Liebe Colourful,
du weißt ja, dass ich das sehr gut kenne. Morgens mit Müh und Not aus dem Bett krabbeln, unter die Dusche schleppen und spätestens danach zu kautt um geradeaus zu schauen. Mir fällt aber eineganze Menge zu deinem Geschreibsel ein.
"Ich komme mir schon lernbehindert vor, weil andere wirklich zwölf bis fünfzehn Stunden machen können."
Also, du weißt bestimmt, dass ich dich sehr bewundere

Ich kriege bestimmt nicht mal zwei Stunden lernen hin. Ich messe die Zeit aber nicht. Persönlich halte ich das auch für keine Idee, auf die Uhr zu schauen, weil es einen unter Zeitdruck setzt. Also wenn man sien Pensum nicht schafft, dann ist das gleich die Krise. Also zunächst mal: Staatsexamen ist ja eine Riesensache. Überleg mal, wie viele deiner Kommilitonen/-innen erst gar nicht da ankamen. Was du machst, ist eine echt gute Leistung. Lass dir da nichts anderes einreden.
Ich weiß, du kümmerst dich sehr gut um dich, du schläfst und isst und bemühst dich um Ausgleich. Ist natürlich schlimm für dich, wenn das alles dann nicht hilft und dein Körper trotzdem streikt. Oder Körper und Seele zusammen. Obwohl es nach deiner Rechnung klappen müsste. Liebe Colourful, du weißt ja selbst, dass solche Rechnungen nicht aufgehen. Du denkst, du trittst schon kürzer (z.B. als die anderen). Offensichtlich müsstest du aber noch kürzer treten. Vielleicht hilft es dir schon, wenn du dem Staatsexamen den Horror nimmst, indem du dir Alternativen überlegst, wenn du e nicht schaffst. Es darf irgendwie nicht so sein, dass das der Gau wäre. Verstehe mich nicht falsch, ich möchte dir nicht sagen, du solltest es lassen. Du sollst nur lockerer rangehen mit dem Wissen, wenn du es schaffst – super, wenn nicht, auch nicht schlimm. Ich denke auch übrigens nicht, dass es auf die reine Stundenzahl des Lernens ankommt. Du hast vielleicht bessere Lerntechniken und wofür deine Kommilitonen 15 Stunden brauchen, brauchst du nur acht. Weil du dafür vielleicht auch ausgeruhter bist. Weil du nebenher noch dein Schreiben machst und dein Laufen. Gestern habe ich einen Artikel über Prokrastination gelesen und dass das eigentlich gut sein soll. Weil man so viele andere wertvolle Sachen – nur dann - hinkriegt, wenn man eigentlich „keine Zeit hat“. Überhaupt solltest du dich vermutlich nicht mit deinen Kommilitonen vergleichen. Danach fühlt man sich ja immer schlecht. Du machst deine Sachen auf deine Art und in deinem Rahmen der Möglichkeiten. Und wenn der gerade im Moment schrumpft, dann ist es halt so. Am besten versuchst du, nicht die Krise darüber zu kriegen und keine Angst davor zu kriegen, dass immer weniger geht und nimmst einen Gang raus. Du machst dein Bestes und mehr kann keiner verlangen.
Vielleicht ist es auch besser für dich, du hältst dir vor Augen es sind noch x Tage (kommt drauf an, wenn es noch ein paar Monate sind, haut’s wohl eher nicht auf die Art hin.) und zwingst dich zum Wachbleiben und legst danach eine Pause ein. Aber ich gehe mal davon aus, wäre das eine Option, würdest du das einfach machen und keinen Thread eröffnen.
Und erinnerst du dich noch daran, was meine Dozentin letztens meinte, darüber, dass es gut ist, auch mal zu Scheitern? Vermutlich willst du mir jetzt eine Pfanne überhauen und sagen ‚Aber nicht beim Staatsexamen’. Aber ich denke schon, du hast Recht und es kommt, wie es kommen soll. Ich denke sowieso, du bist schlau genug und du hast viel gelernt und du bestehst das Staatsexamen. Meistens unterschätzt man ja die eigenen Fähigkeiten und das eigene Wissen. Ich meine mich zu erinnern, das war bei dir auch so.
Lg
aire