Neuer "alter Hase"

#1
Hallo,
ich möchte mich auch gern einmal vorstellen und hier und da in Zukunft mit "Gleichgesinnten" austauschen, wenn ich darf.
Ich bin 34 Jahre alt und leide seit fast 11 Jahren an Bulimie. Ich habe viele Therapien gemacht und war 2003 4 Monate in einer Klinik.
Ich bin Mutter eines 12jährigen Jungen und bin seit 2 Jahren verheiratet.
Mein Mann und der Rest der Familie ( außer Schwiegereltern) wissen von meiner Krankheit.Meine Mutter ist immer sehr besorgt um mich und will mir andauernd etwas zu essen geben und der Rest spricht es nicht an. Auch mein Mann nicht. Ich habe manchmal das Gefühl, die sind genervt von mir und meiner Krakheit.
Im Grunde fühle ich mich total allein. Ich bin sehr verzweifelt,weil ich nicht mehr weiß, wie ich aus den Teufelskreis herauskommen kann. Ich schaffe es nicht, meine negatven Gefühle auszuhalten, geschweige zuzunehmen und das auszuhalten. :cry:
Ich fühle mich teilweise wie ein kleines Kind und nicht wie eine erwachsene Frau.
Seit 4 Wochen sind die Depressionen auch sehr hart geworden und ich bin krankgeschrieben, weil ich auf Arbeit nur noch Heulkrämpfe hatte.
Nun erhoffe ich mir hier ein wenig "ohr" und Tipps mit denen ich etwas anfangen kann.
ES tut schon sehr gut zu lesen, dass man nicht alleine ist mit seinen Ängsten, Zweifeln und Problemen. :roll:
Danke für eurer Ohr und ich bin froh,hier diesen Schritt getan zu haben.

Eure Bibi

Re: Neuer "alter Hase"

#2
Hallo Bibi!

Herzlich Willkommen! Es freut mich zu hören, dass es dir schon ein kleines bisschen hilft zu lesen, dass du nicht allein bist mit deinen Schwierigkeiten. So ging es mir am Anfang auch. Es ist erst einmal eine Erleichterung, wenn man weiß: Ich stehe nicht allein da mit meinen Sorgen!
11 Jahre Bulimie, das fühlt sich sehr lange an ... Du bist ja, statistisch gesehen, relativ spät da hinein gerutscht. Hattest du davor auch schon eine krankhafte Einstellung zum Essen oder gab es ein Ereignis oder etwas Anderes, was diese Essstörung ausgelöst hat? Bei mir ist es z.B. so: Ich habe eigentlich immer noch überhaupt keinen blassen Schimmer, was der Auslöser oder besser gesagt, was überhaupt der Grund dafür war, dass ich angefangen habe, mein Essverhalten zu ändern. Man wird doch schließlich nicht mit so einem "Fehler" geboren, oder?

Was ich jedoch sehr bewundernswert an dir finde: Du hast trotz diesen vielen Jahren des Kampfes und vermutlich auch des Schmerzes und Verzweifelns, eine Familie gegründet. Das finde ich unglaublich stark! Wirklich! Wobei ich mir auch vorstellen kann, dass es sicher nicht immer einfach ist, oder? Einerseits ist es gut und wichtig, dass die engsten Verwandten über so eine Krankheit Bescheid wissen. Ich habe allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass das nicht unbedingt nur Positives bedeutet. Du hast geschrieben, ich habe das Gefühl, die sind genervt von mir und meiner Krakheit. Das kenne ich sowas von gut, dieses Gefühl... und vermutlich sind sie es auch... Aber in diesem Moment hilft es nicht, an die anderen zu denken und sich wieder schlecht zu fühlen. Sie sollten eher fragen, ob du nicht auch von deiner Krankheit genervt bist? Für dich muss es doch noch viel schlimmer sein, denn du bist direkt betroffen, oder? Und die Tatsache, dass du selbst nicht mehr fähig dazu bist, aus eigener Kraft den Teufelskreis zu durchbrechen, zeigt, wie sehr du fertig und erschöpft bist. Die harte Wahrheit ist nur: Im Endeffekt kann man nur selbst diejenige sein, die das eigene Leben verändert. Verstehst du? Nur du selbst, kannst dich heilen!
Also, ich muss zugeben: Ich habe die Krise bei diesem Satz bekommen, weil ich selbst zu schwach dazu war mir Hilfe zu holen. Woher sollte ich dann die Kraft nehmen mir selbst zu helfen? Aber: Natürlich soll man Hilfe annehmen, die braucht man ganz dringend und die hilft einem eine gewisse Zeit zu überdauern, bis man wieder Kraft getankt hat. Und dann ist man am entscheidenden Punkt: Wenn man jetzt gesund werden will, dann kann man es schaffen! Okay?
Wie siehst du das?

