Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#1
hallo an alle!

Ich bin grad ein bisl ratlos, bzw. weniger ratlos als irgendwie hin- und hergerissen.
Vielleicht kann mir jemand von euch weiterhelfen, weniger in dem Sinn von Ratschlägen, eher vielleicht im Sinne eines Denkanstoßes oder einer neuen Sichtweise oder so.
Klingt ja mal ein bisl verworren, weiß auch nicht genau was ich mir erhoffe, aber ich fang mal an. Folgendes:

Habe vor zwei Jahren mit Sack und Pack meine Heimat verlassen und bin in eine andere Stadt gezogen. War eine Spontanentscheidung, die mir einen super Job, neue Erfahrungen (nicht nur gute) und vieles mehr gebracht hat. Zum damaligen Zeitpunkt war ich bulimiemäßig aus dem "Gröbsten raus" und bereit für neue Herausforderungen. Könnte also besser nicht sein.
War nicht immer einfach, vorallem weil ich niemanden in der Stadt kannte und so, aber jetzt habe ich mich grad ein bisl eingelebt. ABER: seit ein paar Wochen habe ich das dringende Bedürfnis meine Zelte wieder abzubrechen. Und es ist wirklich ein dringendes Bedürfnis, das ich eigentlich, wo ich mich hier endlich wohl fühle jetzt realistisch gesehen selbst nict verstehe.
Noch dazu ist jetzt, nach einem 1,5 jahre dauernden "rückfall" gerade wieder eine Zeit in der es mir dank Therapie besser geht. In der Therapie bin ich gerade an einem wie ich glaube entscheidenden Punkt angelangt, schwierig und aufwühlend, doch ich denke dass da was weitergehen kann. Naja und auf der anderen Seite ist eben da das Bedürfnis weiterzuziehen womit die Therapie dann ja auch beendet wäre.
Es ist total eigenartig, als würde es mich grad zweimal geben und jeder will etwas anderes. Ein realistisch denkendes Ich und ein dem Drang eben die Zelte wieder abzubrechendes Ich.
Ich weiß auch gar nicht genau wohin es gehen soll. Zurück in die Heimatstadt - da wollte ich ja weg, andererseits viellicht auch schon. oder ganz woanders hin?
Auf jeden Fall habe ich meinem Drang folgend Bewerbungen in verschiedene Städte geschickt und auch Kennenlerngespräche vereinbart.
Und jetzt weiß ich eben nicht was ich eigentlich wirklich will, oder wo mein Leben auf mich wartet.

Sorry, ist vielleicht etwas verworren aber vielleicht hat jemand selbst schon solche Erfahrungen gemacht oder so?Oder viellicht reagiere ich auch einfach über und sollte meinem Gefühl/ Drang folgen? hmm, ratlos..

lg

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#2
Hallo!
Wenn ich deinen Text so lese, frage ich mich, ob du vielleicht flüchten willst, aus dem Ort, wo es dir mal schleht ging, nicht mehr an all das denken, was war, kein Gefühl mehr aufkommen lassen, das erinnerungen an die Bulimie wecken kann...
So ging es mir damals, bin von einer Stadt in die andere gezogen, aber die Bulimie kam immer mit, ich konnte nicht weglaufen, zumal alles nur schlimmer geworden ist, denn ich war in der neuen Stadt wieder einsam usw.
Weiss nicht ob es bei dir genau so ist, kann natürlich auch etwas anderes sein...
LG
www.bulimie.online.ms

Es gibt viele Gründe alles bei´m Alten zu lassen, aber nur einen einzigen doch endlich etwas zu ändern:
DU HÄLST ES EINFACH NICHT MEHR AUS...

