Die Neue :)

#1
Hallo ihr Lieben..

Es ist gerade etwas seltsam für mich, hier in einem Forum zu sein. Mach das zum ersten Mal :) Hab mir aber überlegt, dass das Schreiben über die Bulimie mir sicherlich hilft noch mehr darüber zu refelktieren. Obwohl - ihr kennt das wahrscheinlich - lieber würde man manchmal die Gedanken und das Grübeln auf "off" stellen :)

Hmm..nun da ich zum ersten Mal hier bin, wäre eine kurze Hintergrundgeschichte angebracht. Ein grobes Bild über mein Leben bestätigt mir hiermit wieder Mal warum ich Bulimikerin bin..Das wird bestimmt weh tun, aber eine Runde weinen befreit die Seele ein Stück weit.

Ich bin 23 Jahre alt und seit 18/19 aus meinem Elternhaus ausgezogen. Der Grund dafür war die Unerträglichkeit seit meiner Jugend, die ich mit meiner Volljährigkeit endlich beenden konnte. Meine Familie stammt aus Italien..ganz aus dem Süden, wo es eigentlich sehr schön ist, viel Natur, wunderschöne Strände, warmherzige Menschen..Jedoch auch Menschen, die Mühe haben zu kommunzieren. Wo im Dorf getratscht wird und sich jeder hinter einer Maske versteckt. Die Gefühle, die dann nicht ausgesprochen werden, projizieren sie dementsprechend in andere Bereiche (Bulimie-Parallele). Meine Eltern sind ausgewandert, meine Mutter war damals 19 und hat zwei Kinder gekriegt. Zuerst meinen Bruder dann mich. Hier beginnt das ganze eigentlich: Unsicherheiten in einem fremden Land, konservative Werte aus den 50er Jahren beibehalten, wenig Erfahrungen mit dem Leben (auch mit der Erziehung). Mein Bruder war der Rebell, durfte natürlich fast alles machen, was er wollte und wenn nicht, lies er sich nicht aufhalten. Ich hingegen wurde zur unterdrückten kleinen Tochter, die sich von den Eltern mit Schuldgefühlen manipulieren lies, hatte fast keine Freiheiten (freute mich deshalb auch überdurchschnittlich immer auf die Schule). Parallel dazu, war die Kommunikation geprägt von Essen, essen, essen. Also bist du traurig? Da gibts Schokolade. Hast du Schmerzen? Den Schmerz sofort weg machen und dann essen. Empfindest du Freude? Iss. Gefühlsverarbeitung= 0! Das merke ich heute noch, wenn ich meine Eltern besuche. Ich komme an und dann heisst es nicht: "Wie geht's dir?"- nein.."willst du etwas essen?". Vielleicht kennt das jemand. Auf jeden Fall ist es schlicht und weg traurig, dass da keine Gefühlswahrnehmung herrscht. Es wird alles mit dem Essen "weggemacht".

Ich hab dann krampfhaft um meine Freiheit gekämpft. Hatte alles versucht, wollte verstehen, warum ich nicht durfte, wollte Kompromisse eingehen, ihnen zu verstehen geben, dass ich eine gewisse Freiheit brauche und mein Leben leben will. Hab damals jeden Tag im Zimmer geweint. Es war eine Zeit voller Einsamkeit.
Als ich dann älter wurde und den Schmerz nicht mehr ertragen konnte und auch bei schrittweiser, minimer Lockerung fast platze, hab ich mich auf den Weg in die Selbstständigkeit gemacht. Ich denke dort hat meine Essstörung begonnen. Ich ging viel ins Fitness und schaute viel aufs Essen. Ich wollte meiner Mutter wenigstens "die" Kontrolle wegnehmen..Das war zumindest meine Illusion. Ich hab mich da in etwas gestürzt. Ich merkte damals, dass die eine panische Angst hatte, dass ich Diäten machte und dachte mir unbewusst, ihr eins auszuwischen, indem ich dann nicht mit ihnen ass und das tat, was ich wollte. Das war der einzige Bereich, in dem ich meinte bzw tatsächlich machen konnte, was ich wollte. Da hat's angefangen. Schöner Mist :) dort hatte ich aber noch keine Bulimie. Die kam dann mit 20 als ich das erste Mal alleine wollte. Ich denke das war für mein Gefühl alles, was meine Eltern mir in der Erziehung als Wert nicht mitgegeben haben bzw mit verboten hatten: Autonomie und Selbstständigkeit, Verrat an die Familie durch den Auszug.

Muss zudem sagen, dass ich schon immer ganz anders als meine Familie war. Ich bin die einzige, die an der Uni studiert, Ich hab mir damals Hilfe geholt (bin zum Sozialamt wegen den Finanzen und in die Therapie), war immer schon kommunikativ und empathisch veranlagt. In meiner Selbstständigkeit bin ich dann viel gereist, bin neugierig und offen.

Nun das wäre ja alles schön und gut in einer Geschichte gepackt. Aber seit einem Jahr ist die Bulimie wieder da. es scheint so, als sei ich doch noch von meiner Geschichte stark geprägt. Denn ich hab eine grosse Ladung Schuldgefühle, die ich in meiner Psychoanalyse am abarbeiten bin. Nicht nur Schuldgefühle aber. Auch Ängste, weil ich in meiner Bindung zu meinem Ursprung zu tiefst verletzt wurde und später dann sich die Geschichte mit meiner Ex-besten Freundin wiederholt hat. Einsamkeit, weil durch meine Therapie mein inneres Kind erwacht. Schmerz, weil ich manchmal nicht glauben kann, was mir wiederfahren ist. Trauer, weil ich meine Stärken nicht richtig sehe. Und noch mal Trauer, und vielleicht auch Wut, weil ich meinen Körper "benutze", um all diese Gefühle zu verarbeiten.

Also ich höre mal hier auf, sonst muss ich gleich wieder weinen :)

Grüss euch alle lieb

Re: Die Neue :)

#2
hallo cucciolina, willkommen im forum!
du bist auf deinem weg der selbstreflexion schon sehr weit gekommen - du hast schon erkannt, wo die ursachen für deine bulimie liegen, wieso du auf deinen körper fixiert bist, usw. du hast dafür meinen respekt! und du arbeitest weiter an dir, um die krankheit entgültig zu besiegen. es scheint, als müsste man dir hier eigentlich keine ratschläge mehr geben ;) den austausch mit anderen erkrankten, den du suchst, wirst du hier aber sicherlich finden!