Ich habe angefangen zu brechen, weil das der einfachste Weg war. Den war ich gewohnt.

Abgesehen davon fände ich es spannend, wenn wir drüber reden, mit welchen Emotionen unsere Auslöser damals verbunden waren und heute sind. Ich muss von mir leider zugeben, dass ich mich auch bei den Erklärungsversuchen jahrelang mit "dem einfachsten Weg" zufrieden gegeben habe - gewalttätiger Vater, Mangel an Anerkennung und Aufmerksamkeit seitens des nächsten Umfeldes, ungenügend ausgeprägte Fähigkeit zur Schaffung eines validen Selbstbildes - und mir gewünscht hätte, dass da mal eine wirklich nachbohrt.
Könnte mir vorstellen, dass es einigen so geht, denn so ganz außergewöhnlich finde ich das nicht.

Da du diesen Thread angezettelt hast, Lst - wenn Du Psychologin wärst, was würdest du fragen?

gn, Katz

katjusza hat geschrieben:Da du diesen Thread angezettelt hast, Lst - wenn Du Psychologin wärst, was würdest du fragen?

jetzt muss ich Schuld sein?

najut, da meine Anfangsfrage nicht ganz verstanden wurde, glaub ich, nochmal, diesmal in erweiterter Form: Wie habt ihr euch damals gefühlt, als ihr das 1. Mal erbrochen habt? Und gibt es Parallelen zu den Emotionen heute beim Erbrechen?

den 1. Frageteil hab ich im Anfangspost ja beantwortet, heute erbreche ich nicht mehr, aber in den letzten Zügen waren es ganz andere Emotionen, denn ich habe geweint, als der Drang zum Kotzen wieder da war nach einer FA. Ich wollte es nciht, doch ich hatte alleine nciht mehr die Kraft, das zu kontrollieren... sowas wird dann also nach Informieren, Anerkennung wollen, ausrobieren, Freundschaft schließen

es ist schon erschreckend, aber so sehr ich mich jetzt auch anstrenge, bemühe und grüble, ich kann mich beim besten willen nicht an mein "erstes mal" erinnern.
verdränge ich da irgendwas?

aber ich versuche nun aufzuschreiben, was ich bei den ersten malen, an die ich mich erinnern kann, gefühlt habe.
ich hatte abendliche FA´s, den ganzen tag vor lauter stress nix gegessen, arbeitsbedingt...
mit meinem körper kam ich eh nie klar, also daher schon vorbelastet.

es war einfach zu viel in mir drinnen. ich war zu viel. ich war schmutzig, undiszipliniert, gefräßig, häßlich, ...
und da musste es eben wieder raus. wenn schon alles scheiße war, so durfte ich nicht auch noch fetter werden.

das waren meine gedanken im anfangsstadium.

dann veränderte es sich, die bulimie wurde zu meinem geheimniss, zu meinem werkzeug und ich zu ihrem. svv und bulimische anfälle wechselten sich ab. so konnte ich nun den druck loswerden.

meine gefühle am anfang und heute sind sich tw schon noch ähnlich. die gewichtsfrage und die angst vorm zunehmen ist nach wie vor da. nur, daß mir heute klar ist, daß es nicht wirklich um mein körpergewicht geht

katjusza hat geschrieben:Ich habe angefangen zu brechen, weil das der einfachste Weg war. Den war ich gewohnt.