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#3
hi!
deine schilderung kommt mir mehr als bekannt vor, ich habe im laufe meines lebens an 9 verschiedenen orten gelebt, nirgendwo gab es einen ersichtlichen grund, die zelte abzubrechen. es war jedes mal spannend und prickelnd, woanders hinzugehen und jedes mal ein wenig tragisch, einen ort zu verlassen.

zu deienem posting: als "wanderseele" beschleicht einen immer und an jedem ort irgendwann das bedürfnis, den eigenen geografischen status quo zu hinterfragen. andererseits hat sich meine theorie noch immer bestätigt: erst nach einem jahr ist man irgendwo wirklich zuhause, alles läuft einfacher, kontakte nehmen konkretere gestalt an, vertiefen oder verflüchtigen sich, das umfeld ist einem vertraut. soviel zur sesshaftigkeit. :wink:

1,5 jahre sind nicht lange, deine heimatstadt (und vermutlich auch jede andere dieser welt) rennt nicht davon, geniesse das glück, die richtige thera gefunden zu haben (manche suchen die nämlich wie die nadel im verfluchten heuhaufen!), klär deine dinge, verfolge die themen die anstehen, steh zu deiner stadt und situation, nimm dir zeit und bring deine bisherigen erfolge nicht durch einen ortswechsel durcheinander.

was erwartest du dir denn von einem ortswechsel?

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#4
Mir kommt es so vor, als würdest du vor etwas fliehen, hast du vor etwas angst? Die Therapie ist sehr wichtig und du hast ja schon gemerkt, dass du an einem entscheidenden Punkt gekommen bist und den musst du jetzt bearbeiten. Warum willst du genau weg, hat sich was in Deiner Familie verändert. Schau her, du führst ein eigenes Leben und darauf kannst du stolz sein. Ich weiß ja nicht, wie es bei dir in der Familie ausschaut, aber ich würde es mir sehr gut überlegen!
Das Leben ist zu kurz um es aufzugeben!

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#5
Hallo!
Danke euch für eure Antworten!

Hm, Flucht, ich weiß nicht, das ist wirklich ein neuer Denkanstoß.. Ich meine, ich bin mir ja durchaus bewusst dass ich vor der Bulimie nicht fliehen kann. Ich weiß nicht, kann natürlich auch sein..
Das mit der Eismankeit kann ich nachempfinden, die hat auch mir den riesen Schritt zurück beschert, nur weiß ich inzwischen wie ich damit umgehen kann, wäre also kein Grund denke ich.
Kann aber schon sein, viellicht fühle ich mich durch die Fortschritte grad zu stark und will deshalb alles hinter mir lassen..
Da muss ich jetzt mal darüber nachdenken.., danke dir schwarzer Prinz!
Darf ich fragen wie du das schlussendlich gelöst hast?Ich mein, wie bist du zur Entscheidung gekommen dann mal doch wo zu bleiben?

Das scheinen ja mehrere schon erlebt zu haben.. "Wanderseele", das klingt einleuchtend und interessnt was du da beschreibst. Im Grund genommen denke ich schon, dass ich hier angekommen bin, fühl mich auch nicht unwohl hier oder so. Zu hause aber eher nicht, nein.

Maruja, du hast schon Recht damit, ich sollte bleiben und weiter an mir arbeiten, hab ja auch Respekt weil ich ja schon öfter in rückfallfreien wahnsinns - fortschrittsphasen war und diesmal auch da bleiben will. Eben, realistisch gesehen weißich das ganz genau, irgendwas in mir legt aber ein striktes Veto ein, nach dem Motto "weg, aber rasch, und schauen was sonst so geht". Aber wie du sagst, erstmal weiter an mir arbeiten wäre wahrscheinlich das Beste, die Therapie ist mir ja auch wichtig. schwierig.

Was ich mir vom Ortswechsel erwarte ist eine interessante Frage. Interessant deshalb, weil ich sie mir so konkret noch gar nicht gestellt habe. Vom Gefühl her würde ich sagen am ehesten "neu anfangen", "nach Hause kommen" (wo immer das sein mag) und mal schauen was das Leben mir sonst noch zu bieten hat.

Sollte ich vielleicht auch mal genau darüber nachdenken..!

