I've been facing this alone for much too long ...

#1
Hallo ihr Lieben!

Ich habe es endlich geschafft, mich hier zu registrieren.

Der Titel meines Threads sagt schon einiges aus, denke ich …

Ich bin jetzt fast 17 Jahre alt und habe seit 8 Jahren ein gestörtes Essverhalten, seit 4 Jahren eine Essstörung. Und ich bin bisher allein damit geblieben.

Meiner älteren Schwester, einigen FreundInnen und sogar meinem Vater habe ich davon erzählt, aber immer so getan, als wäre das alles längst durchgestanden und vorbei.

Ich erzähle immer, wie sehr ich zu mir zurückgefunden habe, wie gut jetzt alles wieder funktioniere. Und sie sind stolz auf mich.

Nach außen hin bin ich einfach eine sehr selbstbewusste, sichere, starke junge Frau. Irgendwie stimmt das auch, weil ich schon sehr viel erlebt habe und mich nicht unterkriegen hab lassen, aber tief in meinem Inneren – so kommt es mir oft vor – bin ich nur ein kleines Mädchen, das eine Hand hingestreckt bekommen will.

Mir selber habe ich schon vor einiger Zeit eingestanden, dass ich Bulimie habe, aber jemandem anderen davon erzählen? Nein! Zu groß die Angst, „verlassen“ zu werden. Sie könnten mich ja nicht mehr „wollen“, wenn sie sehen, wie es in mir, wie es hinter meiner Maske aussieht. Und irgendwo in mir ist dieses Bedürfnis, „normal“ zu sein. Ich will nicht als „krank“ oder „gestört“ abgestempelt werden. Ich will … Was will ich denn eigentlich?

Ich habe schon einige Versuche gestartet, die ES zu „besiegen“, sie abzuschütteln, jedoch immer allein und immer bin ich letztendlich gescheitert. Eine Therapie? Ja, ich würde wirklich gerne eine machen. Ich will mich selber annehmen und lieben lernen, ich will endlich verstehen, warum ich diese ES wirklich habe. Dann mach doch eine! Da fängt’s dann an: Ich wohne bei meinen Eltern und will nicht, dass die etwas mitbekommen, zumindest am Anfang nicht. Oder überhaupt nicht? Ich weiß, das kann nicht gut funktionieren und wirkt vielleicht komisch, aber ich will das alles hinter mir lassen und dann erst etwas sagen. Dann bin ich wieder das starke Mädchen, das selbständig und unabhängig ist und sich um sich selbst sorgen kann. Warum habe ich solche Angst davor, Schwäche einzugestehen? Warum erlaube ich es mir nicht, schwach zu sein, Hilfe zu benötigen? Ich habe viel darüber nachgedacht, wo diese ES ihren Ursprung haben könnte, weil sie natürlich nicht von ungefähr kommt. Naheliegend wären familiäre Ursachen, nicht wahr? Und das ist der nächste Punkt, den ich nicht verstehe: Ich habe so tolle Eltern! Natürlich gibt es Streitigkeiten und mit meiner Mutter war es einige Jahre nicht so einfach für mich. Es gab auch eine sehr, sehr schwierige Situation für unsere ganze Familie, die damals fast zerbrochen wäre. Damals hat auch alles angefangen, da bin ich mir mittlerweile sicher. Aber niemand in meiner Familie hat mir je das Gefühl gegeben, nicht gut genug zu sein, nicht zu genügen, nicht schwach sein zu dürfen. Kommt das nur von mir selbst? Warum? Woher? … Ein zweiter Punkt bezüglich Therapie ist der finanzielle Faktor: Ich selbst kann mir keine leisten, also müsste ich mit meinen Eltern sprechen. Therapieplätze auf Krankenkasse? Habe ich bis jetzt nicht gefunden.

Meine Freundschaften, die nicht oberflächlich sind, gestalten sich teilweise sehr schwierig, weil ich so gerne jemandem alles, oder zumindest einiges mehr erzählen können möchte! Aber es ist einfach viel Unausgesprochenes da, viele Unklarheiten. Einer Freundin konnte ich einmal wirklich viel erzählen, doch ist diese Freundschaft zerbrochen. Nicht daran, sondern aus ganz anderen Gründen, aber trotzdem ist die Hemmschwelle irgendwie größer geworden. Es fällt mir immer schwerer, zu vertrauen … Dabei will ich das doch gar nicht!

Und natürlich hat meine ES auch auf meine Beziehungen Auswirkungen: Ich boykottiere sie. Okay, das Thema Beziehungen ist bei mir überhaupt sehr kompliziert ;) … Sobald ich in einer Beziehung bin, habe ich wieder das Gefühl, nicht zu genügen, und höre dann fast völlig auf zu essen. Ich versuche, schnell viel abzunehmen. Und dann beende ich diese Beziehungen sehr bald wieder, weil sie mir so natürlich nicht guttun. In Wahrheit warte ich auf meinen „besten Freund“. Ich warte, bis er endlich soweit ist, und sich wieder traut, zu lieben und etwaigen Schmerz zu riskieren. Oh man, das alles liest sich, als wäre ich ein kompletter emotionaler Krüppel! oO …

Was zu all dem noch dazukommt, sind viele andere schmerzliche Erfahrungen verschiedenster Art, die ich schon gemacht habe …

Was erwarte ich mir von diesem Forum? Ach, einfach Gedanken mit Leuten, denen es ähnlich geht, austauschen zu können und vielleicht Tipps oder Vorschläge zu bekommen …

Klingt das alles sehr wirr? … Tut mir leid, so sieht es in mir aus :(

LG bleeding_soul
Zuletzt geändert von bleeding_soul am Sa Feb 28, 2009 11:10, insgesamt 1-mal geändert.
Wahrlich, keiner ist weise, der nicht das Dunkel kennt. [Hermann Hesse]

Re: I've been facing this alone for much too long ...