Das trifft es sehr gut!!
Mein "Motto" war (und ist wohl noch ) immer ->Mit minimalem Aufwand zum maximalen Erfolg<-... so klein war der Aufwand dann wohl doch nicht, kann ich im nachhinein sagen!
Angefangen hats bei mir auch mit Magersucht (wenn auch nur 4 Monate) - hatte nach dieser zeit extremes UG und merkte aber sehr wohl, dass ich übertrieben hatte mit meiner (ganz zu beginn) diät!! naja und logischerweise nahm ich dann wieder zu!! vorallem in meinem auslandsjahr nahm ich sehr viel zu - "eindeutig zu viel" dachte ich!! nach der MS konnte ich einfach nicht verstehen wo meine disziplin hin war!? schaffte ich es doch, 4 monate fast nichts zu essen, was ist jetzt los, wieso schaff ich es nichtmal annähernd mich zu disziplinieren!? (und disziplinieren war für mich damals wirklich seehr wenig bis nichts zu essen ) irgendwann kams mir plötztlich in den sinn: "Na dann probieren wirs eben mal mit Bulimie!" (Gott, wenn ich das so schreib - aber das dachte ich damals wirklich - konnte ich doch die MS nach 4 monaten gewollt abstoppen, so wird das mit dem kotzen wohl auch gehn, ich wills ja nur vorübergehend bois ich MEIN idealgewicht wieder hab) naja also fing ich an normale Mahlzeiten zu erbrechen denn: 1-1=0 (so konnte ich mir meine "disziplin" selbst vortäuschen)
zu meinen Gefühlen: anfangs war das Erbrechen für mich die große Erleichterung!! ich fühlte mich nicht dreckig dabei, ganz im gegenteil, ich fühlte mich danach so richtig rein und sauber (innerlich)!!
naja irgendwann fingen dann die fas an!! plötztlich (komisch, fällt mir grade auf) änderte sich mein gefühl - plötztlich war das essen für mich der genuss und das erbrechen die große qual!! ich fühlte mich danach undiszipliniert, unrein, schmutzig, wertlos, beschämt, usw. - naja und heute?? heute ist es eigentlich unterschiedlich, anfangs fühl ich mich beim essen wohl, bis es zu dem punkt kommt an dem ich merke ich bin schon lange voll, "ich muss das nur essen, damit es weg ist, damit es morgen nicht mehr da ist, um mich zu einem weiteren fa anzuregen, denn heute WIRD BESTIMMT das letzte mal sein" (red ich mir immer noch ein!!) naja und wenn ich da schon platze vor lauter essen, fang ich oft sogar zu heulen an vor lauter erniedrigung!! manchmal bin ich dann emotional so am ende, dass ich heulend neben dem klo liege und nichtmal mehr in der lage bin zu erbrechen, weil ich mich so erniedrigt fühle!! dann leg ich mich ins bett, und fühl mich im endeffekt noch schlechter, weil ich mit voooollem magen da lieg!! manchmal steh ich dann doch wieder auf, wenn ich mich halbwegs beruhigt hab und "bring das ganze hinter mich" - total gefühlstot!! einfach leer!! ich machs halt um nicht zuzunehmen (ja das ist mir auch heute noch wichtig - muss wahrscheinlich noch viel lernen!)
hmm ich könnt ja fast ein buch schreiben über die ganzen gefühle die mir vor, während und nach einem fa einfallen!! einfach scheiße und erniedrigt und selbst die lust, die ich kurzweilig verspüre, scheint mich hämisch auszulachen, und mir falsch ins gesicht zu grinsen und zu sagen "hach, bist wieder mal auf mich reingefallen was, dummes, dreckiges, naives miststück!" denn selbst die lust die ich verspüre ist falsch und das spüre ich... hmm kann ich irgendwie gar nicht erklären!
ich mach da mal einen punkt... vlt fällt mir später mehr ein, und ich kann mich besser ausdrücken!!

lg MonaSeis

hallo lst!
parallelen zu den emotionen von damal - eigentlich nicht. als ich begonnen habe - das war mit 17, ging es mir nur darum, schlanker zu werden. bei absolutem normalgewicht. erst im laufe der jahre kristallisierte sich der eigentliche "zweck" heraus: anfangs dachte ich, es nur nicht zu schaffen, gut genug auszusehen. später verlagerte sich dieser selbstzweifel auf alle anderen lebensbereiche: soziale fähigkeiten, lernerfolge, später berufliche anerkennung. ich habe mich selbst mit der b* immer "klein gehalten". es war mein freibrief, eh nicht funktionieren zu können, denn "ich hatte ja ein problem". genau diese erkenntnis - und damit meine ich ein tatsächliches reflektieren dieser tatsache verbunden mit ersten ansätzen eines lösungsversuches - von ursache und wirkung hat mich dazu bewegt, alternative strategien zu suchen, um mich in der welt zu bestätigen: habe mich im job bemüht, zwischenmenschliches unter die lupe genommen und konsequenzen daraus gezogen. war hart - jetzt ist aber vieles besser.