Dir auch DANKE!

lg

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#6
Nachdem ich hin und her gezogen bin habe ich irgendwann meine Freundin kennengelernt... Und da bin ich zu ihr gezogen... Ich brauchte nicht mehr fliehen, denn ich hatte Halt... Und sie hat mir ganz dolle geholfen aus der ES zu kommen, ohne Flucht...
Denn ich habe auch immer gedacht, ja, Therapie fertig, bin stark, also weg hier, woanders neu anfangen, du schaffst das alles schon... Aber nein, ich für meinen Fall habe es nie geschafft... :(
Und jetzt? Ich ahbe mich von meiner freundin getrennt, bin wieder weggezogen... Scheiss Flucht... Es geht mir wieder schlecht, bin auf dem besten Weg wieder richtig krank zu werden... ich habe nen großen Fehler gemacht! Und das war das letzte Mal, dass ich den Fehler gemacht habe, das schwör ich mir!!! Irgendwann will ich auch mal zur Ruhe kommen, und meine Wurzeln vergraben, um säßhaft zu bleiben...
www.bulimie.online.ms

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DU HÄLST ES EINFACH NICHT MEHR AUS...

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#7
oje, tut mir leid das zu hören...!
Zunächst die Trennung und auch der Rückschritt. Jedoch, auf dem besten Weg heißt ja auch dass du das Ruder noch in der Hand hast oder? Und du kannst es auch schaffen auch wenn du jetzt am "ver"zweifeln bist.
Im Grunde genommen musst du es ja für dich schaffen und nicht für eine beziehung, sonst besteht immer die Gefahr eines Rückfalls, nämlich wen die Beziehung zu Ende ist. Das scheint jetzt leicht geschrieben, doch die erfahrung hab ich auch schon gemacht..
Deine Entschlossenheit zeigt, dass du am richtigen Weg bist, geh in weiter! Langsam aber sicher! Hast du eine Unterstützung dabei?
Schwarzer Prinz hat geschrieben:Denn ich habe auch immer gedacht, ja, Therapie fertig, bin stark, also weg hier, woanders neu anfangen
hm, ja.. bin zwar mitten drin und noch nicht fertig mit der Therapie, doch gibt mir schon zu denken der Satz.

@Schlumpfine:
Meine Familie hat damit wenig zu tun, in dem Bezug sind ein paar hundert km entfernung wirklich ok für mich, und ich hab zuvor auch schon alleine gelebt. Nein, das hat nur mit mir zu tun, und meinem Gefühl das mich "weiter drängt".
Mit der Therapie hast du schon recht, in der Beziehung spielt der Fluchtgedanke viellicht eine Rolle, der Punkt an dem ich angekommen hat den Drang wegzugehen etwas verstärkt aber ich fühle mich denke ich schon bereit mich da "mir" und meiner Vergangenheit zu stellen. Und eben der Drang war zuvor schon da, also bringe ich das eher nicht in Zusammenhang.
Aber auch da mal nachdenk...

lg!

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#8
irgendwas in mir legt aber ein striktes Veto ein, nach dem Motto "weg, aber rasch, und schauen was sonst so geht"
ohne zu leugnen, dass der bauch manchmal richtig entscheidet: ohne konkreten plan und grund erscheint mir dieses argument recht dürftig für so einen schritt. :roll:

darf ich fragen, wie alt du bist?

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#9
Darfst du, 28!

Naja, ganz so ohne Plan würd ich ja nicht gehen, zumindest eine Arbeitstselle, Wohnung .. such ich mir ja vorher. Am Grund mangelt es wenn ich ehrlich bin, da hast du schon recht, eigentlich hab ich hier wie gesagt alles, oder vieles was brauche.
Aber irgendetwas fehlt mir trotzdem plötzlich wieder. Irgendwie das Gefühl dass es "das" ist. Weißt du was ich meine? Ein "Ankommen" und wissen dass ich da richtig bin oder so in die Richtung vielleicht. Ich kann das Gefühl nicht mal selbst so richtig beschreiben, sorry. Es sagt mir irgendwie dass das nicht passen kann und ich wo anders hingehör .. oder so.
Genauso verwirrt wie das klingt bin ich grad innerlich. Gefühl vs. Kopf!

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#10
hmmm...
Aber irgendetwas fehlt mir trotzdem plötzlich wieder. Irgendwie das Gefühl dass es "das" ist.
glaube ziemlich genau zu wissen, was du damit meinst, denn das gefühl habe ich sehr oft erlebt und erlebe es - wie gesagt nach etlichen ortswechsel - noch immer. ich habe "es" nirgendwo gefunden und langsam dämmert mir, dass ich nicht weter an "orten" oder in "menschen" suchen sollte, sondern in mir selbst. es war keien flucht, ich war gehetzt. auf der suche. immer. was mir enorm viele kräfte geraubt hat, mich müde gemacht.

es ist viel wert, wenn alles okay ist udn du dich gut einleben konntest.

hör mal in dich rein. und vergegenwärtige dir, was denn woanders besser sein soll.

