mir war's so, dass ich den Druck von Chefs und Kollegen nicht mehr ausgehalten habe. Ich wollte frei und unabhängig sein - ein klares Defizit beim Umgang mit Menschen und Konflikten.

Die Sache mit deinem Vater klingt als Mitgrund für deine Probleme sehr einleuchtend. Ich kann mir vorstellen, du versuchst vielleicht auch es allen recht zu machen bzw. es ist dir wichtig so zu sein, wie du denkst, dass andere es wollen und von dir erwarten... um die Zuneigung und Harmonie zu bewahren.

Bei mir ist es so, dass ich zunehmend vergesse, wer ich eigentlich bin und was ich eigentlich wirklich will. Wenn ich esse lenke ich mich gut von den Themen ab, mit denen ich mich eigentlich beschäftigen sollte... denke ich halt.

Deine Angst vor Mißerfolg und Veränderungen kann ich voll nachempfinden. Mir hilft manchmal recht gut, wenn ich mir in etwa sage: "Jetzt überleg doch mal - was kannst denn verlieren? Gar nix! Was ist denn im Verhältnis zu deiner Misere wirklich schlimm? Gar nix! Also, scheiß da nix und tu, was du willst und für richtig hältst! Alles wird gut werden!" Das klappt natürlich nicht immer... aber immer öfter :wink:

Mir ging's auch so, dass ich die Therapie gut fand und mich sehr wohl fühlte, aber meine Essstörung blieb unverändert. Ich bin auch immer noch intensiv auf der Suche nach dem erfolgreichen Weg. Ich glaube, es ist ganz wichtig bei sich selbst zu suchen und nicht zu erwarten, dass andere deine Probleme lösen können. Sie können dich unterstützen, aber die entscheidenden Schritte kannst nur du machen! Das Schöne daran ist, dass man dabei erkennen kann, wieviel Potential und Macht doch in einem steckt.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir einen Weg aus der Misere finden werden. Wir haben einen wichtigen Schritt getan - alleine durch das Registrieren hier in diesem Forum. Nur nicht resignieren und sich bloß nicht von Rückschlägen demotivieren lassen!

lg, aroma
cron