Hmm, jetzt mal "gerade" 1 1/2 Jahre wirklich clean.....zurückblickend.........zwischendurch kommen immer wieder Erinnerungen hoch, wo ich dachte nicht in der ESS zu sein und doch mitten drinnen.

Kann nur sagen der Anfang war, wie Kats schon bemerkte, der einfachste (sry, der einfachste Weg um zu dem zu kommen, was man eventuell erreichen wollte). Beweggründe waren höchstwahrscheinlich, wie bei jedem von uns, ganz verschiedene oder vielleicht ähnliche.
Gesehen hatte ich es bei meiner Schwester, nicht gesehen aber mitbekommen. - Es war nach den Ferien in Ungarn, ich hatte einiges zugenommen, vor meinem ersten Job überhaupt......schon als Kind fühlte ich mich zu dick, ich hasste es, wenn meine Großmutter zu mir sagte "Du schaust richtig gut aus (was gleichbedeutend war mit, Du hast gscheit was auf den Rippen - nicht zu verdenken, denn sie hatte den Krieg, auch meine Mutter, live miterlebt, Lebensmittel waren damals absolute Mangelware )
Was für mich von Anfang absolut eklig war, war es den Finger in den Mund zu stecken......also musste etwas anderes herhalten, schließlich hasste ich auch das und ich dachte mir, ich esse gar nichts mehr bzw. sehr wenig.
Im Nachhinein muss ich sagen, ich fühlte mich die ganze Kindheit lang als minderwertig, wollte lieber ein Junge sein als ein Mädchen, verstand nicht, warum Mädels, die auf "zickig" machten und "superschlank" waren eher akzeptiert und begehrt waren als "meinereins".
Verstand nicht, warum sich meine Mutter nicht für mich einsetzte (kleine Vorkommnisse, die einem wieder ins Gedächtnis gerufen werden, die aber hier den Rahmen sprengen würden).
Jetzt verstehe ich meine Mutter, warum sie so gehandelt hat, wie sie es tat aber mein Leben ist so verlaufen, wie es verlaufen ist.
Um auf den Punkt zu kommen, nach dem LST gefragt hat, ich habe einfach aus Verzweiflung und Minderwertigkeit heraus zum Kotzen bzw. mit der ESS angefangen....denn die über 20 Jahre waren ziemlich durchgmixt mit "von allem etwas"
Zu meinem großen Glück habe ich nicht wirklich große gesundheitliche Schäden genommen, aus welchem Grund auch immer, vielleicht hatte da oben einfach jemand ein Auge auf mich.

Danke M..., dass Du den Thread gemacht hast!

LG, mpure (exspera)

"hach, bist wieder mal auf mich reingefallen was, dummes, dreckiges, naives miststück!"

Das ist ganz schön starker Tobak, Mona.
Wie Deine unerlaubte Lust Dich nennt, ist wie Du Dich siehst - und davon ist Miststück noch das netteste. Was löst das aus, sich dessen bewusst zu sein?

katjusza hat geschrieben:Was löst das aus, sich dessen bewusst zu sein?

hmm.. ja, noch mehr erniedrigung und ekel vor mir selbst und hass gegen mich selbst!! weiß ich doch schon lange, dass diese "lust" nur falsch und von kurzer dauer ist, und dass sie mich im endeffekt noch mehr erniedrigt - und "gebe mich ihr trotzdem hin"!!

äh, wenn ich auch was dazu sagen darf?