Ich wünsche dir alles Gute und melde dich wieder!
Tomma

Re: Neuer "alter Hase"

#3
Hallo Tomma,
ersteinmal Danke für deine Antwort.
Auslöser für meine ES ? Ach, ich denke, da spielen verdammt viele Faktoren mit rein. Mit der Ernährung hat es eigentlich nie so richtig geklappt bzw war ich schon recht früh unzufrieden mit meiner Figur (mit 11 J. hatte ich die erste Krise und Diäterfahrungen), gut vorgelebt von meiner Mutter. Was jetzt nicht heißen soll, dass ich ihr die Schuld gebe.
Zudem kommen noch einige harte familäre Schicksalsschläge hinzu, von denen ich mich bis heute nicht erholt habe. Ja,Vergangenheitsbewältigung ist auch nicht meine Stärke :|

Als ich dann mit meinen Sohn plötzlich alleine war ( Trennung vom Vater wg einer anderen Frau), gings dann los. Die Einsamkeit, die Angst es nicht alleine zu schaffen, die Wut, weil mich "keiner" mag usw.
Mit "Elan" machte ich eine Diät nach der anderen. BekamKomplimente und dachte, ja, das ist des Rätsels Lösung! Jetzt fangen die Leute an,mich zu mögen. ( wie blöd war ich doch :? ). Nun kamen aber die Heißhungeranfälle und die Panik,wieder zuzunehmen und schon war ich "drin". ja, da war ich schon eine erwachsene Frau mit einem Kind !

Du hast schon recht, nur ich alleine kann mir letztendlich helfen. Das ist mir klar, nur ich bin so mit negativen Gefühlen gefüllt, dass ich sie kaum aushalte. Jeden Tagnehme ich mir vor, e seinigermaßen zu schaffen, nicht zu kotzen , kleine ausgewogene Portionen zu essen, und jeden Tag scheitere ich. Und der Druck und das schlechte Gewissen werden größer, damit die schlechten Gefühle usw. Kennt ihr ja sicherlich.
Hast du es geschafft, dich einigermaßen aus dem Sumpf zu ziehen?
Bekommst du Unterstützung von dir wichtigen Menschen? Wie gehen die mit dir und deiner Krankheit um?
Liebe Grüße, Bibi

Re: Neuer "alter Hase"

#4
Hallo Bibi,

um lagunas Thread nicht zu sabotieren, schreibe ich dir mal hier.
da war ich schon eine erwachsene Frau mit einem Kind !
Du sagst das so, als würden nur Teenies Essstörungen bekommen ;) Eine Essstörung ist Ausdruck einer psychischen Erkrankung, davor schützen weder "Alter" noch Kind.
Ich finde es sehr gut, dass du mit dem Gedanken spielst, dich in stationäre Therapie zu begeben. Vor allem wenn du noch so viel aus deiner Vergangenheit zu bewältigen hast. Es wird dir niemand sagen können, ob es dann bei dir "klick" machen wird, aber du kannst auch nicht darauf warten morgens aufzuwachen und dir zu sagen "Man, ist das alles Humbug. Ich bin toll so wie ich bin, Vergangenheit ist Vergangenheit! Jetzt ist Schluss mit der Kotzerei!" Denn bis dahin ist es ein langer Weg, auf dem man hin und wieder jemanden braucht, der einen in die richtige Richtung stupst.
Warum denkst du, dass du deinen Sohn nicht bei deinem Mann lassen kannst? Ich bin sicher du bist eine tolle Mutter, aber vielleicht bist du hier etwas zu überängstlich? Möglicherweise tut es deinem Sohn auch mal ganz gut, wenn ihm nicht jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird. Dein Mann würde sich bestimmt gut um ihn kümmern. Nimm dir mal Zeit für dich und gib damit dir und ihm die Chance dem Ende deiner ES näher zu kommen. Denn dein Sohn wird bestimmt auch merken, dass es dir nicht gut geht.

Lieben Gruß!


Tante Edith war fleißig.
Zuletzt geändert von Lupus am Mi Jan 07, 2009 12:03, insgesamt 2-mal geändert.
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