#2
Hallo,

ich bin auch neu hier. Deine Geschichte kommt mir vertraut vor. Mir ist es ähnlich ergangen (abgesehen davon, dass meine Familie kaputt war).

Ich habe meinen Eltern auch erst von meiner ES erzählt, als ich mit 21 Jahren schon längst ausgezogen war. Und auch da habe ich es heruntergespielt. Denn damals glaubte ich selbst, dass es zwar nicht richtig war, zu ko..., aber dass es noch lange nicht krankhafte Ausmaßen hatte.

Ich finde es gut, dass du hier bist. Das ist ein guter erster Schritt!

Als Rat möchte ich dir geben: Vertrau dich einem Arzt an. Erzähle ihm alles und auch, wie sehr du Angst hast, deinen Eltern das zu sagen. Du kannst fragen, was man jetzt machen kann, um dir zu helfen. Und um Unterszützung bitten.

Hoffentlich können wir dir hier auch weiterhelfen.
Liebe Grüße, kugel

Zu lernen, es als einen Teil von sich zu akzeptieren ohne es auszuleben...
Zu vergeben, wenn man schwach geworden ist...
Zu jubeln, wenn man stark geblieben ist...

Re: I've been facing this alone for much too long ...

#3
Hallo meine Liebe,

Schön, dass du da bist. Und ja, hört sich schon heftig an. Ich finde die Idee mit dem Arzt, der dich dann vielleicht an einen Therapeuten überweist, auch gut. Traue dich ruhig.
Natürlich ist es schwierig, wenn die Eltern es nicht erfahren sollen, aber bist du dir sicher, dass das der richtige Weg ist? Dass deine Eltern damit nicht umgehen können, es nicht verstehen, etc....

Ja. Schwierig.

Alles Liebe, Colourful
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

Re: I've been facing this alone for much too long ...

#4
Hey bleeding_soul,
wer ist hier nicht in irgendeiner Art und Weise ein emotionaler Krüppel? Ich meine, wer Bulimie oder Magersucht hat, hat Probleme verschiedenster Art. Ich selbst hab seit ca. 9Jahren eine ES und seit gefühlten hundert Jahren eine Bulimie, die mal stärker und mal weniger stark ausgeprägt ist, je nach Gefühlslage. Ich versuche zwar Tag für Tag sie zu bezwingen, schaffe es aber nicht.(traurig) Als ich deinen Text gelesen habe, habe ich viele Parallelen gesehen, die nicht schön sind. Ich fühle mich auch sehr oft ungenügend, was kein schönes Gefühl ist. Zwar lasse ich mir das im tgl Leben nicht anmerken, aber tief in mir drin sieht es nunmal so aus. Ich kann es sehr oft gut überspielen, was auch meine eigentliche Schwäche ist. Sogar mein Mann hat davon keine Ahnung. Er ahnt es noch nicht einmal. Aber ich bin einfach noch nicht soweit, ihm das zu "gestehen". Was ich an dir auch noch sehr gut finde ist, das du schon soweit bist, eine Therapie freiwillig zu machen-HUT AB!!!!! :D Ich bin längst noch nicht soweit. :cry: Aber ich finde, das du es deinen Eltern erzählen solltest, sie werden dich bestimmt darin unterstützen. So wie du erzählst, hast du ganz tolle Eltern und vor denen brauchst du dich nicht zu schämen. Sie werden dich so nehmen, wie du momentan bist (so hab ich das Gefühl).

LG, PDCharles

Re: I've been facing this alone for much too long ...

#5
Hey! Ich hab mich sehr über dieses nette Willkommen gefreut :D Danke!!!
Es tut sehr gut, einfach mal schreiben zu können, seine Gedanken herauslassen zu können ...
Und dann noch auf so viel Verständnis und Anteilnahme zu stoßen - Wahnsinn! :D

Danke, kugel, für den Tipp mit dem Arzt! Ich lass mir das schon durch den Kopf gehen, habe nur leider gar kein Vertrauen zu unserer Hausärztin, also prinzipiell, nicht wegen der Schweigepflicht ... Aber es ist echt eine gute Idee und ich werd mir was einfallen lassen! :)

Ach, Colourful, das ist es ja! Ich glaube nicht, dass es der richtige Weg ist, meinen Eltern nichts davon zu erzählen, aber die Hemmschwelle ist eher ein Hemmgebirge und ich kann mir im Moment wirklich nicht vorstellen, ihnen gegenüber dieses "Schwachsein" einzugestehen :roll: ... Mal sehen, wie ich das hinbekomme, ob ich das hinbekomme seufz* ...

Oh man, nicht einmal dein Mann weiß es, PDCharles? Das muss eure Ehe doch ur stark belasten! Glaubst du, ahnt er nur nichts von der ES, weiß aber, dass da irgendwas im Busch ist, oder nicht einmal das? :? ... Ja, das stimmt, meine Eltern sind wirklich toll! Und das macht das alles nochmal schwieriger für mich ... Ich will ja nicht, dass sie dann das Gefühl haben, dass sie "versagt" haben oder was weiß ich :oops: ...

LG bleeding_soul
Wahrlich, keiner ist weise, der nicht das Dunkel kennt. [Hermann Hesse]