Hallo erstmal! Freut mich, dass ich Antwort gekriegt habe. Viele wissen von meiner Essstörung, hab aber das Gefühl, dass nur wenige wirklich begreifen, worum es dabei geht. Als ich 13 war, hat mich meine Mum zum ersten Mal zum Heilfasten überredet, da hab ich dann eine Woche nur Tee getrunken, sie hat ganz normal gegessen. Sie hat befunden, ich wäre zu dick, mein Bauch zu groß - hat sie mir mehrmals täglich gesagt - obwohl ich ein ganz normales Kind war. Nicht dürr, aber völlig normal. Ich bin eine extreme Perfektionisitin und habe hohe Ansprüche an mich, hab auch immer überall ausgezeichnete Leistungen, weil ich wusste, das war das einzige, mit dem ich meine Eltern halbwegs beeindrucken konnte. Ich habe nie körperliche Zuwendung bekommen, und nie irgendeine Art von Kompliment oder Anerkennung. Meine Eltern haben auch nie Fehler zugegeben, wenn es Streit gab, war immer ich schuld. Ich habe lange nicht gecheckt, dass ich eine Essstörung habe, habe jede einzelne Kalorie gezählt, brauch ich euch nicht erzählen. Jedenfalls hab ich mir dann ein Skriptum von Olivia Wollinger besorgt. Sie hatte Bulimie und ist da raus gekommen. Heißt: Wege aus dem Teufelskreis - und man kann es am Institut für Frauensache bestellen. Hab immer soviel gelesen, wie ich umsetzen konnte, wusste aber nicht, wo die Ursachen liegen. Mir ist mein leben so perfekt vorgekommen. Habe aber auch chronische Gastritis, auch seit meiner Jugend. Tja, letztes jahr ist mein perfektes Leben zerbrochen, ich hab meine lieben Freund aufgegeben und mit ihm all meine bis dahin vorhandenen Wunschträume. Dann bin ich erst mal ins Bodenlose abgesackt. Eine freundin hat mir das buch: Das Drama des hochbegabten Kindes - geschenkt, und das hat mir mehr und mehr die Augen geöffnet. Würde ich echt weiterempfehlen. Wenn man es total auf sich beziehen kann, kann man seine eigene Kindheit besser begreifen. Habe dann beschlossen, mich auf die Suche nach meinem eigenen Ich zu machen, und nicht mehr für alle die Perfekte zu sein. Die, die alle Fehler bei sich sucht, ständig an sich arbeitet und immer alles richtig machen will. Hab mir vorgenommen, von nun an "ehrlich" zu sein und die unangenehmen Seiten an mir nicht mehr zurückzuhalten. Wer mich liebt, soll mich auch so lieben. Hab meine Eltern dann ziemlich vor den Kopf gestossen, weil ich mich in eine Frau verliebt hab und seit dem mit ihr zusammen bin. Dachte also, ich hätte den richtigen Weg gewählt. Und dann kommen immer wieder Situationen, die mir bewusst machen, wie sehr ich noch das kleine, verletzte Kind bin. Und ich will es nicht mehr sein. Ich möchte meinen Eltern verzeihen können und gleichzeitig einen Schutzmantel haben für all die Verletzungen, die immer noch kommen. Ich weiß auch, dass sie mich sehr lieb haben und sie sich verändert haben und sich bemühen, trotzdem trifft es mich immer wieder. Auch in anderen Lebensbereichen. Und ich kann mich selber nicht genug lieben, ich sehe immer meine Unvollkommenheit, vor allem körperlich. Ich denke immer, wäre ich doch nur um *kg leichter, wäre ich doch um so viel schöner.
Und ich schaffe es aber nicht, weil ich nicht wieder kotzen und kalorienzählen und hungern und Diät halten will. So, das war jetzt etwas viel, sorry.
Schön, dass ihr aus Wien seid. Das schließt eine reale Begegnung nicht aus
