Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#16
Felidae hat geschrieben:gibt es gar nichts, an dem ihr euch hochziehen, festhalten könnt? allerdings spielt da glaub ich auch die psyche wieder mit
natürlich gibt es immer kleine nette schöne Ereignisse...nur wiegen sie in der Gesamtsituation nur einen Bruchteil auf...
ich kann mich an Kleinigkeiten erfreuen und ich versuche eben sowie Steppenwölfin nicht passiv in der Situation zu verharren...nur zeigt es keine Wirkung...
es fühlt sich an als wwürde man in einer klebrigen Masse feststecken die zwar milimeterweise nach gibt aber sobald man kurz auch nur verschnauft einen wieder zurück zieht...und bei jeden kläglichen Versuch verklebt man sich immer mehr in dieser Masse...

und irgendwann macht man sich dann Gedanken ob es überhaupt was bringt wenn es doch keinen erfolg verspricht..
wenn man doch immer zurück gezogen wird und nur immer und immer tiefer hinein gelangt..
es erschöpft sich jegliche Kraft auf Dauer gesehen...

und da helfen einem dann leider auch die schönen Dinge nicht weiter um da heraus zu kommen... :(

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#17
Genauso fühlt es sich an, ich hätte es nicht treffender beschreiben könne. Ich glaube, ich kann jetzt einfach nicht mehr.
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmung, das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.

Schweigen ist ein Argument, das kaum zu widerlegen ist.

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#18
Liebe Steppenwölfin,

ich würde dir raten, dringend Hilfe zu holen. Dein Zustand ist schlimm und ich kenne ihn selber sehr gut. Irgendwann ist man am Tiefpunkt und schafft es nicht mehr von alleine. Es dauert sehr lange, bis man wieder mehr Energie hat ( bei mir waren es 4 Monate) und diese zeit hält man im Alleingang oft nicht aus.
Es gibt Akutkliniken, die einen sehr schnell ausfnehmen. ICh war innerhalb von 4 TAgen in einer und habe diesen Schritt nie bereuht.
Ich drücke dir die Daumen, dass es dir bald besser geht

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#19
Heute war ich erneut beim Arzt. Die ganze Nacht hatte ich einen schnellen Puls. Irgendwann stolperte er. Stundenlang lag ich wach, mir war kotzübel und ich hatte Angst wirklich endgültig zusammen zu brechen. Mein Hausarzt war wie immer lieb und einfühlsam. Ich konnte mich ihm trotzdem nicht anvertrauen. Er nahm mir Blut ab und meinte falls sich mein Zustand verschlechterte, müsste ich sofort ins Krankenhaus. Falls nicht, möchte er mich Montags zum besprechen der Ergebnisse und noch ein paar anderer Dinge sehen. Ich glaube, er weiß es und wenn es am Montag angesprochen wird, dass werde ich darüber reden. In eine Klinik gehe ich nicht. Wie geschockt alle wären, wenn sie wüssten.....wie enttäuscht und traurig, dann kann ich niemanden antun. In diesem Zustand, werde ich 100% nicht erbrechen, ich habe das Gefühl das bereits einmal zu viel ist. Mir ist zwar permanent übel, aber ich versuche mich zu ernähren. Ich achte kalorien- und nährstoffreich zu essen, auch wenn es eine Überwindung ist. Besonders Kohlehydrate machen mir zu schaffen.
Ob es überhaupt weitergehen kann mit mir?
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmung, das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.

Schweigen ist ein Argument, das kaum zu widerlegen ist.

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#21
steppenwoelfin hat geschrieben: In eine Klinik gehe ich nicht. Wie geschockt alle wären, wenn sie wüssten.....wie enttäuscht und traurig, dann kann ich niemanden antun.
hm, also ich würd mal sagen, wäre es nicht so, dass die leute schon traurig wären über deinen üblen zustand, aber sie würden dich doch wahrscheinlich unterstüzen und bestärken, dass es dir bald wieder besser geht, meinst du nicht?

natürlich ist es deine entscheidung, und ohne dem willen des patienten ist eine therapie sowieso für den hugo, aber du solltest die entscheidung nicht abhängig davon machen, was "die anderen" darüber denken werden...