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#11
Danke für deine Zeilen maruja, klingen weise.
Ich meine, ich hab das Gefühl dass du aus Erfahrung weißt wovon du redest und dass da sicher was dran ist.

Was besser sein soll, genau das weiß nämlich eigentlich gar nicht. Spontan würde ich sagen, dass das Gefühl dann stimmen würde, und ich meinen Platz finde- was ja so betrachtet doch ein Irrglaube zu sein scheint. Werd mich mit der Frage auseinandersetzen und, ja, in mich hineinhören. Scheint mir ein guter Ansatz zu sein.. dankeschön dafür!

lg!

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#12
sehr gerne :wink:
es soll kein plädoyer dafür sein, sich auf ewig auf einen ort festzulegen, aber ich glaube, es bleibt einem viel an wiederholungen (und lergebnisloser suche) erspart, wenn man diese fragen vorher genau für sich abklärt. *mich selbst an der nase nehm*. mit einer grundgewissheit, die sich daraus hoffentlich ergibt, ist der zeitpunkt zu gehen deutlich spürbar und es gibt dann keine großen zweifel mehr, wenn es tatsächlich so weit ist.
ich wünsche dir, dass du für dich richtig entscheidest.
alles liebe!

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#14
Eine Woche ist vergangen. Hab viel Zeit damit verbracht in mich "hineinzuhorchen", nachzudenken, zu grübeln und abzuwägen.
Der Zwischenstand macht mich fast wahnsinnig. Ich komm auf keinen grünen Zweig und bin innerlich extrem angespannt. Mittlerweile sind Antworten auf meine Anfragen aus den verschiedenen Städten eingetrudelt und mein Bauchgefühl hat die Regie übernommen. Zu achtzig Przent würde ich jetzt sagen ich ziehe weiter, die verbleibenden zwanzig halten mich zurück. In mir drängt sich ständig die Frage auf woher man eigentlich weiß, dass das was man tut auch das richtige ist? Naja, gibt vermutlich keine Antwort darauf.
Inzwischen, das Nachdenken hat Früchte getragen, weiß /vermute ich, dass mein Drang zu gehen wirklich mit einer Flucht zu tun haben magt, gepaart mit einer unbegründeten Angst vor was auch immer.
Wie dem auch sei, ich hab´mich damit auseinandergesetzt und mir gedacht "He, wegrennen ist nicht, stehenbleiben und durchbeissen",und so. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass nicht jede Schlacht geschlagen werden muss. Auch wenns der leichtere Weg ist den man versucht ist einzuschlagen. Genauso schats aus in mir, ich wäge ab und finde zu jedem "Argument" etwas was dagegenspricht, zum verrückt werden...!
Ich habe mich sehr intensiv damit befasst, was besser werden soll. Die einzige Antwort, die ich - mit Unterstützung meiner Therapeutin - darauf gefunden habe, hat mich zugleich erschreckt wie "erleuchtet" (also nicht im spirituellen Sinn): es wäre alles neu, ich wäre abgelenkt, hätte viel zu tun und müsste mich nicht mit mir selbst befassen. Natürlich falscher Weg, das hab ich verstanden, aber was soll ich sagen, es kommt mir so verlockend vor. Und die Entscheidung kann mir niemand abnehmen.
Es ist zum Davonrennen, im wahrsten Sinne des Wortes.
*nachdenk*

Re: Zelte abbrechen und weiter!Oder?

#15
hallo firefly!
auch wenn du dich momentan noch zerrissen fühlst, es ist gut, dass du das thema so eingehend reflektierst.
was mich interessieren würde: was hast du dir dabei gedacht, als du die adressen für deine bewerbungen zusammengestellt hast? nach welchen kriterien bist du vorgegangen? hast du freunde in einigen dieser destinationen? war es das bild einer berauschenden skyline? waren es gefühle, die du beim aussprechen diese stadtnamens empfindest, das flair, das du damit assoziierst?

liebe grüße
maruja