Liebe Kimberly
ja ich sollte wirklich mehr in der Zukunft bzw. wenigstens in der Gegenwart leben.
Das mit dem 'Wollen' und 'Sollen' ist ja immer so eine Sache. Ich finde, müssen musst du schon mal garníchts! Das führt nämlich auch zu gar nichts! Es geht doch erst mal darum, was du fühlst und was dich beschäftigt, DAS ist doch wichtig! Der nächste Schritt ist dann der, wie du damit umgehst.
Und - eigentlich kannst du gar nicht bestimmen, ob du nun in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft lebst. Es gibt nämlich nur einen einzigen Moment, in dem du lebst: Das Hier und Jetzt! Alles andere sind Gedanken (komme ich gleich noch mal drauf zurück). Das Leben findet jetzt in diesem Moment statt. Immer!
Aber ich denke es ist einfach, weil ich doch so einsam bin dass ich zu viel an meine verstorbenen bzw. verschwundenen Tiere denke. Sie waren halt immer da u. haben bei mir eine größere, schmerzlichere Lücke hinterlassen als wie bei Menschen, die mehr soziale Kontakte pflegen ...
Da denkst du auch genau richtig. Es ist doch völlig ok, dass du noch trauerst und an deine Tiere denkst, die dir fehlen, liebe Kimberly!!! Wer sagt, dass du das nicht darfst? Ich finde, du darst dir selber erlauben darüber traurig zu sein!
Schließlich hast du da einen wahrhaftigen Grund für und es gibt keinen Grund zu sagen, dass deine Trauer nicht angemessen ist. Für DICH ist das nun mal ein großer Schmerz, dass ist doch entscheident! Nicht, was andere sagen oder behaupten.
Durch meinen Zusammenbruch u. die schlimme Krankheit meiner Mutter wurde ich zwei Mal mit dem Tod konfrontiert - das war wirklich zu viel für mich ... Es ist was ganz anderes wenn man "einfach" immer so darüber spricht, als wie wenn es doch dann ganz nah ist. Das arbeitet immer noch in mir...
Ich vermute, dass dein großer Schmerz, deine großer Kummer über den Tod deiner Tiere mit vielen anderen Dingen im Zusammenhang stehen und sich nun über den Verlust so intensiv äußert.
Es ist ganz normal, dass das noch in dir arbeitet. Das schlimmste, was du jetzt tun könntest, wäre dagegen anzukämpfen, dich dagegen zu wehren. Um das ganze verarbeiten zu können, ist es ganz wichtig, dass du dich damit auseinander setzt und trauerst!
Und - liebe Kimberly: Du brauchst das nicht allein zu tun! Du bist damit auch vollkommen überfordert! Das wird allein fast unmöglich sein, alles zu verarbeiten. Weil warscheinlich noch ganz andere Dinge damit im Zusammenhang stehen. Ich weiß das nicht, aber es könnte sein. Und daher ist es NOCHMAL umso wichtiger, dass du dir wirklich eine Unterstützung suchst. Einen guten Therapeuten, oder Therapeutin!
Ich versuchte heute einen normalen Tag zu verleben. Aber die Erinnerungen drangen sich immer wieder in meinen KOpf,
Sei froh, dass sie das tun. Auch wenn das weh tut. Die andere Variante wäre nämlich, dass du bewusst gar nicht mehr mitbekommst, dass die Erinnerungen da sind. Und dann äußert sich dieser Schmerz in noch viel schlimmeren Dingen und es wäre NOCH viel schwieriger, alles zu verarbeiten.
Wusstest du, dass unser Leben nur zu 5 % (in Worten FÜNF!!!) bewusst abläuft? 95% geschehen unbewusst!!!
Versuche nicht zu verdrängen, sei dankbar, dass du merkst, was los ist.
Sowas zu verarbeiten braucht Zeit! Das ist ganz normal!
Und das mit meine Sorgen so banal u. kindisch vorkommen liegt einfach daran dass es viele nicht verstehen können wie man über vergangene Sachen immer noch so ins Grübeln kommen kann bzw. wie einen das immer noch so zusetzen kann. Das ist wohl nich bei vielen Menschen so extrem wie bei mir wie mir scheint .... Sonst würden das so viele Menschen nicht einfach nicht verstehen

Sei dir ganz gewiss: Deine Sorgen, deine Gefühle, deine Trauer ist vollkommen normal und ganz sicher nicht banal und kindisch! Es mag sein, dass viele Menschen das nicht verstehen können, doch es gibt mindestens genausoviele Menschen, die genau wissen, dass solche Dinge Zeit und Verarbeitung brauchen und das es ganz wichtig ist, so damit umzugehen, wie du es gerade tust: Nämlich auszusprechen und dich damit auseinander zu setzen!
Glaubst du wirklich, andere Menschen kommen über vergangene Sachen nicht ins Grübeln???
Selbstverständlich!!!
Und die, die am wenigsten Verständnis dafür haben, sind meistens genau die, die selber damit die größten Probleme haben, die die größte ANGST davor haben, sich damit auseinander zu setzen. Sonst würden sie das gar nicht so stark thematisieren! Sie haben ANGST, dass es Menschen gibt, die das zugeben und daran arbeiten und sie, die nicht daran arbeiten, diejenigen sind, die sozusagen auf der Strecke bleiben. Verstehst du?
Kimberly, es ist eine ganz ganz wunderbare, kostbare Eigenschaft und Fähigkeit so sensibel zu sein! Auch wenn das jetzt im Moment ein großer Schmerz sein mag. Gleichzeitig besitzt du damit aber auch die Fähigkeit Dinge wahrzunehmen, die anderen verborgen bleiben - auch die schönen Dinge! Ist dir bewusst, was für einen großen Schatz du da in dir trägst? Behüte ihn, schütze ihn und vor allem: Pflege ihn!!! Pflege deine Feinfühligkeit. Nimm sie dankbar an. Und wenn sie dir sagt: "Du - Kimberly, hier ist gerade ein großer Schmerz", dann nimm sie 'liebevoll in den Arm' und kümmere dich darum! Sei dankbar, dass du darauf hingewiesen wirst!
Such dir jemanden, dem du vertraust (wenn du nicht schon jemanden hast), mit dem du dich gemeinsam darum kümmern kannst!
Denk daran, dass es dir damit besser gehen wird. Du wirst daran wachsen und stark werden. Auch wenn es weh tut.
Besser du gehst noch mal ganz und gar in den Schmerz hinein und schaust ihm direkt ins Gesicht, damit du weißt, was sich dahinter verbirgt, als wenn du diesen Schmerz nun immer mit dir herum schleppen wirst. Und er so wütend wird, weil du dich ihm nicht stellst, dass er dich immer mehr traktiert - bis er sich in noch mehr körperlichen Auswirkungen zeigt (obwohl ich finde, dass Bulimie schon sehr Ausdrucksstark ist!).
Die Menschen, die deinen Gedanken und Gefühlen mit Unverständnis begegnen, sind manchmal auch genau diejenigen, die krank werden - ob chronisch, oder lebensbedrohlich oder in welcher Form auch immer.
Bleib weiter so stark wie du bist und setze dich weiter mit deinem Kummer auseinander!
Du brauchst es nicht allein zu tun - es gibt so viele liebe Menschen, die dich an die Hand nehmen und begleiten!
Ich drück dich ganz lieb und mitfühlend,
Florina
Entweder man lebt, oder man ist Konsequent. (Erich Kästner)