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#22
Richtig, es ist und bleibt die Entscheidung des Patienten. Ich mache meine Entscheidung gegen eine Klinik nicht nur von der Meinung anderer ab. Ich weiß, dass mir in meinem Fall ein derartiger Aufenthalt keine Erleichterung bieten würde. Fakt ist: Ich kann mich noch gegen das Erbrechen entscheiden, auch wenn es mir schwer fällt. In einer Klinik würde ich meine Wochen absitzen, zunehmen und nicht erbrechen. Das tue ich nicht. Es wäre zu demütigend. Vorerst muss ich die Entscheidung treffen ob eine ambulante Therapie, für mich positiven Nutzen nach sich ziehen würde. Unterschwellig weiß ich, dass ich es anders haben könnte. Ich könnte sehr wohl gesund sein, bin aber zu schwach um auf die "Vorteile" der Bulimie verzichten zu wollen.
Da mein momentaner körperlicher Zustand bedenklich ist, werde ich mit Sicherheit einige Tage oder Wochen nicht erbrechen. Ich kann, wenn es brenzlig wird....Die geschriebenen Zeilen erfüllen mich mit Scham. So vieles könnte ich haben, so viele Möglichkeiten. Ich habe noch nicht mal mehr die Ausrede, dass ich momentan nicht mehr kämpfen kann. Wenn ich jetzt nicht kämpfe, dann gibt es vielleicht keine weitere Chance mehr. Ich bin in diesem Punkt selbstsüchtig, ich bin Schuld. Es ist erbärmlich. Diese Schuld versuche ich zu begleichen. Ich bin meist lieb, nett, freundlich, kooperativ und unterwürfig. Nur wird mir das auch nicht helfen.
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmung, das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.

Schweigen ist ein Argument, das kaum zu widerlegen ist.

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#24
Hallo zusammen,

heute war ich bei meinem Arzt. Als erstes haben wir die Blutwerte besprochen, die sich leider, innerhalb kurzer Zeit sehr verschlechtert haben. Dann hat er mich gefragt, ob ich ihm etwas zu sagen habe. Ich habe mir also ein Herz gefasst und erzählt. Puh das war ein Kraftakt. Seit Jahren habe ich das Wort Bulimie nicht mehr in den Mund genommen. Ein paar Tränen sind auch geflossen....Das war mir ziemlich peinlich, aber so ist es wohl, wenn man schlimme Dinge erzählt.
Ich wurde auch ganz lieb aufgefangen. Mein Arzt war sehr verständnisvoll und meinte, dass er es geahnt hat, mich aber zu nichts drängen wollte. Danach haben wir das weitere Vorgehen besprochen. Ich habe Substitutionsmedikamente für Kalium bekommen. Ich habe auch andere Defizite die ich durch Ernährung ausgleichen kann. Mir ist bewusst, dass ich meine Bulimie nicht mehr sorglos "laufen lassen" darf, sondern kämpfen muss, wieder ein gesundes Leben zu führen.
Das macht mir ehrlich gesagt, noch große Angst. Ich weiß noch nicht wie ich mit meinem Gefühlen umgehen kann.
Außerdem habe ich eine Liste von Therapeuten bekommen. Ich werde Probesitzungen verinbaren und eine ambulante Therapie beginnen. Stellt sich heraus, dass ich es nicht schaffe, muss ich in eine Klinik. Ich hätte nicht gedacht, dass mein Körper schon solche Folgeschäden hat. Das Ganze Ausmaß ist mir erst bewusst geworden, als ich schlimme körperliche Symptome hatte. Ich habe mich wohl für unverwundbar gehalten...so täuscht man sich.
Ich habe Angst, weil ich weiß, dass ich nur ohne Bulimie leben werde, aber noch keinen Weg kenne, der mir das möglich macht.

Liebe Grüße

Die Woelfin
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmung, das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.

Schweigen ist ein Argument, das kaum zu widerlegen ist.

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#25
Liebe Steppenwölfin,

ich bin etwas erleichtert, dass Du Dich Deinem Arzt anvertraut hast und dass Du eine Tehrapie beginnen willst. Das sind schon mal große Schritte in die richtige Richtung. Hoffentlich sind sie groß genug. Ich finde es schon ziemlich schlimm, mit 21 Jahren schon so zusammen zu brechen. Ehrlich gesagt kommst Du mir von Deiner Art zu schreiben her auch viel älter, reifer vor. Eher so in meinem Alter.