Also ich weiß noch genau, wie ich mich damals gefühlt habe, bzw. welches Gefühl im Vordergrund war. Der massive Hass auf mich selber. Der Hass und die Wut, mich selber beim Essen nicht unter Kontrolle zu haben. Es war damals ein Tag nach Silvester als ich begann. Es war ein wahnsinneger Hass in mir auf mich selber, dass ich diesem Mistkörper eben zeigen musste, wer hier der Boss ist. Tja und irgendwie hat sich das nciht wirklich geändert, auch wenn der SH nicht immer im Vordergrund ist.

cogito

Hallo, bei mir hat das mehrere Ursachen. Einmal hatte ich eine bzw. mehrere unschöne Situation mit Männern. Und dann war ich anorektisch und war in der Klinik, auf der geschlossenen, da wurde ich gezwungen zu essen. Von null auf 5 Mahlzeiten. Ich wollte das gar nicht. Aber ich mußte, also aß ich, und hatte Angst zuzunehmen, also erbrach ich heimlich, mit Hilfsmitteln, die ich hier nicht näher erläutern möchte. Das blieb nicht lange geheim. Dann durfte ich nur noch unter Aufsicht zur Toilette. Es war die Hölle. Als ich entlassen wurde, fing alles wieder von vorne an, ich wurde anorektisch und bulimisch. Jetzt bin ich bulimisch.
Kennt ihr das auch, das ihr neidisch seid, auf Leute die dünner sind, und man denkt, oh so dünn wäre ich auch gerne, dann geht es mir besser und bin selbstbewußter. Was für Erfahrungen habt ihr gemacht.

LG Jane

JaneKraut hat geschrieben:Als ich entlassen wurde, fing alles wieder von vorne an, ich wurde anorektisch und bulimisch. Jetzt bin ich bulimisch.

Frage hier ist ja, wie hast du dich dabei gefühlt, bzw. wie fühlst du dich jetzt?

und spannend ist wohl noch, was es dir bringt

Hallo, ich fühle mich anorektisch und bulimisch nicht so besonders, weil hinzu noch die Depressionen kommen, Zwangsstörung und Borderline. Am meisten haben mir auch nur die späteren Aufenthalte geholfen und nicht die am Anfang, da habe ich gelogen, geklaut und habe mir leider nur was vor gemacht. Manchmal denke ich schon, das ich jetzt wo ich etwas übergewichtig bin mich schwach fühle und wo ich dünn war habe ich Stärke, Selbstbewu0tsein bewiesen. Aber ich glaube, das ist alles Trugschluß. Es gibt überhaupt kein Gewicht, wo ich mich sonderlich wohl fühle, bzw. habe es noch nicht gefunden und ich habe bestimmt schon alles Gewichtsklassen hinter mir. Ich weiß auch nicht was besser ist, anorektisch oder bulimisch, wenn man davon überhaupt sprechen kann.
LG Jane

JaneKraut hat geschrieben:Hallo, ich fühle mich anorektisch und bulimisch nicht so besonders, weil hinzu noch die Depressionen kommen, Zwangsstörung und Borderline.

das war garnicht meine Frage
wie ist es emotional, wenn du hungerst, kotzen gehst bzw. davor und danach
was hällt dich daran, das zu tun?

Mein Gedankenspiel ist oft dieses: Ist es für mich angenehmer die blöden Kommentare anderer über Dicke mühsam zu ignorieren oder Bewunderung und Lob für eine schlanke Figur zu empfangen?

Keine Ahnung ob das n Trugschluss sein soll... ich meine, mal Hand aufs Herz...

Para hat geschrieben:Mein Gedankenspiel ist oft dieses: Ist es für mich angenehmer die blöden Kommentare anderer über Dicke mühsam zu ignorieren oder Bewunderung und Lob für eine schlanke Figur zu empfangen?

Keine Ahnung ob das n Trugschluss sein soll... ich meine, mal Hand aufs Herz...

klar, Lob für die Figur is toll
aber was bringt das, wnen man krank und schwach ausschaut

dann lieber etwas runder und Komplimente für die gesunde und tolle Ausstrahlung bekommen oder?