Ich kenne das von früher auch. Ich musste in der Klinik im ersten Einzeltherapiegespräch sagen, warum ich da bin. Bis ich mal das Wort "Bulimie" ausgespuckt hatte. Obwohl ich es so oft schon gedacht oder geschrieben hatte. Er meinte dann, ich müsse mich nicht schämen, hier wären noch viele andere Patientinnen deswegen da....

Halt uns bitte auf dem Laufenden, wie es weiter geht mit Deiner Therapeutensuche. Ich wünche Dir viel Glück dabei. Auch wenn ich Klinik nach wie vor für besser halte. Du weißt nie, wie schnell es zu spät ist.... So eine ambulante Therapie hast Du ein Mal die Woche. Und es dauert, bis die greift. Falls überhaupt. Klinik ist viel intensiver, das ist eine große Chance, große Schritte zu machen und sich auszutauschen mit anderen, denen es auch so geht :!: Und wenn Du selbst Dein Essverhalten nicht auf die Reihe kriegst, kannst Du z.B. vereinbaren, direkt nach dem Essen ins Schwesternzimmer zu gehen, das Essen portioniert zu kriegen, Dich mit anderen Patientinnen treffen und ablenken nach dem Essen usw. Mal ganz abgesehen, dass Du mal aus dem sch** Alltagsumfeld raus kommst.

lg

aire
Zuletzt geändert von aire am Di Jun 29, 2010 22:05, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#26
einen ähnlichen, beängstigenden Zustand habe ich auch schon zweimal erfahren, auch nach dem erbechen. Allerdings habe ich herausgefunden, dass dieser Zustand so extrem nur auftritt, wenn ich Dulcolax genommen habe.

Ich lag in meinem Bett und "hörte" auch überall das Pochen meines Pulses. Ich lag da, könnte keinen Gedanken fassen, nicht mehr lesen (selbst nach etlichen Versuchen des Lesens verlor ich nach wenigen Worten den Faden ....) Ich hatte wirklich Angst den Verstand zu verlieren ! Da an Schlaf gar nicht zu denken war, stand ich also auf. Ich musste mich überall festhalten um nicht hinzufallen. Fühlte mich irgendwie in Trance. Oder besser : unter Droge.
Dann saß ich in der Küche und plötzlich hörte ich ein Geräusch, das immer lauter wurde und mich ängstigte, hatte das Gefühl es gäbe ein Erdbeben, die Marmeladengläser auf dem Tisch leuchteten in einem intensiven rot - all diese Faktoren trieben mich fast bis in den Wahnsinn, bis ich schließlich im Innenhof in einer Ecke hockte, mir die Ohren zu hielt und nur noch schluchzte ...

Es war eine grausame Erfahrung. Ich hatte das Gefühl nur so kurz vorm Wahnsinn zu stehen.
Denn all die armen Menschen, welche man in Nervenkliniken findet, sie sind ja auch idR irgendwann erst so geworden ... :(

Re: Ein unbeschreiblicher Zustand

#27
Zitat von catapillar:"natürlich gibt es immer kleine nette schöne Ereignisse...nur wiegen sie in der Gesamtsituation nur einen Bruchteil auf...
ich kann mich an Kleinigkeiten erfreuen und ich versuche eben sowie Steppenwölfin nicht passiv in der Situation zu verharren...nur zeigt es keine Wirkung...
es fühlt sich an als wwürde man in einer klebrigen Masse feststecken die zwar milimeterweise nach gibt aber sobald man kurz auch nur verschnauft einen wieder zurück zieht...und bei jeden kläglichen Versuch verklebt man sich immer mehr in dieser Masse...
und irgendwann macht man sich dann Gedanken ob es überhaupt was bringt wenn es doch keinen erfolg verspricht..
wenn man doch immer zurück gezogen wird und nur immer und immer tiefer hinein gelangt..
es erschöpft sich jegliche Kraft auf Dauer gesehen...
und da helfen einem dann leider auch die schönen Dinge nicht weiter um da heraus zu kommen... "

Catapillar, möchte dir nur sagen, dass du das echt sehr treffend beschrieben hast. KÖnnte es nicht besser. Mir geht es zur Zeit wieder verstärkt so.
cogito